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Beckenbodentraining: 5 einfache Übungen für zu Hause

Veröffentlicht am:20.04.2021

7 Minuten Lesedauer

Der Beckenboden ist ein sehr wichtiger Muskel, auch wenn man ihn im Alltag kaum wahrnimmt. Ist er zu schwach, kann es zu Inkontinenz kommen – vor allem beim Lachen, Husten, Niesen, Laufen, Springen oder beim Heben schwerer Gegenstände. Spätestens dann wird es Zeit für ein gezieltes Beckenbodentraining. Noch besser ist es natürlich, Sie beugen mit den richtigen Übungen rechtzeitig vor. Der Beckenboden lässt sich ganz einfach gezielt trainieren, ein paar Minuten täglich reichen dafür völlig aus.

Eine Frau macht Beckenbodentraining.

© iStock / VeraOsco

Was ist der Beckenboden und wo genau sitzt er?

Wie eine straff gespannte Hängematte liegt der Beckenboden im unteren Becken und gibt dort den Organen des Bauchs und des Beckens Halt. Er besteht aus drei Muskelschichten sowie aus Bändern und Bindegewebe. Die obere Muskelschicht ist besonders kräftig und breit. Sie reicht vom Schambein bis zum Steißbein. 

Die mittlere Schicht breitet sich fächerförmig zwischen den beiden Sitzbeinhöckern aus. Die untere Schicht führt wie eine Acht um die Körperöffnungen herum. Bei Frauen umschließt sie vorne die Harnröhre und die Scheide, hinten bei beiden Geschlechtern den After. Bei Männern verläuft der vordere Teil der Acht entlang der Penisbasis. Auch der Damm, der zwischen der Scheide oder dem Hodensack und dem After liegt, ist Teil des Beckenbodens.

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Wer sollte seinen Beckenboden trainieren?

Die Beckenbodenmuskulatur wird bereits durch Bewegungsmangel und viel Sitzen geschwächt. Auch Übergewicht und eine schlechte Haltung können ihr zusetzen. Deswegen ist das Training sowohl für Männer als auch für Frauen empfehlenswert. Allerdings sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Das liegt unter anderem daran, dass Beckenbodenprobleme wie eine Belastungsinkontinenz durch eine Geburt ausgelöst werden können.

Kommt das Baby zur Welt, werden die Muskeln maximal gedehnt. Und schon während der Schwangerschaft wird der Beckenboden durch das zusätzliche Gewicht des Babys und des Fruchtwassers strapaziert. Mit dem richtigen Training können frischgebackene Mütter aber die Kontrolle über die Blase zurückgewinnen. Zudem bietet ein starker Beckenboden noch weitere Vorteile.

Eine Frau macht Beckenbodentraining.

© iStock / MangoStar_Studio

Welche Vorteile hat ein gutes Beckenbodentraining?

Viele Menschen, insbesondere Männer, wissen nicht einmal genau, wo im Körper sich der Beckenboden überhaupt befindet und welche Aufgaben er erfüllt. Die Muskelgruppe gezielt anzusteuern, kann daher nicht jeder. Wer das ändert, hat viele Vorteile: Ein starker Beckenboden schützt nicht nur vor Inkontinenz, indem er die Schließfunktion der Harnröhre und des Afters unterstützt, sondern steigert auch die Freude am Sex. Frauen, die ihren Beckenboden regelmäßig trainieren, empfinden meist mehr im Scheidenbereich und haben oft stärkere Orgasmen. 

Bei Männern beugt ein starker Beckenboden, neben anderen Faktoren, der Impotenz vor. Nicht umsonst wird dieser Muskel auch als Liebesmuskel bezeichnet. Darüber hinaus sorgt ein gut trainierter Beckenboden für eine starke Körpermitte und einen aufrechten Gang – und trägt dazu bei, Rückenschmerzen zu vermeiden. 

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Wie erspürt man seinen Beckenboden?

Für spezielle Beckenbodenübungen ist es entscheidend, den Muskel erst einmal zu spüren, um ihn dann gezielt an- und wieder entspannen zu können. Dies gelingt den meisten Menschen, indem sie versuchen, während des Wasserlassens den Urinstrahl zu unterbrechen. Der Schließmuskel muss dabei so fest angespannt werden, dass sich der gesamte Beckenboden bemerkbar macht. Stärken sollte man den Muskel auf diese Weise allerdings nicht. Dafür gibt es sanftere und effektivere Methoden. 

Wer sich nur ein paar Minuten täglich für seinen Beckenboden Zeit nimmt, wird schon nach wenigen Wochen Veränderungen spüren. Das funktioniert auch nebenbei im Alltag.

Wie stärken Sie den Beckenboden im Alltag?

