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Wie ein Schleudertrauma entsteht und was dann hilft

Veröffentlicht am:11.10.2023

4 Minuten Lesedauer

Ein Schleudertrauma entsteht, wenn plötzlich und unerwartet aufgezwungene Beschleunigungskräfte auf Kopf und Hals einwirken. Die Heilungschancen stehen gut, wenn Betroffene den Genesungsprozess aktiv unterstützen.

Eine Frau hat bei einem Autounfall ein Schleudertrauma erlitten und hält sich mit einer Hand den Nacken.

© iStock / monkeybusinessimages

Was ist ein Schleudertrauma und welche Symptome treten auf?

Ein Schleudertrauma, auch bekannt als Halswirbelsäulen-Distorsion (HWS-Distorsion) oder Halswirbelverstauchung, ist meist eine Überdehnung der Bänder, Sehnen und Muskeln im Halswirbelsäulenbereich, die durch eine abrupte Bewegung des Kopfes verursacht wird.

Häufig tritt das Schleudertrauma bei Autounfällen auf, bei denen das Fahrzeug von hinten getroffen wird (Heckaufprall) und der Kopf des Insassen oder der Insassin ruckartig nach vorne und dann nach hinten geschleudert wird. Ein Schleudertrauma kann aber auch durch einen Sturz beziehungsweise eine seitliche Kollision entstehen, zum Beispiel beim Fahrrad- oder Skifahren oder auf der Kirmes im Autoscooter.

Durch die einem Peitschenhieb ähnliche Bewegung des Kopfes wirken plötzlich große Kräfte auf Muskeln und Bänder der Halswirbelsäule. In schweren Fällen können auch die Gelenke und knöchernen Strukturen wie Wirbelkörper in Mitleidenschaft gezogen werden. Je nach Schwere der Krafteinwirkung sind unterschiedliche Strukturen im Bereich der Halswirbelsäule betroffen und daraus ergeben sich auch unterschiedliche Beschwerden. Wenn wie in seltenen Fällen auch das Rückenmark verletzt wird, können Querschnittslähmungen oder sogar der Tod die Folge sein.

Muskelkaterartige Kopf- und Nackenschmerzen sind die häufigsten Symptome eines Schleudertraumas. Sie treten meist umgehend nach dem Unfall auf. Einige Beschwerden können sich jedoch um bis zu drei Tage zeitverzögert zeigen. Dazu zählen:

  • Nacken- und Kopfschmerzen
  • Nackensteifigkeit und/oder Überempfindlichkeit an der Halswirbelsäule
  • Schwindel mit oder ohne Übelkeit und Erbrechen
  • Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
  • Schluckbeschwerden (Dysphagie)
  • Kiefergelenksschmerzen
  • Schlafprobleme
  • Hörstörungen und Ohrgeräusche
  • Schmerzen und/oder Taubheitsgefühle bzw. Kribbeln in Schultern und/oder Armen

Um einer Chronifizierung der Schmerzen entgegenzuwirken, ist eine positive Erwartungshaltung und eine frühzeitige, aktivierende Behandlung für die Betroffenen von Bedeutung.

Generell sollten Sie nach einem Sturz oder Unfall immer Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin beziehungsweise eine Notfallpraxis oder Notaufnahme aufsuchen.

Wie häufig kommt ein Schleudertrauma nach Autounfällen vor?

Rund 80 Prozent der Menschen, die in einen Autounfall verwickelt sind, erleiden ein Schleudertrauma – zu über 90 Prozent in leichter Ausprägung. Folgende Faktoren können ein Schleudertrauma begünstigen:

  • fehlende oder falsch eingestellte Kopfstütze
  • Nackenmyalgie (Schmerzen im Nackenbereich) und/oder steifer Nacken schon vor dem Trauma
  • hohes Lebensalter

Wie sieht die Behandlung eines Schleudertraumas aus?

Normalerweise wird ein Schleudertrauma konservativ behandelt, das heißt: ohne operative Maßnahmen, dafür aber mit Medikamenten, Physiotherapie oder Psychotherapie sowie unterstützt von Hilfsmitteln wie Bandagen. Das Tragen einer Halskrause wird heute in den meisten Fällen nicht mehr empfohlen. Eine längere sogenannte Immobilisation, also die Fixierung des Bereichs, hat nach neuen Erkenntnissen sogar den gegenteiligen Effekt: Sie verzögert die Genesung und kann zu chronischen Beschwerden führen.

