Stoffwechsel
Mukoviszidose: Alles über Symptome, Behandlung und Lebenserwartung
Veröffentlicht am:10.11.2025
6 Minuten Lesedauer
Mukoviszidose ist eine angeborene Stoffwechselerkrankung und betrifft vor allem die Atemwege. Durch zähen Schleim sind sie verstopft, Betroffene müssen häufig und heftig husten. Wie neue Therapien die Lebensqualität und Lebenserwartung verbessern.

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Was ist Mukoviszidose und welche Lebenserwartung haben Betroffene?
Mukoviszidose – auch cystische Fibrose (englisch cystic fibrosis) genannt – ist die zweithäufigste Stoffwechselerkrankung in Europa. Sie wird vererbt, in Deutschland sind etwa 8.000 Menschen daran erkrankt. Zäher Schleim, der in den Zellen entsteht, verstopft bei ihnen nach und nach lebenswichtige Organe wie Lunge, Bauchspeicheldrüse, Leber oder Darm. Wird die Erkrankung nicht behandelt, führt sie zum Tod.
Durch intensive Forschung wurden in den vergangenen Jahren große Fortschritte erzielt und neue Therapien entwickelt. Dadurch hat sich die Lebensqualität für Betroffene deutlich verbessert. Auch die Lebenserwartung ist gestiegen: auf 67 Jahre. Allerdings ist die Schwere des Krankheitsverlaufs individuell sehr unterschiedlich und die Anzahl der betroffenen Organe kann variieren. Auch Umweltfakoren haben Einfluss auf die Lebenserwartung, sodass nach den Daten aus dem Deutschen Mukoviszidose-Register nur eine durchschnittlich zu erwartende Lebenserwartung angegeben werden kann. Zum Vergleich: Anfang der 1980er Jahre betrug die Lebenserwartung etwa 25 Jahre, 2016 lag sie bei etwa 50 Jahren.
Mukoviszidose wurde bereits im Mittelalter erwähnt. Bei Neugeborenen und Kindern war der salzige Schweiß aufgefallen. Beschrieben wurde die Erkrankung jedoch erst 1938 als zystische Fibrose von der Kinderärztin Dorothy Hansine Anderson.
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Ursache der Mukoviszidose
Ursache der Erbkrankheit Mukoviszidose ist eine Veränderung (Mutation) im Gen CFTR (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator). Dieses kommt in fast allen Geweben des Körpers vor und reguliert einen Kanal, durch den Salz und Wasser strömen. Bei der Mukoviszidose ist dieser Kanal defekt und führt zu einer Verstopfung. Der sich bildende zähe Schleim beeinträchtigt dann die Funktion der Organe und führt im weiteren Verlauf zur Verstopfung der feinen Äste der Bronchien in der Lunge, der Gänge der Bauchspeicheldrüse und der Gallengänge.
Mukoviszidose wird autosomal resseziv vererbt, was bedeutet, dass beide Elternteile Träger des Gendefekts sind, ohne zwingend erkrankt zu sein. Damit ein Kind erkrankt, muss also das defekte Gen von der Mutter und dem Vater weitergegeben werden. Die Wahrscheinlichkeit liegt dann bei 25 Prozent, dass Eltern ein Kind mit Mukoviszidose bekommen. Allerdings wissen viele Menschen gar nicht, dass sie Träger dieses Gendefekts sind, weil sie nur ein defektes Gen besitzen und somit keine Symptome haben.
Typische Symptome bei Mukoviszidose
Bei einer Mukoviszidose können verschiedene Beschwerden auftreten. Zu den häufigsten Symptomen gehören ständiger Husten und Atemnot. Betroffene können den Schleim, der die kleinen Atemwege verstopft, sehr schlecht abhusten. Den Schleim wiederum können Bakterien oder Viren besiedeln. Die Folge sind immer wieder auftretende Infekte oder eine Lungenentzündung. Im schlimmsten Fall wird sogar das Lungengewebe zerstört.
Der Schleim beeinträchtigt nicht nur die Atemwege, sondern auch das Verdauungssystem. Er verstopft Bauchspeicheldrüse und Leber. Dadurch kommen Verdauungsenzyme nicht im Darm an und die Nahrung kann nicht gut verdaut werden. Bauchschmerzen, Verstopfung, fettiger Stuhl und starkes Untergewicht können dadurch auftreten. Bei Säuglingen und Kleinkindern sind auch Gedeihstörungen möglich. In seltenen Fällen kommt es auch zum Darmverschluss.

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Wie wird Mukoviszidose diagnostiziert?
Für die Diagnose muss eine sogenannte CFTR-Funktionsstörung nachgewiesen werden. In Deutschland führen Ärztinnen und Ärzte seit 2016 im Rahmen der Erstuntersuchung bei Neugeborenen auch ein Screening auf Mukoviszidose durch. Dazu nehmen sie dem Baby Blut ab und lassen es im Labor untersuchen. Ist das Ergebnis auffällig oder sind Geschwister an Mukoviszidose erkrankt, machen Ärztinnen und Ärzte weitere Untersuchungen: vor allem einen Schweißtest. Ab dem 3. Lebenstag können sie ihn bei Kindern, die nach der 36. Schwangerschaftswoche geboren wurden und ein Körpergewicht von über 2.000 Gramm haben, durchführen.
