Immunsystem
Scheidenflora aufbauen: Was die Vagina gesund hält
Veröffentlicht am:10.12.2021
6 Minuten Lesedauer
Aktualisiert am: 14.10.2025
Bei wiederkehrenden Scheideninfektionen ist es wichtig, die Scheidenflora aufzubauen und zu stärken. Präbiotika und Probiotika können dabei helfen. Was ist bei der Einnahme zu beachten? Und wann sollten Patientinnen zum Arzt oder zur Ärztin gehen?

© iStock / fizkes
Was ist eine Scheideninfektion?
Viele Frauen leiden an wiederkehrenden Infektionen im Bereich der Vagina. Typische Symptome sind Juckreiz, Brennen und Ausfluss. Meist steckt dahinter eine bakterielle Vaginose. Es handelt sich dabei nicht um eine Infektion durch ein einzelnes Bakterium, sondern um ein Ungleichgewicht der natürlicherweise in der Vagina vorkommenden Bakterien. Dieses entsteht, wenn die „guten“ Milchsäure produzierenden Döderlein-Keime von schädlichen Keimen wie Gardnerellen verdrängt werden.
Der pH-Wert der Scheide
Eine gesunde Vagina weist normalerweise einen leicht sauren pH-Wert zwischen 3,8 und 4,4 auf, bei dem möglicherweise krank machende Bakterien nicht überleben können. Liegt der pH-Wert darüber, liegt womöglich eine Störung der Scheidenflora vor.
Wodurch kann die Scheidenflora gestört sein?
Die Vagina ist üblicherweise überwiegend von Milchsäurebakterien besiedelt. Dadurch herrscht in diesem Bereich ein leicht saurer pH-Wert, der vor Krankheitserregern schützt. Zahlreiche Faktoren können jedoch das spezifische Scheidenmilieu verändern und aus dem Gleichgewicht bringen:
- (häufiger) Geschlechtsverkehr (vor allem mit neuen oder häufig wechselnden Sexualpartnern)
- die Einnahme bestimmter Medikamente, wie zum Beispiel die Antibabypille, Antibiotika oder Kortison
- Erkrankungen wie Diabetes
- Hormonschwankungen in der Pubertät, der Schwangerschaft oder den Wechseljahren
- Nicht zuletzt kann eine übertriebene Intimhygiene die Scheidenflora stören. Besonders problematisch gilt dabei das häufige Waschen mit Seife.
Diese Faktoren können die Zusammensetzung der Milchsäurebakterien beeinflussen und somit die Entwicklung einer bakteriellen Vaginose begünstigen.
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Bakterielle Vaginose: Wann sollten Patientinnen zum Arzt oder zur Ärztin gehen?
Eine bakterielle Vaginose bleibt häufig unbemerkt. Etwa 50 Prozent der Betroffenen klagen über veränderten oder vermehrtem Ausfluss. Bei Beschwerden wie Juckreiz, Brennen oder Schmerzen in der Scheide sollten Sie sicherheitshalber den Frauenarzt oder die Frauenärztin aufsuchen. Hinter diesen Symptomen kann auch eine Scheidenentzündung (Vaginitis oder Kolpitis) oder eine Entzündung der Gebärmutterhalsschleimhaut (Zervizitis) stecken, die es medizinisch abzuklären gilt. Eine bakterielle Vaginose heilt in der Regel in 10 bis 20 Prozent der Fälle spontan aus. Schwangere sollten eine bakterielle Vaginose in jedem Fall behandeln lassen.
Wie wird eine bakterielle Vaginose behandelt?
Eine bakterielle Vaginose ist meist harmlos. Dennoch sollte sie nicht unterschätzt werden. So kann sie zum Beispiel bis zu den Eileitern oder gar Eierstöcken aufsteigen, dann spricht man von einer aufsteigenden Infektion. Bei Schwangeren besteht die Gefahr einer Frühgeburt. Umso wichtiger ist eine rechtzeitige Behandlung.
Bei Beschwerden, beispielsweise unangenehm riechendem Ausfluss, kann die Vaginose wirksam mit speziellen Antibiotika behandelt werden – in Form von Tabletten oder Kapseln zum Einführen.
Beachten Sie: Antibiotika heilen die bakterielle Vaginose nachweislich, jedoch können sie Nebenwirkungen haben. Bei häufigen bakteriellen Infektionen der Scheide wird der Arzt oder die Ärztin über eine vorbeugende Behandlung mit Ihnen sprechen.
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Inwieweit können Probiotika und Präbiotika das Scheidenmilieu normalisieren?
Um die Scheidenflora aufzubauen und zu stärken, können Probiotika und Präbiotika zum Einsatz kommen. Sie helfen vorbeugend, das Risiko für eine bakterielle Vaginose zu reduzieren, werden aber auch therapeutisch, meist in Kombination mit Antibiotika, bei bestehender Infektion eingesetzt. Auch Milchsäure selbst wird empfohlen, um den ph-Wert in der Scheide zu senken und so der Dysbalance entgegenzuwirken.
