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Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen – was Eltern tun können
Veröffentlicht am:03.07.2025
6 Minuten Lesedauer
In Deutschland gibt es immer mehr übergewichtige Kinder und Jugendliche in der Pubertät. Vor allem starkes Übergewicht kann schwere gesundheitliche Folgen haben. Diese Tipps helfen Eltern, Übergewicht bei Kindern vorzubeugen oder zu reduzieren.

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Übergewicht bei Kindern ernst nehmen
Wenn ein Kind zu dick ist, haben viele Eltern die Hoffnung, dass sich das irgendwie noch rauswächst, wenn das Kind erst einmal größer wird. Oft ist das Gegenteil der Fall: Übergewicht in der Kindheit oder Jugend schafft oft die Grundlage für lebenslange Gewichtsprobleme.
Übergewicht und vor allem starkes Übergewicht, auch Fettleibigkeit oder Adipositas genannt, kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben – und das nicht erst in ferner Zukunft. Bereits in jungen Jahren haben Kinder und Jugendliche mit Adipositas ein erhöhtes Risiko für gesundheitliche Probleme und Krankheiten, von denen wir die meisten eigentlich nur mit Erwachsenen in Verbindung bringen:
- Probleme mit dem Blutzuckerspiegel oder sogar Typ-2-Diabetes („Altersdiabetes“)
- Bluthochdruck
- Fettstoffwechselstörungen
- Fettleber
- Atemprobleme bei Anstrengung
- Atemstörungen beim Schlafen
- Schmerzen in Hüft- und Kniegelenken
- Fehlstellungen der Gelenke
- Vergrößerung der Brust bei Jungen
- Regelstörungen bei Mädchen
Aber nicht nur die körperliche Gesundheit ist in Gefahr, auch die Psyche leidet: zum Beispiel durch Hänseleien und Ausgrenzung. Das kann das Selbstwertgefühl vermindern und psychische Probleme und Erkrankungen fördern.
Wann ist ein Kind adipös?
Auch bei Kindern und Jugendlichen kommt der Body-Mass-Index (BMI) zum Einsatz, um zu berechnen, ob Übergewicht oder Adipositas vorliegt. Zusätzlich werden bei Kindern das Alter und das Geschlecht in die Beurteilung des Körpergewichts einbezogen. Fachleute sprechen dann von Übergewicht, wenn nur zehn Prozent aller gleichaltrigen Jungen oder Mädchen einen höheren BMI haben. Sind es nur drei Prozent, liegt ein schweres Übergewicht, also eine Adipositas vor. In Deutschland nutzen Kinderärzte und Kinderärztinnen geschlechtsspezifische Wachstumskurven, um die Werte abzulesen.
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Wie kommt es zum Übergewicht?
Grundsätzlich gilt: Übergewicht entsteht, wenn der Körper mit der Nahrung mehr Energie aufnimmt, als er verbraucht. Einfach ausgedrückt: zu viel kalorienreiches Essen und zuckerhaltige Getränke und zu wenig Bewegung. Nur selten ist eine Krankheit die Ursache für Übergewicht.
Eltern geben ihre eigenen Gewichtsprobleme oft an ihre Kinder weiter
Auch die Veranlagung spielt eine Rolle. Kinder entwickeln häufig einen ähnlichen BMI wie ihre Eltern. Das heißt: Manche Kinder neigen eher zu Übergewicht als andere. Das bedeutet auch: Wenn Eltern selbst übergewichtig sind, ist das Übergewichtsrisiko für ihre Kinder höher als bei Kindern Normalgewichtiger. Veranlagung allein macht in der Regel nicht dick. Aber „Risikokinder“ werden schneller übergewichtig, wenn sie sich zu wenig bewegen oder sich zu kalorienreich ernähren. Das kann auch damit zusammenhängen, dass Kinder die Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten ihrer Eltern übernehmen. Deshalb ist es wichtig, die Ernährung und das Aktivitätslevel der ganzen Familie einmal genauer in den Blick zu nehmen und wenn nötig zu verändern. Davon profitieren sowohl Kinder als auch Erwachsene.
Immer mehr übergewichtige Kinder und Jugendliche
In Deutschland und anderen Industrienationen hat die Zahl übergewichtiger Kinder und Jugendlicher in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen. Die letzte Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (Erhebungszeitraum: 2014-2017) ergab: 15,4 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind übergewichtig und 5,9 Prozent adipös. Dabei steigt der Anteil übergewichtiger Kinder und Jugendlicher mit zunehmendem Alter. So liegt er bei den 3- bis 6-Jährigen bei 9 Prozent, bei den 14- bis 17-Jährigen bei 17,4 Prozent. Am höchsten ist er bei den 11 bis 13-jährigen mit 20,6 Prozent. Entsprechend klettert auch der Adipositas-Anteil von 2 Prozent bei den 3- bis 6-Jährigen auf 8,5 Prozent bei den 14- bis 17-Jährigen. Neuere Zahlen für Deutschland gibt es noch nicht. Aber die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus: In Europa ist fast jedes dritte Kind übergewichtig.