Beim Schweißtest lassen Ärztinnen und Ärzte den Natrium-Chlorid-Gehalt im Schweiß bestimmen. Zunächst stimulieren sie die Schweißdrüsen, dann fangen sie den Schweiß auf und lassen ihn im Labor untersuchen. Liegt der Chloridwert unter 30, hat das Kind keine Mukoviszidose. Ein Wert über 60 bedeutet, dass die Erkrankung wahrscheinlich vorliegt.
Eltern werden mit Mukoviszidose?
Der zähe Schleim kann bei Männern mit Mukoviszidose die Samenleiter verschließen. Deshalb sind fast alle Patienten nicht zeugungsfähig. Bei Frauen mit Mukoviszidose ist der Schleim im Gebärmutterhals verändert. Die Folge: Die Spermien sind auf dem Weg zur Gebärmutter nicht so beweglich und die Fruchtbarkeit ist etwa um die Hälfte reduziert. Durch eine künstliche Befruchtung oder eine intrazystoplatische Spermieninjektion können jedoch auch sie Eltern werden.
Wie wird Mukoviszidose behandelt?
Mukoviszidose schreitet immer weiter fort. Bisher ist es noch nicht möglich, diesen Prozess aufzuhalten. Die Symptome lassen sich jedoch mit neuen Medikamenten, sogenannten CFTR-Modulatoren, gut behandeln. Aktuell sind vier unterschiedliche Modulatoren auf dem Markt, die auch in Kombination verordnet werden können. Ihre Anwendung und Wirksamkeit hängt allerdings von der CFTR-Genmutation ab. Für etwa 90 Prozent der Mukoviszidose-Patientinnen und -Patienten besteht aber eine geeignete Therapiemöglichkeit.
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Eine wichtige Funktion bei der Behandlung nimmt die Inhalationstherapie ein. Betroffene inhalieren verschiedene Substanzen, die den Schleim lösen und die Bronchien erweitern. Das Abhusten des Schleims wird dadurch leichter. Auch Antibiotika oder Entzündungshemmer können inhaliert werden.
Um die Funktion der Lunge zu verbessern, kann eine Atemtherapie infrage kommen. Eine positive Wirkung auf die Gesundheit von Lunge und Herz kann auch ein individuell abgestimmtes körperliches Training haben. Durch die Erkrankung sind beide Organe stark belastet.
So werden Begleiterkrankungen der Mukoviszidose behandelt
Bei etwa 80 Prozent der Menschen mit Mukoviszidose ist die Funktionstüchtigkeit der Bauchspeicheldrüse reduziert (Pankreasinsuffizienz), das heißt, sie gibt keine oder zu wenig Enzyme in den oberen Dünndarm ab, um den Speisebrei zu verdauen. Deshalb können vor allem Nahrungsfette nicht verdaut werden. Enzympräparate, die zu jeder Mahlzeit und zu jedem Snack eingenommen werden, können die fehlende Funktion der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) ersetzen. Neben dem Enzym Lipase enthalten die Präparate weitere kohlenhydrat- und eiweißspaltende Enzyme.
Mukoviszidose tritt häufig in Verbindung mit Diabetes mellitus auf. Deshalb sind die Früherkennung und regelmäßige Glukosetoleranztests ab dem 10. Lebensjahr wichtig. Eine frühzeitige Diabetes-Therapie mit Insulin wirkt sich positiv auf den weiteren Krankheitsverlauf aus.
Ist die Mukoviszidose bereits fortgeschritten, kann Sauerstoff verabreicht werden. Eventuell ist eine Lungentransplantation notwendig, wenn die Lunge bereits stark geschädigt ist.
Welche Folgerkrankungen können auftreten?
Im Verlauf der Mukoviszidose kann es zu Folgeerkrankungen kommen. Neben Diabetes eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis), Störungen der Fruchtbarkeit oder Osteoporose. Aufgrund der Verdauungsprobleme stehen die Nähr- und Mineralstoffe sowie Vitamine für den Knochenaufbau und -erhalt nicht ausreichend zur Verfügung. Hinzu kommt, dass sich Betroffene oft wenig sportlich betätigen können und wenig mit natürlicher Sonnenstrahlung in Kontakt kommen. Weil der Salzhaushalt bei ihnen gestört ist, verlieren sie auch viel Salz über den Schweiß. Die Elektrolytstörung kann wiederum dazu führen, dass Betroffene ein gesteigertes Durstgefühl, Kopfschmerzen, Schwindel oder Muskelkrämpfe haben.
Warum Sie bei Mukoviszidose Abstand halten sollten
Patientinnen und Patienten mit Mukoviszidose sollten Abstand zu Personen halten, die akute Infekte haben. Dazu gehören Erkältungen, Grippe, Keuchhusten, Scharlach oder Magen-Darm-Infektionen. Beim Husten, Sprechen oder Lachen können Krankheitserreger übertragen werden und sich die Mukoviszidose-Symptome verschlimmern. Auch auf Türklinken und anderen Oberflächen können sich Keime befinden. Über entsprechende Hygienemaßnahmen informiert der Mukoviszidose e.V.
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