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Haut & Allergie

Hypoallergene Tiere: Hoffnung für Allergiker?

Veröffentlicht am:18.01.2022

5 Minuten Lesedauer

Fast 40 Prozent aller Deutschen besitzen ein Haustier. Leider sind unsere haarigen Begleiter oft Auslöser für Allergien. Ob allergenarme Tiere helfen können, verraten Allergologe Prof. Thomas Fuchs und Tierarzt Dr. Thomas Steidl.

Eine Frau hat eine Katzenhaarallergie und schnäubt sich die Nase.

© iStock / Domepitipat

Was sind die typischen Symptome einer Tierhaarallergie?

Eine Tierhaarallergie ist für die meisten Betroffenen oft nicht sofort erkennbar. „Es gibt sehr viele Menschen, die sich wundern, warum sie im Haus ständig niesen, die Nase läuft, die Augen jucken und sie plötzlich anfangen zu husten“, weiß Prof. Dr. Thomas Fuchs, denn er ist Leiter der Allergieabteilung der Universität Göttingen. Oft stellen seine Patienten nach einer Weile fest, dass es ihnen besser geht, wenn sie an der frischen Luft sind oder draußen Sport machen. Schnell führen sie die Beschwerden auf eine Hausstauballergie zurück, selten wird an das heimische Haustier gedacht. „Man braucht schon ein gewisses Sensorium, um festzustellen, dass es die Katze sein könnte. Es gibt viele Leute, die nehmen das überhaupt nicht wahr. Sie ärgern sich nur darüber, dass sie ständig Schnupfen haben und die Augen jucken“, berichtet der Allergologe.

Woher kommt die Tierhaarallergie?

Die genaue Ursache für Tierhaarallergien ist unbekannt. In Deutschland sind etwa zehn Prozent der Erwachsenen auf Tierhaare „sensibilisiert“, das heißt erst einmal nur, dass man auf Tierhaare allergisch reagieren könnte. Fest steht, dass die aber nur die Allergieneigung als solche genetisch bedingt ist und vererbt wird. Es muss nicht immer eine Tierhaarallergie daraus werden. Bei dem einen äußert sie sich als Nahrungsmittelallergie, bei dem anderen als Blütenstauballergie oder eben als Tierhaarallergie. Es kommt ein bisschen darauf an, welche Gelegenheit man hat, solche Dinge zu entwickeln, erklärt Prof. Fuchs: „Intensiver Kontakt zu Katzen ab zwölf Jahren, vielleicht kommt irgendwann noch das Rauchen hinzu, all das sind Trigger, die schneller eine Allergie auslösen können. Der Organismus wird fehlgesteuert und löst diese Allergie aus.“

Tatsächlich kann eine Tierhaarallergie wieder verschwinden. Warum das so ist, ist nicht geklärt. Grundsätzlich nimmt die Allergieneigung im Laufe eines Lebens aber eher zu. Jemand, der bereits unter einer Blütenstauballergie leidet, kann im Laufe der Jahre häufig auch noch eine Tierhaarallergie entwickeln. Und: Deutlich mehr Frauen haben eine Tierhaarallergie als Männer.

Was Tierhaarallergiker über Haustiere wissen sollten

Zunächst einmal sollten Allergiker ganz genau wissen, ob sie gegen Hunde, Katzen oder Pferde allergisch sind, denn die Allergene dieser Tiere, also die Stoffe, die die Allergie auslösen, sind recht unterschiedlich. Katzen haben die größte Bedeutung unter den Haustieren als Allergieverursacher. Es gibt verschiedene Katzenallergene, meist aber ist ein einziges Eiweiß verantwortlich, das Protein „Fel d 1“. Dieses liegt aber nicht nur im Fell, sondern auch im Speichel oder Urin von Katzen vor. Bei Hunden sieht das anders aus – es gibt nur wenige Allergene und die sind auch weniger aggressiv. 

Seit einigen Jahren liegen deshalb die sogenannten hypoallergenen oder auch allergenfreien Tiere im Trend, wobei die Übersetzung nicht ganz korrekt ist, denn hypoallergen bedeutet allergiearm und nicht allergiefrei. Vor allem bei Goldendoodles, Labradoodles, Siam-Katzen oder Russisch-Blau-Katzen gehen viele davon aus, dass diese Tiere keine Allergien auslösen können und ihre Allergene sozusagen „herausgezüchtet“ wurden. Prof. Thomas Fuchs macht Allergikern da allerdings wenig Hoffnung. Seine Meinung dazu ist eindeutig: „Hypoallergene Tiere gibt es in diesem Sinne nicht!

