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Resilienz stärken – Tipps für Kinder und Erwachsene

Veröffentlicht am:28.09.2021

6 Minuten Lesedauer

Aktualisiert am: 30.11.2023

Resilienz meint nichts anderes als die Fähigkeit, belastende Situationen gut zu bewältigen. Wie entsteht diese psychische Widerstandskraft? Lesen Sie hier, mit welchen Tipps sich Resilienz bei Kindern fördern lässt und welche Strategien auch Erwachsenen helfen können.

Ein Vater hält sein kleines Kind auf dem Arm. Durch Nähe und Zuwendung können Kinder Resilienz entwickeln und stärken.

© iStock / AleksandarNakic

Was ist Resilienz?

Der Begriff Resilienz geht auf das lateinische Verb „resilire“ zurück, was übersetzt so viel heißt wie „abprallen“ oder „von einer Tätigkeit abspringen“. In der Psychologie ist damit Widerstandsfähigkeit gemeint, also das Vermögen, belastende Situationen gut zu überstehen und im Idealfall sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Diese Fähigkeit zur Stärkung der psychischen Gesundheit ist nicht angeboren. Sie entsteht hauptsächlich aus den Erfahrungen, die ein Mensch im Kindesalter macht. Nur in einem kleinen Rahmen bauen diese auf angeborenen Eigenschaften auf, etwa einem lebensfrohen Temperament.

Grundsätzlich lässt sich Resilienz also aktiv fördern – und das lebenslang. Denn Forscher verstehen die innere Widerstandsfähigkeit als einen Prozess, bis ins hohe Alter. Ein belastendes Ereignis tritt ein, wie zum Beispiel eine Erkrankung eines nahen Angehörigen. Dieser sogenannte Stressor versetzt die Betroffenen in ein seelisches Ungleichgewicht. In dieser Situation nutzen sie ihre Ressourcen, also ihr inneres Potenzial aus zum Beispiel Wissen, Erfahrungen, Fertigkeiten und Persönlichkeitsmerkmalen, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Gelingt das, sprechen Experten von „positiver Anpassung“.

Warum ist es also so wichtig, Resilienz zu fördern? Das zeigt sich, wenn die Ressourcen nicht ausreichen, um das Ungleichgewicht zu beseitigen: Es kommt zur sogenannten „negativen Anpassung“. Sie kann Folgen wie Burn-out oder sogar psychische Störungen mit sich bringen.

Was sind Risiko- und Schutzfaktoren?

Eine zentrale Rolle in der Auseinandersetzung mit Resilienz spielt das Risiko- und Schutzfaktorenkonzept. Dabei geht es um das Zusammenspiel von persönlichen Merkmalen sowie sozialen Gegebenheiten und ihren Einfluss auf die physische sowie psychische Entwicklung und Gesundheit.

Risikofaktoren werden unterschieden in kindbezogene Risikofaktoren, die sogenannten Vulnerablilitätsfaktoren, und Risikofaktoren aus der Umwelt (Stressoren). Dazu zählen unter anderem:

  • genetische Faktoren
  • chronische Erkrankungen
  • geringe kognitive Fähigkeiten
  • schwierige Temperamentsmerkmale
  • niedriges Bildungsniveau der Eltern
  • niedriger sozioökonomischer Status
  • psychische Erkrankung mindestens eines Elternteils
  • häufige Umzüge

Bei den Schutzfaktoren werden personale Ressourcen, familiäre und soziale Ressourcen unterschieden. Unter anderem gehören dazu:

  • ein angeborenes positives Temperament
  • gut ausgebildete kognitive Fähigkeiten
  • Kreativität und Fantasie
  • eine stabile Bindung zu mindestens einer engen Bezugsperson
  • ein herzlicher emotionaler Umgang, aber gleichzeitig eine klar strukturierte Erziehung durch die Eltern
  • ein gutes Verhältnis zu den Geschwistern
  • soziale Unterstützung durch die Eltern
  • Qualität der Bildungsinstitutionen

Resilienz bei Kindern: Was bedeutet das?

