Psychologie

Machen soziale Medien krank? Wie Instagram und Co. die Psyche beeinflussen

Veröffentlicht am:05.03.2021

8 Minuten Lesedauer

Aktualisiert am: 22.10.2025

Teure Mode, Traumstrände, gestählte Körper – die Bilder in den sozialen Medien scheinen perfekt, der Vergleich mit den oft geschönten Selbstdarstellungen kann aber zu gedrückter Stimmung führen. So surfen Sie gesund durch die sozialen Netzwerke.

Ein junges Mädchen in einem roten Pullover schaut auf ihr Smartphone.

© iStock / martin-dm

Instagram und Co.: Gefahren beim Umgang mit sozialen Medien

Da immer mehr Menschen viel Zeit mit sozialen Medien verbringen, ist auch die Zahl der Studien dazu gewachsen. Viele dieser Studien malen ein düsteres Bild der Auswirkungen sozialer Medien auf die psychische Gesundheit. Einige Studien legen nahe, dass eine intensive Social-Media-Nutzung sogar die Entwicklung von Depressionen begünstigen kann. Ein Kausalzusammenhang zwischen der Social-Media-Nutzung und der Entwicklung einer Depression ist aber noch nicht eindeutig belegt, da es sich um ein klassisches Henne-Ei-Dilemma handelt. Nutzen Menschen mit einer depressiven Veranlagung häufiger soziale Medien oder werden Menschen aufgrund ihres Social-Media-Konsums depressiv? Auch wenn sich nur die Korrelationen zeigen und sich daraus keine Kausalität nachweisen lässt, sind die Ergebnisse der Untersuchungen sehr aufschlussreich.

Intensive Social Media Nutzung erhöht Depressionsrisiko bei jungen Erwachsenen

Eine Studie der Universitäten Arkansas und Pittsburgh von 2021 beobachtete 1289 Studienteilnehmende zwischen 18 und 30 Jahren über sechs Monate hinweg. 990 waren zu Beginn der Studie nicht depressiv. Nach den sechs Monaten hatten 95 dieser Personen (9,6 Prozent) depressive Symptome entwickelt. Dabei zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Intensität der ursprünglichen Social-Media-Nutzung und dem Auftreten von Depressionen nach 6 Monaten. Das Viertel der Teilnehmenden mit der stärksten Social-Media-Nutzung zu Studienbeginn hatte ein 2,8-fach höheres Risiko eine Depression zu entwickeln als das Viertel mit der niedrigsten Social-Media-Nutzung.

Weniger Social Media, mehr Wohlbefinden

Für eine Langzeitstudie von 2012 bis 2018 der Universität Montreal wurden rund 3.800 Teenager über vier Jahre begleitet. Das Ergebnis: Je mehr Zeit die Teilnehmenden mit sozialen Medien verbrachten, umso mehr nahmen depressive Symptome zu. Dies galt sowohl für Vergleiche zwischen Teenagern mit unterschiedlicher Nutzungsintensität sozialer Medien als auch für die individuelle Entwicklung der Teilnehmenden im Zeitverlauf. Dabei scheint es von geringerer Bedeutung zu sein, dass ein hoher Zeitaufwand für soziale Medien weniger Zeit für gesündere Aktivitäten wie Sport lässt. Die ungünstigen Effekte intensiver Social-Media-Nutzung scheinen eher durch soziale Vergleiche, zum Beispiel mit scheinbar besser gestellten Personen, getriggert zu werden. Zudem wird angenommen, dass sich Internet- und Social-Media-Nutzer und Nutzerinnen insbesondere Informationen suchen, die zu ihrer Stimmung und Wahrnehmung passen. Das würde bedeuten, dass sie mit einer bereits gedrückten Stimmung im Netz vor allem solche Informationen auswählen, die dieser Stimmung entsprechen und sie damit im Sinne einer Abwärtsspirale weiter verstärken.

Social Media bei Jugendlichen mit und ohne psychischen Erkrankungen

Eine weitere aktuelle Studie aus dem Jahr 2025 hat die Unterschiede in der Social-Media-Nutzung zwischen Jugendlichen mit und ohne psychische Erkrankungen untersucht. Die Studie fand signifikante Unterschiede in verschiedenen Aspekten (zum Beispiel Nutzungszeit, Online-Sozialvergleich, Zufriedenheit mit Online-Freunden). Grundsätzlich verbrachten Jugendliche mit psychischen Problemen tendenziell mehr Zeit auf Social Media. Insbesondere Jugendliche mit psychischen Erkrankungen wie Ängsten oder Depressionen verbrachten nicht nur mehr Zeit in den sozialen Medien, sondern nahmen durch die Interaktionen auch mehr Einfluss auf ihre Stimmung wahr, waren unzufriedener mit der Anzahl an Online-Freundschaften und weniger ehrlich in der Selbstdarstellung. Im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne psychische Erkrankungen waren Jugendliche, deren psychische Erkrankung sich durch nach außen gerichtetes und oft störendes Verhalten äußerte, länger online.