Hilfreich ist es zum Beispiel, Wartezeiten – etwa an der Bushaltestelle oder an der Kasse im Supermarkt ­– dafür zu nutzen, den Beckenboden mehrfach hintereinander fest anzuspannen und wieder loszulassen. Im Sitzen, etwa beim Autofahren, geht es fast noch besser als im Stehen. Kein anderer anwesender Mensch wird diese Form des Beckenbodentrainings bemerken, denn alles spielt sich verborgen im Inneren des Körpers ab.

Auch beim Heben schwerer Gegenstände sollte man übrigens immer zuerst bewusst den Beckenboden anspannen. Beim Husten oder Niesen kann der Beckenboden entlastet werden, indem man Kopf und Oberkörper über eine Schulter hinweg nach hinten dreht.

Zu den täglichen Trainingseinheiten können Sie auch Sportarten zählen, die zusätzlich den Beckenboden stärken. Sehr gut geeignet dafür sind Ausdauersportarten wie Joggen, Walking, Schwimmen und Radfahren. Auch Gymnastik, wie bei Yoga und Pilates, kräftigt den Beckenboden.

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Welche Beckenbodenübungen gibt es?

Wer mehr für seinen Beckenboden tun möchte, ist mit den folgenden fünf Übungen gut beraten. Sie können jede Übung zunächst fünf- bis zehnmal wiederholen. Später, wenn sich Ihr Beckenboden schon stärker anfühlt, steigern Sie sich am besten auf 15 Durchgänge. Versuchen Sie bei jeder Übung möglichst nur den Beckenboden anzuspannen.

Bauch- und Gesäßmuskeln bleiben so locker wie möglich. So vermeiden sie es, die – zumindest für das aktuelle Ziel – falschen Muskeln zu trainieren. Atmen Sie während der Anspannung des Beckenbodens gleichmäßig weiter. Vor jedem Training entleeren Sie am besten Ihre Blase. Frischgebackene Mütter sollten erst nach acht bis zwölf Wochen, je nach Befinden, mit dem Beckenbodentraining beginnen.

  • Übung 1: Murmel greifen

    Setzen Sie sich mit leicht gegrätschten Beinen und geradem Rücken auf einen Hocker oder auf einen Stuhl, jedoch ohne sich anzulehnen. Spüren Sie Ihre Sitzbeinhöcker auf der Sitzfläche und führen Sie mit der Ausatmung die beiden Knochen in der Mitte so nah wie möglich zusammen. Stellen Sie sich nun vor, Sie ergreifen mit Ihren Sitzbeinhöckern eine große Murmel und ziehen diese in Ihren Unterleib hinein. Jetzt ziehen Sie den Bauchnabel nach innen und spannen Ihren Bauch an. Halten Sie die Spannung ein paar Sekunden und lassen die Murmel dann gedanklich wieder langsam aus sich herausgleiten.

    Tipp für Fortgeschrittene: Stellen Sie sich eine besonders schwere Murmel vor, die Sie kraftvoll und ganz langsam in sich hineinziehen und wieder herausgleiten lassen.

  • Übung 2: Bein heben

    Stellen Sie sich aufrecht hin, die Füße etwa schulterbreit auseinander. Strecken Sie die Arme nach beiden Seiten waagerecht aus und ziehen Sie zunächst das rechte Bein gebeugt in Richtung Brust. Wenn Sie das linke Bein nicht durchstrecken, sondern ganz leicht in die Knie gehen, fällt es Ihnen vermutlich leichter, das Gleichgewicht zu halten. Bei dieser Übung spannt sich Ihr Beckenboden automatisch an. Halten Sie die Position ein paar Sekunden und wechseln Sie dann die Seite.

    Tipp für Fortgeschrittene: Strecken Sie das gebeugte Bein, das in der Luft ist, gerade nach vorne aus und verharren Sie auch in dieser Position ein paar Sekunden oder wippen Sie mit dem gebeugten Knie in der Luft.

  • Übung 3: Fahrstuhl fahren

    Legen Sie sich bequem auf einer Matte oder einer Decke am Boden auf den Rücken. Stellen Sie die Beine leicht gegrätscht auf. Atmen Sie tief ein. Beim Ausatmen spannen Sie den Beckenboden an, indem Sie ihn nach oben Richtung Körpermitte ziehen. Stellen Sie sich vor, Ihr Beckenboden ist ein Fahrstuhl, der vom Erdgeschoss aus ein paar Stockwerke nach oben fährt. Beim Einatmen fährt er wieder nach unten. Vermeiden Sie ein Holhkreuz und lassen Sie den Beckenboden durchweg auf dem Boden bei dieser Übung.

