Singularisierung wie eine wachsende Zahl von Singlehaushalten, Isolation in der Coronazeit, vermehrte Online-Kontakte statt Begegnungen offenbaren ein verbreitetes gesellschaftliches Phänomen: Verstärkte Gefühle von Einsamkeit treten auf. Auch am Arbeitsplatz kann dieses Gefühl entstehen, zum Beispiel durch veränderte Arbeitsmodelle oder fehlende zwischenmenschliche Kontakte. Zugleich bietet der Arbeitsplatz aber auch die Möglichkeit, Vereinsamungsgefühlen etwas entgegenzusetzen: dank der im Job erlebten Gemeinschaft, guter Kommunikations- und Austauschmöglichkeiten, einer wertschätzenden Team- und Führungskultur, die den Zusammenhalt stärkt.
Gemeinschaft erfahren, Resilienz aufbauen
„Gerade durch die Coronapandemie haben viele Menschen erfahren, was Einsamkeit wirklich bedeutet. Und das betrifft nun mal eben nicht nur das Privatleben“, erklärt Dr. Marlen Rahnfeld, Diplom-Psychologin und Referentin im Referat „Analysen, Umfragen und Evaluationen“ des Instituts für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG).
Was dabei laut Rahnfeld häufig übersehen wird: Der Arbeitsplatz ist kein Ersatz für fehlende private Kontakte. Aber er kann ein Ausgleich sein. „Der Job ist eine wichtige Ressource, wenn ich mich im Team und am Arbeitsplatz wohlfühle. Dieser positive Einfluss entfaltet sich umso mehr, wenn die Unternehmenskultur echte Begegnung und Gemeinschaft ermöglicht.“
Typische Situationen mit wenig Gemeinschaft
Arbeitssituationen, in denen Einsamkeit verstärkt auftreten kann, sind laut Rahnfeld:
- Berufliche Isolation: Außendienst, Nachtdienst oder Tätigkeiten, die hauptsächlich allein ausgeführt werden, wie etwa im Handwerk.
- Homeoffice und Remote-Arbeit: Wer aus dem Homeoffice arbeitet, verliert häufig den sozialen Austausch, der in einem Büroalltag selbstverständlich ist.
- Teambasiertes Arbeiten ohne echte Interaktion: Wenn zwischen den Mitarbeitenden nur ein oberflächlicher Austausch stattfindet.
Wichtig für Gemeinschaft: verstehen, was Einsamkeit ist
Trotz zahlreicher zwischenmenschlicher Kontakte können Menschen sich auch bei der Arbeit einsam fühlen. „Leider wird das Gefühl der Einsamkeit oft mit Alleinsein gleichgesetzt“, so Rahnfeld. „Doch das ist eine weit verbreitete falsche Vorstellung. Denn Einsamkeit hat nicht nur mit der Anzahl der Kontakte zu tun, sondern vor allem mit der Qualität dieser Kontakte. Das bedeutet: Wer trotz vieler Kontakte mit niemandem über das, was einen bewegt, sprechen kann, kann sich genauso einsam fühlen wie jemand, der einfach nur allein ist.“