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Psychologie

Schlechte Nachrichten non-stop – wie Sie Doomscrolling vermeiden können

Veröffentlicht am:14.02.2023

5 Minuten Lesedauer

Der Begriff Doomscrolling gewann während der Corona-Pandemie an Bedeutung. Fachleute sind sich einig, dass es Ängste verstärken kann, wenn man sich immer und immer wieder mit negativen Informationen konfrontiert. Doch wie stoppt man Doomscrolling?

Ein Mann liest schlechte Nachrichten am Smartphone und leidet unter Doomscrolling.

© iStock / tommaso79

Was ist Doomscrolling?

Ob über den persönlichen Newsfeed, Social Media oder Nachrichten-Apps: Nachrichten über Krieg, Umweltkatastrophen, Unfälle und Infektionswellen erreichen uns tagtäglich auf vielfältige Weise. Doomscrolling bedeutet, sehr viel Zeit damit zu verbringen, solche schlechten und negativen Nachrichten am Smartphone oder Computer zu lesen. „Doom“ steht dabei für Unheil, Verhängnis, Untergang und „scrolling“ für Blättern und nach unten Wischen auf dem Smartphone oder am Computer. Auch der Begriff Doomsurfing wird in dem Zusammenhang verwendet.

Ein Beispiel für Doomscrolling ist das Verhalten, das viele Personen während der Corona-Pandemie entwickelt haben: Zu Beginn der Pandemie konnte man beobachten, dass der Konsum von Nachrichten über digitale und soziale Medien stark angestiegen ist. Viele Personen haben jeden Tag mehrfach die aktuellen Infektionszahlen gecheckt, neueste Informationen über Symptome und Verbreitungswege sowie nach Möglichkeiten sich zu schützen gesucht – und das immer häufiger.

Wie entsteht Doomscrolling?

Es gehört zur menschlichen Natur, unkontrollierbare Situationen wie eine Pandemie verstehen und erträglicher machen zu wollen. Menschen versuchen, Informationslücken zu schließen, um negative Gefühle wie Angst und Furcht zu überwinden. Doch auf der Suche nach neuen und bestenfalls auch positiven Informationen scrollen und surfen sie die Nachrichtenfeeds immer weiter oder immer häufiger durch. Dabei treffen sie jedoch auf zahlreiche pessimistische und negative Schlagzeilen und Informationen, was die negativen Gefühle wiederum verstärken kann. Unter Angst und mit der Hoffnung auf Besserung sind sie auch besonders anfällig dafür, ungenauen oder unvollständigen Informationen zu glauben, die jedoch kein Gefühl der Sicherheit und Kontrolle vermitteln können. Ein Teufelskreis entsteht für Doomscrolling-Betroffene und das Verhalten kann zu einer Gewohnheit werden.

Mitbegünstigende Faktoren für die Entstehung von Doomscrolling sind vermutlich verschiedene Denkfehler, in der Psychologie sogenannte kognitive Verzerrungen. Betroffene unterschätzen zum Beispiel oft, wie häufig eigentlich negative Informationen erscheinen, und überschätzen gleichzeitig die Häufigkeit von positiven Informationen. Darum lesen sie, in der Erwartung, gute Nachrichten zu finden, öfter als womöglich nötig Nachrichten. Außerdem haben Menschen die Tendenz, vor allem nach Informationen zu suchen, die zuvor Gelesenes oder eigene Denkweisen bestätigen. Im Falle eines negativen Berichts oder negativer Szenarien im Kopf werden so vor allem pessimistische Nachrichten gelesen und als wichtig erachtet. Auch das kann mit zu Doomscrolling beitragen.

Hinzu kommt, dass Personen, die bereits negative Gefühle haben oder auch unter psychischen Erkrankungen wie Depressionen leiden, eher dazu neigen, vermehrt Zeit im Internet und auf digitalen Plattformen zu verbringen, um aus ihrem Stimmungstief zu kommen. Sie sind also besonders anfällig.

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Warum ist Doomscrolling ungesund?

Doomscrolling ist ein recht neues Phänomen, weshalb Langzeitfolgen bisher nur wenig erforscht sind. Experten und Expertinnen warnen jedoch vor einer Überflutung mit negativen Nachrichten. Doomscrolling kann die Entstehung oder Verstärkung von Ängsten und Stress mitbegünstigen und negative Emotionen wie Gefühle der Ungewissheit, Besorgnis oder Furcht hervorrufen. Darauf folgen womöglich weitere Beschwerden im Alltag: Manche Doomscrolling-Betroffene haben Schwierigkeiten beim Einschlafen, ihre Schlafqualität kann sich verschlechtern und ihr Appetit, ihre Motivation sowie das Interesse an Aktivitäten, die sie sonst gern gemacht haben, können abnehmen. Erste Studien im Zusammenhang mit dem Konsum von Nachrichten über Covid-19 während der Pandemie lassen zudem vermuten, dass bei anfälligen oder bereits vorerkrankten Personen eine Zunahme an Symptomen psychischer Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen möglich ist.