    Tipp für Fortgeschrittene: Halten Sie beim Hoch- und Runterfahren in den einzelnen Stockwerken kurz an, bevor sie den Beckenboden wieder ganz entspannen.

  • Übung 4: Brücke bauen

    Bleiben Sie auf dem Rücken, die Beine angestellt. Drücken Sie Ihre Fersen in den Boden, spannen Sie den Beckenboden an (wie in Übung 1) und heben Sie mit der Ausatmung das Becken so weit an, bis Oberkörper und Oberschenkel eine gerade Linie bilden. Die Arme liegen dabei locker rechts und links neben dem Körper. Halten Sie die Spannung für mehrere Sekunden und atmen Sie dabei unbedingt weiter. Dann das Becken langsam wieder absenken und den Beckenboden entspannen.

    Tipp für Fortgeschrittene: Heben Sie in der Brückenposition beide Beine abwechselnd ein paar Mal an. Wer möchte, streckt das Bein dabei waagerecht aus oder führt es senkrecht in die Luft. Beides macht die Übung noch etwas schwieriger.

  • Übung 5: Leuchten in alle Richtungen

    Setzen Sie sich im Schneidersitz hin, der Rücken ist wieder möglichst gerade. Vermeiden Sie es während der ganzen Übung, ins Hohlkreuz zu gehen. Stellen Sie sich vor, dass Ihre Sitzbeinhöcker zwei Taschenlampen sind, die nach unten in den Boden leuchten. Spannen Sie den Beckenboden mit der nächsten Ausatmung an und bewegen Sie die Lichtstrahlen gedanklich zunächst so weit wie möglich nach vorne. Halten Sie die Spannung ein paar Sekunden lang. Anschließend entspannen Sie den Beckenboden kurz und lassen die imaginären Lichtstrahlen nach hinten, nach rechts und nach links wandern.

    Tipp für Fortgeschrittene: Ist Ihr Beckenboden schon recht stark, können Sie die Lichtstrahlen kreisförmig wandern lassen, ohne den Muskel zwischendurch zu entspannen. Kreisen Sie abwechselnd in beide Richtungen.

In diesem Video zeigt Sportmanagerin und Personal Trainerin Andrea wie Sie Ihren Beckenboden spüren und trainieren können. Sehen Sie, wie Sie den "Fahrstuhl" und weitere Übungen richtig ausführen und was Sie im Alltag beachten können.

Beckenbodentrainer: Diese Hilfsmittel unterstützen das Training

Auch wenn sich Beckenbodentraining problemlos zu Hause ausführen lässt, gibt es zahlreiche Hilfsmittel, welche die Arbeit an den Muskeln unterstützen. Zudem gibt es immer mehr Kurse, die von Physiotherapeuten angeboten werden, auch im Internet und von Apps. Für frischgebackene Mütter zahlt die AOK den Rückbildungskurs, in welchem Übungen für die beanspruchten Muskeln trainiert werden – darunter auch der Beckenboden. 

Weitere Beckenbodentrainer und -helfer sind beispielsweise:

  • Gymnastikbälle und Sitzkissen

    Sie erleichtern es, die richtige Haltung einzunehmen und den Beckenboden zu spüren. Vor allem der Gymnastikball lohnt sich auch während der Schwangerschaft, um Übungen auszuführen. 

  • Hula-Hoop-Reifen

    Der aktuelle Fitnesstrend eignet sich nicht nur, um überschüssige Pfunde loszuwerden. Wer regelmäßig mit einem gewichteten Reifen trainiert, stärkt auch den Beckenboden.

  • Kugeln

    Beckenboden- oder Liebeskugeln gibt es zum Einführen. Je größer die Kugel, desto geübter die Trägerin. Sie können die Kugeln während des Trainings einsetzen, um den Effekt zu stärken. Lesen Sie die Gebrauchsanweisung sorgfältig und fragen Sie Ihren Frauenarzt beziehungweise Ihre Frauenärztin um Rat.

  • Biofeedback

    Diese Tools sind ausschließlich für Frauen. Sie können sich kugel- bzw. kegelförmigen Gewichte in die Scheide einführen. Durch die Anspannung der Beckenbodenmuskulatur verhindern sie, dass sie rausfallen. Um zu verhindern, dass dabei die falsche Muskulatur beansprucht wird, geben die Gewichte ein Biofeedback auf Ihr Smartphone. So können Sie in Echtzeit sehen, ob Sie die richtigen Muskeln anspannen.

  • Elektrostimulation

    Alternativ gibt es diese Tools auch mit Elektrostimulation. Hier müssen Sie sich nicht anstrengen. Das Gerät übernimmt die Arbeit, indem es mit elektrischen Strömen den Beckenboden reizt.

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