Psychologie
Wohin mit der Wut? Tipps für eine bessere Emotionskontrolle
Veröffentlicht am:27.05.2025
5 Minuten Lesedauer
Wut ist eine normale Emotion. Wird sie allerdings nicht angemessen kontrolliert oder ständig unterdrückt, kann das Auswirkungen auf das körperliche und psychische Wohlbefinden haben. So können Sie besser mit der Wut umgehen und Wut abbauen.

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Verantwortungsvoller Umgang mit der Wut
Ein falsches Wort, ein abschätziger Blick – schnell kann Wut in einem Menschen aufwallen. Fast jeder und jede ist irgendwann im Leben einmal wütend. Dafür gibt es viele verschiedene Gründe. Man fühlt sich ungerecht behandelt, gedemütigt, machtlos, angegriffen, nicht respektiert oder ärgert sich über sich selbst. Wut kann die Beziehung zu den Mitmenschen jedoch stark belasten. Vor allem dann, wenn sie in Aggressivität und körperliche Gewalt umschlägt.
Wut zeigt sich schon bei kleinen Kindern. Das Kind wird wütend, wenn etwas nicht so läuft, wie geplant, wenn es müde oder hungrig ist. Kinder beginnen dann häufig zu schreien oder werfen sich auf den Boden.
Wut wird häufig negativ bewertet und mit mangelnder Selbstdisziplin und Selbstkontrolle gleichgesetzt. Im Buddhismus gilt Wut neben Gier und Verblendung als eines der drei „Gifte des Geistes“. Sollten Menschen ihre Wut also möglichst unterdrücken? Nein, aber man sollte sie so regulieren können, dass sie einem selbst und anderen keinen Schaden zufügt. Zunächst einmal hat Wut auch positive Seiten: Sie gehört zum Leben und ist eine völlig normale Emotion. Sie hilft uns, unsere persönlichen Grenzen zu verteidigen, mobilisiert unsere Kräfte und zeigt uns, wo Änderungsbedarf besteht. Studien zeigen, dass Wut in bestimmten Situationen hilft, Ziele deutlich schneller zu erreichen, denn sie kann uns motivieren, etwas zu tun oder zu verändern.
Oft gibt es gute Gründe dafür, Wut zu empfinden:
- Behinderung bei der Erreichung eines Zieles, das man sich gesetzt hat
- körperliche oder verbale Bedrohung
- Kontrollverlust, Ohnmacht, Zurückweisung oder ungerechtfertigte Kritik
Wut und ihre Folgen für die Gesundheit
Sowohl ausgelebte als auch ständig unterdrückte Wut kann Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit haben. Manchmal führt sie auch zu Selbstverletzungen.
In der wissenschaftlichen Literatur wird zwischen Wut, Aggression und Feindseligkeit unterschieden. Wut ist ein emotionaler Zustand, der aus Gefühlen besteht. Ihre Intensität kann von leichter Irritation bis hin zu starker Wut reichen. Feindseligkeit wird als negative Einstellung oder kognitive Eigenschaft gegenüber anderen beschrieben und Aggressivität als ein verbales oder physisches Verhaltensmuster, das sich in Schreien, Einschüchterung oder körperlichen Angriffen äußert. Sie alle stellen ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar.
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Was macht Wut in unserem Körper?
Werden wir wütend, sorgt das für einen Anstieg der Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin, Testosteron und Cortisol im Körper. Ständige Wut bedeutet deshalb ständiger Stress. Die Herzfrequenz erhöht sich und damit steigt auch der Blutdruck. Muskelverspannungen in den Schultern und im Brustkorb, Hitzegefühl und Kopfschmerzen sind einige der harmloseren Folgen der Wut. Langfristig gibt es deutlich schlimmere Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit:
- Studien zeigen, dass Wut und Feindseligkeit das Risiko einer Koronaren Herzkrankheit (KHK) erhöhen. Es gibt Hinweise darauf, dass feindselige Personen, die ihre Wut unterdrücken, eher dazu neigen, eine Koronararteriensklerose zu entwickeln als jene, die ihrer Wut freien Lauf lassen. Bei bereits an einer KHK Erkrankten wiederum hat sich gezeigt, dass nach außen ausgelebte Wut sich negativ auf die Prognose auswirken kann: Das Risiko, dass die Erkrankung bei KKH-Patienten mit einer geringen sozialen Unterstützung voranschreitet, ist stark erhöht.
- Wut kann einen ungesunden Lebensstil begünstigen: Die Neigung, zu rauchen sowie Alkohol und Koffein und/oder hochkalorische Lebensmittel zu konsumieren, erhöht sich. Jugendliche, die ihre Wut unterdrücken, trinken häufiger Alkohol, treiben weniger Ausdauersport und sind körperlich weniger aktiv als andere Altersgenossen.
