Psychologie
Warum Tanzen und Kochen zur kulturellen Identität beitragen
Veröffentlicht am:17.11.2025
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Kulturelle Identität kann stabilisierend wirken, besonders wenn Menschen zwischen Herkunft und Integration hin- und hergerissen sind. Ob vertrautes Essen oder Tanz – wer sich kulturell ausdrücken darf, lebt meist mental gesünder.

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Warum stärken vertraute Lebensmittel die kulturelle Identität?
Viele Menschen mit Migrationsgeschichte stehen im Alltag oft doppelt unter Druck: Zum einen möchten sie sich in die Gesellschaft integrieren und zugehörig fühlen, zum anderen ihre Wurzeln und damit einen Teil ihrer kulturellen Identität im Alltag Ausdruck verleihen. Alltagsrassismus oder fehlendes Diversitätsbewusstsein erhöhen dieses Spannungsfeld. Umso wichtiger sind Momente, in denen Menschen ihre kulturelle Identität leben können. Gemeinsames Kochen oder Tanzen schafft genau das: Verbindung, Ausdruck – und ein Stück seelischen Halt.
Esskultur ist ein tief verankerter Ausdruck von Identität: Bestimmte Lebensmittel kaufen und zuzubereiten, ist ein wichtiges Bindeglied zur eigenen familiären Herkunft. Mehr noch: Die sogenannte „cultural food security“ – also der verlässliche Zugang zu Lebensmitteln, die als Teil der eigenen Kultur wahrgenommen werden – kann das seelische Wohlbefinden stärken. Denn mit jedem Gericht, das an Familie, Heimat oder Kindheit erinnert, wird kulturelle Identität nicht nur bewahrt, sondern aktiv gelebt.

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Weshalb sind kultursensible Ernährung und Tanz so wichtig?
Auch Essgewohnheiten sind stark kulturell geprägt – sie spiegeln Herkunft, Werte und Alltagsroutinen wider. Dabei geht es nicht nur um das, was gegessen wird, sondern auch um Bedeutungen, Regeln und Rituale rund ums Essen. Die Forschung zeigt: Solche Muster unterscheiden sich deutlich zwischen Kulturen. In interkulturellen Begegnungen kann das zu Missverständnissen oder Ablehnung führen, etwa wenn bestimmte Lebensmittel ungewohnt erscheinen oder Essgewohnheiten als „anders“ empfunden werden. Genau hier wird kulturelle Identität sichtbar, allerdings auch Alltagsrassismus und mangelndes Diversitätsbewusstsein, wenn andere Personen die Esskultur nicht akzeptieren. Ein Gegenmittel ist die kultursensible Ernährung, die Herkunft, Gewohnheiten und Essrituale berücksichtigt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, diese Vielfalt in Kitas, Schulen und Kliniken aktiv einzubinden. Dann wird kulturelle Identität lebbar. Menschen lernen voneinander, bauen Vorurteile ab und fühlen sich gesehen. Denn gemeinsames Essen auf Augenhöhe verbindet.
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Psychotherapie: ambulante Hilfe
Bei Verdacht auf eine psychische Erkrankung oder als Unterstützung für die Angehörigen hilft eine psychologische Beratung oder eine Psychotherapie. Diese kann in der Regel ambulant durchgeführt werden. Die AOK übernimmt die Kosten.
Wie kann Tanz kulturelle Identität sichtbar machen?
Neben Essen bietet auch Tanzen die Möglichkeit, seine kulturelle Identität zu erforschen und zu stärken. Wer traditionelle Musik hört oder sich zu vertrauten Rhythmen bewegt, spürt die Verbindung zur eigenen Geschichte. Möglichweise fällt es beim Tanzen sogar leichter, Gefühle auszudrücken, denen man sich nicht bewusst war oder für die einem sonst die Sprache oder die Worte fehlen. Diese Aspekte werden zum Beispiel auch in Tanz- und Bewegungstherapien mit Kindern genutzt, die multikulturelle oder multiethnische Identitäten haben.
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