Liebe & Sexualität
Geschlechtskrankheiten: Darüber reden und sich schützen
Veröffentlicht am:19.05.2021
11 Minuten Lesedauer
Aktualisiert am: 21.11.2025
Dating-Apps und soziale Medien machen Begegnungen einfacher denn je – auch, wenn es um Sex geht. Gleichzeitig breiten sich sexuell übertragbare Krankheiten wieder stärker aus. Warum das so ist und wie man sich schützen kann, weiß Prof. Brockmeyer.

© iStock / Jacob Wackerhausen
Inhalte im Überblick
- Geschlechtskrankheiten – eine stille Epidemie
- Was sind die häufigsten Geschlechtskrankheiten?
- Warum die Zahl der Infektionen mit Geschlechtskrankheiten steigt
- Hat die Angst, sich mit Geschlechtskrankheiten zu infizieren, abgenommen?
- Wie lässt sich eine Ansteckung mit Geschlechtskrankheiten verhindern?
- Was kann man noch konkret tun, um Geschlechtskrankheiten zu vermeiden?
Geschlechtskrankheiten – eine stille Epidemie
Pro Tag stecken sich laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit mehr als eine Million Menschen mit Geschlechtskrankheiten an. Trotz dieser immens hohen Zahl ist kaum in der Öffentlichkeit angekommen, wie verbreitet sexuell übertragbare Infektionen sind. Kein Wunder, dass Medizinerinnen und Mediziner Erkrankungen, die durch sexuelle Kontakte verursacht werden, als stille Epidemie bezeichnen.
„Still“ deshalb, weil darüber nicht geredet wird. „Und weil in vielen Fällen eine Infektion in der Anfangsphase ohne auffällige Symptomatik verläuft“, sagt Professor Brockmeyer, Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten und Präsident der Deutschen STI-Gesellschaft (DSTIG). Ihr Ziel: die sexuelle Gesundheit fördern und über sexuell übertragbare Infektionen aufklären (STI, englisch für Sexually Transmitted Infections).
„Aufgrund der Menge verfügbarer Informationen zum Thema Sexualität überschätzen auch viele Heranwachsende ihr Wissen, obwohl sie hinsichtlich der STI oft nur mangelhafte Kenntnisse haben“, stellt Professor Brockmeyer fest. Verhütung werde zum Beispiel oft nur im Zusammenhang mit Schwangerschaftsverhütung gesehen – und nicht mit Geschlechtskrankheiten.
Jugendliche über STI, die Ansteckungsrisiken und Schutzmöglichkeiten zu informieren, ist daher laut Professor Brockmeyer ganz besonders wichtig. Auch Eltern könnten einen großen Teil zur Aufklärung beitragen, da junge Menschen heutzutage ihre ersten sexuellen Erfahrungen relativ früh machen.
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Was sind die häufigsten Geschlechtskrankheiten?
Nach Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI) sind dies die häufigsten Geschlechtskrankheiten beim Mann und bei der Frau, die durch sexuellen Kontakt übertragen werden:
Chlamydieninfektion Genitalherpes Gonorrhoe (Tripper) Hepatitis B HPV-Infektionen Syphilis
Warum die Zahl der Infektionen mit Geschlechtskrankheiten steigt
Das Internet spielt hier eine wesentliche Rolle. Prof. Dr. Norbert H. Brockmeyer: „Die digitale Kommunikation, zum Beispiel in sozialen Netzwerken, Chatrooms und App-Gruppen oder das Verabreden über Dating-Apps, erleichtert die Kontaktaufnahme und Annäherung sowie das Entstehen von Freundschaften und sexuellen Kontakten. Und diese führen ohne Schutzmaßnahmen zu einem höheren Aufkommen von sexuell übertragbaren Infektionen“, sagt der Experte.
„Wir müssen den Mut haben, mit unseren Partnern zum einen über Sexualität, zum anderen über die Möglichkeit der Ansteckung mit STI zu sprechen.“
Prof. Dr. Norbert H. Brockmeyer
Präsident der Deutschen STI-Gesellschaft

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Hat die Angst, sich mit Geschlechtskrankheiten zu infizieren, abgenommen?
„Nein, viele Menschen möchten sich auf das HI-Virus, den Auslöser von AIDS, testen lassen“, sagt Prof. Dr. Brockmeyer. „Die Gefahr, sich mit Chlamydien, Gonorrhoe oder Syphilis zu infizieren, ist dagegen viel höher.“ Aber trotz der bundesweiten Aufklärungskampagnen, zum Beispiel durch das Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit, sei das Bewusstsein für andere STI als HIV nur selten vorhanden.
Dass STI auf die leichte Schulter genommen werden, hänge auch damit zusammen, dass in der Anfangsphase häufig keine Symptome auftreten.
Prof. Dr. Norbert H. Brockmeyer

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Prof. Dr. Norbert H. Brockmeyer ist Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Präsident der Deutschen STI-Gesellschaft und war Gründer und langjähriger Leiter des WIR (Walk In Ruhr), dem Zentrum für Sexuelle Gesundheit und Medizin in Bochum.
Wie lässt sich eine Ansteckung mit Geschlechtskrankheiten verhindern?
Das Grundproblem ist laut Prof. Dr. Norbert H. Brockmeyer: „Über Sexualität wird nicht geredet – und über STI schon gar nicht. Das Thema Geschlechtskrankheit ist tabu. Die Frage, ob eventuell die neue Bekanntschaft eine Geschlechtskrankheit, aufgrund von Symptomen oder vielen Sexualkontakten, haben könnte, wird häufig nicht gestellt.“
Eine erste vorbeugende Maßnahme sei, sich über das Risiko einer Infektion und den Gesundheitszustand des Partners zu informieren. Allgemein gelte: „Wir müssen den Mut haben, mit unseren Partnern zum einen über Sexualität, zum anderen über die Möglichkeit der Ansteckung mit STI zu sprechen.“
Schließlich sollten sich beide Partner auf Geschlechtskrankheiten testen lassen, dann hat man die Sicherheit, keine Erreger zu übertragen. Kommunikation, Kondom und Kontrolltests sind ein wirkungsvoller Dreiklang. „Um Infektionsketten zu durchbrechen, ist es auch notwendig, den Partner zu informieren“, sagt Prof. Brockmeyer. Wer sich in ärztliche Behandlung begibt, trägt dazu bei, die Übertragung von Krankheitserregern zu minimieren.“
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Was kann man noch konkret tun, um Geschlechtskrankheiten zu vermeiden?
„Safer Sex praktizieren und damit durch eigenes Verhalten die Gefahr einer Ansteckung mit STI reduzieren“, sagt Prof. Dr. Norbert H. Brockmeyer. Dazu gehört zum einen die Verwendung von Kondomen beim Vaginal- und Analverkehr und von sogenannten Dental Dams wie Latex-, Intim- oder Lecktüchern beim Oralverkehr. Wichtig sei hierbei, dass die richtige Kondomgröße benutzt wird. „Denn dass nicht jedes Kondom zu jedem Glied passt, wissen die wenigsten Männer“ sagt der Experte.
Richtig angewendet, schützt das Kondom mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent vor STI. Positiv in diesem Zusammenhang ist, dass heute bei Sexualkontakten mehr als 70 Prozent ein Kondom benutzen. „Zum anderen empfehle ich, die Aufnahme von Samen- beziehungsweise Scheidenflüssigkeit in den Mund zu vermeiden“, sagt Prof. Dr. Norbert H. Brockmeyer.
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