Schlaf
Lichtverschmutzung: Wie Licht in der Nacht den Körper belastet
Veröffentlicht am:23.10.2025
10 Minuten Lesedauer
In der Stadt wird es nachts nicht dunkel. Für viele Menschen ist das ein Problem. Künstliches Licht stört den Biorhythmus und steht im Verdacht, das Krankheitsrisiko zu erhöhen. Wie gefährlich ist Lichtverschmutzung und wie können wir uns schützen?

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Inhalte im Überblick
Lichtverschmutzung: Die Erde wird nachts immer heller
Menschen, die in der Stadt leben und ein Wochenende in der Natur verbringen, empfinden die Dunkelheit der Nacht auf dem Land oft als sehr erholsam. Sie können dann besser schlafen und plötzlich sehen sie Sterne, die ihnen in der Stadt verborgen bleiben. Dabei ist es doch derselbe Himmel – aber eben ein Himmel ohne Lichtverschmutzung.
Die Helligkeit nimmt jedes Jahr zu
In der Stadt sehen wir die Sterne nicht, weil es schlicht zu hell ist. In Städten wird es niemals richtig dunkel: Straßenlaternen, Licht aus Häusern, Leuchtreklame und beleuchtete Gebäude verdichten sich zu einer kontinuierlichen nächtlichen Helligkeit. Für dieses Phänomen hat sich der Begriff Lichtverschmutzung etabliert. Und das Ausmaß der Helligkeit nimmt zu. Forschende, die für den Zeitraum 2011 bis 2022 die weltweite Lichtentwicklung untersucht haben, stellten eine Zunahme der Lichtverschmutzung von jährlich knapp zehn Prozent fest. Wo es nachts besonders hell ist, zeigt zum Beispiel die Karte zur Lichtverschmutzung von lightpollutionmap.
Folgen des Lichts für Tiere und Pflanzen
Die nächtliche Beleuchtung hat natürlich Vorteile: Beleuchtete Straßen erhöhen die Verkehrssicherheit und das subjektive Sicherheitsgefühl von Menschen, die nachts in der Stadt unterwegs sind. Ein angestrahltes Baudenkmal ist außerdem ein schöner Anblick und für viele Städte auch ein wirtschaftlicher Faktor. Ob Eiffelturm oder Kölner Dom: Solche Bauwerke sind nachts in ihrer Leuchtpracht ein echter Blickfang und Tourismusmagnet.
Die Sicherheit und Lichtästhetik haben ihren Preis. Die zahlreichen nächtlichen Lichtquellen irritieren und stören den Tag-Nacht-Rhythmus der in der Stadt lebenden Tiere und beeinträchtigen die Orientierung der Zugvögel. Selbst das Wachstum von Pflanzen wird durch die städtische Beleuchtung beeinflusst. Insofern ist es naheliegend, dass Lichtverschmutzung auch Auswirkungen auf den Menschen hat.
Lichtverschmutzung und der menschliche Biorhythmus
Wenn Menschen in der Stadt leben, kann nachts Licht von außen in das Haus dringen. Und auch im Haus selbst gibt es zahlreiche Lichtquellen, unabhängig davon, ob man in der Stadt oder auf dem Land lebt. Dabei geht es nicht nur um Leuchten an Decken, Wänden oder auf Tischen, sondern auch um die Lichtbelastung durch Displays von Computern, Tablets, Smartphones oder Fernsehern.
Zu viel künstliches Licht am Abend oder in der Nacht kann unsere Augen und das Sehsystem belasten und vor allem unseren Schlaf und Tag-Nacht-Rhythmus stören. Dieser Rhythmus wird auch zirkadianer Rhythmus genannt. Ein geregelter zirkadianer Rhythmus ist wichtig für einen erholsamen Schlaf. Aber auch körperliche Prozesse, wie etwa die Hormonproduktion, werden vom Wechsel zwischen Tag und Nacht beeinflusst. Dabei spielen die Zirbeldrüse und das Hormon Melatonin eine wichtige Rolle. Sie fungieren als Taktgeber für unsere innere Uhr und unterliegen dabei dem Einfluss von Licht und Dunkelheit.
