Herz & Kreislauf
Risiko: Antibabypille und Adipositas
Veröffentlicht am:07.07.2025
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Die Anti-Baby-Pille ist ein klassisches Verhütungsmittel. Allerdings ist die Pille nicht für jede Frau gleich gut geeignet. Vor allem bei stark übergewichtigen Patientinnen erhöht sie die Thrombosegefahr. Eine gute Alternative kann die Minipille sein.

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Die Pille und das Thromboserisiko als Nebenwirkung
Als Verhütungsmittel ist die Anti-Baby-Pille immer noch gefragt: Im Jahr 2023 verhüteten damit 38 Prozent der Frauen. Den Befragungen zufolge ist die Verwendung zwar rückläufig, dennoch stellt die Pille für viele Frauen nach wie vor eine zuverlässige Verhütungsmethode dar. Wie bei anderen Arzneimitteln auch kann die Einnahme jedoch zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Eine seltene, aber mitunter lebensbedrohliche Nebenwirkung der kombinierten hormonellen Kontrazeptiva ist die venöse Thromboembolie, auch VTE genannt. Diese Arzneimittel enthalten die beiden weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progestagen. „Venöse Thromboembolie“ (VTE) ist ein Oberbegriff und schließt sowohl die tiefe Venenthrombose (TVT) als auch die Lungenembolie (LE) ein. Bei einer VTE blockiert ein Gerinnsel den Blutstrom und verschließt dadurch die Vene, meist eine Bein- oder auch eine Beckenvene. Bei einer Lungenembolie kommt es zu einer Verstopfung von Lungenarterien durch ein Blutgerinnsel, das überwiegend aus den tiefen Beinvenen stammt und mit dem Blutstrom in die Lungengefäße verschleppt wurde.
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Wie hoch ist das Risiko einer Thrombose durch die Pille?
Eine Adipositas führt zu einem erhöhten Grundrisiko für Blutgerinnsel: Hier sind es etwa sechs bis elf Fälle pro 10.000 Menschen und damit doppelt bis viermal so viele wie bei normalgewichtigen Frauen. Nehmen adipöse Patientinnen zusätzlich die Pille ein, steigt das Risiko noch einmal um das Zwei- bis Dreifache. Einem Übersichtsartikel in dem Fachmagazin „ESC Heart Failure“ zufolge setzen sich adipöse Frauen mit der Pille sogar einem bis zur 24-fach höherem Risiko für venöse Thromboembolien aus als Normalgewichtige ohne Pilleneinnahme. Das gilt aber nicht für alle Anti-Baby-Pillen, sondern lediglich für kombinierte Präparate – dabei nehmen Frauen eine Kombination aus Östrogen und Gestagen ein. Zudem geht nicht von jeder kombinierten Pille das gleiche Risiko aus – vor allem Pillen der dritten und vierten Generation begünstigen abhängig vom Gestagenanteil eine Thrombose. Das Thromboserisiko ist im ersten Jahr der Einnahme besonders groß, auch wenn eine vierwöchige Unterbrechung dazwischenliegt.
Übergewichtige Frauen haben ein erhöhtes Thromboserisiko
Es gibt mehrere Faktoren, die das Thromboserisiko steigern können: Neben der Einnahme der Anti-Baby-Pille spielt auch das Gewicht eine Rolle. Übergewichtige und adipöse Menschen, also mit einem BMI von 30 oder mehr, neigen eher zu Blutgerinnseln. Das liegt an dem erhöhten Druck im Bauchraum, einer verstärkten Bildung bestimmter Gerinnungsstoffe sowie Hemmstoffe zur Blutauflösung und einer leichteren Aktivierung der Blutplättchen. Frauen mit Übergewicht starten demnach bereits mit einem möglichen Risikofaktor in die hormonelle Verhütung.
