Haut & Allergie

Asthma bei Kindern: Was Eltern beachten und wissen sollten

Veröffentlicht am:29.09.2020

8 Minuten Lesedauer

Aktualisiert am: 06.11.2025

Für viele Eltern ist es erstmal ein Schock, wenn das eigene Kind die Diagnose Asthma erhält. Der Kinderarzt Professor Philippe Stock gibt Tipps, worauf Eltern jetzt achten sollten und informiert über Behandlungsmöglichkeiten.

Ein Kind mit Asthma testet in einer Arztpraxis einen Inhalator.

© iStock / FatCamera

Wie entwickelt sich Asthma bei Kindern?

Asthma bronchiale ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen in der Kindheit. Sie tritt oft schon vor dem fünften Lebensjahr auf. Etwa drei bis sieben Prozent der Heranwachsenden sind davon betroffen und ihre Atemwege chronisch entzündet. Bei rund der Hälfte der Kinder klingt das Asthma bis zum siebten Lebensjahr oder spätestens während der Pubertät wieder ab. Typische Symptome sind eine pfeifende Atmung, Kurzatmigkeit, Luftnot oder trockener Husten. Auch wenn die Krankheit ein Leben lang bestehen bleibt, ist es möglich, mit der richtigen Behandlung fast ohne Einschränkungen zu leben.

Bei Eltern ist die Sorge groß, wenn bei ihrem Kind Asthma diagnostiziert wird, viele suchen den Fehler sogar bei sich selbst. Die Frage „Was haben wir falsch gemacht?“ kennt Professor Philippe Stock, Allergologe und Kinder-Lungenfacharzt des Altonaer Kinderkrankenhauses in Hamburg.

Dabei ist niemand schuld: „Gerade im Kindesalter ist der Auslöser für Asthma meist eine Allergie. Und die entsteht oft aufgrund einer genetischen Veranlagung. Sind beide Eltern Allergiker, steigt das Risiko des Kindes beispielsweise um das Doppelte.“

Vorbeugend rät der Kinderarzt deshalb, Kinder nicht zu steril aufwachsen zu lassen. „Es gibt Untersuchungen, dass Kinder, die auf Bauernhöfen aufwachsen oder häufige Tierkontakte haben, seltener an Asthma erkranken als jene, die in einer reizarmen Umgebung aufwachsen – vermutlich, weil das kindliche Immunsystem unter dem Einfluss vielfältiger Allergene besser trainiert wird.“

Welchen Einfluss haben die Hormone?

Während in der Kindheit Jungen etwas häufiger als Mädchen von Asthma betroffen sind, dreht sich im Erwachsenenalter das Verhältnis um. Bis nach den Wechseljahren haben Frauen öfter und stärker unter Asthma zu leiden als Männer. Erst im höheren Alter holen Männer wieder auf. Grund ist wahrscheinlich die Wirkung der Sexualhormone auf Entzündungsprozesse in der Lunge. Weibliche Hormone wie die Östrogene wirken dabei verstärkend auf das Asthma, das männliche Geschlechtshormon Testosteron hingegen eher dämpfend.

Wie entsteht Asthma bronchiale bei Kindern?

Bei Asthma denken die meisten Eltern sofort an Atemnot, und sie haben die ständige Sorge, das Kind könne einen Anfall erleiden. „Dabei ist Asthma bronchiale eine recht häufige Erkrankung bei Kindern ab dem Schulalter – mit hervorragenden therapeutischen Möglichkeiten“, erklärt der Lungenfacharzt. Hinzu kommt: Meistens tritt Bronchialasthma bei Kindern nicht aus heiterem Himmel auf. Oft zeigen Säuglinge und Kleinkinder schon Allergien. Diese äußern sich zunächst in Form einer Neurodermitis.

„Manche Säuglinge oder Kleinkinder haben auch ein überempfindliches Bronchialsystem. Das heißt: Infekte werden schneller mal zu einer Bronchitis.“ Wobei das nicht heißt, dass jedes Kleinkind mit einem überempfindlichen Bronchialsystem auch Asthma bekommt. Das kann auch vorübergehend sein. „Um das Risiko für die Entwicklung einer chronischen Erkrankung abzuschätzen, könnte man eine Allergietestung vornehmen. Zeigen sich hier bereits Sensibilisierungen, steigt die Wahrscheinlichkeit für Asthma“, betont Professor Stock.

„Asthma bronchiale ist eine recht häufige Erkrankung bei Kindern ab dem Schulalter – mit hervorragenden therapeutischen Möglichkeiten.“

Prof. Dr. Philippe Stock
Kinderarzt für Allergologie und Lungenheilkunde im Altonaer Kinderkrankenhaus, Hamburg

Was sind die typischen Auslöser für Asthma bei Kindern?

Bei Asthma bronchiale unterscheiden Medizinerinnen und Mediziner zwei Arten:

  • allergisches Asthma
  • und nicht allergisches Asthma.

