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Gesundheitsmagazin

Vitamine

Kann ich zu viele Vitamine zu mir nehmen?

Veröffentlicht am:07.04.2021

5 Minuten Lesedauer

Über die natürliche Ernährung ist es kaum möglich, zu viele Vitamine aufzunehmen. Doch wer Nahrungsergänzungsmittel zu sich nimmt, kann insbesondere die fettlöslichen Vitamine (A, K, D und E) überdosieren – und das hat womöglich ernsthafte gesundheitliche Folgen. Was Sie bei der Einnahme von Vitaminen und Supplementen beachten sollten und wie Sie Ihren Vitaminbedarf über die Ernährung decken.

© iStock / baloon111

Warum nehmen wir eigentlich Vitamine ein?

Hinter Nahrungsergänzungsmitteln steckt ein Milliardenmarkt: In den letzten fünf Jahren ist der Umsatz mit den Präparaten aus Drogerien und Apotheken jedes Jahr um durchschnittlich sechs Prozent gestiegen. Im Jahr 2019 lag er bei 2,2 Milliarden Euro. Unter Nahrungsergänzungsmittel fallen Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, Aminosäuren, Ballaststoffe, Pflanzen und Kräuterextrakte.

Mehr als die Hälfte des Umsatzes wurde 2019 mit den Vitaminen und Mineralstoffen erzielt. Einen Nachweis des Nutzens der Nahrungsergänzungsmittel für gesunde Menschen konnte jedoch im Gegensatz zu einer vitaminreichen, gesunden Ernährung noch nie in Studien belegt werden. 

Im ersten Quartal 2020, zu Beginn der Corona-Pandemie, wurden verstärkt Nahrungsergänzungsmittel zur vermeintlichen Stärkung des Immunsystems erworben. Zum Beispiel wurden in Apotheken 94 Prozent mehr Vitamin C als im Vorjahr verkauft. Der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentrale Klaus Müller warnte im Januar 2021, dass etwa ein Drittel der Erwachsenen in Deutschland solche Präparate schlucken würden, ohne eine Unterversorgung mit Nährstoffen zu haben.

Die Supplemente gelten rechtlich als Lebensmittel, deswegen gibt es keine Zulassungsverfahren oder zugelassene Höchstmengen. 

Vitamin-Mythen und Werbe-Märchen

Doch warum glauben eigentlich so viele Menschen, dass sie mit von außen zugeführten Präparaten ihr Immunsystem stärken oder Krankheiten verhindern könnten? Die Werbung für die Produkte hat einen maßgeblichen Einfluss. Denn sie suggeriert dem Verbraucher, er könne seinen Nährstoffbedarf nicht mit seiner Ernährung decken.

Außerdem kursiert die Behauptung, der Nährstoffgehalt der Böden würde seit den 1970er Jahren rapide abnehmen. Bei beiden Theorien handelt es sich jedoch um Mythen. Die Böden in Europa sind im Vergleich zu früher sogar nährstoffreicher. Und wer sich ausgeglichen und vitaminreich ernährt, hat keinen Bedarf an Nahrungsergänzungsmitteln. Auch bei ungesunder Ernährung sind ein Vitaminmangel oder dadurch bedingte Erkrankungen äußerst selten. 

Dass Extra-Vitamine vor Erkrankungen schützen würden, konnte bislang nicht in Studien nachgewiesen werden. Für die Heilsversprechen der Hersteller, wie beispielsweise schönerem Haar, glatterer Haut, gestärkter Potenz, gibt es ebenfalls keinerlei Nachweis. Was jedoch bekannt ist: Ein Zuviel an Vitaminpräparaten kann auch zu gesundheitlichen Schäden führen. 

Was sind Vitamine?

Doch zunächst: Was sind Vitamine eigentlich und warum benötigt der Körper sie? Vitamine sind organische Verbindungen, die der Organismus für wichtige Funktionen benötigt und die ernicht selbst bedarfsdeckend herstellen kann. Sie stammen von Lebewesen, Bakterien, Pflanzen und Tieren. Zum Vergleich: Mineralstoffe wie Magnesium oder Kalzium sind anorganische Verbindungen, die aus dem Boden oder Wasser stammen.

Vitamine sind lebensnotwendig, denn nur mit ihnen kann der Körper reibungslos funktionieren. Sie tragen beispielsweise zum Energiestoffwechsel bei, zur Bildung von Knochen oder der Funktion des Immunsystems, um nur einige von vielen Aufgaben zu nennen. Selbst herstellen kann der Körper sie jedoch nicht. Vitamin D bildet hier eine Ausnahme: Es kann auch vom Körper selbst produziert werden, aber nur wenn genügend ultraviolettes Licht vom Sonnenlicht verfügbar ist. 

Wie Sie Ihren Vitaminbedarf über die Ernährung decken

Wer ausgewogen isst, versorgt seinen Körper ausreichend mit Vitaminen. Ausgewogen bedeutet: Möglichst bunt und vielfältig essen. Täglich sind drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst empfohlen. Zusätzlich sollten Vollkorn- und Milchprodukte auf dem Speiseplan stehen. Um Vitamin D aufzunehmen, das vom Körper mit Hilfe von Tageslicht selbst produziert wird, sollte man Zeit im Freien verbringen und die Haut dem Tageslicht aussetzen.