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Bei starkem Übergewicht kann die Pille anders wirken
Die Pille ist ein zuverlässiges Verhütungsmittel mit einem Pearl-Index von 0,1 bis 0,9. Das bedeutet: Bei tausend Frauen, die ein Jahr lang mit der Pille verhüten, kommt es statistisch gesehen zu einer bis neun Schwangerschaften – das ist wenig. Doch bei adipösen Frauen kann der hohe Körperfettanteil die Wirkung hormoneller Verhütungsmittel beeinträchtigen. Das liegt an der Aufnahme, der Verteilung, dem Abbau und der Ausscheidung des Arzneistoffes im Körper und dieser ist abhängig vom Körperfettanteil. Ein für den Abbau von Verhütungshormonen verantwortliches Leberenzym (CYP3A4) kann hingegen weniger aktiv sein. Trotz möglicher Abstriche bei der Wirksamkeit und Sicherheit können Mediziner und Medizinerinnen auch adipösen Frauen eine kombinierte Pille verschreiben. Sie wägen vorab Nutzen und Risiko gegeneinander ab. Wenn es um die Verschreibung eines Verhütungsmittels geht, sollten folgende Risikofaktoren zwingend berücksichtigt werden:
- Alter über 35 Jahre
- Rauchen
- Thrombose/Thromboembolie bei einem nächsten Angehörigen im Alter unter 50 Jahren
- Zustand kurz nach einer Entbindung und bei längerer Immobilisierung, etwa nach einer Krankheit oder einem operativen Eingriff
- weitere individuelle Risikofaktoren der Patientinnen
Ärztinnen und Ärzte klären Patientinnen über das Thromboserisiko auf. Bei der Auswahl des hormonellen Verhütungsmittels sollte ein möglichst geringes Thromboserisiko ein Kriterium sein. Adipösen Frauen über 35 Jahren sowie solchen, die zusätzlich rauchen, sollten keine kombinierten hormonellen Verhütungsmethoden verordnet werden, da das Thromboserisiko extrem erhöht ist.

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Welche Alternativen zur klassischen Pille gibt es bei Adipositas?
Folgende Alternativen gibt es zu den kombinierten hormonellen Verhütungsmethoden:
- Minipille: Mit der Minipille nehmen Frauen ein reines Gestagen-Präparat ein. Das Gestagen hemmt den Eisprung, den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut und verdichtet den Gebärmutterhalsschleim. Nach aktuellem Kenntnisstand erhöht die Einnahme das Thromboserisiko nicht.
- Dreimonatsspritze und Implantat: Auch diese Verhütungsmethoden mit dem Hormon Gestagen sind eine Alternative. Sie hemmen bei stark übergewichtigen Frauen ebenfalls zuverlässig den Eisprung – Hinweise auf eine höhere Wahrscheinlichkeit von Blutgerinnseln gibt es derzeit nicht.
- Spiralen: Für übergewichtige und adipöse Frauen können auch die Kupfer- und Hormonspirale geeignete Verhütungsmittel sein. Ihr Vorteil ist die lokale Wirkung. Die Kupferspirale kommt ohne Hormone aus, die hormonhaltige Variante setzt auf Gestagen. Derzeit weist bei beiden Verhütungsmitteln nichts auf ein erhöhtes Risiko für Thromboembolien hin.
Der Vaginalring und das Verhütungspflaster sind Optionen mit Einschränkungen. Beide enthalten sowohl Gestagen als auch Östrogen und können daher mit einem erhöhten Thromboserisiko verbunden sein. Der Vaginalring bietet sich nur für adipöse Frauen ohne weitere Risikofaktoren an. Für das Verhütungspflaster gilt im Prinzip das Gleiche. Viele Mediziner und Medizinerinnen raten aber von der Anwendung ab – starkes Übergewicht kann die Wirksamkeit herabsetzen.
Sind hormonfreie Verhütungsmethoden besser?
Neben der Kupferspirale gibt es weitere Optionen zur Verhütung ohne Hormone. Dazu gehören etwa Kondome oder ein Diaphragma. Auch die symptothermale Methode (Temperaturmethode) zählt zur hormonfreien Verhütung. Bei präziser Anwendung können diese Methoden eine Alternative zu den hormonellen Verhütungsmethoden darstellen. Besprechen Sie am besten mit Ihrem Gynäkologen oder Ihrer Gynäkologin, welche Verhütungsmethode sich für Sie am besten eignet – schließlich entscheiden darüber auch die persönlichen Lebensumstände.