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Wie schädlich sind die Industriechemikalien PFAS?

Veröffentlicht am:30.08.2023

5 Minuten Lesedauer

PFAS finden sich in wasserabweisender Outdoor-Kleidung ebenso wie in beschichteten Pfannen, Fisch oder Milch. Die Industriechemikalien stehen im Verdacht, die Gesundheit zu schädigen. So können wir Produkte mit PFAS erkennen und vermeiden.

Junge Frau zieht sich die Kapuze ihrer Regenjacke über den Kopf.

© iStock / FreshSplash

Was sind PFAS?

Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, kurz PFAS, sind Chemikalien, die in zahlreichen industriellen Prozessen und Produkten zum Einsatz kommen. Über 10.000 Verbindungen zählen zu dieser Stoffgruppe. Sie weisen für viele Produkte praktische Eigenschaften auf. So wirken PFAS wasser-, fett- und schmutzabweisend. Sie sind äußerst stabil und halten problemlos hohen sowie tiefen Temperaturen stand.

Das Problem: PFAS sind durch ihre Stabilität extrem langlebig und kaum abbaubar. Deshalb werden sie auch als persistente Chemikalien oder „Ewigkeitschemikalien“ bezeichnet. Weder Sonnenlicht noch Mikroorganismen können die chemischen Substanzen zerstören. Inzwischen ist bekannt, dass einige PFAS der Gesundheit schaden. Untersuchungen zeigen, dass sich immer mehr PFAS in der Umwelt und im menschlichen Körper anreichern. Forschende vermuten, dass PFAS das Krebsrisiko erhöhen oder das Hormonsystem beeinflussen. Die Verwendung einer PFAS-Untergruppe ist bereits seit 2006 (PFOS), die einer weiteren (PFOA) seit Juli 2020 weitgehend verboten. Die EU regelt solche Verbote über das Stockholmer Übereinkommen, dass die menschliche Gesundheit vor schädlichen Stoffen schützen soll. Im Februar 2023 hat die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) vorgeschlagen, die Herstellung und Verwendung und Einfuhr aller PFAS zu verbieten.

Wo sind PFAS enthalten?

Wegen ihrer wasser-, schmutz- und fettabweisenden Eigenschaften verwenden Hersteller PFAS für die Produktion unzähliger Gegenstände des täglichen Gebrauchs. PFAS stecken unter anderem in Beschichtungen von Pfannen, Outdoorbekleidung, (Lebensmittel-)Verpackungen, Backpapier und Zahnseide. Mit PFAS sind viele Textilien wie Sofas, Vorhänge, Teppiche oder Regenjacken imprägniert. Auch einige Farben, Reinigungs- und Pflanzenschutzmittel, Skiwachse oder Klebstoffe enthalten PFAS. Die Chemikalien sind auch ein wichtiger Bestandteil von Feuerlöschschäumen.

Selbst wenn ein Produkt keine PFAS enthält, kommen die per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen bei vielen industriellen Herstellungsprozessen zum Einsatz. Etliche Produkte weisen deshalb einen indirekten PFAS-Fußabdruck auf. Das heißt, selbst die Herstellung vermeintlich PFAS-freier Produkte führt dazu, dass PFAS verwendet werden und über den Produktionsprozess in die Umwelt gelangen.

PFAS können auf zwei direkten Wegen in der Umwelt landen: Bei ihrer Herstellung und Verarbeitung werden sie aus industriellen Anlagen in die Luft freigesetzt. Andererseits lösen sie sich später aus den fertigen Produkten, etwa wenn synthetische mit PFAS behandelte Stoffe, gewaschen werden. Gegenstände, die PFAS enthalten, können diese auch ausdünsten oder die PFAS setzen sich über Abrieb frei.

Immer mehr der langsam zersetzbaren Substanzen reichern sich in der Umwelt an und verbreiten sich. Mittlerweile finden sich PFAS in Fischen, Muscheln, Wildtieren, Milch, Früchten und Gemüse und somit auch in vielen Nahrungsmitteln wieder – und zwar weltweit. Sogar in Polarregionen und in der Tiefsee wurden PFAS nachgewiesen.

Wie schädlich sind PFAS?

PFAS werden vom Menschen hauptsächlich über Lebensmittel wie Fisch, Obst oder kontaminiertes Trinkwasser aufgenommen und reichern sich im Blut, Fettgewebe und in Organen (etwa der Leber) an. Über die Muttermilch geben Frauen die künstlichen Stoffe an ihre Babys weiter. Mittlerweile haben fast alle Menschen Spuren von PFAS im Blut. Die Gruppe der PFAS umfasst Tausende chemische Verbindungen. Ein Großteil wurde bislang noch nicht untersucht, die Wirkung vieler Substanzen ist unbekannt.

Zu den besser erforschten PFAS zählen PFOA (Perfluoroktansäure) und PFOS (Perfluoroktansulfonsäure). Beide Substanzen wirken in Tierversuchen ab einer bestimmten Konzentration toxisch. Forschende befürchten, dass sie beim Menschen die Fruchtbarkeit beeinflussen, den Fettstoffwechsel stören und sogar krebserregend sind. Diese PFAS-Untergruppen wirken sich vermutlich auch auf die Gehirnentwicklung von Neugeborenen aus und können das Immunsystem von Kindern schwächen.