Der große Vorteil, wenn Vitamine über die Ernährung aufgenommen oder im Fall von Vitamin D vom Körper gebildet werden: Eine Überdosierung ist kaum möglich. Bei rein vegetarischer oder veganer Ernährung, bei geplanter oder bestehender Schwangerschaft, bei Neugeborenen und bei einigen Erkrankungen, die mit einer verminderten Aufnahme von Vitaminen verbunden sind, sollte man sich von seiner Ärztin oder seinem Arzt beraten lassen.

Eine Frau hält ein Glas Wasser und Vitaminpräparate in der Hand.

© iStock / vitapix

Welche Folgen kann eine Überdosierung mit Vitaminpräparaten haben?

Wasserlösliche Vitamine kann man kaum überdosieren, da überschüssige Vitaminaufnahmen gleich über die Niere und den Harn wieder ausgeschieden werden. Bei Präparaten, die fettlösliche Vitamine (A, K, D, E) enthalten, besteht die Gefahr einer Überdosierung, wenn man die empfohlenen Höchstmengen überschreitet. Achten Sie deswegen bei der Einnahme auf folgende Punkte: 

  • Richten Sie sich nach den vom Bundesinstitut für Risikobewertung empfohlenen Werten für die einzelnen Vitamine. Sie können Sie in dieser Tabelle nachlesen.
  • Sie benötigen keine Nahrungsergänzungsmittel, wenn Sie keinen Vitaminmangel haben.
  • Sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber, welche Vitamine und welche Medikamente Sie einnehmen. Zwischen Supplementen und Medikamenten können Wechselwirkungen auftreten.
  • Überschreiten Sie niemals die vorgesehene Dosierung, die auf der Verpackung von Supplementen angegeben ist.

Diese gesundheitlichen Schäden können je nach Vitamin bei einer Überdosierung auftreten:  

  • Vitamin D: Zu hohe Vitamin-D-Einnahmen sind toxisch und führen zu einer zu hohen Kalziumaufnahme und einem zu hohen Kalziumspiegel. Übelkeit, Kopfschmerzen, Muskelschwäche, Nierensteine bis hin zur irreversiblen Schädigung der Nieren, Verkalkungen und Herzrhythmusstörungen sind als Folgen möglich.
  • Vitamin A: Während das Beta Carotin (Provitamin A) kaum Beschwerden macht, wenn es überdosiert wird, können hohe Dosen an Vitamin A schwere Folgen haben. Unter anderem kann die Knochenstabilität abnehmen. Bei Schwangeren kann eine zu hohe Vitamin-A-Zufuhr zur Schädigung des ungeborenen Kindes führen.
  • Vitamin B3 (Niacotinsäure): Hautrötungen, Kopfschmerzen, Blutdruckabfall. Bei der deutlich höher dosierten medikamentösen Anwendung gegen eine Fettstoffwechselstörung kann der Blutdruckabfall so schwer sein, dass es zu Stürzen kommt. Außerdem kann es zu Durchfall, Herzbrennen, Bauchschmerzen und einer Leberschädigung kommen.
  • Vitamin B6: Bei langfristiger hoch dosierter Einnahme können Störungen der sensiblen Nerven auftreten, die zu einer Gangunsicherheit führen können (progressive sensorische Neuropathie). Die Störungen bilden sich nach Absetzen von Vitamin B6 meist wieder zurück.
  • Vitamin E: Bei hohen Dosierungen über längere Zeit kann es zur Blutungsneigung kommen.

Wer sollte Vitaminpräparate einnehmen?

Es gibt bestimmte Risikogruppen, denen eine gezielte Ergänzung mit einzelnen Vitaminen empfohlen wird. 

Dazu gehören: 

  • Frauen, die vorhaben, schwanger zu werden: Empfohlen sind möglichst schon vier Wochen vor Beginn der Schwangerschaft 400 µg Folsäure pro Tag. 
  • Schwangere und Stillende: Schwangeren wird 400 µg Folsäure pro Tag im ersten Schwangerschaftsdrittel empfohlen, Schwangeren und Stillenden 100 bis 150 µg Jodid täglich, bei nachgewiesenem Eisenmangel außerdem Eisen. 
  • Neugeborene und Säuglinge: Neugeborenen wird dreimal eine Dosis Vitamin K (jeweils 2 mg) verabreicht, für Säuglinge sind täglich 500 I.E. Vitamin D und 0,25 mg Fluorid empfohlen.
  • Veganer und Vegetarier: Die Einnahme von Vitamin B12 ist empfohlen, da Vitamin B12 nur in tierischen Lebensmitteln wie etwa Käse oder Fleisch enthalten ist. Pro Tag sind 4,0 µg empfohlen.

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Ab wann dürfen Vitaminpräparate eingenommen werden?

In einer Umfrage unter Apothekern gab mehr als die Hälfte der Befragten an, dass die Nachfrage nach Nahrungsergänzungsmitteln für Kinder in den letzten fünf Jahren gestiegen ist. Vor allem für Kinder zwischen drei und sechs Jahren (57 Prozent) und für Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren (56 Prozent) war das der Fall. Außer Vitamin K, Fluor und Vitamin D, die Neugeborenen und Säuglingen in Absprache mit dem Arzt verabreicht werden, benötigen Kinder allerdings keine zusätzlichen Stoffe.

Eine Überdosierung ist bei Kindern noch eher möglich als bei Erwachsenen:

Die Angaben auf den Packungen gelten nämlich für Erwachsene. Auch bei speziellen Nahrungsergänzungsprodukten für Kinder ist die Dosis oft nicht kindgerecht. 

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