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Was sind die häufigsten Erbkrankheiten?

Veröffentlicht am:14.11.2023

5 Minuten Lesedauer

Jeder Mensch hat ein individuelles genetisches Material von beiden Eltern mitbekommen. Doch auch Erbkrankheiten können weitergegeben werden oder neu entstehen. Aber was sind Erbkrankheiten überhaupt?

Kleiner Junge mit Trisomie 21 spielt auf einem Klettergerüst.

© iStock / LSOphoto

Was sind Erbkrankheiten?

Unser Erbgut setzt sich aus nur 46 Chromosomen zusammen. Trotzdem ist jeder Mensch einzigartig und hat eine individuelle genetische Variation. In seltenen Fällen können dabei Unregelmäßigkeiten, sogenannte Anomalien, auftreten. Oft werden diese gar nicht bemerkt. Manche davon können jedoch Erbkrankheiten zur Folge haben. Die Auswirkungen sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich.

Als Erbkrankheiten bezeichnet man Krankheiten, die durch eine Veränderung des Erbgutes versursacht werden. Diese Veränderung nennt man Mutation. In einigen Fällen wird diese Mutation durch das Ergbut der Eltern an die nächste Generation weitergegeben. Dabei kann es vorkommen, dass die Eltern selbst nicht von der Krankheit betroffen sind, obwohl sie das entsprechende genetische Material in sich tragen. Da sich ihr Erbgut ebenfalls aus den Genen von Mutter und Vater zusammensetzt, kann es sein, dass sie beispielsweise von der Mutter eine Mutation vererbt bekommen haben, die jedoch durch eine gesunde Kopie des betreffenden Gens vom Vater ausgeglichen wird, weshalb sie nicht erkranken. Tragen beide Eltern an der entsprechenden Stelle eine Veränderung in sich, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Erkrankung in der nächsten Generation ausbricht.

Auch genetisch bedingte Erkrankungen die durch sogenannte „Spontanmutationen“ oder „Neumutationen“ entstehen, gehören zu den Erbkrankheiten. In diesem Fall verändert sich das Erbgut in einer der elterlichen Keimzellen, also in der Eizelle oder in der Spermie, ohne dass bei den Eltern eine Anomalie vorliegt. Vereinfacht bedeutet das: Nur in dieser einen Zelle der Mutter oder des Vaters ist es zu einer Veränderung gekommen, die dann an das Kind weitergegeben wird.

Mutationen können auch während der folgenden Zellteilung nach der sogenannten Konzeption, also nach der Befruchtung einer Eizelle, entstehen. Damit ein Kind heranwächst, teilt sich die Zelle und kopiert dabei das Erbgut im Regelfall vollständig. Kommt es bei der Zellteilung zu einer Mutation, kann eine genetisch bedingte Erkrankung entstehen.

Drei Gruppen von Erbkrankheiten

Bei chromosomalen Anomalien wie der Trisomie 21 handelt es sich um eine fehlerhafte Weitergabe des Erbguts der Eltern. Bei dem Kind tritt dann eine Veränderung der Anzahl oder der Struktur der Chromosomen auf. Das Risiko hierfür steigt mit zunehmendem Alter der Mutter. Bei einer 20-jährigen Mutter liegt das Risiko bei 1 von 2.000 Geburten, bei einer 35-jährigen Mutter liegt es bei 1 von 365, und bei einer 40-Jährigen liegt es bei 1 von 100, dass das Kind eine Trisomie 21 entwickelt. Ob das Alter des Vaters eine Rolle spielt, ist bisher umstritten. Weitere chromosomale Anomalien neben Trisomie 21 sind zum Beispiel das Ullrich-Turner-Syndrom oder das Klinefelter-Syndrom.

  • Monogene Krankheiten treten im Vergleich zu chromosomalen Anomalien relativ selten auf: Im Durchschnitt ist eines von 10.000 Neugeborenen davon betroffen. Bei einer monogenen Erkrankung ist nur ein Gen (Chromosomenabschnitt) defekt. Dies kann erbliche Ursachen haben oder durch eine Spontanmutation entstehen. Beispiele monogener Erkrankungen sind Mukoviszidose, Phenylketonurie oder die Bluterkrankheit Hämophilie.
  • Multifaktorielle Krankheiten treten häufiger auf als chromosomale Anomalien und monogene Krankheiten und stellen sich erst im Laufe des Lebens ein: Im Durchschnitt bricht bei einem von 100 Kindern eine multifaktorielle Erkrankung im Laufe des Lebens aus. Dazu gehören Diabetes mellitus, Epilepsie, Hüftgelenksdysplasie, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Neuralrohrdefekte. Ursache dieser Erkrankungen sind oft genetische Veränderungen oder eine Kombination aus mehreren genetischen Faktoren, die zusätzlich durch äußere Einflüsse (zum Beispiel Röntgenstrahlen, Medikamentenwirkstoffe, Chemikalien) während der Schwangerschaft oder im Laufe des Lebens der betroffen Person, sowie der Lebensstil der betroffenen Person (zum Beispiel Rauchen, ungesunde Ernährung) ausgelöst werden.