Warum gibt es immer mehr übergewichtige Kinder und Jugendliche?
Die hohe Zahl übergewichtiger und adipöser Kinder und Jugendlicher lässt sich nicht allein durch erbliche Veranlagung erklären: Die Ursachen für die Zunahme liegen vor allem in den veränderten Lebensbedingungen:
- größeres Angebot an (ungesunden) Lebensmitteln
- größeres Medienangebot (TV, Smartphone, Spielkonsole etc.)
Auch das lässt sich ganz einfach formulieren: Je mehr die Kinder beim Chatten oder Gamen auf der Couch sitzen und je weniger sie sich (zum Beispiel im Sportverein) bewegen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie dick werden. Das Überangebot an Süßigkeiten, Cola, Knabbereien und Co. tut dann sein Übriges.
Adipositas: Der Einfluss der Lebensmittel-Werbung
Eine von der AOK geförderte Studie der Universität Hamburg aus dem Jahr 2021 hat gezeigt, dass 92 Prozent der Lebensmittelwerbespots, die Kinder im Fernsehen und im Internet sehen, Produkte mit einem zu hohen Zucker-, Fett- oder Salzgehalt bewerben. Insbesondere Fastfood, Süßigkeiten sowie fett- und zuckerhaltige Milchprodukte stehen im Fokus. Mediennutzende Kinder zwischen 3 und 13 Jahren sehen im Durchschnitt 15 Werbespots für ungesunde Produkte am Tag. 70 Prozent der Spots wenden sich direkt an Kinder.
Das ist besorgniserregend, denn Werbung beeinflusst das Essverhalten von Kindern – und diese beeinflussen oft die Kaufentscheidungen der Eltern. Das können Sie tun:
- Prüfen Sie die Zutatenliste von Fertiglebensmitteln auf versteckte Zusätze und den Gesamtzuckergehalt in den Nährwertangaben.
- Verzichten Sie nach Möglichkeit auf Fertiggerichte und hochverarbeitete Lebensmittel und kochen Sie pflanzenbasiert frisch für die gesamte Familie.
- Leben Sie einen gesunden Lebensstil vor.
- Reden Sie mit Ihren Kindern über die gesundheitlichen Auswirkungen von stark zucker- oder fetthaltigen Produkten.
- Achten Sie darauf, dass Ihre Kinder möglichst wenig Werbung sehen.
Die Pubertät begünstigt Übergewicht
Und umgekehrt? Kann die Pubertät ihrerseits Übergewicht begünstigen? Viele Eltern beobachten eine plötzliche Gewichtszunahme in der Pubertät bei Mädchen und Jungen. Woran könnte das liegen? Auf diese Frage gibt eine Langzeitstudie eine interessante Antwort: Während der Pubertät, genau in der Zeit, in der die Jugendlichen den größten Wachstumsschub haben, sinkt der Energieverbrauch im Ruhezustand deutlich. Das heißt: Es werden weniger Kalorien verbrannt, die über die Nahrung aufgenommen werden. Bei Nahrungsmittelknappheit kann das ein evolutionärer Vorteil sein, um den zusätzlichen Energiebedarf für das pubertäre Wachstum zu decken. Heute, wo Nahrung und Energie im Überfluss vorhanden sind, könnte dies jedoch die Gewichtszunahme begünstigen.

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Wie Eltern Kindern beim Abnehmen helfen und Übergewicht vorbeugen
Wenn ein Kind übergewichtig ist – und erst recht, wenn das Risiko für Adipositas besteht –, sollten Sie Ihren Kinderarzt oder Ihre Kinderärztin aufsuchen. Es ist wichtig, eine Erkrankung als Ursache für das Übergewicht auszuschließen. Der Arzt oder die Ärztin schätzt das Gesundheitsrisiko Ihres Kindes ein und kann dazu beraten, wie das Gewicht stabilisiert oder reduziert werden kann. Vielleicht schlägt Ihr Arzt oder Ihre Ärztin ein von Fachleuten betreutes Programm zur Gewichtsreduktion für Ihr Kind vor. In diesen Programmen geht es um ausgewogene Ernährung, ausreichende Bewegung und den richtigen Umgang mit Stress und elektronischen Medien.
Auch die Eltern selbst können ihren Kindern dabei helfen, gesunde Verhaltensweisen zu erlernen. Wer ungesunde Gewohnheiten ändert, kann überflüssige Pfunde leichter loswerden oder gar nicht erst ansetzen. Überstürzen Sie dabei nichts, sondern führen Sie die Änderungen des Lebensstils nach und nach ein und behalten Sie diese langfristig bei. Halten Sie die Fortschritte Ihres Kindes in einem Protokoll fest. Motivieren und loben Sie es, wenn es bei der Stange bleibt.
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