Psychologie

Die 7 Säulen der Resilienz

Veröffentlicht am:12.12.2025

6 Minuten Lesedauer

Im Laufe des Lebens begegnen Menschen vielen Herausforderungen, etwa beruflichen Belastungen oder privaten Krisen. Entscheidend ist nicht, ob Schwierigkeiten auftreten, sondern wie sie damit umgehen. Genau hier setzen die 7 Säulen der Resilienz an.

Eine Seniorin sitzt mit geschlossen Augen im Schneidersitz.

© iStock / JLco - Julia Amaral

Was sind die 7 Säulen der Resilienz bei Kindern und Erwachsenen?

Resilienz bezeichnet die Fähigkeit eines Menschen, Herausforderungen zu bewältigen, Rückschläge zu verarbeiten und daran zu wachsen. Das Modell der 7 Säulen der Resilienz veranschaulicht, welche Einstellungen und Ressourcen dazu beitragen können. Es ist kein starres Schema, sondern eine Orientierungshilfe: Resilienz entsteht durch eine Anpassung und ein Zusammenspiel aus innerer Haltung, sozialer Unterstützung sowie aktiver Bewältigung. Demnach beeinflussen sich interne sowie externe Faktoren gegenseitig und tragen so zur konstruktiven Bewältigung der jeweiligen Situation bei. Die amerikanische Entwicklungspsychologin Emmy Werner zeigte in ihrer berühmten Kauai-Studie, dass einige Kinder trotz widriger Lebensumstände, etwa Armut in der Familie oder einer psychischen Erkrankung im Elternhaus, zu Erwachsenen mit Erfolg und Selbstständigkeit heranwuchsen. Die Entwicklungspsychologin machte dafür verschiedene schützende Faktoren verantwortlich, wie eine enge Bindung zu Vater oder Mutter und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Diese Erkenntnisse bilden bis heute die Grundlage für moderne Resilienzmodelle und für die 7 Säulen der Resilienz. Während bei Erwachsenen vor allem bewusste Einstellungen wie Optimismus oder Akzeptanz im Mittelpunkt stehen, entwickeln Kinder Resilienz vor allem über sichere Bindungen, emotionale Unterstützung und die Kommunikation – Eltern können sich hierfür mit ihnen über positive und negative Erlebnisse austauschen.

Wie heißen die 7 Säulen der Resilienz?

In der Psychologie werden verschiedene Resilienzfaktoren in Resilienzsäulen eingeordnet. Folgende 7 Säulen der Resilienz unterscheiden Experten und Expertinnen:

1. Optimismus

Resiliente Menschen finden Wege, sich trotz widriger Umstände positiv zu orientieren. Sie passen sich an und lenken ihre Aufmerksamkeit auf das „Gute“, selbst in schwierigen Situationen. Etwas „Gutes“ kann sein, dass Sie aus der Situation lernen, also Erfahrungen für Ihr Leben mitnehmen. Mit kleinen Schritten bringen Sie mehr Optimismus in Ihren Alltag: Notieren Sie beispielsweise jeden Tag eine angenehme Erfahrung oder einen Moment, der zumindest nicht negativ war – damit schärfen Sie Ihren Blick für das Positive.

2. Selbstwirksamkeit

Bei der Selbstwirksamkeit übernehmen Sie Eigenverantwortung und vertrauen auf Ihre Stärken. Dabei geht es darum, die Situation bewusst zu betrachten, abzuschätzen, welche Optionen zur Verfügung stehen, und aktiv zu handeln. Indem Sie erkennen, dass Sie mit Ihren Kompetenzen etwas bewirken können, stärken Sie Ihre Fähigkeit, Veränderungen herbeizuführen und selbstständig Lösungen zu finden.

„Das Säulenmodell ist kein Kuchenrezept – es muss individuell auf den Betrachtenden zugeschnitten werden.“

René Träder
Psychologe und Autor

3. Selbstfürsorge

Stress ist ein unvermeidbarer Bestandteil des Lebens, er kann aber unsere Wahrnehmung und Entscheidungsfähigkeit stark beeinflussen. Wer lernt, Stress gezielt zu bewältigen, kann die Resilienz damit nachhaltig steigern. Probieren Sie dazu Methoden für die Selbstfürsorge aus – wie wäre es etwa mit Meditation, gezielten Atemübungen, sportlichen Aktivitäten oder einem kreativen Hobby? Gelingt es Ihnen, den Stresspegel in Ihrem Leben zu senken, können Sie damit Ihre Handlungsfähigkeit und innere Stabilität stärken. Selbstfürsorge geht jedoch über die Stressbewältigung hinaus. Sie bedeutet auch, die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen, Grenzen zu erkennen und sich im Alltag mit Freundlichkeit zu begegnen. Dazu gehört ebenso, auf ausreichend Schlaf, eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Pausen zu achten – all das stärkt langfristig die Widerstandskraft.

4. Lösungsorientierung

Eine konstruktive Grundhaltung hilft Ihnen, Herausforderungen aktiv anzugehen, statt sich von ihnen entmutigen zu lassen. Wenden Sie Ihre Energie nicht für Grübeleien auf, sondern für den Entwurf eines erreichbaren Ziels – betrachten Sie Hindernisse als Aufgaben, die Lösungen erfordern. So behalten Sie Ihre Motivation und es fällt Ihnen leichter, auch schwierige Situationen Schritt für Schritt zu bewältigen. Behalten Sie dabei den Gedanken: „Das schaffe ich“ im Hinterkopf.

