Psychologie
Resilienz: Was psychische Widerstandskraft kann und was nicht
Veröffentlicht am:10.12.2025
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Resilienz wird häufig mit unerschütterlicher Stärke und Durchhaltewillen gleichgesetzt. Doch heißt das etwa, dass resiliente Menschen niemals aufgeben dürfen? Und ist Resilienz angeboren oder kann sie auch erlernt werden? Was die Forschung dazu sagt.

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Warum es so viele Missverständnisse rund um Resilienz gibt
Das Thema Resilienz fasziniert viele Menschen. Vielleicht deshalb, weil sie Hoffnung verleiht:
Resilienz beschreibt die Fähigkeit, auf schwierige Situationen positiv zu reagieren und sich anzupassen – also gewissermaßen Widerständen zu trotzen. Obwohl sie als wichtiger Faktor für die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden anerkannt ist, kursieren zahlreiche Vorstellungen darüber, was es wirklich bedeutet, resilient zu sein. Einige Forschende gehen sogar davon aus, dass der Begriff Resilienz missverstanden wird. Das lateinische Wort „resilire“ meint die Fähigkeit „zurückzuprallen“ – das bezog sich ursprünglich auf ein Material im Labor. Nun ist der Mensch aber kein Laborzustand, die Definition könne ihm also nicht einfach übergestülpt werden, so die Forschenden. Die Resilienz-Mythen könnten auch daher rühren, dass einige Bereiche zu isoliert betrachtet werden. Laut Forschenden reicht es nicht aus, die psychische Widerstandskraft beim Menschen zu stärken. Schließlich hängt Resilienz auch vom Umfeld, der Organisation im Alltag und den weiteren Rahmenbedingungen, etwa auf der Arbeit, ab. In dem Zusammenhang spielt es eine Rolle, wer sich mit dem Thema beschäftigt. Biologen und Biologinnen haben womöglich den Organismus des Menschen im Blick, Psychologen und Psychologinnen konzentrieren sich auch auf Einflüsse aus dem Umfeld.
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Resilienz: die psychische Widerstandskraft auf dem Prüfstand
In der Wissenschaft wird Resilienz mit psychischer Widerstandskraft umschrieben. Zugleich gibt es aber viele Unklarheiten und Missverständnisse, ob Resilienz erlernbar ist, wie wirksam sie im Alltag ist und ob Resilienz auch negative Aspekte haben kann.
Ist Resilienz angeboren?
Viele Menschen glauben, Resilienz sei eine unveränderliche Eigenschaft. Doch die Forschung zeigt ein anderes Bild: Resilienz ist eine Fähigkeit, die Menschen entwickeln können. Resilienz ist also wirklich trainierbar. Wer sie stärken möchte, kann gezielt mit Strategien daran arbeiten, etwa durch Trainings oder Programme, die Belastbarkeit fördern. Besonders entscheidend ist dabei die Einstellung zu sich selbst: Menschen, die davon überzeugt sind, dass Persönlichkeit und Fähigkeiten formbar sind – also ein Growth Mindset haben – kommen besser mit Herausforderungen zurecht. Sie empfinden weniger Stress und erzielen größere Erfolge.

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Bewirkt die psychische Widerstandskraft nur „Gutes“?
Der Begriff Resilienz ist vor allem positiv geprägt. Sie ist eng mit der Selbstwirksamkeit verbunden: Selbstwirksame Menschen sind oftmals auch resilienter und resiliente Menschen empfinden mehr Selbstwirksamkeit. Außerdem soll Resilienz Schutz vor negativen Einflüssen bieten. Tatsächlich kann die Resilienz helfen, schwierige Situationen zu überstehen, doch manchmal wird sie als Durchhaltewillen interpretiert, durch den bestehende Probleme verschleiert oder sogar verstärkt werden: So verharren manche Menschen, die sich an widrige Umstände anpassen, auch weiterhin in riskanten oder ungerechten Situationen, ohne dass sich ihre Umwelt verändert.
Wirkt Resilienz-Training immer und universell?
Anders als oft vermutet, ist das Resilienz-Training nicht bei allen Menschen gleich wirksam, es führt auch nicht automatisch zu positiven Ergebnissen. Studien zeigen, dass der Erfolg von vielen Faktoren abhängt: Dauer und Art des Trainings, die individuelle Ausgangssituation und die Zielgruppe spielen eine große Rolle. Es gibt kurze Seminare bis hin zu mehrwöchigen Programmen, die Ergebnisse der Trainings fallen aber uneinheitlich aus. Daher können Forschende bisher keine allgemeine Aussage darüber treffen, welche Methoden am effektivsten sind. Positive Erfahrungen gab es aber mit Trainings, die auf Achtsamkeit oder kognitive Verhaltenstechniken setzen. Trotzdem: Resilienz ist kein Allheilmittel und wirkt auch nicht in jeder Situation gleich – auch resiliente Menschen können weiterhin Belastungen erleben.
Die 7 Säulen der Resilienz
Wer sich mit dem Thema psychische Widerstandskraft beschäftigt, stößt meist auf die 7 Säulen der Resilienz. Sie zeigen, wie man auch in schwierigen Zeiten handlungsfähig bleibt. Das soll mit verschiedenen Resilienzfaktoren wie Optimismus, Akzeptanz oder Selbstwahrnehmung gelingen.
Brauchen resiliente Menschen keine Hilfe von außen?
Oft heißt es, dass resiliente Menschen alle Herausforderungen alleine bewältigen und keine Unterstützung von anderen benötigen. Eine Untersuchung zeigt jedoch etwas anderes: Familienangehörige, die Menschen mit psychischen Erkrankungen betreuten, zeigten zum Beispiel ein stärkeres positives Hilfesuchverhalten, wenn ihre Resilienz höher war. Allerdings suchten sie sich nicht sofort Hilfe: Sie neigten dazu, emotionale Probleme zunächst alleine zu bewältigen und die professionelle Hilfe erst als letzte Option in Anspruch zu nehmen. Auch in der allgemeinen Bevölkerung gilt: Resilienz bedeutet nicht, dass Menschen Herausforderungen alleine überstehen müssen. Im Gegenteil, wer seine Grenzen erkennt und rechtzeitig Unterstützung sucht, zeigt ebenfalls Resilienz.
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Stress im Griff
Das AOK-Programm „Stress im Griff“ unterstützt dabei, den eigenen Umgang mit Stress zu verbessern und mehr Gelassenheit im Alltag zu gewinnen – mit Hintergrundwissen und einfachen Tipps.
Heißt Resilienz durchhalten und nicht aufgeben?
Ein weiterer Mythos ist, dass resiliente Menschen niemals aufgeben dürfen. Tatsächlich fühlen sich Menschen mitunter erschöpft und frustriert, wenn sie starr an einer einzelnen Strategie festhalten, vor allem bei wiederholten Schwierigkeiten. Wahre Resilienz zeigt sich hingegen in Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Ändern Menschen ihre Herangehensweise oder wechseln zwischen ihren Aufgaben, können sie langfristige Ziele besser verfolgen. Eine Untersuchung zeigt, dass dieser Aufgabenwechsel zwar vorübergehend weniger Beharrlichkeit bei einer einzelnen Aufgabe bedeutet, Menschen damit aber mehr Aufgaben erledigen und ihrem großen Ziel näherkommen. Wichtige Resilienzsäulen sind in diesem Zusammenhang die Akzeptanz von Situationen, die man nicht ändern kann, und die Selbstfürsorge.
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