Das nicht allergische Asthma ist allerdings sehr selten im Kindesalter. Beim allergischen Asthma gibt es Allergieauslöser, die das ganze Jahr über oder nur saisonal auftreten.

Zu den ganzjährigen Auslösern für Asthma zählen Allergene wie Hausstaubmilben oder Tierhaare. Wobei die Katze als stärkster Auslöser gilt, gefolgt von Pferd und Hund. Zu den saisonalen Auslösern gehören – gerade im Frühling und Sommer – Baum- und Gräserpollen, im Herbst dann Schimmelpilze und Kräuter wie Beifuß.

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Heuschnupfen oder Asthma?

Häufig wird bei Kindern mit Allergien eine Art Symptomgipfel zu einer bestimmten Jahreszeit beobachtet. „Hat ein Kind beispielsweise immer im April deutliche Beschwerden und zeigt ein sogenannter Pricktest auch noch eine deutliche Sensibilisierung für Birke, ist es relativ deutlich, dass eine Pollenallergie vorliegt.“ Die Allergie ist also die Ursache, die zu Heuschnupfen, Asthma oder sehr selten auch zu Neurodermitis oder Urtikaria (Nesselsucht) führen kann.

Wie unterscheidet sich die Asthmalunge von der gesunden Lunge?

„Durch die Allergie ist die Asthmalunge in einem ständigen leichten Erregungszustand. Alles, was die Lunge dann in irgendeiner Form beansprucht – wie Bewegung, Temperaturwechsel oder das Einatmen von Allergenen – kann beim Kind daher Symptome verursachen“, so Professor Stock. Durch diese dauerhafte unterschwellige Entzündung haben Kinder mit Asthma oft auch etwas länger oder schwerer mit Infekten zu tun. Denn die Kompensationsmöglichkeiten der ohnehin gereizten Lunge sind geringer.

Kann das Kind Sport treiben?

Eltern können viel tun, damit es ihrem Kind gut geht. Achten Sie darauf, dass sich Ihr Kind viel bewegt und Sport treibt. Damit kann es die Lunge stärken und zu einer gesunden Entwicklung des Organs beitragen. Bewegung stärkt zudem das Selbstbewusstsein sowie die Körperwahrnehmung. Besprechen Sie mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt, ob Vorsichtsmaßnahmen notwendig sind. Sport und eine ausgewogene Ernährung tragen auch dazu dabei, dass Kinder mit Asthma ein gesundes Körpergewicht halten. Übergewicht wirkt sich negativ auf das Asthma aus. Auch Untergewicht gilt es zu vermeiden.

Ist ein Asthmaanfall ein Notfall?

Bei einem akuten Asthmaanfall sollten Eltern möglichst ruhig bleiben und ihrem Kind Sicherheit vermitteln. Sonst kann sich die Angst auf das Kind übertragen und die Beschwerden können sich verstärken. Bei einem Asthmaanfall verkrampft sich die Muskulatur rund um die Bronchien und dadurch geht weniger Luft rein und raus. Das kann sehr schnell kommen und sehr plötzlich eintreten“, weiß der Experte. „Daher sollten Eltern, wenn die Situation noch neu ist, sofort in eine Arztpraxis oder in die Notaufnahme gehen. Es gilt: lieber einmal zu viel als zu wenig.

Akute Beschwerden beim Atmen müssen immer abgeklärt werden. „Ist die Asthmaerkrankung bereits bekannt und Kind und Eltern wissen, wie ein Asthmaanfall abläuft und wie die Medikamente wirken, ist das natürlich nicht mehr jedes Mal nötig.“

Ein Junge krault durch einen Pool, dabei trägt er eine Schwimmbrille.

© iStock / Imgorthand

Regelmäßiger Sport stärkt die Gesundheit der Lunge und kann dazu beitragen, die Beschwerden bei Asthma zu lindern.

Wie wird Asthma bronchiale bei Kindern behandelt?

Die Therapie sollte möglichst früh beginnen. Schon bei leichten Anzeichen sollten Eltern mit ihrem Kind zu einem Arzt oder einer Ärztin gehen, bei schwerem Asthma für eine gründliche Diagnose eine Lungenfacharztpraxis aufsuchen. Asthma lässt sich mit Medikamenten gut behandeln. In der symptomatischen Asthmatherapie gibt es zum einen sogenannte Reliever (beruhigende Bedarfsmedikamente), die Erleichterung schaffen sollen, sowie Controller, die in der Dauertherapie eingesetzt werden. Zu den Relievern zählen auch Notfallmedikamente mit dem Wirkstoff Salbutamol. Der Wirkstoff wird im Notfall inhaliert und lässt die verkrampfte Muskulatur rund um die Bronchien binnen drei bis vier Minuten erschlaffen.