Die häufigsten genetischen Erkrankungen

Trisomie 21 – das Down-Syndrom

Streng genommen handelt es sich beim Down-Syndrom nicht um eine Krankheit. Bei dieser Chromosomenstörung liegt das Chromosom 21 nicht zweimal, sondern dreimal vor. Betroffene haben also 47 statt 46 Chromosomen. Dies passiert rein zufällig und kann weder verhindert noch behoben werden. Mit dem Down-Syndrom gehen unterschiedlich starke körperliche Fehlbildungen sowie geistige Einschränkungen einher. Je nach Einzelfall und individueller Förderung können die Betroffenen ein weitgehend normales Leben führen.

Mukoviszidose

Aufgrund eines defekten Gens produzieren die schleimbildenden Drüsen ein zähes Sekret. Dies beeinträchtigt die Funktion der Organe, insbesondere der Lunge. Die Stoffwechselkrankheit Mukoviszidose ist nicht leicht zu diagnostizieren, da sie oft mit Asthma und Bronchitis verwechselt wird. Schon vor der Geburt lässt sich das defekte Gen ausmachen und feststellen, ob das Kind erkranken wird oder nicht. Dieser Test ist eine Selbstzahlerleistung und sollte nach enger Abstimmung mit dem Arzt oder der Ärztin durchgeführt werden.

Die Testung auf Mukoviszidose innerhalb der ersten Lebenswochen gehört seit 2016 zum Neugeborenen-Screening und ist eine Kassenleistung. Die Krankheit lässt sich nicht heilen, aber durch Medikamente und begleitende Therapiemaßnahmen lindern.

Ein Kind mit der Erbkrankheit Mukoviszidose inhaliert mit einem speziellen Inhalator und sitzt dabei auf dem Schoß seiner Mutter.

© iStock / SDI Productions

Die Erbkrankheit Mukoviszidose ist unheilbar, durch Medikamente und begleitende Therapiemaßnahmen – wie regelmäßiges Inhalieren – können Symptome aber gelindert werden.

Hämophilie – die Bluterkrankheit

Ebenso wie die Mukoviszidose gehört die Hämophilie zu den monogenen Erkrankungen. Dabei wird in circa der Hälfte der Fälle das Gen vererbt. Bei der anderen Hälfte handelt es sich um eine Spontanmutation. Menschen, die an Hämophilie leiden, haben eine erhöhte Blutungsneigung und Blutungen lassen sich schwerer stoppen. Aufgrund der Art der Vererbung sind Männer häufiger betroffen als Frauen. Ein risikoarmer Lebensstil gilt als beste Vorsorgemaßnahme. Die nicht heilbare Krankheit kann aber durch die Injektion von Gerinnungsfaktoren behandelt werden.

Lippen-Kiefer-Gaumenspalte

In manchen Fällen wachsen die Gesichtshälften des Embryos nicht vollständig zusammen. Die Ursache für eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist umstritten. Medizinerinnen und Mediziner gehen zwar von einem genetischen Faktor aus, aber auch äußere Einflüsse während der Schwangerschaft werden für die Fehlbildung verantwortlich gemacht. In der Regel ist eine Schließung der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte durch einen operativen Eingriff möglich. Eine sprachtherapeutische Förderung verhilft in den meisten Fällen zu einer Normalisierung der Aussprache.

Zystenniere

Wenn sich in und um die Niere erheblich viele Zysten bilden, spricht man von einer Zystenniere. Dies hat oft einen monogenen Defekt als Ursache. Durch die hohe Anzahl der Zysten ist die Funktion der Niere beeinträchtigt, was schlimmstenfalls zu Nierenversagen führen kann. Oft bleibt die Erkrankung zunächst unentdeckt, weil sich nur einzelne Zysten bilden. Dann ist sie auch nicht behandlungsbedürftig. Wuchern die Zysten, können Medikamente gegen die Schmerzen eingesetzt werden und die Zysten punktiert oder entfernt werden. In manchen Fällen sind Patienten und Patientinnen dann auf eine Dialyse (Blutreinigung) angewiesen.

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Die meisten Erbkrankheiten sind nicht heilbar. Mit einer geeigneten Therapie können Betroffene aber oft trotz der Erkrankung einen weitgehend normalen Alltag leben. Manche Erbkrankheiten haben jedoch einen stärkeren Einfluss auf die Lebensqualität als andere. Bestimmte Krankheiten und Chromosomenstörungen wie Trisomie 21 können mittlerweile bereits während der Schwangerschaft festgestellt werden.

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