Informationen über Hell und Dunkel gelangen von den Augen über die Sehnerven und das Zwischenhirn an die Zirbeldrüse, die sich in der Mitte des Gehirns befindet. Mit Einsetzen der Dunkelheit schüttet die Zirbeldrüse Melatonin aus und gibt es in den Blutkreislauf ab. Melatonin bindet unter anderem an spezielle Melatoninrezeptoren, die sich zum Beispiel im Gehirn, in der Netzhaut der Augen, im Herzen und weiteren Organen befinden. Je mehr Melatonin sich im Blutkreislauf befindet, desto leichter können wir einschlafen und durchschlafen. Deshalb wird Melatonin umgangssprachlich auch als Schlafhormon bezeichnet. Mögliche Folgen einer verminderten Melatoninproduktion sind Einschlafprobleme und andere Schlafstörungen.
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Folgen von Lichtverschmutzung für die Gesundheit
Künstliches Licht in der Nacht wird mit zahlreichen körperlichen und psychischen Erkrankungen in Verbindung gebracht. In vielen Bereichen sind verlässliche Daten schwierig zu erhalten, da die Menschen in unterschiedlicher Weise mit Rollläden oder Vorhängen ihr Schlafzimmer verdunkeln. Außerdem gibt es noch weitere Lichtquellen im Schlafzimmer und auch die Nutzung von Smartphones und Tabletts ist eine zusätzliche, nicht einfach erfassbare nächtliche Lichtbelastung.
Nächtliches Licht an sich macht nicht krank
Es ist außerdem verkürzt zu sagen: „Nächtliches Licht macht krank.” Vielmehr ist es so, dass Lichtverschmutzung den zirkadianen Rhythmus stört. Und wenn die innere Uhr aus dem Takt gerät, wirkt sich das negativ auf die Gesundheit aus und kann das Risiko von Krankheiten erhöhen. Die Prozesse im menschlichen Körper greifen ineinander, wobei viele dem Einfluss des zirkadianen Rhythmus unterliegen. Daher ist es nachvollziehbar, dass es gesundheitliche Folgen hat, wenn dieser Rhythmus gestört ist.
Drei Beispiele für Zusammenhänge zwischen Krankheiten und Lichtbelastung
- Wenn sich der Hormonhaushalt verändert, kann dies Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes begünstigen. Die Zusammenhänge sind komplex und müssen noch weiter erforscht werden.
- Das gilt auch für die Beziehung zwischen Adipositas und Lichtverschmutzung. Nächtliche Lichtquellen erhöhen vermutlich das Risiko für Adipositas, doch die genauen Mechanismen sowie die Rolle anderer Lebensstilfaktoren in Kombination mit Licht sind noch unklar.
- Auch Stimmungsstörungen und psychische Erkrankungen wie Depressionen könnten über den zirkadianen Rhythmus indirekt mit Lichtverschmutzung in Verbindung stehen. Mehrere Prozesse, die bei psychischen Störungen eine Rolle spielen, sind anfällig für Störungen der inneren Uhr durch Umwelteinflüsse.
Lichtverschmutzung wirkt sich über den Schlaf auf die Gesundheit aus
Gut erforscht ist, wie wichtig erholsamer Schlaf für unsere Gesundheit ist und wie nächtliches Licht die Schlafqualität beeinflusst. Das fängt schon damit an, dass künstliches Licht auch dann, wenn wir schlafen, einen visuellen Reiz für unser Auge darstellt. Bei Lichteinfall werden diese Reize vom Auge weitergeleitet und setzen körperliche Prozesse in Gang, die unsere Erholung durch den Schlaf beeinträchtigen.
