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Gesundheitsmagazin

Schlaf

Mouth Taping: erholsamer Schlaf durch Mundpflaster oder Social-Media-Hype

Veröffentlicht am:18.07.2025

5 Minuten Lesedauer

Den Mund über Nacht mit einem Pflaster zu verkleben, wird im Internet als „Wundermittel“ gegen Schnarchen und Schlafstörungen angepriesen. Was an diesem Trend dran ist – und ob Mouth Taping sogar gefährlich sein kann.

Eine junge Frau sitzt auf ihrem Bett und klebt sich ein Pflaster auf den Mund.

© iStock / Ivan Kukin

Was ist Mouth Taping und was soll es bringen?

An (echten und selbsternannten) Experten und Expertinnen mangelt es auf TikTok, Instagram oder YouTube nicht. Gerade beim so wichtigen Thema Gesundheit jagt ein Trend nach dem anderen durch das digitale Dorf. Von der Fußgymnastik bis zur Kleinhirnmassage gibt es unzählige Tipps und Tricks. Manche sind hilfreich, andere schaden zumindest nicht. Und schließlich gibt es auch Trends, die sogar gefährlich sein können. Wie steht es mit dem nächtlichen Mundpflaster?

Das Grundprinzip beim Mouth Taping

Beim nächtlichen Mundzukleben (Mouth Taping) wird ein Stück Pflasterband vom Philtrum (der „Nasenrinne“ an der Oberlippe) bis zum unteren Lippenrand geklebt. So lässt sich der Mund nicht mehr öffnen. Das soll die Mundatmung unterbinden und die Nasenatmung fördern. Klingt erst einmal einleuchtend: Wenn wir den Mund nicht mehr öffnen können, müssen wir durch die Nase atmen. Mouth Taping funktioniert mit einem einfachen medizinischen Pflasterband, aber natürlich gibt es auch speziell entwickelte Mundpflaster, die in vielen Social-Media-Posts gleich mitangepriesen werden, Kaufoption inklusive.

Welche Vorteile soll Mouth Taping haben?

Durch das Zukleben des Mundes wird die Atmung durch die Nase erzwungen. So viel ist klar. Aber lässt sich dadurch die Schlafqualität verbessern? Zu den behaupteten Vorteilen der nächtlichen Nasenatmung gehören neben der allgemeinen Optimierung des Schlafs, die Vermeidung von Schnarchen, die Linderung einer Schlafapnoe oder sogar die Vorbeugung von Asthma. Manche Influencer und Influencerinnen schreiben der Mouth-Taping-Praxis viele weitere gesundheitliche und kosmetische Vorteile zu, die fast immer ausschließlich von den Kanalbetreibenden selbst berichtet werden, beispielsweise mehr Energie am Morgen oder eine Straffung der Kinnpartie.

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Das sagt die Wissenschaft zum Mouth Taping

Viele Gesundheitstrends in den sozialen Medien laufen unter dem Radar der etablierten Wissenschaft, was es den Influencern und Influencerinnen erleichtert, ihre Tipps unwidersprochen und unwiderlegt anzupreisen. Auch Mouth Taping bildet hier keine Ausnahme – aber immerhin liegen einige wenige Studien zum Thema vor. Deren Ergebnisse sind aber, etwa aufgrund kleiner Studiengruppen, nur bedingt verallgemeinerbar.

Allgemeine Vorteile der Nasenatmung

Das Wesentliche zuerst: Die Nasenatmung erwärmt, filtert und befeuchtet die eingeatmete Luft. Atmen durch die Nase begrenzt das Eindringen von Fremdpartikeln oder Bakterien und Viren. Es ist daher plausibel, dass die Nasenatmung während des Schlafes insbesondere für Menschen mit empfindlichen Atemwegen hilfreich sein kann. Andersherum ist die kontinuierliche Mundatmung im Schlaf (bei der die Atemluft eben nicht befeuchtet wird) einer der möglichen Gründe, warum manche Menschen gelegentlich mit Mundtrockenheit oder sogar Halsschmerzen aufwachen.

Gesundheitlicher Nutzen durch Mouth Taping: der Einzelcheck

Nasenatmung ist also generell vorteilhaft. So viel ist klar. Die Frage ist: Kann Mouth Taping diese positiven Effekte nachhaltig fördern und bestimmten gesundheitlichen Problemen oder gar Krankheiten vorbeugen?

  • Mouth Taping gegen Schnarchen

    Schnarchen ist vor allem für die Bettgefährtin oder den Bettgefährten eine Qual, während die Schnarchenden oft mit trockenem oder gar schmerzenden Hals aufwachen. Verständlich, dass Betroffene alles versuchen möchten, um dieses lästige Problem zu beseitigen. Beim Schnarchen vibrieren Weichteile wie Gaumensegel, Zäpfchen und Zungengrund im Luftzug der Atmung, was zu den Schnarchgeräuschen führt. Eine behinderte Nasenatmung ist – neben Rauchen, Alkoholkonsum oder Übergewicht – eine häufige Ursache für Schnarchen. Das bedeutet auch: Mundatmung fördert Schnarchen.