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Was tun gegen Doomscrolling?

Diese Tipps können dabei helfen, weniger negative Nachrichten zu konsumieren und den Doomscrolling-Kreislauf zu durchbrechen:

  1. Doomscrolling erkennen: Zunächst ist es wichtig zu erkennen, ob, wann und wie viel man Online-Nachrichten oder soziale Medien durchsucht und was es in einem auslöst. Beobachten Sie sich selbst: Wann greifen Sie zum Handy, wie oft blättern Sie Newsfeeds durch und welche Gefühle löst das in Ihnen aus? Gibt Ihr Körper Ihnen vielleicht bereits Signale, dass das Scrollen Ihnen nicht guttut? Es zu bemerken, ist ein erster, wichtiger Schritt. Hinterfragen Sie auch Ihre eigenen Ziele und Bedürfnisse hinter dem Verhalten: Warum lesen Sie immer wieder Nachrichten, wonach suchen Sie, was brauchen Sie? Was könnte Ihnen vielleicht eher helfen?
  2. Den Konsum von Nachrichten minimieren: Um auf gesunde Art und Weise Nachrichten zu lesen, können kleine Schritte bereits viel bewirken. Schalten Sie beispielsweise die Push-Funktion Ihres Handys aus und deaktivieren Sie Newsfeeds. Wenn Sie beobachten, dass Sie häufig morgens nach dem Aufwachen durch Nachrichten auf dem Smartphone scrollen, ist es sinnvoll, einen richtigen Wecker statt das Smartphone zum Wecken zu benutzen. Halten Sie sich auch an ein selbst festgelegtes Zeitlimit für Nachrichten – zum Beispiel nur fünf bis zehn Minuten am Tag. Stellen Sie sich einen Timer oder nutzen Sie Digital Wellbeing-Apps, die Sie daran erinnern oder Nachrichten-Apps sogar für den Rest des Tages sperren.
  3. Nachrichten bewusst konsumieren: Versuchen Sie, Nachrichten nur ganz bewusst zu lesen und Ihre Gefühle dabei wahrzunehmen. Wenn es Ihnen zu viel wird und Sie spüren, dass negative Gefühle aufkommen, können Sie sich innerlich ein rotes Stoppschild vorstellen und mehrmals tief durchatmen. Das hilft dabei, das Handy wegzulegen oder den Computer auszuschalten. Ein weiterer Tipp ist, langsamer zu scrollen und nicht durch viele Artikel zu „rennen“. So springen Sie nicht von einer Information zur nächsten. Probieren Sie auch aus, ob es für Sie funktioniert, jeden Tag nur einen Artikel von einer seriösen Nachrichtenseite zu lesen – diesen dann aber komplett und in Ruhe.
  4. Kontrolle wiedergewinnen: Da Doomscrolling häufig mit einem Gefühl des Kontrollverlustes einhergeht und auch daraus entsteht, ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass Sie die Zukunft selbst nicht kontrollieren können. Was Sie aber kontrollieren können, ist das Hier und Jetzt. Fragen Sie sich, was Sie jetzt für sich tun können, damit es Ihnen gutgeht, und was Sie gerade brauchen. Indem Sie sich für sich selbst einsetzen, gewinnen Sie ein Stück weit Kontrolle zurück.
  5. Mehr Offline-, weniger Online-Zeit: Mit Freunden in ein Café, ein Spaziergang durch den Park oder ein gutes Buch lesen – Offline-Aktivitäten helfen dabei, den Doomscrolling-Teufelskreis zu durchbrechen. Tauschen Sie sich auch mit anderen Personen über Ihre Ängste und Sorgen aus – so entsteht weniger das Gefühl, damit allein zu sein. Sport und Bewegung sind außerdem sehr nützlich, um mit Ängsten umzugehen und können diese sogar reduzieren.
Eine Doomscrolling-Betroffene spricht mit einer Freundin in einem Café über ihre Sorgen. Sie berühren sich an den Händen.

© iStock / miodrag ignjatovic

Sprechen Sie mit anderen Personen über die Gefühle und Gedanken, die das Lesen von schlechten Nachrichten bei Ihnen auslöst – zum Beispiel mit Freunden und Freundinnen oder auch mit psychologischem oder ärztlichem Fachpersonal.

Hilfe finden

Suchen Sie sich unbedingt Hilfe, wenn Sie sehr unter Doomscrolling und starken, negativen Gefühlen leiden. Die erste Ansprechperson kann Ihr Hausarzt oder Ihre Hausärztin sein. Dieser oder diese wird Ihnen zuhören, Ihnen vielleicht erste Tipps geben und gegebenenfalls eine Psychotherapie empfehlen.

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