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5. Akzeptanz

Ihr emotionaler Zustand bestimmt mit darüber, ob Sie in einer Situation gehemmt sind oder entschlossen handeln. Kurze Achtsamkeitsübungen oder bewusstes Reflektieren können Ihnen helfen, Ihre Gedanken und Gefühle zu sortieren. Dies fördert nicht nur das Verständnis der eigenen Emotionen, sondern erleichtert auch den Umgang mit den Gefühlen anderer Menschen. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Akzeptanz. Dabei geht es vor allem darum, unterscheiden zu können, welche Aspekte einer Situation Sie beeinflussen können und welche nicht. Unveränderbares anzunehmen schafft innere Ruhe und öffnet den Blick für mögliche Lösungen.

6. Zukunftsorientierung

Ziele schaffen Orientierung – entwerfen Sie Zukunftsziele nach der SMART-Regel, damit sind sie spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert. Doch selbst bei einer guten Planung können Fehler und Rückschläge geschehen – hier ist entscheidend, wie Sie diesen begegnen. Resiliente Menschen betrachten Misserfolge als Lernchance und Feedback für zukünftige Situationen. Wenn Sie kognitiv flexibel sind, also Ihre Gedanken und Ihre Vorgehensweise an die veränderten Umstände anpassen, können Sie alternative Lösungsansätze finden und dennoch Ihr Zukunftsziel erreichen. Lassen Sie dafür Ihren ursprünglichen Plan gedanklich los und akzeptieren Sie die neuen Gegebenheiten.

7. Netzwerkorientierung

Ein verlässliches soziales Umfeld, etwa bestehend aus Familie, Freunden und Freundinnen oder Gleichgesinnten – kann Kraft geben, motivieren und neue Perspektiven eröffnen. Die soziale Unterstützung ist ein bedeutsamer Faktor für die Resilienz, denn sie bietet Rückhalt in schwierigen Zeiten und erleichtert die Überwindung von Hindernissen – bitten Sie daher unbedingt um Hilfe, wenn Sie diese benötigen.

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Kann man mit den 7 Säulen wirklich die Resilienz erlernen?

„Das Säulenmodell ist kein Kuchenrezept – es muss individuell auf den Betrachtenden zugeschnitten werden. Die Resilienz wird heute nicht mehr nur als das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften verstanden, sondern als ein Prozess, der sich im Laufe des Lebens aufbaut“, sagt der Psychologe und Autor René Träder. Er veranstaltet Coachings, Trainings und Vorträge, unter anderem zum Thema Resilienz und führt aus: „Das bedeutet: Widerstandskraft ist kein angeborenes Talent, sondern etwas, das Menschen entwickeln und stärken können. Dabei spielen die Faktoren der 7 Säulen der Resilienz, wie Selbstvertrauen, emotionale Stabilität oder Problemlösungsfähigkeit, eine wichtige Rolle – sie erleichtern den Aufbau von Resilienz. Wie gut das gelingt, ist aber nicht vorhersehbar. Schließlich ist Resilienz keine feste Eigenschaft, sondern kann von Person zu Person und je nach Situation unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Haben Sie also keine falschen Erwartungen: Resilient zu sein, heißt nicht, dass Sie nicht mehr in schwierige Situationen geraten oder sich nicht mehr belastet fühlen.“

Eine Gruppe von Frauen und Männern sitzt im Kreis und unterhält sich.

© iStock / Biserka Stojanovic

Workshops und Coachings können Menschen das Thema Resilienz näherbringen.

Welche Grenzen hat das Konzept der 7 Säulen der Resilienz?

„Das Konzept bildet Oberkategorien ab, in der Tiefe gibt es aber noch viel mehr Facetten und damit ganz unterschiedliche konkrete Punkte, um die Resilienz zu trainieren. Die Säule Optimismus kann sich beispielsweise aus positivem Denken, Dankbarkeit, Humor, Religiosität und Spiritualität, der Arbeit am Sinn und einer Offenheit für neue Erfahrungen speisen. Mit den Unterkategorien ist das Modell recht umfangreich. Daher enthält es, je nach Definition, manchmal mehr oder andere Säulen. Der Grundgedanke bleibt aber gleich: Das Modell zeigt auf, wodurch unsere Psyche gestärkt wird, lädt zur Selbstreflexion ein und inspiriert für individuelle Strategien. Die Selbstreflexion spielt dabei eine entscheidende Rolle. Schließlich ist das Säulenmodell kein Kuchenrezept – es muss individuell auf den Betrachtenden zugeschnitten werden. Im besten Fall fragen sich Interessierte, welche Säulen sie schon unbewusst leben oder aktiv nutzen und wo es noch Ausbaupotenzial gibt. Das Konzept ist außerdem nicht auf jede Situation gleich anwendbar. Menschen, die etwa einen Unfall hatten, können für ihre Resilienz verschiedene Dinge brauchen: Bei einigen ist das die Selbstfürsorge oder Zukunftsorientierung, bei anderen die Netzwerkorientierung. Aus meiner Sicht passt der Begriff Bausteine statt Säulen besser – die verschiedenen Bausteine stützen sich gegenseitig und geben dem seelischen Immunsystem, der Resilienz, Kraft“, erklärt Träder.

Fachlich geprüft
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