Psychologie
Serotonin: mehr als ein „Glückshormon“
Veröffentlicht am:12.08.2025
5 Minuten Lesedauer
Der Botenstoff Serotonin beeinflusst nicht nur die Stimmung, sondern auch den Schlaf, die Verdauung und sogar die Knochengesundheit. So können Sie den Serotoninspiegel im Körper auf natürliche Weise erhöhen.

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Serotonin: ein wichtiger Botenstoff
Serotonin gilt als Glückshormon, ähnlich wie Dopamin oder Endorphine. Eigentlich ist Serotonin aber ein Neurotransmitter, also ein Botenstoff. Man kann es sich als eine chemische Substanz vorstellen, die Nachrichten zwischen Nervenzellen im Gehirn und Nervenzellen im gesamten Körper überträgt. Kein Wunder also, dass Serotonin weit über das Gehirn hinaus wirkt und eine wichtige Rolle bei vielen Körperfunktionen spielt. Nur zehn Prozent des Serotonins wird tatsächlich im Gehirn produziert, der Rest und größte Teil befindet sich in den Zellen des Darms. Von hier aus gelangt Serotonin schließlich in den Blutkreislauf, wo es weiter wirkt. Damit Serotonin entstehen kann, benötigt der Körper die essentielle Aminosäure Tryptophan. Unser Körper kann sie nicht selber herstellen, sondern sie muss ihm, etwa über Lebensmittel, zugeführt werden.
Die vielfältigen Funktionen von Serotonin
Nicht ohne Grund ist Serotonin auch als „Glückshormon“ bekannt, denn es hat im Gehirn durchaus Auswirkungen auf die Stimmung. Ein niedriger Serotoninspiegel wird außerdem häufig mit Depressionen in Verbindung gebracht. Serotonin ist darüber hinaus an vielen unterschiedlichen Körperfunktionen beteiligt:
- Verdauung: Serotonin wirkt vor allem im Darm und sorgt hier für eine reibungslose Funktion. Essen Sie etwa Lebensmittel, die Ihren Darm reizen, kann dieser die Serotoninausschüttung erhöhen und die Verdauung beschleunigen. Wird das Serotonin aber nicht schnell genug abgebaut, sendet der Darm ein Signal ans Gehirn, die Folge ist Übelkeit. Daher wirken Medikamente gegen Übelkeit oft, indem sie die Serotoninrezeptoren im Gehirn blockieren.
- Schlaf: Gemeinsam mit Dopamin, auch ein Neurotransmitter, hat Serotonin Einfluss auf die Qualität unseres Schlafes. Das Gehirn ist für die Herstellung des Hormons Melatonin, das unseren Schlaf-Wach-Zyklus regelt, verantwortlich – und dafür benötigt das Gehirn Serotonin.
- Wundheilung: Im Blut unterstützt Serotonin die Wundheilung, indem es dafür sorgt, dass sich die Blutgefäße verengen und die Bildung von Blutgerinnseln unterstützt.
- Knochen: Ein sehr hoher Serotoninspiegel kann zu einer Schwächung der Knochen führen, indem er die Aktivität der knochenbildenden Zellen (Osteoblasten) hemmt. Die Folge: es wird weniger Knochenmaterial gebildet.
- Sexualität: Serotonin beeinflusst, gemeinsam mit Dopamin, auch das sexuelle Verlangen.
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Serotonin natürlich ankurbeln: die besten Strategien
Die Serotoninproduktion ist ein komplexer Prozess, der unter anderem von der Verfügbarkeit von Tryptophan abhängt. Tryptophan kann unser Körper nicht eigenständig bereitstellen, es muss über die Nahrung aufgenommen werden. Zusätzlich sorgen viele andere komplexe Mechanismen dafür, dass Serotonin im Körper gebildet wird. Wir können unseren Körper bei der Herstellung von Serotonin unterstützen, indem wir tryptophanhaltige Lebensmittel essen, Sonnenlicht tanken, Sport treiben und versuchen, unser Stresslevel zu senken, etwa durch Entspannungstechniken.
Lebensmittel
Die Aminosäure Tryptophan kommt in vielen Lebensmitteln vor, etwa in Lachs, Eiern, Tofu, Käse und Nüssen. Ganz einfach lässt sich der Serotoninspiegel über die Ernährung allerdings nicht erhöhen. Auch Kohlenhydrate spielen eine Rolle bei der richtigen Verarbeitung von Tryptophan. Die genauen Zusammenhänge der Serotoninbildung werden noch erforscht.
