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Gurkenwasser trinken gegen Muskelkrämpfe: Hype oder Heilmittel?
Veröffentlicht am:12.11.2025
8 Minuten Lesedauer
Ob im Profisport oder unter Gesundheits-Influencern und -Influencerinnen: Essiggurkenwasser gilt als beliebtes Hausmittel gegen Muskelkrämpfe und andere Beschwerden. Aber lässt sich die Wirkung belegen?

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Gurkenwasser: Was der Trend verspricht
Spätestens seit die englische Fußballnationalmannschaft bei der Europameisterschaft 2024 Essiggurkenwasser einsetzte, um Muskelkrämpfe zu lindern, gilt die Flüssigkeit als Gesundtrunk. Auch Tennisprofis greifen bei Turnieren zu dem würzigen Getränk. Der Saft soll, so die Annahme, den Körper nach einem harten Training oder bei akuten Krämpfen schnell mit Flüssigkeit und Elektrolyten versorgen.
Denn Gewürzgurkenwasser enthält vor allem Wasser und geringe Mengen Elektrolyte wie Natrium, Kalium, Magnesium und Kalzium. Elektrolyte sind bestimmte, in Wasser gelöste Mineralsalze. Sie sorgen dafür, dass Organe und Gewebe richtig zusammenarbeiten. Durch übermäßiges Schwitzen, beispielsweise beim Sport, verliert der Körper Elektrolyte. Das kann zu Muskelkrämpfen führen. Die Vermutung liegt also nahe, dass Gurkenwasser diesen Verlust ausgleicht und Krämpfe lindert.
Zudem soll Essiggurkenwasser den Blutzucker regulieren und bei Magen- sowie Menstruationsbeschwerden helfen. Was ist dran an solchen Annahmen? Wie gut wirkt Gurkenwasser wirklich?
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Gurkenwasser: Was die Wissenschaft dazu sagt
Die Forschung zu Gurkenwasser ist noch jung und liefert unterschiedliche Ergebnisse. Während einige Studien eine positive Wirkung bei Muskelkrämpfen andeuten, fehlen für andere Annahmen wissenschaftliche Belege. Die Wirkung von Gurkenwasser bei Muskelkrämpfen ist komplexer.
Einige Studien deuten auf eine Linderung von Krämpfen hin
Eine Studie untersuchte die Wirkung von Gurkenwasser bei elektrisch ausgelösten Muskelkrämpfen an Männern mit leichtem Flüssigkeitsmangel. Die zehn Teilnehmer trainierten 30 Minuten auf einem Fahrradergometer. Im Anschluss lösten die Forschenden einen Muskelkrampf bei ihnen aus. Die Männer tranken drei bis fünf Sekunden nachdem der Krampf einsetzte eine kleine Menge Gurkenwasser (ein Milliliter Gurkenwasser pro Kilogramm Körpergewicht). Das Ergebnis: Der Gurkensaft verkürzte die Dauer der Krämpfe um fast die Hälfte.
Eine weitere Studie stützt diesen Befund. Sie konzentrierte sich auf Patientinnen und Patienten mit Leberzirrhose, die oft unter Muskelkrämpfen leiden. Auch hier zeigte sich, dass kleine Schlucke Gurkenwasser die Krämpfe deutlich abschwächten.
Reflex statt Rehydration: Wie Gurkenwasser bei Muskelkrämpfen wirkt
Die Forschenden führen diesen Effekt jedoch nicht darauf zurück, dass der Flüssigkeitshaushalt wiederhergestellt oder Elektrolyte aufgenommen wurden. Sie vermuten, dass Gurkenwasser einen Reflex im Mund- und Rachenraum auslöst. Dieser Reflex hemmt die Nervenzellen, die den Muskelkrampf auslösen. Welcher Inhaltsstoff genau dafür verantwortlich ist, bleibt unklar. Die Forschenden nennen Essigsäure als möglichen Auslöser.
Widersprüchliche Ergebnisse bei Sportlerinnen und Sportlern
Im Kontrast dazu steht eine Untersuchung mit körperlich aktiven Erwachsenen. Hier zeigte Gurkenwasser im Vergleich zu Leitungswasser keinen nennenswerten Unterschied hinsichtlich der Krampfdauer oder dem Schmerzempfinden. Die Studie konnte die positiven Effekte der anderen beiden Studien nicht bestätigen.
Gurkenwasser ist somit kein Heilmittel gegen Muskelkrämpfe. Es kann aber in bestimmten Fällen nützlich sein, etwa bei leichtem Flüssigkeitsmangel oder Krämpfen infolge einer Leberzirrhose. Man sollte es selten und in kleinen Mengen (weniger als 100 Milliliter) zu sich nehmen. Für gesunde, sportlich aktive Erwachsene gibt es jedoch keine Belege für eine Wirkung von Essiggurkenwasser.
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Weitere Effekte von Gurkenwasser im Check
Fitnessportale schreiben dem Gurkenwasser weitere gesundheitliche Vorteile zu. Es soll zum Beispiel den Blutzucker regulieren oder Magen- und Menstruationsbeschwerden lindern. Die Flüssigkeit soll auch beim Abnehmen helfen, weil sie die Verdauung verbessere und den Appetit lindere. Dafür fehlen jedoch wissenschaftliche Beweise.

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Was bei Muskelkrämpfen wirklich hilft
Als Sofortmaßnahme bei einem Wadenkrampf reicht es meist, den Muskel zu massieren und vorsichtig zu dehnen. Ziehen Sie dazu die Zehen in Richtung Schienbein und halten Sie die Position für ein paar Sekunden. Auch das Ausschütteln der Beine und vorsichtiges Gehen können den Krampf lindern. Eine Wärmflasche auf der betroffenen Stelle entspannt die Muskulatur. Anschließend helfen kohlenhydrat- und elektrolythaltige Getränke.
So beugen Sie Muskelkrämpfen vor:
- Dehnen Sie sich regelmäßig
- Bewegen Sie sich einige Minuten vor dem Schlafengehen.
- Trinken Sie ausreichend – mindestens anderthalb bis zwei Liter pro Tag – insbesondere nach dem Sport, nach körperlicher Arbeit und an warmen Tagen.
- Suchen Sie bei hartnäckigen Beinkrämpfen, die längere Zeit andauern oder häufig wiederkehren, eine Ärztin oder einen Arzt auf.
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