- Intensive Wut kann die Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ 2 begünstigen.
- Wütende Autofahrer und Autofahrerinnen zeigen ein aggressives und gefährliches Verhalten. Die Wut am Steuer trägt zum Verlust der Konzentration und der Kontrolle über das Fahrzeug bei und erhöht das Unfallrisiko.
Welche Auswirkungen hat Wut auf die eigene Psyche und die des Gegenübers?
Wut kann zu Anspannung, Nervosität und leichter Reizbarkeit führen. Wer ständig „Dampf ablässt“, ärgert sich meistens über andere Menschen. Das kann eine Partnerschaft und die Beziehung zu Kindern oder Freunden belasten, denn sie leiden darunter. Ihre Rechte werden missachtet und verletzt. Manchmal wird ihnen auch körperlicher Schaden zugefügt. Wut kann außerdem ein auslösender Faktor bei bulimischem Verhalten sein. Studien zeigen, dass Wut die Wahrscheinlichkeit von Ess-Brech-Anfällen erhöhen kann. Das dauerhafte Unterdrücken negativer Emotionen kann außerdem eine Rolle innerhalb einer seelischen Erkrankung spielen.
Suchen Sie sich Hilfe
Wenn Sie unter häufigen Wutanfällen leiden, Ihre Wut sich in nicht vertretbarem aggressivem Verhalten äußert oder Sie Ihre Wut gar nicht zeigen können, sollten Sie sich Unterstützung bei einem Experten oder einer Expertin holen, zum Beispiel in einer psychosozialen Beratungsstelle.
Wenn der Leidensdruck durch Ihre Wut für Sie und andere Menschen in Ihrer Umgebung sehr hoch ist, steckt möglicherweise eine psychische Erkrankung dahinter. Dies sollte abgeklärt werden, damit Sie gegebenenfalls psychotherapeutische Hilfe bekommen.

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Tipps für den Umgang mit Wut
Wenn Sie Wutanfälle erleben oder Aggressionsprobleme haben, können Sie etwas dagegen tun – diese Tipps können helfen, mit der Wut besser umzugehen:
- Üben Sie, aufsteigende Wut zu erkennen. So können Sie Schritte gegen einen Wutausbruch unternehmen, sobald der Ärger in Ihnen hochkocht und noch nicht das Maximum erreicht ist. Oft ist das gar nicht so einfach. Typische Anzeichen für Wut sind zum Beispiel hohe Konfliktbereitschaft, innere Anspannung, sehr laute Ausdrucksweise oder starke Reizbarkeit.
- Bringen Sie in Situationen, in denen es möglich ist, Ihre Wut sachlich und klar zum Ausdruck. Teilen Sie Ihrem Gegenüber mit, warum Sie jetzt gerade wütend sind oder womit Sie nicht einverstanden sind.
- Halten Sie inne, bevor Sie aufbrausend reagieren. Zählen Sie bis 10 oder probieren Sie beruhigende Atemübungen und versuchen Sie, sich zu beruhigen, bevor Sie wütend werden. Gehen Sie kurz raus, bevor Sie reagieren.
- Versuchen Sie, sich in andere hineinzuversetzen, auf die Sie wütend sind und die Ihre geballte Energie aushalten müssen. Das verursacht bei anderen vielleicht Angst, Ärger oder Kampflust. Wie würden Sie sich in dieser Situation fühlen, finden Sie die entstehenden Situationen hilfreich?
- Finden Sie Ihre persönlichen Wutauslöser, auch Trigger genannt, heraus. Wenn Sie sich mit Ihren Gefühlen auseinandersetzen, können Sie leichter erkennen, was genau dahintersteckt, und Ihr Verhalten entsprechend verändern.
- Vertrauen Sie sich anderen Menschen an und sprechen Sie mit ihnen darüber, was Sie wütend macht. Am besten eignen sich Personen, die Sie gut kennen oder die Ihre Gefühle in einer bestimmten Situation nachvollziehen können. Sie können Ihre Gefühle auch aufschreiben.
- Geben Sie negativen Emotionen ein anderes Ventil, zum Beispiel durch sportliche Betätigung: Joggen, Schwimmen oder Yoga können helfen, Stress und Wut abzubauen und leichter einen kühlen Kopf zu bewahren.
- Betrachten Sie sich selbst wohlwollender und weniger selbstkritisch, das kann Ihnen helfen, auch mit anderen Menschen wohlwollender umzugehen.
Wenn Sie bereits in psychotherapeutischer Behandlung sind, können Sie bei diesen Übungen entsprechend unterstützt werden.