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Wie beeinflusst Social Media die Psyche?

Für den negativen Effekt sozialer Medien auf die Psyche vermuten Experten und Expertinnen unter anderem diese Ursachen:

  • Der Zeitaufwand
    Je mehr Zeit vor dem Screen verbracht wird, desto weniger bleibt für Bewegung, Schlaf, für echte soziale Kontakte, kreative Projekte, das Umsetzen von Zielen, für Tagträume, Muße und vieles mehr. Werden essenzielle Bedürfnisse vernachlässigt, hat das auch negative Auswirkungen auf die Psyche.
  • Der soziale Vergleich
    Es ist kaum möglich, sich auf Facebook, Instagram und Co. nicht mit anderen Menschen zu vergleichen. Dabei gerät oft in den Hintergrund, dass die sozialen Medien ein Filter und nicht die Realität sind. Wer ständig mit makellosen Körpern und aufregenden Hobbys konfrontiert wird, kann stärker zu Selbstzweifeln und zu einer verzerrten Selbstwahrnehmung neigen.
  • Die Reizüberflutung
    Das Gehirn besitzt nur eine begrenzte Aufnahmefähigkeit. Deswegen kann die enorme Informationsflut aus dem Internet zu einer Reizüberflutung führen. Eine Studie der Universität Wien von 2020 zeigt etwa: Vor allem die Fülle audiovisueller Reize, die Internet-Videokanäle bieten, kann das Gehirn überfordern. Die subjektiv wahrgenommene Informationsüberflutung ist wiederum mit depressiven Symptomen und einem reduzierten Wohlbefinden assoziiert.
  • Die Sucht nach Likes
    Der Körper schüttet Glückshormone aus, wenn Posts gelikt, mit positiven Kommentaren versehen oder Beiträge geteilt werden. Diese angenehme Erfahrung möchte man wiederholen, insbesondere dann, wenn es im realen Leben nur wenige alternative Quellen positiver Erfahrungen gibt. So kann auch eine Sucht entstehen. Betroffene verbringen im Bemühen um Anerkennung dann immer mehr Zeit im Netz. In Anlehnung an die Kriterien für eine Suchterkrankung ist eine internetbezogene Sucht wahrscheinlich, wenn die Betroffenen die Kontrolle über ihr Internetverhalten verlieren, eine Toleranz entwickeln, die dazu führt, dass mehr konsumiert werden muss, um den gleichen positiven Effekt zu erzielen oder Entzugserscheinungen auftreten, wenn die Nutzung nicht möglich ist. Andere Interessen und Pflichten vernachlässigen die Betroffenen dann zunehmend, ihren Internet-Konsum setzen sie trotz der negativen Konsequenzen dieses Verhaltens fort.

Medienkompetenz statt Social-Media-Verbot

In Australien gilt seit November 2024 ein Gesetz, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zugang zu sozialen Medien verbietet. Die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) spricht sich allerdings gegen ein generelles Verbot von sozialen Medien für Kinder und Jugendliche aus. Stattdessen fordert sie eine stärkere Förderung der Medienkompetenz, um junge Menschen zu befähigen, soziale Medien selbstbestimmt, kritisch und sicher zu nutzen. Die GMK betont, dass soziale Medien ein wichtiger Bestandteil ihrer Lebenswelten und Lernumgebungen sind. Sie sind für Kinder und Jugendliche ein wichtiger Ort für kulturelle und soziale Teilhabe, an dem sie Ideen austauschen und Kontakte knüpfen. Diese digitalen Räume sind entscheidend für Persönlichkeitsentwicklung, Meinungsäußerung und gesellschaftliche Partizipation.

