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Gehirn & Nerven

Apraxie: Symptome und Therapie der neurologischen Störung

Veröffentlicht am:23.05.2025

5 Minuten Lesedauer

Die Haare kämmen, eine Schleife binden, einen Kreis nachzeichnen – gehen solche Fähigkeiten verloren, obwohl Muskeln und Sinne tadellos funktionieren, sprechen Fachleute von einer Apraxie. Die Ursache sind Schäden in bestimmten Gehirnregionen.

Eine Frau mit kurzen, leicht grauen Haaren steht in einem Schlafzimmer vor dem Kleiderschrank. Sie blickt auf ihre Hände, während sie darauf konzentriert ist, einen Knopf an ihrer Bluse zu schließen.

© iStock / natalie_board

Was ist eine Apraxie?

Der Begriff „Apraxie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Untätigkeit“. Menschen, die an einer Apraxie leiden, können sowohl bereits erlernte Bewegungen als auch neue Abläufe nicht (mehr) ausführen.

Dabei ist es laut Definition kein Problem des Willens, der Wahrnehmung oder des Bewegungsapparates, sondern eine neurologische Störung, es betrifft also das Nervensystem.

Menschen, die an einer Apraxie leiden, wären körperlich und geistig zu bestimmten Bewegungen oder Handgriffen in der Lage, sie schaffen es jedoch nicht, die notwendigen Muskelbewegungen einzuleiten und zu koordinieren. Diese motorische Einschränkung kann sich sowohl an Armen und Beinen als auch an Händen, Füßen und der Gesichtsmuskulatur zeigen und betrifft in der Regel beide Körperhälften.

Manchmal sind es einfache Bewegungen, wie ein willkürliches Zwinkern. Betroffene können aber auch Probleme mit komplexen Abläufen haben – zum Beispiel, wenn sie sich anziehen, ein Werkzeug benutzen oder ein Instrument spielen möchten. Wer an Apraxie leidet, ist sowohl beim Gebrauch eines Gegenstands beeinträchtigt als auch bei der pantomimischen Darstellung einer Handlung oder bei der Imitation einer Geste. Manchmal funktioniert eine Bewegung gar nicht mehr, in anderen Fällen scheinen Betroffene fahrig und ungeschickt.

Auf Angehörige und Außenstehende kann es befremdlich wirken, wenn jemand scheinbar nicht mehr weiß, wie man einen Korkenzieher oder einen Füller benutzt oder nicht mehr in der Lage ist, zum Abschied zu winken.

Verschiedene Ursachen und Arten einer Apraxie

Wenn ein Mensch bestimmte Bewegungsabläufe nicht mehr ausführen kann, die er zuvor beherrscht hat, sprechen Fachleute von einer erworbenen Apraxie. Grund hierfür ist häufig ein Schlaganfall der linken Hirnhälfte oder ein beidseitiger Schlaganfall. Dadurch kann es zu Schädigungen bestimmter Teile des Großhirns und/oder der Nervenbahnen kommen. Weitere Ursachen hierfür können sein:

Fachleute unterscheiden die Apraxie je nach Art der vorliegenden Störung in zwei Kategorien:

Bei einer ideomotorischen Apraxie kann der oder die Erkrankte zwar einen Bewegungsablauf gedanklich richtig planen, scheitert aber an der Ausführung. Typische Symptome sind zum Beispiel unvollständig ausgeführte Bewegungen und fehlerhafte Ersatzbewegungen. Betroffene können zum Beispiel nicht richtig Winken oder Bewegungen nachmachen.

Im Gegensatz zur ideomotorischen Apraxie hat die betroffene Person bei einer ideatorischen Apraxie Probleme damit, Bewegungen sinnvoll zu planen. Häufige Symptome sind, dass Handlungsabfolgen durcheinandergeraten: Jemand dreht beispielsweise eine Flasche vor dem Trinken zu oder hat keine Vorstellung mehr davon, wie man eine Zange, eine Gabel oder eine Haarbürste richtig benutzt.

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Welche Symptome hat eine Apraxie?

Eine Apraxie kann sich in sehr unterschiedlichen Symptomen äußern. Während einige Formen im Alltag schnell auffallen, sind andere nur schwer zu erkennen.

