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Baby & Kleinkind

Was ist eine Trisomie 21?

Veröffentlicht am:08.11.2022

6 Minuten Lesedauer

Menschen mit Trisomie 21, auch Down-Syndrom genannt, erkennt man meistens an ihrem typischen Aussehen. Ihre körperliche und geistige Entwicklung verläuft anders als bei anderen Menschen. Was genau verbirgt sich dahinter?

Junges Mädchen mit Down-Syndrom sitzt mit ihren Freunden und Freundinnen auf einer Wiese.

© AOK

Wie entsteht eine Trisomie 21?

Bei der Trisomie 21 handelt es sich um eine Chromosomenstörung. Auf den Chromosomen sind die genetischen Informationen des Körpers codiert. Normalerweise befinden sich in jedem Zellkern 23 Paare aus jeweils einem mütterlichen und einem väterlichen Exemplar dieser Chromosomen – also insgesamt 46 Chromosomen. Eins der Chromosomenpaare bestimmt das Geschlecht: Frauen besitzen zweimal das X-Chromosom, während Männer ein X- und ein Y-Chromosom haben. Beim Down-Syndrom ist das Chromosom 21 jedoch dreimal vorhanden – deswegen der Name Trisomie 21. Die Betroffenen haben somit 47 statt 46 Chromosomen in den Zellkernen.

Der Name Down-Syndrom leitet sich von dem Entdecker der Krankheit ab, dem britischen Arzt John Langdon Down. Er beschrieb 1866 als Erster das Krankheitsbild. Die Publikation „Down-Syndrom. Bestandsaufnahme gut 150 Jahre nach der Erstbeschreibung“ von Dr. med. Thomas Hoppen ist 2021 in der Fachzeitschrift Pädiatrie erschienen: Weltweit kommt eines von 800 Babys mit Down-Syndrom auf die Welt. In Deutschland leben circa 50.000 Menschen mit Trisomie 21.

Freie Trisomie 21

Es gibt verschiedene Formen dieser genetischen Abweichung. Die sogenannte freie Trisomie 21 tritt mit 95 Prozent am häufigsten auf. Dabei weisen alle Körperzellen das dreifache Chromosom 21 auf. Die Trisomie 21 entsteht sehr früh, nämlich bereits durch einen Fehler während der Keimzellbildung von Eizellen und Spermien. Die Wahrscheinlichkeit für diesen Vorgang steigt mit einem höheren Alter der Mutter.

Translokations-Trisomie

Etwa 3 Prozent der Menschen mit Down-Syndrom haben 46 Chromosomen, aber das überzählige Chromosom 21 ist an ein anderes Chromosom angelagert. Experten sprechen von einer Translokations-Trisomie. Zu dieser Form kommt es, weil vereinfacht gesagt bei einem Elternteil bereits eine Abweichung vorliegt, die keine Symptome verursacht. Bei ihnen ist ein Teil des Chromosoms 21 mit einem Teil eines anderen Chromosoms ausgetauscht – es gibt also keine vermehrte Menge an Erbmaterial und die Entwicklung verläuft normal. Bei der Vererbung auf das Kind kann jedoch Trisomie 21 entstehen.

Mosaik-Trisomie 21

Noch seltener mit ein bis zwei Prozent tritt die Mosaik-Trisomie 21 auf, bei der nicht alle Körperzellen die Trisomie 21 haben. Sie kommt zustande, weil der Fehler in der Zellteilung zu einem späteren Zeitpunkt während der Entwicklung des Embryos stattfindet.

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Down-Syndrom: Welche Symptome sind typisch?

Bestimmte sichtbare körperliche Merkmale des Babys weisen auf Trisomie 21 hin. Zu den auffälligen Symptomen gehören beispielsweise:

  • schräg aufwärts gestellte Augen
  • schwach entwickelte Muskulatur und lockeres Bindegewebe
  • rundes Gesicht und flacher Hinterkopf
  • breite Hände mit kurzen Fingern und eine über den gesamten Handteller gezogene Vierfingerfurche
  • schmaler und hoher Gaumen
  • zu große Zunge, die oftmals aus dem Mund herausschaut (mitunter verbunden mit Trinkschwierigkeiten im Säuglingsalter)

Neben diesen körperlichen Anzeichen kann auch das Verhalten der Babys etwas abweichen. So sind viele Kinder eher passiv, ruhig und weinen wenig.

Durch eine Analyse der Chromosomen aus Lymphozyten des Blutes wird die Diagnose abgesichert.