„Es ist durchaus möglich, dass Kinder irgendwann völlig beschwerdefrei sind, weil die hinter dem Asthma liegende Allergie erfolgreich therapiert wurde.“

Prof. Dr. Philippe Stock
Kinderarzt für Allergologie und Lungenheilkunde im Altonaer Kinderkrankenhaus, Hamburg

Die Controller werden dauerhaft über mindestens drei Monate eingesetzt und sollen die unterschwellige Entzündung in der Lunge und damit die höhere Erregbarkeit kontrollieren. „Hierbei handelt es sich um Kortikosteroide. Die kortisonähnlichen Mittel haben sehr große Moleküle und wirken so ausschließlich in der Lunge. Da sie – anders als Kortison – nicht ins Blut übergehen, haben sie keinen Einfluss auf die Knochen- oder Hautdichte. In schweren Fällen gibt es Antikörper, die man spritzen kann und die super helfen“, sagt Professor Stock.

Ist Asthma bei Kindern heilbar?

Es ist durchaus möglich, dass Kinder irgendwann völlig beschwerdefrei sind, weil die hinter dem Asthma liegende Allergie erfolgreich therapiert wurde. Darum ist es so wichtig, so früh wie möglich die Ursache für das allergische Asthma herauszufinden und nicht nur die Symptome zu behandeln“, erklärt Professor Stock.

Ist der Allergieauslöser bekannt, kann bei Kindern mit Asthma ab fünf Jahren eine Hyposensibilisierungstherapie, auch Desensibilisierung genannt, durchgeführt werden. Dafür erhält das Kind über drei Jahre lang eine Spritzentherapie, bei der alle vier bis sechs Wochen der entsprechende Allergieauslöser unter die Haut gespritzt wird. „Alternativ kann man drei Jahre lang täglich eine Tablette unter die Zunge legen.“

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Asthma bei Kindern: Checkliste für Eltern

Wer die wichtigsten Fakten kennt, fühlt sich im Alltag sicherer. Eltern sollten vor allem darauf achten, dass ihr Kind vor Zigarettenrauch und anderen Luftschadstoffen wie Stäube oder Stickoxide geschützt ist. Denn sie reizen die Atemwege zusätzlich. Hier finden sie die hilfreichsten Tipps von Professor Stock auf einen Blick:

  • 1. Erkennen Sie Asthma frühzeitig und lassen Sie es behandeln

    Im Anfangsstadium einer Asthmaerkrankung treten Symptome vor allem bei körperlicher Belastung auf. Kinder mit Asthma werden kurzatmig, beginnen zu husten, zeigen pfeifende Atemgeräusche oder fangen sogar an, sich zu schonen und meiden körperliche Belastung – nicht nur im Sportunterricht, sondern oft schon beim Rumtoben.

    Dann ist es wichtig, nicht in Panik zu verfallen. Sie sollten Ihr Kind beobachten und schauen, wann welche Symptome auftreten. Wie war die Situation? In Ruhe oder Belastung? Draußen oder drinnen? Bei Wärme oder Kälte? Mit diesem Wissen gehen Sie in die Kinderarztpraxis, zum Allergologen oder zur Allergologin oder zum Lungenfacharzt bzw. zur Lungenfachärztin, um eine Allergietestung oder bei größeren Kindern auch einen Lungenfunktionstest durchzuführen.

  • 2. Bewahren Sie selbst immer so gut es geht die Ruhe

    Die Diagnose einer chronischen Erkrankung wie Asthma beim eigenen Kind ist nicht schön. Trotzdem gilt: Keine Angst, es gibt gute Medikamente. Das Notfallset gibt Ihnen ein gutes Werkzeug in die Hand, mit dem Sie Ihrem Kind im Akutfall helfen können.

    Es ist wichtig, dass Sie versuchen, mit dem Thema möglichst sachlich umzugehen und auch in der Notsituation Ruhe bewahren – auch wenn es anfangs schwerfällt.

  • 3. Erklären Sie Ihrem Kind offen und ehrlich, dass es Asthma hat

    Bleiben Sie möglichst sachlich und verharmlosen Sie nichts. Auch Überreagieren ist nicht hilfreich. Als Beispiel: „Du hast Asthma. Das heißt: Du bekommst manchmal weniger Luft. Dann musst du dich hinsetzen und ein Medikament nehmen.“ Übertragen Sie Ihre eigenen Sorgen nicht auf das Kind.

  • 4. Scheuen Sie sich nicht, das Asthma-Notfallmedikament beim Kind einzusetzen

    Die atmungserleichternden Körperhaltungen sind bei einem Asthmaanfall zwar sehr nützlich, aber warten Sie nicht zu lange ab, ob sie helfen. Verabreichen Sie lieber einmal zu viel das Notfallmedikament als einmal zu wenig. Es kann Leben retten.

  • 5. Schonen Sie Ihr Kind mit Asthma nicht: Sport ist wichtig für die Asthmalunge

    Körperliche Belastung ist auch bei Asthma wichtig und ein essenzielles Training für die Lunge. Damit Sport beschwerdefrei möglich ist, muss notfalls medikamentös unterstützt werden.

Fachlich geprüft
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