Fachleute benennen bestimmte Ausprägungen der Apraxie nach dem medizinischen Symptom:

  • Gliedkinetische Apraxie bedeutet, dass besonders feine und zielgerichtete Bewegungen von Händen und Fingern gestört sind oder ungeschickt wirken.
  • Bei einer okulomotorischen Apraxie sind bestimmte Augenbewegungen gestört. Betroffene können sie zum Teil durch ruckartige Kopfbewegungen ausgleichen.
  • Eine konstruktive Apraxie besteht, wenn jemand zum Beispiel eine Form nicht mehr nachzeichnen, kneten oder anders gestalten kann, obwohl er oder sie zu den notwendigen Bewegungen in der Lage wäre.
  • Visuomotorische (optische) Apraxie bedeutet, dass die Betroffenen Probleme haben, einen Gegenstand zu greifen. Eine oder beide Hände fassen daneben.
  • Die bukkofaziale Apraxie wird auch als Gesichtsapraxie bezeichnet. Hier sind bestimmte Zungen- und Gesichtsbewegungen nicht möglich, sodass die Betroffenen zum Beispiel nicht die Nase rümpfen oder über ihre Lippen lecken können. Diese Form ist häufig mit einer Sprechstörung (Aphasie) verbunden.
Man sieht zwei ältere Menschen, die an einem Tisch sitzen und spielen. Auf dem Tisch eine hölzerne Spielunterlage mit großen, farbigen Spielfiguren aus Holz, die in das Spielbrett gesteckt werden.

© iStock / kzenon

Nicht nur im Rahmen einer Ergotherapie können Betroffene ihre motorischen Fähigkeiten spielerisch trainieren.

Diagnose: Wie ist die Apraxie zu erkennen?

Eine Apraxie ist in der Regel Folge einer bestimmten Erkrankung oder eines Schädel-Hirn-Traumas. Ärztinnen und Ärzte sollten also bei auffälligen Bewegungsstörungen bereits einen konkreten Verdacht haben, wenn jemand zuvor einen Schlaganfall erlitten hat oder an Demenz leidet. Zusätzlich kann der Arzt oder die Ärztin gezielte Fragen und Aufgaben stellen, zum Beispiel:

  • pantomimisch vorzuführen, wie man eine Zahnbürste benutzt oder Wasser in ein Glas einschenkt
  • mit „echten“ Objekten bestimmte Handlungen zu demonstrieren, zum Beispiel mit einer Schere ein Blatt in zwei Hälften zu schneiden
  • kommunikative Handgesten zu machen, zum Beispiel „per Anhalter fahren“ oder „einen Vogel zeigen“
  • bestimmte Bewegungen der Hände oder des Gesichts nachzuahmen, zum Beispiel die Nase zu rümpfen oder die Lippen zu spitzen
  • einen Gegenstand von einer Oberfläche mit einer oder beiden Händen zu greifen
  • Wörter mit und ohne Betonung nachzusprechen

Oft ist auch das Gespräch mit Angehörigen sinnvoll, die die Patientin oder den Patienten im Alltag beobachten können. Manche Menschen mit Apraxie bemerken selbst nicht, dass sie zum Beispiel die Gabel als Messer benutzen oder ihr Minenspiel sich verändert hat.

Anhand verschiedener weiterer Untersuchungen, etwa einer Computertomografie (CT) oder einer Magnetresonanztomografie (MRT), können Fachleute erkennen, ob ein Hirnschaden vorliegt und welcher Bereich des Gehirns betroffen ist.

Auch eine Messung der Hirnströme per EEG (Elektroenzephalografie) kann sinnvoll sein, ebenso wie eine Punktion des Rückenmarks, um den Liquor (Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit) auf Infektionen zu untersuchen

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Welche Therapie hilft bei einer Apraxie?

Die Chancen auf eine Verbesserung beziehungsweise Heilung der Apraxie sind je nach zugrundeliegender Krankheit sehr unterschiedlich. So schreiten bei einer Demenz die Apraxie-Symptome in der Regel weiter fort; eine Therapie kann diesen Prozess lediglich bremsen.

Menschen mit einem Schlaganfall hingegen haben zum Teil gute Chancen, verlorene Bewegungsabläufe neu zu lernen. Hier hilft dann beispielsweise eine gezielte Ergotherapie, die auf die jeweiligen Symptome und die Bedürfnisse der betroffenen Person zugeschnitten ist. Häufig ist auch eine Kombination mit Physiotherapie und Logopädie hilfreich. Wichtig ist, dass die Erkrankten üben, die fehlerhaften Bewegungen Schritt für Schritt wieder durch die richtigen zu ersetzen. Dabei können Pflegefachkräfte und Angehörige helfen. Je nach Form der Apraxie unterstützen sie die Betroffenen am besten durch genaue sprachliche Anleitungen oder ein Vor- und Mitmachen der Bewegungen. Unerlässlich ist eine enge Rücksprache mit dem ärztlichen sowie dem physio- und ergotherapeutischen Team. Ganz wichtig ist auch, viel Geduld aufzubringen, wenn es zu Rückschlägen kommt.

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