Wie verläuft die Entwicklung beim Down-Syndrom?

Trisomie 21 geht mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen einher. Dabei sind die Symptome sehr unterschiedlich ausgeprägt. Auch die Entwicklung weist wie bei allen Kindern in den einzelnen Bereichen eine recht große Bandbreite auf – immer ist das Down-Syndrom mit Besonderheiten in der Entwicklung verbunden:

  • Menschen mit Down-Syndrom wachsen verzögert und sind meist kleinwüchsig. Das Körpergewicht ist in den ersten Lebensjahren oftmals unterdurchschnittlich, nach der Pubertät nimmt es dann mitunter stark zu.
  • Die Muskeln bleiben schwach entwickelt und das Bindegewebe ist locker. Dadurch können Betroffene unter anderem ihre Gelenke deutlich überstrecken.
  • Eine sogenannte Sandalenlücke an den Füßen beschreibt einen ungewöhnlich großen Abstand zwischen dem großen Zeh und der zweiten Zehe.

Die Entwicklung von Kindern mit Down-Syndrom begleiten zunächst Kinderärzte und Kinderärztinnen. Je nach den gesundheitlichen Problemen sind auch Experten und Expertinnen anderer Fachrichtungen beteiligt, etwa der Inneren Medizin, Orthopädie, Neurologie, Augenheilkunde oder Kardiologie.

Trisomie 21: Mit welchen gesundheitlichen Beeinträchtigungen kann sie verbunden sein?

Menschen mit Trisomie 21 haben ein höheres Risiko für bestimmte Krankheiten. Unter anderem treten häufig ein eingeschränktes Sehvermögen oder Hörschäden (letztere mit bis zu 78 Prozent) auf. Die Hälfte der Kinder kommt mit einem Herzfehler auf die Welt. Betroffene leiden auch häufiger als andere Menschen unter Autoimmunerkrankungen wie der Darmerkrankung Zöliakie, kindlichem Rheuma oder dem Typ1-Diabetes. Auch Störungen bei der Schilddrüsenfunktion oder ein fehlgebildeter Verdauungstrakt sind nicht selten. Leukämie wird bei Menschen mit Trisomie häufiger diagnostiziert, insgesamt liegt der Anteil jedoch bei weniger als einem Prozent. Beeinträchtigungen des Immunsystems können zu vermehrten Infekten führen (zum Beispiel Infektionen des Mittelohres oder der Atemwege). Auch Schlafapnoe tritt bei Menschen mit einer Trisomie 21 häufiger als in der Allgemeinbevölkerung auf (bedingt durch das Fehlen bestimmter Gesichtsmuskeln).

Down-Syndrom: Wie verläuft die geistige Entwicklung?

Die mentale Beeinträchtigung von Menschen mit Down-Syndrom ist sehr unterschiedlich ausgeprägt und reicht von sehr leicht bis hochgradig. Nur verhältnismäßig wenige Betroffene sind schwer geistig behindert (acht Prozent). Durchschnittlich liegt der Intelligenzquotient (IQ) bei etwa 50. Zum Vergleich: Bei gesunden Menschen beträgt der Durchschnitts-IQ etwa 100. In der Kindheit treten mitunter Aufmerksamkeitsdefizite oder Hyperaktivitätsstörungen auf. Kinder mit Down-Syndrom unterliegen einem höheren Risiko, Autismus zu entwickeln, insbesondere jene mit größerer geistiger Einschränkung. Bei Heranwachsenden werden mitunter Launenfehlregulationsstörungen beobachtet. Das bedeutet eine anhaltende Reizbarkeit oder häufige Episoden mit stark außer Kontrolle geratenem Verhalten. Weitere psychiatrische Erkrankungen, die öfter diagnostiziert werden, sind Depressionen und Angststörungen.

Junge mit Down-Syndrom macht Ergotherapie mithilfe eines Gymnastikballs, um Muskeln aufzubauen.

© iStock / FatCamera

Krankengymnastik und Ergotherapie können Menschen mit Trisomie 21 dabei helfen, Muskelkraft aufzubauen und motorische Fähigkeiten zu verbessern.