All das, was wir darüber in den Medien erfahren, sei es über Russisch-Blau-Katzen oder Siam-Katzen, die sehr gut für Katzenallergiker geeignet seien, hat sich in den letzten Jahren als falsch herausgestellt. Unterm Strich können alle Katzen Allergien auslösen. Bei dem einen dauert es nur etwas länger, bei dem anderen etwas kürzer. Aber: Wenn Sie eine Allergie haben, reichen geringste Mengen aus, um Symptome zu entwickeln. Für Katzenliebhaber gibt es keine Alternative. Sie müssen auf diese Tiere strikt verzichten.“

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Ist es für Tierhaarallergiker möglich, einen Hund zu halten?

Hier ist der Sachverhalt etwas komplexer, denn nicht jeder Hund verursacht bei Hundeallergikern eine entsprechende Reaktion. Es ist allerdings sehr schwer herauszufinden, auf welche Hunderasse man allergisch reagiert. Im Allgemeinen raten Allergologen dazu, auf Hunde zu verzichten, wenn eine Hundeallergie besteht.

Trotzdem versuchen Hundezüchter immer wieder Hoffnungen zu wecken und „allergenfreie“ Tiere zu verkaufen: „Ich muss dazusagen, dass hier unter fürchterlichsten Bedingungen versucht wird, die Allergene herauszuzüchten. Ich persönlich halte davon gar nichts“, sagt Prof. Fuchs. „Vor allem, weil das Ergebnis unterm Strich sehr fragwürdig ist. Egal ob die Allergene bei Katzen, Hunden oder Pferden herausgezüchtet wurden, sie kommen immer noch vor. Und man wird auch dagegen irgendwann eine Allergie bekommen. Für mich ist das keine Alternative!“

Ein allergenarmer Goldendoodle liegt auf der Couch, eine Person im Hintergrund.

© iStock / LSOphoto

Hypoallergene Tiere wie dieser Goldendoodle sind nicht allergenfrei, sondern allenfalls allergenärmer. Sie können immer noch Allergien auslösen.

Und wenn man auf gar keinen Fall auf ein Haustier verzichten möchte?

Dann wird es laut Tierarzt Dr. Thomas Steidl sehr schwierig. Er ist Facharzt für Klein- und Heimtiere und weiß: „Die meisten Allergien gegen Tiere sind hautschuppen- beziehungsweise haarassoziiert. Insofern betrifft das Allergierisiko grundsätzlich alle Tiere, die Haare oder Federn tragen. Tiere, die mehr Haare und Federn verlieren, dürften häufiger allergische Probleme bereiten als solche, die weniger Haare verlieren. Eine Hunderasse, die extrem wenig haart, ist zum Beispiel der West-Highland-White-Terrier, der erfahrungsgemäß auch häufig mit empfindlichen Menschen zusammenleben kann. Reptilien tragen hingegen weder Federn noch Haare. Deshalb können sie häufig problemlos von Allergikern gehalten werden. Das gilt beispielsweise für Schildkröten oder Bartagamen.“

Für denjenigen, der auf keinen Fall auf ein Haustier verzichten möchte oder aus beruflichen Gründen mit Tieren zu tun hat, gibt es laut Prof. Fuchs drei therapeutische Möglichkeiten. Zunächst einmal ist es sehr wichtig, dass ein Allergologe anhand eines Hauttests, einer Blutuntersuchung oder durch bestimmte Provokationstests feststellt, dass eine Tierhaarallergie tatsächlich besteht. Erst dann weiß der Patient eindeutig, ob er eine Katzen- oder Hundeallergie hat oder auch gegen andere felltragende Tiere allergisch ist. Danach spricht ein Allergologe Empfehlungen zur Therapie und zur Behandlung aus.

Folgende Behandlungsmöglichkeiten gibt es:

  • Antihistaminika-Behandlung: Bei dieser Behandlung werden Tierhaarallergiker mit einem medikamentösen Antiallergikum behandelt.
  • Kortison-Behandlung: Kortisonhaltige Präparate (Nasenspray) kommen dann zum Einsatz, wenn Antihistaminika die Symptome nicht lindern können.
  • Hyposensibilisierung: Bei dieser Art Impfung wird dem Allergiker das entsprechende Allergen in steigender Dosis zugeführt. Häufig passiert das bei Menschen, die im Job mit Tieren zu tun haben, also zum Beispiel bei Jägern oder Tierärzten. Die Impfbehandlung funktioniert zwar nicht in jedem Fall, kann aber eine deutliche Linderung herbeiführen.

Bei all diesen Therapien handelt es sich um symptomatische Behandlungen. Das heißt: Nur die Beschwerden, nicht aber die Ursachen – also die Allergie gegen das Tier – werden bekämpft. Grundsätzlich gibt Prof. Fuchs bei medikamentösen Therapien zu bedenken, dass es sich dabei um eine Behandlung mit möglichen Nebenwirkungen handelt.

Homöopathische Mittel oder Kupferhalsbänder haben laut dem Experten nicht den gewünschten Erfolg. Seine harte Botschaft für alle Tierliebhaber: „Das Einzige, was wirklich zuverlässig gegen eine Allergie hilft, ist kein Kontakt zu den Tieren zu haben!“

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