Licht
Genügend tägliches Sonnenlicht hilft, den Serotoninspiegel zu erhöhen – und auch der Vitamin-D-Spiegel profitiert. Das gilt vor allem für die Winterzeit. Auch die sogenannte Lichttherapie ist eine bewährte Methode zur Behandlung von Depressionen. Sie wirkt besonders gut bei der saisonalen Depression (SAD), also der nur im Winter auftretenden Depression. Dabei handelt es sich um eine Therapie mit hellem, künstlichem Licht. Das Licht reguliert unter anderem den Serotoninspiegel im Gehirn, indem es Nervenzellen aktiviert, die Serotonin produzieren. Gleichzeitig wird der Abtransport von Serotonin gehemmt, sodass mehr von dem stimmungsaufhellenden Botenstoff verfügbar ist.
Sport
Regelmäßige Bewegung ist dafür bekannt, die Stimmung zu verbessern, denn Sport beeinflusst den Serotoninspiegel im Gehirn. Daher wird Sport zur Vorbeugung und Behandlung von Depressionen empfohlen. Die Details sind allerdings noch nicht vollständig geklärt. Tierstudien belegen, dass sowohl die Art als auch die Intensität des Trainings eine Rolle spielen. Eine Studie an Menschen zeigte, dass Sport auch Einfluss auf die Konzentrationsfähigkeit hat, und zwar umso mehr, je stärker der Serotoninspiegel anstieg.

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Entspannungstechniken
Chronischer Stress kann das Serotoninsystem negativ beeinflussen und zu einem Ungleichgewicht führen. Hier helfen Entspannungstechniken wie Meditation, Achtsamkeitsübungen, Yoga, tiefes Atmen oder progressive Muskelentspannung, indem sie das parasympathische Nervensystem aktivieren. Studien belegen: Vor allem bei Menschen, die langfristig Meditation praktizieren, ist ein erhöhter Serotoninspiegel nachweisbar.
Vorsicht bei Nahrungsergänzungsmitteln
Nahrungsergänzungsmitte und pflanzliche Präparate sollten Sie nur mit Vorsicht einsetzen, um den Serotoninspiegel zu erhöhen. Bei den Nahrungsergänzungsmitteln sind vor allem Tryptophan und Probiotika relevant. Bislang gibt es keine wissenschaftlichen Belege, dass die Einnahme von Tryptophan oder Probiotika zu einer relevanten Verbesserung von Depressionen, Angst- oder Zwangserkrankungen führt. Medizinische Leitlinien, etwa zum Thema Unipolare Depression, raten daher nicht zur Einnahme. Pflanzliche Präparate wie Ginseng, Johanniskraut oder Muskatnuss können zu mehr Serotonin beitragen.
Was passiert, wenn der Serotoninspiegel zu hoch oder zu niedrig ist?
Welche Nebenwirkungen hat Serotin? Tatsächlich kann ein zu niedriger oder zu hoher Serotoninspiegel körperliche und psychische Gesundheitsprobleme verursachen. Häufiger zeigt sich die Problematik eines zu niedrigen Serotoninspiegels, während ein zu hohes Serotoninlevel fast auschließlich durch die Einnahme von Medikamenten verursacht wird. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Antidepressiva aus den Gruppen der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder der Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI).
Serotoninmangel: Was sind die Folgen?
Man geht davon aus, dass ein Mangel an Serotonin eine Rolle bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen und Angstzuständen, aber auch bei anderen Gesundheitszuständen spielt. Daher zielen viele Medikamente zur Behandlung dieser psychischen Erkrankungen darauf ab, den Serotoninspiegel im Gehirn zu erhöhen. Viele Mechanismen bei der Entstehung von psychischen Erkrankungen sind aber noch unklar und werden weiter erforscht. Das heißt, Serotonin wird als ein Faktor unter mehreren Faktoren bei diesen Erkrankungen gesehen. Dazu gehören:
Achtung, Serotonin-Überschuss
Wenn der Serotoninspiegel zu hoch ist, kann das gefährliche Serotonin-Syndrom auftreten. Der Auslöser ist praktisch immer eine Überdosierung eines Medikaments oder die Kombination mehrerer Medikamente, die den Serotoninspiegel erhöhen. Dies betrifft vorwiegend Menschen, die Psychopharmaka einnehmen, wie etwa sogenannte SSRI (Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer). Erste Symptome können zittern, starkes Schwitzen, Verwirrung, Unruhe, hoher Blutdruck, Muskelzuckungen und Durchfall sein. Zu den schweren Symptomen gehören hohes Fieber, Krampfanfälle, Ohnmacht und Herzrhythmusstörungen. Das Wichtigste beim Verdacht auf ein Serotonin-Syndrom ist, einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen und bei akuten oder starken Symptomen ein Krankenhaus.
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