Probiotika
Bei Probiotika (übersetzt „für das Leben“) handelt es sich um lebende Mikroorganismen, meist Milchsäurebakterien. In der Gynäkologie werden sie eingesetzt, um eine gesunde Scheidenflora wieder aufzubauen und schädliche Bakterien zu verdrängen. Zum Einsatz kommen dabei Kapseln, die geschluckt werden (oral), oder Zäpfchen, die in die Vagina eingeführt werden.
Bei der Verabreichung von oralen Probiotika wird die Vagina vom Darm ausgehend besiedelt, indem nach dem Stuhlgang die nützlichen Bakterien über den Damm und den Schambereich in die Scheide gelangen.
Als therapeutische Maßnahme allerdings ist die Behandlung mit Milchsäurebakterien weniger gut erforscht als die Anwendung von Antibiotika, die Datenlage ist teilweise gegensätzlich. Zudem gibt es nur wenige Studien, in denen Probiotika allein untersucht wurden. Meist wurden sie in Kombination mit Antibiotika angewendet. Bei der prophylaktischen Gabe (zur Vorbeugung) konnte aber gezeigt werden, dass sich die Häufigkeit bakterieller Vaginosen reduziert.
Präbiotika
Im Gegensatz zu Probiotika sind Präbiotika keine lebenden Mikroorganismen, sondern unverdauliche Lebensmittelbestandteile, die das Wachstum von nützlichen Bakterien wie Laktobazillen fördern. Hierzu gehören Ballaststoffe wie Inulin und Oligofruktose.
Ob Präbiotika die Scheidenflora normalisieren können, ist noch unklar. Eine klinische Studie mit 42 Teilnehmerinnen zeigte, dass die Anwendung eines präbiotischen Gels bei bakterieller Vaginose die Wiederherstellung der Scheidenflora nach Antibiotika-Behandlung positiv beeinflussen könnte. Insgesamt ist die Datenlage jedoch schwach.
Im Idealfall werden Antibiotika-Therapie mit Probiotika und gegebenenfalls Präbiotika kombiniert, um die Vaginalflora optimal und dauerhaft zu stärken.
Milchsäure
Milchsäure kann nicht nur den ph-Wert der Scheide senken, sondern auch das Wachstum von möglicherweise krankmachenden Bakterien in der Scheide begrenzen. Als begleitende Maßnahme zu einer Antibiotikatherapie kann sie zur Therapie, aber auch als Vorbeugung einer erneuten bakteriellen Vaginose sinnvoll sein.

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Für wen eignen sich Präbiotika, Probiotika und Milchsäure?
Die Behandlung einer bakteriellen Vaginose mit Präbiotika, Probiotika und Milchsäure erfordert in der Regel mehr Zeit und Geduld als die Einnahme oder Anwendung von Antibiotika. Sie wird jedoch sinnvoll zur Vorbeugung erneuter Scheideninfektionen empfohlen beziehungsweise zur Unterstützung des erreichten Zustandes.
Einen Versuch wert sind Präbiotika, Probiotika und Milchsäure auch für Frauen, die auf die Einnahme von Antibiotika mit starken Nebenwirkungen reagieren oder bei denen diese aufgrund von Resistenzen keine oder kaum Wirkung zeigen.
Wie lange dauert es, bis die Scheidenflora wieder aufgebaut ist?
Je nach Dauer und Schwere der bakteriellen Vaginose kann es einige Zeit dauern, bis die Scheidenflora wieder im Gleichgewicht ist. Bei häufig wiederkehrenden Scheideninfektionen kann daher eine wochen- bis monatelange Behandlung mit Probiotika erforderlich sein. Auch eine Partnerbehandlung sollte dann erwogen werden, auch wenn die Datenlage dafür nur sehr begrenzt ist.
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Was kann ich tun, um Scheideninfektionen wie der bakteriellen Vaginose vorzubeugen?
Sie selbst können ebenfalls eine Menge tun, um Scheideninfektionen vorzubeugen und Ihre Scheidenflora aufzubauen und zu stärken:
- Wechseln Sie täglich Ihre Unterwäsche. Tragen Sie Slips aus Baumwolle und luftdurchlässigen Fasern, die Sie bei 60 Grad waschen können.
- Verwenden Sie bis zum Ende einer Behandlung beim Geschlechtsverkehr Kondome, um eine mögliche Neuansteckung zu verhindern.
- Vermeiden Sie eine übertriebene Intimhygiene und verwenden Sie keine Seife zum Waschen des Genitalbereichs.
- Sorgen Sie durch gesunde Ernährung (wenig Süßes, viel Obst und Gemüse), regelmäßige Bewegung und Entspannung für ein intaktes Immunsystem.
- Stress gilt als Risikofaktor für eine bakterielle Vaginose. Bauen Sie daher Stress mit Sport oder Entspannungstechniken ab.
- Geben Sie nach Möglichkeit das Rauchen auf.
Die Inhalte unseres Magazins werden von Fachexpertinnen und Fachexperten überprüft und sind auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft.