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Gesundheitsmagazin

Schlaf

Macht polyphasischer Schlaf wirklich leistungsfähiger? Was Schlafforscher vom Intervallschlaf halten

Veröffentlicht am:03.03.2022

4 Minuten Lesedauer

Durch Verfechter wie Fußballstar Christiano Ronaldo ist ein neuer Schlaftrend in aller Munde: Intervallschlafen. Aus schlafmedizinischer Sicht ist es aber bedenklich und nicht zu empfehlen. Wie erholsamer Schlaf aussieht, erklärt ein Experte.

Ein Mann schläft tagsüber mehrmals mit einer Augenmaske.

© iStock / Moyo Studio

Porträt von Dr. Hans-Günter Weeß, Schlafforscher und Leiter des Interdisziplinären Schlafzentrums am Pfalzklinikum Klingenmünster.

© privat

Dr. Hans-Günter Weeß ist Schlafforscher und Leiter des Interdisziplinären Schlafzentrums am Pfalzklinikum Klingenmünster. Er beschäftigt sich in seiner Forschung vor allem mit Schlafstörungen. Dazu veröffentlicht er unter anderem Bücher und eigene wissenschaftliche Studien in Fachzeitschriften.

Was ist Intervallschlafen und was halten Sie davon?

Intervallschlafen, auch polyphasisches Schlafen genannt, ist eine Technik, bei der nicht nur nachts, sondern auch tagsüber in 4 bis 6 Zyklen zu jeweils 90 Minuten geschlafen wird. Das vermeintliche Ziel dieser Methode ist es, Energie zu gewinnen und gleichzeitig mehr Zeit für andere Dinge des Lebens zu haben.

Dieser Schlafrhythmus entspricht nicht der menschlichen Natur und kann ernsthafte gesundheitliche Schäden zur Folge haben. Wir wissen: Das wichtigste Reparatur- und Regenerationsprogramm des Menschen ist der Nachtschlaf.

Zudem ist der Mensch ein tagaktives und kein nachtaktives Wesen. Viele biologischen Rhythmen des Menschen, so auch der Schlaf-Wach-Rhythmus, werden durch den Hell-Dunkel-Rhythmus gesteuert und sind von diesem abhängig. Sobald sich dieses natürliche Schlaffenster verschiebt, bringt es die gesamte Biologie des Körpers durcheinander. Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Magen-Darm-, Stoffwechsel- und Krebserkrankungen steigt. Darüber hinaus ist die Gefahr größer, psychische Störungen, wie Depressionen und Angststörungen, zu entwickeln und unter Schlafstörungen zu leiden und langfristig Leistung einzubüßen.

Auch äußere Merkmale des Körpers können sich durch einen gestörten Schlafrhythmus verändern: Wir beobachten eine fahler werdende Haut, Haare, die langsamer wachsen, und auch Wunden, die schlechter heilen.

Wie viel Schlaf und welche Art von Schlaf ist gesund für uns?

Grundsätzlich gilt: Wir müssen so viel schlafen, wie es unser Körper vorgibt. Das können bei einem Menschen sieben Stunden, bei dem anderen acht Stunden sein. Denn der Schlafbedarf eines jeden Menschen wird durch seine Gene vorgegeben. Es gibt keine allgemeingültige Regel, wie viel Schlaf grundsätzlich gut ist. Bei den nächtlichen Schlafphasen sieht es ähnlich aus. Diese sind individuell verschieden und können von 70 Minuten bis zu 110 Minuten andauern. Deshalb entsprechen die festgelegten 90-minütigen Intervalle im Intervallschlafen zwar dem statistisch-wissenschaftlichen Durchschnitt, können aber beim Einzelnen bedeutsam abweichen. Wer seinen persönlichen Schlafrhythmus herausfinden möchte oder nachts Probleme beim Schlafen hat, dem empfehle ich einen Besuch im Schlaflabor. Hier wird untersucht, wie Sie schlafen und was unter anderem zu etwaigen Schlafstörungen führt.

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Wenn mir Intervallschlafen nicht den versprochenen Energiekick am Tag verschafft, was dann?

Wer tagsüber das Gefühl hat, seine Energiereserven gehen zur Neige, kann besser einen Power Nap machen. Dieser sollte allerdings nicht länger als 10 bis 20 Minuten andauern. Denn sonst läuft man Gefahr, in den REM-Schlaf, das sogenannte Traumschlafstadium, zu kommen. Im Ergebnis fühlen wir uns danach dann müder und antriebsloser und benötigen länger, um wieder in die Gänge zu kommen. Man hat sich, wie es der Volksmund sagt „müde geschlafen“.

Ein Mann macht einen Power Nap auf der Couch im Homeoffice.

© iStock / LightFieldStudios

Ein kurzer Power Nap von 10 bis 20 Minuten ist deutlich gesünder als Intervallschlafen.

Warum ist ein Power Nap am Tag sinnvoller als Intervallschlafen?

Ein Power Nap ergänzt das Schlafen in der Nacht und unterstützt das biphasische Schlaf-Wach-Muster des Menschen. Er macht wach und leistungsfähig für die zweite Tageshälfte, weiterhin ist er gesund und reduziert die Wahrscheinlichkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

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Was macht mich dann wirklich fit und stark für den Tag?

Das A und O für mehr Leistungsfähigkeit ist ein ausreichender und erholsamer Schlaf. Beherzigen Sie diese Tipps, um abends entspannen zu können: Machen Sie rechtzeitig Feierabend und schließen Sie den Tag gedanklich ab. Entpflichten Sie sich von den großen und kleinen Sorgen des Alltags und lassen diese vor der Schlafzimmertür. So stellt sich die schlafförderliche Entspannung rasch ein – sie ist der Königsweg zum Schlaf. Legen Sie sportliche Aktivitäten nicht auf spätabends und greifen Sie zu einem eher leichten Abendessen. Verzichten Sie am späten Abend weitestgehend auf das blaue Licht von LED-Beleuchtungen und LED-Bildschirmen, wie TV, Laptop und Handy. All diese Reize aktivieren das sympathische Nervensystem, welches den Schlaf verhindert und eher wach macht.

Gönnen Sie sich lieber ein Vollbad, trinken Sie einen Tee und lesen Sie ein gutes Buch – das hilft herunterzukommen und ist die beste Voraussetzung für einen erholsamen und gesunden Schlaf.

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