    Theoretisch ist es daher möglich, dass Mouth Taping das Schnarchen durch eine verbesserte Nasenatmung reduziert. Einzelne Studien berichten von einer Verbesserung, eindeutige wissenschaftliche Belege gibt es jedoch nicht. Vor allem fehlen Studien, die isoliert die Wirkung von Mouth Taping auf das Schnarchen untersuchen. Außerdem können Schnarchende nie wissen, ob nicht doch ein ernsthaftes medizinisches Problem hinter dem Schnarchen steckt. Deshalb ist es in jedem Fall besser, eine HNO-Praxis aufzusuchen, als sich nachts im Rahmen einer Selbsttherapie selbst zu tapen. Auch der Verzicht auf Rauchen, weniger Alkohol und gegebenenfalls eine Gewichtsreduktion können helfen, das Schnarchen zu lindern.

  • Mouth Taping bei Schlafapnoe

    Bei der obstruktiven Schlafapnoe sind die Atemwege im Rachen stark verengt oder blockiert. Es kommt zu Atemaussetzern. Wie kann Mouth Taping hier Abhilfe schaffen? Die Grundidee ist, dass der geschlossene Mund die Kieferstellung positiv beeinflusst und die oberen Atemwege weitet.

    Verschiedene Studien liefern zum Teil positive Ergebnisse. Einmal wurde ein spezielles poröses Pflaster verwendet, das aber nicht mit dem aktuellen Mouth-Taping-Trend zu vergleichen ist. Eine weitere Studie ergab eine Verringerung der Atemaussetzer bei leichter Schlafapnoe durch Mundpflaster. Außerdem wurde die Wirkung von Mouth Taping in Kombination mit anderen Hilfsmitteln wie einer Unterkieferschiene oder einem Nasenspray untersucht. Unabhängig davon, ob nur das Mundpflaster oder mehrere Maßnahmen eingesetzt wurden: Keine der Studien lässt den Schluss zu, dass Mouth Taping eine allgemein und uneingeschränkt empfehlenswerte Behandlungsoption bei Schlafapnoe ist. Zurückhaltung ist hier umso berechtigter, denn eine andere Studie hat gezeigt: Mouth Taping kann bei manchen Menschen die Atmung bei Schlafapnoe sogar verschlechtern.

    Wichtig ist: Schlafapnoe kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Betroffene sollten niemals auf eigene Faust und ohne ärztlichen Rat zur Selbsthilfe greifen.

  • Mouth Taping als Asthma-Vorsorge oder -Behandlung

    Menschen mit Asthma reagieren oft empfindlich auf Allergene, die in der Wohnung vorkommen, wie zum Beispiel Hausstaubmilben. Da sollte es doch helfen, mithilfe eines Mundpflasters im Schlaf nur durch die Nase zu atmen. Auch wenn im Internet Behauptungen kursieren, Mouth Taping könne Asthmasymptome lindern: Bereits 2009 stellten Forschende fest, dass es keinen positiven Effekt hat, wenn sich Menschen mit Asthma nachts den Mund zukleben.

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Ein Paar liegt nebeneinander im Bett. Der Mann schläft mit offenem Mund. Die Frau ist wach, stützt den Kopf in die Hand und schaut ernst zu dem Mann herüber..

© iStock / Drazen Zigic

Schnarchen belastet andere. Mouth Taping kann einen Versuch wert sein, allerdings sollte man sich nicht zu viel davon erhoffen.

Einfach mal ausprobieren: Ist Mouth Taping gefährlich?

Unabhängig davon, dass ein positiver Effekt von Mouth Taping in der Regel ausbleiben dürfte, scheint es zumindest nicht gefährlich zu sein. Es gibt keine Berichte über Unfälle oder Komplikationen während oder nach dem Mouth Taping. Wer also gesund ist und insbesondere keine Atemwegserkrankungen wie Asthma oder Schlafapnoe und keine Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat, kann es ausprobieren.

Vielleicht können Sie mit Mouth Taping Ihr Schnarchen tatsächlich etwas lindern und gegebenenfalls Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin mehr Ruhe gönnen. Beim Schnarchen ist eine positive Wirkung des Mouth Taping immerhin nicht auszuschließen. Das ist schon viel mehr als bei allen anderen Verheißungen auch aus dem nichtmedizinischen Bereich: Etwa, dass Mouth Taping auch einen kosmetischen Nutzen haben soll – zum Beispiel ein Doppelkinn verringern. Solche Behauptungen können Sie getrost als haltlose Märchen abtun. Kaufen Sie vor allem keine überteuerten „Wunderpflaster“, die in diesem Zusammenhang gerne beworben werden. Für den Selbstversuch reicht ein hautverträgliches Pflasterband völlig aus.

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