Die Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat vor wenigen Jahren bei einer Untersuchung festgestellt: Viele Menschen in Europa nehmen 25-mal so viel PFAS pro Woche auf, wie als tolerierbar gilt. Die Fachleute gehen davon aus, dass diese Werte zur Erhöhung des Cholesterinspiegels beitragen.

Inzwischen ist bekannt, dass sich vor allem die langkettigen PFAS im menschlichen Körper und in der Umwelt anreichern. Daher ersetzen Hersteller weltweit bestimmte PFAS durch andere PFAS oder durch fluorfreie Stoffe. Doch selbst wenn ab morgen kein PFAS mehr freigesetzt würde: Die Stoffe sind noch über Generationen hinweg in der Umwelt und im Menschen vorhanden und die Auswirkungen noch nicht absehbar.

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Gibt es für PFAS Grenzwerte?

Für Lebensmittel hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) neue Höchstwerte für die derzeit vier bedenklichsten Stoffe festgelegt: Perfluoroctansäure (PFOA), Perfluoroctansulfonsäure (PFOS), Perfluorononansäure (PFNA) und Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS). Der Schwellenwert – eine annehmbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI) – liegt demnach bei 4,4 Nanogramm (Milliardstel Gramm) pro Kilogramm Körpergewicht pro Woche.

In Zukunft soll auch das Trinkwasser besser geschützt und auf PFAS kontrolliert werden. Das besagt eine gemeinsame Verordnung von fünf Bundesministerien. Ab 2026 müssen die Versorgungsunternehmen sicherstellen, dass 20 festgelegte PFAS in Summe den Grenzwert von 100 Nanogramm pro Liter nicht überschreiten. Für die vier toxischen Stoffe (PFOA, PFNA, PFHxS und PFOS) gilt ab 2028 ein Grenzwert von 20 Nanogramm pro Liter. Mittlerweile diskutieren Expertinnen und Experten, ob dieser Trinkwasser-Grenzwert zu niedrig ist. Darüber hinaus stehen die Leit- und Grenzwerte für Böden und Klärschlamm zur Debatte. Letzterer kommt als Dünger auf Äckern zum Einsatz und gelangt so ins Trinkwasser.

Wieso gibt es kein allgemeingültiges PFAS-Verbot?

PFAS stehen seit Langem auf der Liste gefährlicher Stoffe vieler Toxikologen und Toxikologinnen. Einige Umweltverbände und Behörden fordern ein generelles PFAS-Verbot in Europa. Dieses Verbot würde eine riesige Stoffgruppe betreffen, die bei industriellen Prozessen zum Einsatz kommt. Industrieverbände warnen daher vor dem Verlust von Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätzen. PFAS sind dazu ein wichtiger und effektiver Bestandteil von Löschschäumen, spezieller Schutzkleidung oder einigen Medizinprodukten. Bei Erzeugnissen aus dem Ausland ist oft unbekannt, ob und welche chemischen Substanzen, beispielsweise bei der Produktion von Kraftfahrzeugen, überhaupt zum Einsatz kommen. Verbraucher und Verbraucherinnen wären den Stoffen also vermutlich weiterhin ausgesetzt.

Trotz der praktischen Eigenschaften der Stoffe und ihrer Bedeutung für die Wirtschaft stellen sie ein großes Problem für Umwelt und die menschliche Gesundheit dar. 2023 haben fünf Länder (Dänemark, Niederlande, Norwegen, Schweden und Deutschland) einen Antrag bei der EU-Chemikalienagentur eingereicht, die gesamte Substanzgruppe der PFAS zu regulieren. Nach einer Prüfung des Antrags wollen die EU-Kommission und die EU-Staaten über mögliche Beschränkungen entscheiden, die frühestens 2026 in Kraft treten.

Eine Gusseisenpfanne mit Rosmarin-Kartoffeln.

© iStock / fcafotodigital

In beschichteten Anti-Haft-Bratpfannen sind oft PFAS enthalten. Wählen Sie als Alternative am besten eine gusseiserne Pfanne.

Wie lassen sich PFAS vermeiden?

PFAS sind geruchslos, geschmacklos und können Gase, Flüssigkeiten oder feste Kunststoffe sein. Doch wie können Sie erkennen, ob ein Produkt PFAS-Stoffe enthält, und wie lassen sich die bedenklichen Substanzen umgehen? Da es für PFAS keine allgemeine Kennzeichnungspflicht gibt, ist das nicht so einfach. Für einige Produkte, die häufig PFAS enthalten, stehen jedoch Alternativen zur Verfügung.

Zum Beispiel: Statt beschichteter Pfannen und Backformen verwenden Sie besser Pfannen aus Edelstahl oder Eisen. Achtung: Einige Hersteller werben mit „PFOA/PFOS-frei“ oder „GenX-frei“. Das bedeutet zunächst nur, dass diese speziellen PFAS nicht enthalten sind, schließt aber nicht automatisch andere PFAS aus. Erst bei der Kennzeichnung „Frei von PFAS“ oder „fluorfrei“ können Sie sicher sein: Das Produkt ist tatsächlich PFAS-frei. Bei Textilen sind häufig Begriffe wie „wasserabweisend“, „ölabweisend“ oder „fleckengeschützt“ ein Hinweis auf PFAS.

In Kosmetikartikeln kommen PFAS hingegen nur noch selten zum Einsatz. Hier sollten Sie vorsichtig sein, wenn „fluro“ im Namen eines Inhaltsstoffes zu lesen ist. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, ob ein bestimmtes Produkt PFAS enthält, wendet sich am besten direkt an die Hersteller.


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