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Psychologie

Hilft Johanniskraut wirklich gegen Depressionen?

Veröffentlicht am:03.07.2023

3 Minuten Lesedauer

Johanniskraut ist ein pflanzlicher Stimmungsaufheller. Es kann bei leichten bis mittelschweren Depressionen eingesetzt werden. Aber auch pflanzliche Arzneimittel können Nebenwirkungen verursachen. Was sollte man über die Anwendung wissen?

Ein Zweig Echtes Johanniskraut in voller gelber Blüte.

© iStock / Olga Strogonova

Was ist Johanniskraut?

Der lateinische Name des Echten Johanniskrauts lautet mit Hypericum perforatum. Seine Blätter sind dicht mit Öldrüsen besetzt, so dass sie wie „perforiert“, also durchlöchert erscheinen, wenn man sie gegen das Licht hält. Die Pflanze blüht rund um den Johannistag am 24. Juni leuchtend gelb – aus der Kombination dieser beiden Eigenschaften entstand der Name. Johanniskraut hat als Heilpflanze in der Naturheilkunde eine lange Tradition. Darauf weist auch der volkstümliche Name „Herrgottsblut“ hin, der sich auf das blutrote Öl in den Blättern bezieht. In der Naturheilkunde wird es zum Beispiel bei Sonnenbrand oder Hautverletzungen eingesetzt. Johanniskraut oder dessen Extrakt ist in Form von Tees, Tinkturen, Cremes, Salben oder Kapseln erhältlich. Häufig werden diese Präparate in der Selbstmedikation eingesetzt.

Johanniskraut gilt vor allem als pflanzliches Antidepressivum, das bei leichten depressiven Störungen bis hin zu mittelschweren depressiven Episoden bei Erwachsenen eingesetzt werden kann. Johanniskrautpräparate sollen stimmungsaufhellend und beruhigend wirken. Helfen soll die Heilpflanze auch bei nervöser Unruhe, geistiger Erschöpfung und Schlafstörungen. Bei nervösen Magen-Darm-Beschwerden greifen Naturheilkundige ebenfalls zu Johanniskraut.

Wichtig zu wissen: Johanniskraut-Produkte unterscheiden sich stark in ihrer Dosierung und Zusammensetzung. Viele Produkten enthalten zu wenig Johanniskraut-Extrakten. Sie wirken daher nicht so gut wie die in Studien eingesetzten Mittel. So sind nur die apothekenpflichtigen Arzneimittel auf Basis von Trockenextrakten ausreichend hoch dosiert. Hochkonzentrierte Präparate für die Indikation mittelschwere Depression sind zudem verschreibungspflichtig und müssen ärztlich verordnet werden.

Ist die Wirkung von Johanniskraut bei Depression bewiesen?

Ob Johanniskrautpräparate wirklich Depressionen lindern, wurde in zahlreichen Studien untersucht. Das Ergebnis: In einigen Studien konnten Johanniskrautpräparate leichte bis mittelschwere Depressionen stärker lindern als ein Scheinmedikament (Placebo). Die Wirkung war hier sogar mit synthetischen Antidepressiva vergleichbar. Andere Studien widerlegten diesen Effekt jedoch. Zudem liefen die Studien nicht länger als acht Wochen. Ob Johanniskraut auch langfristig hilft, ist damit nicht ausreichend untersucht. Das Gleiche gilt für eine Anwendung von Johanniskraut in der Schwangerschaft: Die Datenlage ist unzureichend. In jedem Fall sollte bei Depressionen in der Schwangerschaft unbedingt ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht werden. Dort wird eine mögliche Medikation individuell besprochen.

Johanniskraut kann also tatsächlich einen Einfluss auf die Stimmung nehmen. Bei schweren Depressionen kommt Johanniskraut allerdings nicht infrage. Hier ist die Wirksamkeit nicht nachgewiesen. Fachleute raten daher, Johanniskraut nur bei einer leichten oder mittelschweren Form einzunehmen. Depressionen sind eine ernste und behandlungsbedürftige Erkrankung, bei der Sie gemeinsam mit Fachleuten weitere Optionen wie eine Psychotherapie erwägen sollten. Es ist daher wichtig, auch bei leichten Depressionen bei einem Arzt oder einer Ärztin vorstellig zu werden.

Eine gute Unterstützung kann zudem der Austausch in Selbsthilfegruppen sein. Für viele Betroffene ist es eine große Erleichterung, auf Gleichgesinnte zu treffen, die Verständnis für die Krankheitssymptome haben. Hier werden auch praktische Tipps ausgetauscht, die die Behandlung unterstützen können, etwa zu sportlichen Aktivitäten. Zudem sind soziale Kontakte ein wichtiger Einflussfaktor bei Depressionen. Regionale Gruppen finden Sie über die Stiftung Deutsche Depressionshilfe.

Auf einem Holztisch liegen Mörser und Stößel mit goldgelben Johanniskraut-Blüten.

© iStock / Avalon_Studio

Schon im Mittelalter war Johanniskraut ein beliebtes Heilmittel, es wurde zu Tees oder Salben verarbeitet.

Hat Johanniskraut Nebenwirkungen?

Auch wenn Johanniskraut im Vergleich zu synthetischen Antidepressiva seltener unerwünschte Nebenwirkungen hat, ist es nicht frei davon. Die Haut wird vermutlich lichtempfindlicher und reagiert auf Sonne schneller mit Rötungen oder Ausschlägen. Wegen dieser sogenannten phytotoxischen Wirkung sollten Personen, die hochkonzentrierte Präparate einnehmen, Sonnenbäder meiden und grundsätzlich auf einen sehr hohen Sonnenschutz achten. Auch Übelkeit, allergische Reaktionen und Kopfschmerzen können bei der Einnahme von Johanniskraut auftreten.

Zudem kann Johanniskraut Wechselwirkungen mit vielen anderen Medikamenten bei gleichzeitiger Einnahme haben. Dazu zählen bestimmte Antidepressiva, etwa mit den Wirkstoffen Amitriptylin oder Nortriptylin, blutverdünnende Mittel oder Präparate, die die Immunabwehr unterdrücken (Immunsuppressiva) und auch bestimmte Krebsmedikamente. Untersuchungen deuten darauf hin, dass auch die Verhütung durch die Antibabypille beeinträchtigt werden könnte. Denn Johanniskrautpräparate regen die Bildung eines bestimmten Enzyms an, das dafür sorgt, dass die Leber Arzneimittel schneller abbaut. Auch bei frei verkäuflichen Johanniskrautpräparaten sollten Sie daher unbedingt Rücksprache mit einem Arzt oder einer Ärztin oder in der Apotheke halten, wenn Sie parallel weitere Medikamente einnehmen.

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