Ein Schleudertrauma kann sehr schmerzhaft sein. Zunächst kommen Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol zum Einsatz, so dass eine rasche Wiederaufnahme der normalen Bewegungsabläufe möglich ist. Zusätzlich sind moderate Nackenübungen – schonende aktive Bewegungs- und Lockerungsübungen hilfreich. Im Durchschnitt heilt ein leichtes bis mittelschweres Schleudertrauma innerhalb von 32 Tagen ab. Selten dauern die Schmerzen länger als sechs Monate an.

Verbessern sich die Symptome nach wenigen Wochen nicht und es bestehen neurologische Ausfälle in den Armen, sind eine Überweisung zur Physiotherapie und eine engmaschige Kontrolle wichtig. Die Prognose ist für den Großteil der Betroffenen gut. Die Hälfte der Patienten und Patientinnen sind nach einem Monat beschwerdefrei. Nach rund sechs Monaten sind es über 80 Prozent. Nur etwa fünf Prozent bleiben nach einem Schleudertrauma längerfristig arbeitsunfähig.

Ein älterer Mann sitzt auf einer Untersuchungsliege und fasst sich mit der rechten Hand an die rechte Halsseite, während eine Physiotherapeutin die besagte Stelle abtastet.

© iStock / Charday Penn

Physiotherapie ist eine wichtige Säule der Behandlung eines Schleudertraumas.

Welchen Einfluss hat die Psyche auf ein Schleudertrauma?

Wie schnell Betroffene mit Schleudertrauma wieder genesen ist, hängt nicht nur vom Schweregrad der Verletzung ab. Auch psychische Faktoren spielen beim Heilungsprozess eine große Rolle. So hat sich gezeigt, dass eine positive Erwartungshaltung den Genesungsprozess beschleunigen kann.

Zu einer Verlangsamung der Heilung bis hin zu chronischen, also dauerhaften Schmerzen, kann es bei folgenden Faktoren kommen:

  • Ob durch den Unfall ausgelöst oder bereits vorhanden: eine Angsterkrankung oder eine erhöhte Ängstlichkeit können Einfluss auf den Genesungsprozess haben. Angst führt in der Regel zu einem Vermeidungs- beziehungsweise Schonverhalten, was zum Beispiel eine Nackensteife verstärken kann.
  • Anhaltender Stress – auch ausgelöst durch Angst –, kann zu anhaltenden Beschwerden bei einem Schleudertrauma führen.
  • Das Erleben eines Autounfalls kann zudem eine vorübergehende Belastungsstörung auslösen, die allerdings in der Regel nach ein paar Tagen wieder abklingt.
  • Auch juristische Streitigkeiten, zum Beispiel nach einem Autounfall, können zusätzlich belasten und eine verstärkende Wirkung auf die Beschwerden durch ein Schleudertrauma haben.

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Welche Faktoren beeinflussen positiv die Genesung?

Es gibt einige Faktoren, die den Heilungsverlauf positiv beeinflussen und einer Chronifizierung des Schleudertraumas vorbeugen können. Besonders wichtig ist, dass je nach Schwere des Schleudertraumas alle erforderlichen medizinischen Maßnahmen rechtzeitig und konsequent ergriffen werden. Der Genesungsverlauf ist am günstigsten, wenn die Therapie innerhalb der ersten drei Wochen nach dem Unfall beginnt. Achten Sie darauf, dass Sie umfangreich über das gesamte Geschehen aufgeklärt werden. Was zu einem guten Heilungsverlauf beiträgt:

  • eine frühzeitige, aktivierende konservative Behandlung, um die Beweglichkeit zu erhalten beziehungsweise wieder herzustellen
  • eine unterstützende, medikamentöse Therapie mit Analgetika oder Muskelrelaxanzien
  • physikalische Verfahren wie Kälte- und/oder Wärmetherapie
  • eine positive Haltung zum Heilungsprozess
  • das Reduzieren oder Vermeiden von zusätzlicher psychischer Belastung etwa durch Rechtsstreitigkeiten
  • die Rückkehr an den Arbeitsplatz (sie kann sich positiv auf die mentale Gesundheit auswirken)
  • bei schweren Verletzungen das Hinzuziehen weiterer Fachbereiche, zum Beispiel Neurochirurgie (nur in seltenen Fällen notwendig)
  • eventuell Einnahme von Antidepressiva oder eine Psychotherapie, wenn ein chronischer Verlauf droht

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