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Lebensmittel

Wie gesund ist scharfes Essen wirklich?

Veröffentlicht am:28.10.2022

6 Minuten Lesedauer

„Scharfes Essen ist gesund und regt die Verdauung an.“ Über diese Aussage stolpert man regelmäßig. Doch stimmt das wirklich? Und woher kommt Schärfe überhaupt? Hier erfahren Sie mehr über die Vorteile und Risiken von scharfem Essen.

Jemand schneidet eine rote Chilischote auf einem Holzbrett.

© iStock / semenovp

Wie entsteht Schärfe beim Essen?

„Scharf“ ist anders als süß, salzig, sauer, bitter und umami keine eigene Geschmacksrichtung – es ist vielmehr eine Reaktion des Körpers auch bestimmte Inhaltstoffe von Lebensmitteln. Denn die Scharfmacher Chili, Pfeffer, Meerrettich und Co. haben eines gemeinsam: Sie enthalten chemische Stoffe, die eine Reaktion an den Schmerzrezeptoren unserer Mundschleimhaut auslösen. Neurowissenschaftler würden darum sagen, dass wir Schmerzen spüren, wenn wir etwas Scharfes essen – obwohl keine tatsächliche Verletzung vorliegt.

Es gibt verschiedene chemische Verbindungen, die zu der Schärfe einiger Gemüsesorten und Gewürze führen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Piperin in Pfeffer
  • Allicin in Knoblauch
  • Gingerol und Shogaol in Ingwer
  • Senföl in Meerrettich
  • Senföl in Senf
  • Capsaicinoide in Chilischoten

Chili als Hauptvertreter scharfer Lebensmittel

Chili gilt als der Inbegriff von Schärfe. Auch in der deutschen Küche werden Chilischoten in verschiedenen Farben, Größen und Schärfegraden immer beliebter, um Mahlzeiten oder sogar Schokolade eine pikante Note zu verleihen. In Chilischoten sind die Naturstoffe Capsaicinoide enthalten, zu denen Capsaicin, Dihydrocapsaicin und Nordihydrocapsaicin zählen. Sie sind es, die unsere Rezeptoren ansprechen.

Jemand streut Chiliflocken über sein Pfannengericht.

© iStock / microgen

Um Gerichten einen gewissen Pepp zu verleihen, geben Sie einige getrocknete Chilischoten hinein. Achtung: Je nach Sorte können auch diese teuflisch scharf sein.

Schärfe ist messbar

Die Schärfe für Paprikafrüchte wird auf der sogenannten Scoville-Skala gemessen – es gibt null bis 16 Millionen SHU-Einheiten (Scoville Heat Units). Diese Skala gibt an, wie viel Milliliter Wasser man benötigt, um die Konzentration so zu verdünnen, dass sie gerade noch scharf schmeckt. Der SHU-Grad kann auch über den Capsaicingehalt eines Lebensmittels bestimmt werden. Jedoch wird die Skala nur bei Paprikafrüchten wie Chilis angewendet.

Ein Beispiel: Milde Jalapeno-Paprikasorten haben einen SHU-Grad von 2.500, während reiner Cayennepfeffer (ein Gewürz aus gemahlenen Chilis) einen Grad von 30.000 besitzt.

Ist scharfes Essen gesund?

Die Schärfe in Currys oder dem kräftigen Senfrostbraten übt einen Reiz auf unsere Schmerzrezeptoren aus, woraufhin einiges im Körper ausgelöst wird. So werden zum Beispiel im Körper Endorphine freigesetzt, die bei einer wirklichen Verletzung schmerzhemmend wirken. Umgangssprachlich nennt man Endorphine auch Glückshormone. Schärfe trägt indirekt also womöglich zu einer besseren Stimmung bei. Gleichzeitig reagiert der Organismus mit vermehrtem Schwitzen und Hitzewallungen auf diese vermeintliche Notsituation. Ist scharfes Essen also tatsächlich gesund? Fünf Gründe, die dafürsprechen:

  • 1. Scharfes Essen in heißen Ländern kühlt ab

    Weil scharfes Essen die Poren der Haut öffnet und Schweiß somit stärker austreten kann, ist es vor allem in Ländern mit hohen Temperaturen beliebt, etwa in Südostasien. Scharfes Essen schaltet dadurch quasi die Klimaanlage des Körpers ein. Die Schweißtropfen auf der Haut kühlen dank der umgebenden Luft den Körper. Wie wichtig das für Menschen in warmen Ländern wie Thailand oder Mexiko ist, lässt sich daran ablesen, wie viel scharfes Essen sie dort zu sich nehmen – nämlich pro Tag 25 bis 200 Milligramm Capsaicinoide, die aus Chilis stammen. Im Vergleich dazu verzehren die Mitteleuropäer in einem eher gemäßigten Klima nur 1,5 Milligramm täglich. Der Kühlungseffekt des scharfen Essens kann auch in der Schwangerschaft als angenehm empfunden werden.

  • 2. Positive Effekte von Capsaicin auf die Verdauung

    Das Capsaicin im scharfen Essen hat eine Reihe von positiven Effekten. Es regt die Motorik des Magens an, dadurch wird mehr Magensaft produziert und die Verdauung angekurbelt. Auf diese Weise kann das Fett in der gewürzten Mahlzeit besser verdaut werden. Wer scharf isst, nimmt eine Mahlzeit zudem meistens langsamer zu sich und oft auch eine kleinere Menge, weil der Körper an den Effekt nicht gewöhnt ist. Capsaicin wirkt darüber hinaus antibakteriell. Die Speisen lassen sich daher in warmen Regionen besser aufbewahren, da Mikroorganismen nicht so schnell entstehen können. Ein weiterer Pluspunkt: Capsaicin fördert die Durchblutung, unter anderem in den Schleimhäuten, daher steigt auch das Geschmacksempfinden.

  • 3. Schärfe für die Zähne

    Scharfes Essen lässt den Speichel reichlich fließen. Das tut den Zähnen gut, denn dadurch werden sie besser gereinigt. Die Spucke remineralisiert außerdem den Zahnschmelz und puffert Säuren ab.

  • 4. Scharfes Essen bei Erkältung

    Scharfes Essen, zum Beispiel stark gewürzte Suppe, sorgt auch für besser durchblutete Nasenschleimhäute. Deshalb gilt es als Geheimtipp bei einer Erkältung: Scharfes Essen macht die Nase frei. Intensive Gewürze wirken außerdem schleimlösend auf die Bronchien, wodurch Erkrankte den Schleim besser abhusten können. Mehrere Studien zeigen zudem, dass Capsaicin die Wärmebildung durch Stoffwechselaktivität (Thermogenese) erhöht – und damit auch den Energiestoffwechsel, der zu einer Genesung beiträgt. Diese gesteigerte Wärmeentwicklung ist allerdings nicht stark genug, um Fettpölsterchen schmelzen zu lassen, zum Abnehmen eignet sich scharfes Essen also nicht.

  • 5. Schützt scharfes Essen vor Erkrankungen?

    Eine Studie aus Italien legt nahe, dass scharf gewürzte Mahlzeiten das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie von Erkrankungen der Blutgefäße im Gehirn senken können. Die Forscher berichten, dass Menschen, die ihr Essen mit Chilipfeffer würzen, ein deutlich geringeres Risiko haben, an diesen Erkrankungen zu sterben – im Vergleich zu denjenigen, die dieses Gewürz nie oder nur selten verzehren. Dies wird unter anderem darauf zurückgeführt, dass das Capsaicin der Chilischote sich günstig auf Funktionen des Herz-Kreislauf-Systems auswirkt und als antientzündlich gilt.