Es gibt eine Reihe von Eigenschaften, die in einem Zusammenhang mit der Größe der Resilienz stehen:

  • Selbstwahrnehmung: Hier geht es darum, die eigenen Gefühle und Gedanken wahrzunehmen und zu reflektieren. Die Fremdwahrnehmung fällt ebenfalls in diesen Bereich, also die Fähigkeit, die Sichtweise anderer Menschen auf das eigene Handeln nachvollziehen zu können.
  • Selbststeuerungsfähigkeit: Zur Widerstandsfähigkeit gehört, die eigenen Gefühle in einem gewissen Rahmen zu kontrollieren. Resiliente Kinder können sich zum Beispiel selbst beruhigen und wissen, was ihnen guttut, beziehungsweise wo sie sich bei Bedarf Hilfe holen können.
  • Selbstwirksamkeitsüberzeugung: Das ist eine Umschreibung dafür, die eigenen Fähigkeiten und Stärken zu kennen und einzusetzen. Diese Kinder sind davon überzeugt, dass sie mit ihrem Handeln etwas bewirken können.
  • Soziale Kompetenzen: Kontakt zu anderen Menschen ist ein wichtiger Resilienzfaktor. Kinder sollten auch in der Lage sein, sich in andere Menschen hineinzuversetzen (Empathie) und Konflikte zu lösen.
  • Angemessener Umgang mit Stress: Wie viel Druck übt eine stressige Situation auf ein Kind aus? Kennt es Bewältigungsstrategien und weiß es auf der anderen Seite, wann es Unterstützung braucht?
  • Problemlösekompetenz: Resiliente Kinder setzen sich realistische Ziele und schaffen es, für Probleme Lösungen zu entwickeln.

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Resilienz fördern: Was macht Kinder stark?

Eltern können viel dazu beitragen, dass ihre Kinder Resilienz entwickeln und für die Herausforderungen des Lebens gewappnet sind:

  • Selbstwirksamkeit: Jedes Kind hat von Geburt an das Bedürfnis danach, die Welt mit ihren Regeln und Grundsätzen zu verstehen und möchte die Erfahrung machen, wie es seine Umgebung durch eigenes Zutun mitgestalten kann. Bereits als Baby erleben Kinder schon das Prinzip der Selbstwirksamkeit und fangen an, ihren Einfluss auf andere zu erproben: Wenn es zum Beispiel schreit, hat Ihr Baby bestimmte Bedürfnisse, die es erfüllt haben möchte. Versuchen Sie, die Auslöser des Schreiens zu erkennen und im besten Fall zu beseitigen. Trösten Sie es und wenn es Sie anlächelt, erwidern Sie sein Lächeln.
  • Selbstwertgefühl: Kinder können nur dann ein Gefühl für ihren Selbstwert bilden, wenn sie sich so angenommen und geliebt fühlen, wie sie sind – mit all ihren Stärken und Schwächen. Wichtig ist auch, dass sie merken, dass andere sich für sie interessieren und ihnen Aufmerksamkeit schenken.
  • Selbstvertrauen: Sie können das Selbstbewusstsein Ihres Kindes stärken, indem Sie von Beginn an in seine Fähigkeiten vertrauen und es ermutigen. Lob hilft Ihrem Kind außerdem dabei, eigene Stärken und Schwächen besser wahrnehmen und damit umgehen zu können. Selbstvertrauen bildet die Grundlage dafür, dass Ihr Kind auch anderen Menschen mehr Vertrauen entgegenbringen, voller Zuversicht die Welt erobern, Erfahrungen mit den eigenen Möglichkeiten und Grenzen sammeln und ein gutes Selbstbewusstsein entwickeln kann.
  • Selbstständigkeit: Jedes Kind hat von Geburt an die Motivation, mit der Zeit selbstständiger zu werden und nach und nach auf eigenen Beinen zu stehen. Auch wenn Ihr Kind noch den elterlichen Schutz braucht, geben Sie ihm Gelegenheit, sich im Alltag auszuprobieren und seine eigenen Fähigkeiten besser kennenzulernen, beispielsweise beim Essen mit Besteck. Versuchen Sie, beide Bedürfnisse Ihres Kindes miteinander zu verbinden: Das Kind sollte nicht durch übertriebene Sorge verunsichert werden, andererseits sollten Sie ernsthafte Gefahren natürlich vermeiden.
  • Durchhaltevermögen: Kinder können sehr hartnäckig sein: Wenn sie eine neue Fähigkeit entwickeln oder etwas Neues entdecken, bleiben sie oftmals solange am Ball, bis sie mit dem Ergebnis zufrieden sind. Auch Eltern müssen Geduld mitbringen, wenn sie eigentlich schon spät dran sind und Ihr Kind zum Beispiel darauf besteht, sich selbst die Schuhe zu binden. Geben Sie Ihrem Kind Zeit und Raum, eigene Lösungen zu finden und seine Fähigkeiten zu entfalten. Loben Sie es aufrichtig und angemessen. Aufbauende Worte stärken und ermutigen Ihr Kind.
  • Konfliktfähigkeit: Ob und wie Ihr Kind mit Streitigkeiten umgeht, hängt maßgeblich damit zusammen, ob und wie Konflikte in der Familie ausgetragen werden. Ihr Kind sollte sich sicher sein, wertgeschätzt zu werden, um seine Ansichten wahrnehmen und auch äußern zu können. Wichtig ist, dass Ihr Kind im Alltag immer wieder erfährt, dass seine Meinung genauso wie die der anderen respektiert wird, manchmal aber auch Zugeständnisse gemacht werden sollten.
  • Mitgefühl und Nachempfinden: Mitgefühl ist eine grundlegende Voraussetzung dafür, gerecht und fair vorzugehen und zum Beispiel teilen oder auf andere Rücksicht nehmen zu können. Empathie hängt mit dem Selbstempfinden, der kindlichen Ich-Entwicklung wie auch mit der sozialen Entwicklung des Kindes zusammen. Schon Babys machen diese Erfahrung, wenn sie menschliche Nähe und Zuwendung erleben. Sie begreifen dadurch, dass sie verstanden und so angenommen werden.
Eine Frau blickt mit verschränkten Armen in die Ferne. Seine Resilienz zu stärken erfordert manchmal Geduld.