Frühförderung bei Trisomie 21 – Unterstützung von Anfang an

Kinder mit einer Trisomie 21 profitieren von einer umfassenden Frühförderung, die in der Regel folgende Bereiche umfasst:

  • Motorik
  • Sprache
  • kognitive Fähigkeiten (Denken und Lernen)
  • psychosoziale Entwicklung

Durch Krankengymnastik und Ergotherapie ist es möglich, die motorischen Fähigkeiten zu fördern und die Muskelkraft zu verbessern. Das kann zum Teil die geringere Muskelspannung ausgleichen, die bei einer Trisomie 21 vorliegt. Die Kinder lernen zudem, ihre grob- und feinmotorischen Bewegungen besser zu koordinieren.

Zur Förderung des Sprachvermögens kommt beispielsweise eine „visuelle Sprache“ zum Einsatz. Kinder mit Down-Syndrom können sich das, was sie sehen, besser merken als gesprochene Wörter. Die Lautsprache wird daher nicht ersetzt, sondern durch Gebärden unterstrichen.

Betroffene Kinder sind meist emotional und sozial gut entwickelt, insbesondere im Umgang mit ihren Mitmenschen oder dem Beachten von Regeln. Jedoch können sie bei Überforderung oftmals sehr empfindlich reagieren, daher brauchen sie viel Zeit und viel Einfühlungsvermögen. Auch hier unterstützt die Frühförderung individuell die Kinder in ihrer psychosozialen und kognitiven Entwicklung.

Neben der Auswahl der Therapie ist die Beziehung des Kindes zum Therapeuten von Bedeutung. Bei einem vertrauensvollen Verhältnis ist die Motivation größer – das Kind lernt möglichst spielerisch und ohne Leistungsdruck.

In integrativen Kindertagesstätten oder Regelkindergärten mit entsprechenden Förderangeboten können betroffene Kinder bei überschaubarer Gruppengröße gut zurechtkommen. Zusätzlich hat die Erziehung innerhalb der Familie einen wichtigen Einfluss auf ihre sozialen Verhaltensweisen. Sie können dort erlernt und vertieft werden.

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Leben und Altern mit dem Down-Syndrom

Trisomie 21 ist nicht heilbar. Bei einem Großteil der Betroffenen sind Beeinträchtigungen aber behandelbar. So können Herzfehler operativ behoben und eine Diabeteserkrankung oder eine Schilddrüsenunterfunktion medikamentös behandelt werden. Eine individuelle Frühförderung, die Akzeptanz in Familie, Freundeskreis und Gesellschaft sowie eine gute medizinische und psycho-soziale Betreuung kann Betroffenen Unterstützung bieten, um eine bestmögliche Lebensqualität und Teilhabe in der Gesellschaft zu erreichen. Dabei richtet sich die Therapie nach der jeweiligen gesundheitlichen Situation.

Auch im Erwachsenenalter ist eine gute medizinische Betreuung wichtig. Liegt die Behandlung der Begleiterkrankungen im Kindesalter in den Händen der Kinderärzte, so ist ein guter Übergang in die Erwachsenenmedizin bei Menschen mit Trisomie von Bedeutung. Für ein gesundes Altern mit Trisomie 21 sind ein paar Besonderheiten in der medizinischen Versorgung zu beachten:

  • Menschen mit einem Down-Syndrom sollten die empfohlenen Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen auch stets im Erwachsenenalter wahrnehmen.
  • Besonders wichtig ist die glutenfreie Ernährung, sollte eine Zöliakie vorliegen, um das Risiko der Entwicklung von Tumoren des Magen-Darm-Traktes oder eines Non-Hodgkin-Lymphoms zu minimieren.
  • Viele Menschen mit Trisomie 21 sind durch Hör- und Sehstörungen beeinträchtigt. Dann ist es wichtig, entsprechend fachärztlich angebunden zu sein.
  • Eine gute Zahnhygiene und die halbjährige Vorstellung beim Zahnarzt sind angeraten.
  • Vergewissern Sie sich bei der Auswahl der behandelnden Haus- sowie Fachärzte und -ärztinnen, dass diese auf die jeweiligen Beeinträchtigungen spezialisiert sind, sodass die Behandlung auf dem aktuellen Stand der Medizin basiert.
  • In Selbsthilfegruppen können Betroffene und ihre Familie Unterstützung erhalten. Sie helfen außerdem bei der Weitergabe von Informationen und bieten ein Austauschforum für Gleichgesinnte.

Unterstützung finden

Der Alterungsprozess scheint bei Menschen mit Trisomie 21 insgesamt beschleunigt zu sein. Die durchschnittliche Lebenserwartung von Menschen mit Trisomie 21 liegt heute bei etwa 60 Jahren, manche Betroffene werden über 80 Jahre alt.

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