Und natürlich spielt auch beim Schlaf der zirkadiane Rhythmus die Hauptrolle. Ist der Rhythmus aus dem Takt und beispielsweise der Melatoninspiegel niedrig, kann sich dies negativ auf das Einschlafen auswirken, die Schlafdauer verkürzen und die Schlafqualität mindern. Das ist immer schlecht für die Gesundheit. Erholsamer Schlaf senkt sowohl das Risiko für körperliche Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes als auch für psychische Probleme und Krankheiten. Im Umkehrschluss heißt das: Schlechter Schlaf durch Lichtverschmutzung erhöht das Krankheitsrisiko.
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Wie man sich und seinen Schlaf vor Lichtverschmutzung schützt
Für die gesundheitliche Vorsorge ist es unerheblich, ob Lichtverschmutzung direkte oder indirekte Auswirkungen auf die Gesundheit. Wer lichtempfindlich ist, hat in jedem Fall genug Gründe, sich vor nächtlicher Lichtbelastung zu schützen.
Dabei ist jeder Mensch individuell. Was dem einen keine gesundheitlichen Probleme bereitet, kann für den anderen eine große Belastung sein. Wenn Sie trotz nächtlicher Beleuchtung, die in Ihr Schlafzimmer scheint, hervorragend schlafen, sich morgens erholt fühlen und gesund sind, haben Sie wenig Grund, etwas zu ändern. Etwas anderes ist es, wenn Sie das Licht beim Ein- und Durchschlafen stört oder Sie gesundheitliche Probleme haben, die mit Lichtverschmutzung in Zusammenhang stehen könnten. Dann ist es sinnvoll, Lichtquellen so gut es geht zu eliminieren.
Hierbei geht es um zwei grundlegend verschiedene Dinge: Licht, das von außen ins Haus dringt, und künstliches Licht, das im Inneren Ihres Hauses Ihren zirkadianen Rhythmus beeinflusst.

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Schutz vor externen Lichtquellen
- Wenn es nachts in Ihrer Umgebung sehr hell ist, sorgen Rollläden am effektivsten für ein heimelig-dunkles Schlafzimmer.
- Auch lichtdichte Vorhänge sperren das Licht gut aus, sofern sie möglichst dicht an der Wand abschließen.
- Wenn noch etwas durchschimmert, können Sie eine Schlafbrille ausprobieren.
- Bei einem Haus mit Grundstück ist statt kontinuierlicher nächtlicher Außenbeleuchtung ein Bewegungsmelder sinnvoll. Dann wird es nur hell, wenn sich jemand auf dem Grundstück bewegt. Das spart außerdem Energie.
Schutz vor internen Lichtquellen
Im Gegensatz zur Lichtverschmutzung im öffentlichen Raum, können Sie in den eigenen vier Wänden gut gegen Überbeleuchtung vorgehen. Als besonders schädlich für den zirkadianen Rhythmus gilt kurzwelliges Licht mit einem hohen Blauanteil. Wenn sie gelbliche oder warmweiße Lichtquellen nutzen, setzen sie sich weniger kurzwelligem Licht aus. Nachts können Sie zum Beispiel Lampen mit rotem Licht verwenden, das ganz ohne Kurzwellen auskommt.
Die Displays von Fernsehern, Tablets oder Smartphones sind typischerweise Lichtquellen mit einem hohen Blauanteil. Auch wenn es Smartphones mit Blaulichtfilter oder Nachtmodus gibt – ob diese Funktionen tatsächlich die Schlafqualität verbessern, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Besser ist es, wenn Sie mindestens 30 Minuten vor dem Schlafengehen keine digitalen Geräte mehr benutzen. Noch besser: Smartphones und Tablets überhaupt nicht mehr im Schlafzimmer zu nutzen und den Augen, dem Körper und Geist die Möglichkeit zu geben, zur Ruhe zu kommen.
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