Bleiben Sie souverän: 7 Tipps für eine gesunde Social-Media-Nutzung

  1. Hinterfragen Sie die Glitzerwelt
    Nirgends herrscht so wenig Authentizität wie in den sozialen Medien. Digital sind alle schön: Filter, Photoshop und aufwendiges Makeup machen aus jedem beliebigen Menschen ein Topmodel mit Traummaßen. Gestellte Szenen lassen Internetnutzerinnen und Internetnutzer glauben, andere würden ein perfektes Leben führen und ihre Freizeit prinzipiell an Südseestränden verbringen. Natürlich sieht der Alltag dieser Menschen anders aus, die anstrengenden, frustrierenden und schmerzhaften Momente werden eben nur nicht gepostet. Denken Sie beim Surfen stets daran: Was Sie sich da anschauen, ist zum großen Teil Fake oder nur ein einzelner Ausschnitt aus einem sonst völlig gewöhnlichen Leben.
  2. Richten Sie den Fokus auf das echte Leben
    TikTok, Instagram, Snapchat und Co. bieten die Möglichkeit, sich auszutauschen – ein Bedürfnis, das in unserer vernetzten Welt immer wichtiger zu werden scheint. Soziale Netzwerke können aber niemals einen echten menschlichen Kontakt ersetzen. Umarmungen und Berührungen, Blicke, gemeinsames Lachen, all das wirkt sich positiv auf die Psyche aus. Als soziale Wesen sind Menschen auf Kontakt angewiesen. Sie können aber auch Telefonieren oder zum Beispiel mit den Liebsten skypen. Entscheidend ist: Schenken Sie Ihrem realen Leben immer mehr Aufmerksamkeit als Ihrem virtuellen.
  3. Surfen Sie nicht in schlechter Stimmung
    Die meisten Studien zum Thema „Social Media Depression“ zeigen, dass sich gedrückte Stimmung und Niedergeschlagenheit durch die Nutzung sozialer Medien noch verstärken. Sie fühlen sich ohnehin schon traurig, einsam oder haben einfach schlechte Laune? Dann legen Sie bewusst eine Social-Media-Pause ein, bis Sie sich wieder besser fühlen. Machen Sie etwas Alternatives, das Glückshormone ausschüttet, zum Beispiel Sport oder einen Spaziergang in der Sonne.
  4. Setzen Sie sich zeitliche Limits
    Laut der JIM-Studie von 2022 (Jugend, Information, Medien) verbringen Jugendliche nach eigenen Angaben täglich fast dreieinhalb Stunden im Internet. Auch bei den Erwachsenen steigt die tägliche Nutzungsdauer stetig an. Die Corona-Pandemie hat diese Tendenz in den letzten Jahren deutlich verstärkt. Eine Bitkom-Befragung hatte ergeben: 75 Prozent der Internetnutzer waren während der Pandemie vermehrt in sozialen Medien aktiv. Wie viel Internet pro Tag gut tut und wie viel bereits das Wohlbefinden beeinträchtigt, ist sehr individuell. Überlegen Sie sich bewusst, zu welchen Tageszeiten und in welchen Situationen Sie auf Ihr Handy verzichten können. Wenn Ihnen der digitale Detox schwerfällt, installieren Sie eine App, die ein tägliches Zeitlimit vorgibt.
  5. Suchen Sie sich authentische Vorbilder
    Sie folgen super-schlanken, makellosen Fitness- oder Food-Influencerinnen und Influencern, die permanent Kalorien zählen und täglich in blendender Laune ihr Sportprogramm durchziehen? Solche Vorbilder können die Stimmung und Zufriedenheit negativ beeinflussen. Zum Glück gibt es inzwischen auch Gegentrends zum Körperkult im Netz. Viele Influencerinnen und Influencer setzen sich inzwischen mit Selbstwert, Individualität und Authentizität auseinander. Sie zeigen sich ungeschminkt, in ungestellten Situationen und fordern zu mehr Natürlichkeit auf. Auch Menschen mit Makeln oder Krankheiten trauen sich immer öfter an die Öffentlichkeit: Sie erzählen etwa, wie sie ihre Depressionen besiegt oder wie sie Essstörungen in den Griff bekommen haben und machen anderen Betroffenen damit Mut. Hören Sie in sich selbst hinein: Welche Personen tun Ihnen gut, welchen sollten Sie besser nicht mehr folgen?
  6. Verbannen Sie das Smartphone aus dem Schlafzimmer
    Nehmen Sie Ihr Handy nicht mit ins Bett: Der Abend sollte eine Phase der Ruhe sein, in der die Erlebnisse des Tages verarbeitet werden können. Neue Reize und Informationen sind kurz vor dem Schlafengehen fehl am Platz. Schaffen Sie sich stattdessen ein neues Ritual: Lesen Sie zum Beispiel jeden Abend noch ein paar Seiten oder machen Sie eine Meditation. Auch morgens sollten Sie sich eine gewisse Ruhephase gönnen, bevor Sie Ihre Social-Media-Feeds checken.
  7. Schützen Sie sich vor Cybermobbing 
    Wer keine Sicherheitsvorkehrungen trifft, kann im Internet mit verletzenden Kommentaren und Cybermobbing konfrontiert werden. In der virtuellen Welt neigen leider einige Menschen dazu, ihre Hemmungen fallen zu lassen. Unter dem Schutz der Anonymität teilen sie besonders hart aus. Stellen Sie in den Sicherheitseinstellungen des jeweiligen sozialen Netzwerks ein, dass Ihr Profil und Ihre Posts nur für Personen aus Ihrer Freundesliste sichtbar sind. Konfigurieren Sie Ihr Profil so, dass Sie keine Nachrichten von Fremden erhalten können. Adden Sie außerdem nur Personen, die Sie real kennen und recherchieren im Zweifelsfall erst nach, bevor Sie jemanden als Freund oder Freundin hinzufügen.

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Fachlich geprüft
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