© iStock / FG Trade

Resilienz hilft dabei, belastende Situationen gut zu überwinden und eventuell sogar gestärkt aus ihnen hervorzugehen.

Zusammenspiel mit weiteren Faktoren

Die Voraussetzung dafür, dass Ihr Kind all diese Fähigkeiten entwickeln kann und somit resilienter wird: Eltern sollten Ihr Kind so sehen, wie es ist. Die Grundbedürfnisse befriedigen und auch individuelle Wünsche des Kindes ernstnehmen.

Die genannten Eigenschaften alleine beeinflussen nicht die psychisch gesunde Entwicklung Ihres Kindes, bilden aber eine gute Grundlage. Es gibt noch weitere Faktoren, die bei Belastungen und Herausforderungen für eine innere Balance sorgen können. Die äußeren Lebensumstände spielen dabei ebenfalls eine Rolle, zum Beispiel gute Betreuungsangebote, Schule, Freizeitmöglichkeiten, Freunde und Bezugspersonen in der Familie.

Wichtig ist vor allem, dass sich Ihr Kind sicher sein kann, jederzeit bei Ihnen und anderen Bezugspersonen Halt und Unterstützung finden zu können, wenn es diese gerade braucht. Dann stehen die Chancen gut, dass Ihr Kind auch in schwierigen Lebensphasen das Heranwachsen gut meistern wird.

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Wie können Erwachsene ihre Resilienz stärken?

Resilienz ist ein dynamischer Prozess, der ein Leben lang anhält. Auch Erwachsene können demnach ihre Widerstandsfähigkeit verbessern. Unterm Strich geht es darum zu versuchen, Krisen nicht als unlösbare Situationen wahrzunehmen. Sie sind vielmehr eine Gelegenheit, sich persönlich weiterzuentwickeln. Resilienz ist das Ergebnis oder das Produkt am Ende eines Anpassungsprozesses an Stressoren – und das kann mit etwas Übung und Geduld jeder erreichen.

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