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Kann scharfes Essen Nebenwirkungen haben?

Scharfe Mahlzeiten können neben positiven Effekten jedoch auch zu vielfältigen Magen-Darm-Beschwerden führen und sind darum nicht für jeden geeignet:

  • Scharfes Essen kann Sodbrennen verursachen. Bei besonders empfindlichen Personen reichen dabei schon kleine Mengen aus.
  • Wer ohnehin Beschwerden, wie einen Reizmagen, Nieren- oder Harnblasenerkrankungen, hat, kann diese durch intensiv gewürztes Essen noch verstärken.
  • Ein gereizter Magen-Darm-Trakt reagiert auf scharfes Essen möglicherweise auch mit Durchfall.
  • Zudem kann sich das Brennen, das bei scharfem Essen auf der Zunge spürbar ist, noch einmal beim Stuhlgang an der Schleimhaut des Anus wiederholen.
  • Aber auch bei eher unempfindlichen Personen kann zu viel scharfes Essen Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und gereizte Schleimhäute, etwa die des Magens, auslösen.

Ab wann ist scharfes Essen ungesund?

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt, scharf gewürzte Speisen nur in Maßen zu sich zu nehmen. Demnach verkraftet ein Erwachsener in der Regel maximal eine Dosis von fünf Milligramm Capsaicin je Kilogramm Körpergewicht. Bei einem Menschen, der 60 Kilogramm wiegt, entspricht dies 300 Milligramm Capsaicin pro Mahlzeit. Wer etwa bei einem sogenannten „Scharfesswettbewerb“ große Mengen an Chilis oder Chilizubereitungen verspeist, muss tatsächlich mit ernsthaften Gesundheitsgefahren, wie Bluthochdruckkrisen, rechnen – die sogar lebensbedrohlich sein können.

Ob ein Zusammenhang zwischen dem Verzehr von stark gewürzten Speisen über einen langen Zeitraum hinweg und Krebs der oberen Verdauungsorgane bestehen könnte, wird ebenfalls diskutiert. Darüber hinaus sind Allergien, zum Beispiel gegen Capsaicinoide, bekannt.

Ab wann können Kinder scharf essen, ohne dass es ihnen schadet?

Babys und Kleinkinder sollten nach Möglichkeit kein scharfes Essen zu sich nehmen. Das Verdauungssystem kleiner Kinder muss sich erst mit der Zeit daran gewöhnen. Deshalb rät das BfR, Chili- und andere Würzsaucen, die mehr als 100 Milligramm Capsaicin enthalten, zu kennzeichnen. Die Verpackungen sollten außerdem kindersicher verschlossen sein und außer Reichweite von Kindern gelagert werden. Es spricht aber gesundheitlich nichts dagegen, wenn Kleinkinder winzige Mengen scharfen Essens probieren.

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Was neutralisiert scharfes Essen?

Bei scharfen Lebensmitteln und Gewürzen ist es wichtig, stets maßvoll und nur nach und nach zu würzen, damit die Mahlzeit am Ende noch genießbar und nicht zu scharf ist. Chilis und Chilierzeugnisse haben unterschiedliche Schärfegrade – deshalb ist es ratsam, erst einmal eine kleine Menge auszuprobieren und sich langsam an die gewünschte Schärfe heranzutasten.

Wenn das nicht funktioniert hat und direkt beim ersten Löffel Curry die Augen tränen, hilft eine Portion Milch oder Joghurt, denn Capsaicin ist fettlöslich. Auch stärkehaltige Lebensmittel, wie Brot oder Reis, können in Verbindung mit Speisefett oder -öl scharfes Essen mildern. Profis tragen bei der Zubereitung stark gewürzter Mahlzeiten Handschuhe oder waschen sich direkt die Hände, sobald sie Chilis zerteilt haben, da die Capsaicinoide Reizungen in den Augen oder auf der Haut auslösen können.

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