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Gesunde Augen: Wie Sie Ihre Sehkraft und die Ihres Kindes verbessern können

Veröffentlicht am:30.03.2022

4 Minuten Lesedauer

Fünf Sinne hat der Mensch, das Sehen ist ein kostbarer Teil davon. Wie gut unsere Sehkraft ist, entscheidet sich schon im Kindesalter. Darum ist es wichtig, dass Eltern genau hinschauen. So können Sehschwächen früh erkannt und behandelt werden.

Eine Optikerin setzt einem Mädchen eine Brille auf, damit ihre Sehkraft verbessert werden kann.

© iStock / andresr

Babys müssen sehen erst lernen

Kinder wachsen auf mit der Melodie des Lieblingsspielzeugs, dem Schmusetier im Arm, dem Duft von frisch gebackenem Kuchen und auch dem Sehsinn kommt eine große Bedeutung zu. Ein Großteil der Wahrnehmungen aus unserer Umwelt erreicht das Gehirn über die Augen. Das Hirnareal, das für die Verarbeitung des Sehens verantwortlich ist, nimmt allein 15 Prozent der Großhirnrinde ein. Umso erstaunlicher ist es, dass bei der Geburt fast jeder fehlsichtig ist. „Die meisten Babys sind weitsichtig, weil ihre Augen noch zu klein sind“, sagt Professor Dr. Horst Helbig vom Universitätsklinikum Regensburg. „Ein Neugeborenes hat zudem keine volle Sehschärfe, sondern sieht nur etwa zehn Prozent. Denn auch Sehen muss gelernt werden“, so der Direktor der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde.

Das geschieht vor allem innerhalb der ersten fünf Jahre. Das Sehsystem im Gehirn entwickelt sich, wenn es Signale von den Augen bekommt. Dabei bilden sich Verschaltungen, durch die das Kind das bewusste Wahrnehmen lernt – sprich: das Sehen. „Bekommt das Gehirn nur wenige Informationen von einem Auge, etwa weil die Linse getrübt oder die Hornhaut stark verkrümmt ist, kann das Kind auf diesem Auge nicht sehen lernen und muss operiert werden“, sagt der Professor.

Auch wenn es schielt, ist eine Behandlung nötig. Allerdings müssen frischgebackene Eltern zunächst nicht beunruhigt sein: „In den ersten sechs Monaten sind die Augenbewegungen eines Babys noch unkoordiniert, und es guckt oft ziemlich krumm und schief.“ Gibt es danach Probleme, müssen sie bald behandelt werden. Daher ist die Früherkennung von Augenerkrankungen und Schielen auch ein wichtiger Bestandteil der Untersuchungen.

Die Sehkraft verbessern und Sehschwächen verhindern

Ein anderes Problem kann auftauchen, wenn das Kind zur Schule kommt – oder verstärkt sich meist noch: Kurzsichtigkeit. Daten einer großen Befragungsstudie in Deutschland zeigen: Während Kinder im Alter von sechs bis sieben Jahren nur zu etwa fünf Prozent betroffen waren, sind es bei den 16- bis 17-Jährigen knapp 24 Prozent der Jungen und 35 Prozent der Mädchen. Wie groß der Einfluss der Schule dabei ist, belegt die Gutenberg-Gesundheitsstudie der Universität Mainz. Demnach wird ein Mensch mit jedem Schuljahr kurzsichtiger: Von den Teilnehmern (35 bis 74 Jahre) ohne Abschluss waren es nicht ganz ein Viertel, mit Abitur mehr als ein Drittel und mit Hochschulabschluss sogar mehr als die Hälfte.

Warum? Weil sich zwei Risikofaktoren kaum vermeiden lassen, wenn man sich bildet: Sehen in der Nähe und zu wenig Lichteinfall ins Auge.  „Wir gehen heute davon aus, dass Kurzsichtigkeit nicht nur genetisch bedingt ist, sondern auch durch die Sehgewohnheiten beeinflusst wird“, erklärt Professor Helbig. „Während sie durch häufige Naharbeit wie Lesen begünstigt und verstärkt wird, kann das Herumtoben draußen bei Tageslicht sie verhindern oder verlangsamen. Daher wird empfohlen, dass Kinder jeden Tag ein bis zwei Stunden draußen spielen.“ Genau das tun viele heutzutage aber oft zu selten. Stattdessen schauen sie auf ihr Smartphone oder auf andere Bildschirme. „Wahrscheinlich verstärkt das die Kurzsichtigkeit“, sagt der Augenexperte. „Denn wenn ein Kind viel am Handy oder Computer spielt, schaut es häufig in die Nähe – noch dazu oft drinnen bei schlechterem Licht.“

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Typische Augenkrankheiten und wie sie behandelt werden

  • Amblyopie – die Schwachsichtigkeit

    Nach der Geburt müssen die Augen und das Gehirn das Sehen lernen. Liefert ein Auge kein brauchbares Bild, blendet das Gehirn dieses Auge aus. Die Folge: Das schwächere Auge lernt nicht zu sehen – eine Schwachsichtigkeit (Amblyopie) entsteht. Das kann passieren, wenn das Kind schielt, eine Hornhautverkrümmung hat oder die Augen unterschiedlich sehen, etwa eins kurz- und das andere normal- oder weitsichtig ist. In den Untersuchungen kann abweichendes Sehvermögen erkannt und behandelt werden – je früher, desto besser. Denn das Sehen entwickelt sich in den ersten fünf bis spätestens zehn Jahren. Schätzungen zufolge sind bis zu sechs Prozent der Kinder im Vorschulalter schwachsichtig. Ohne Behandlung sind lebenslange Sehprobleme möglich. So lässt sich laut der Gutenberg-Studie bei knapp sechs Prozent der 34- bis 44-Jährigen in Deutschland die Schwachsichtigkeit nicht mehr mit einer Sehhilfe korrigieren.

  • Verkrümmte Hornhaut

    Normalerweise wölbt sich die Hornhaut gleichmäßig über das Auge. Bei manchen Kindern ist sie jedoch gekrümmt. Das Licht wird nicht als Punkt auf der Netzhaut abgebildet, sondern als Strich – das Bild ist verzerrt. Eine Hornhautverkrümmung ist meist angeboren und tritt oft zusammen mit einer Kurz- oder Weitsichtigkeit auf. Sie bleibt ein Leben lang bestehen, lässt sich jedoch durch Brille, Kontaktlinsen oder eine Operation ausgleichen.

  • Schielen

    Wie entsteht es? Blicken beide Augen nicht auf denselben Punkt, entstehen im Gehirn unangenehme Doppelbilder. Am schlimmsten sind kleine Schielwinkel. Die Folge: Das Gehirn blendet die Eindrücke des schwächeren Auges aus, das dann das Sehen nicht lernt und blind wird.

    Wie wird das festgestellt? Auffälliges Schielen wird meist früh erkannt, sodass die Eltern ihr Kind zeitig beim Augenarzt vorstellen. Kleine Schielwinkel fallen dagegen weniger auf, und führen daher oft später zum Arzt – was sie für die Entwicklung einer Schwachsichtigkeit gefährlicher macht. Bei der Vorsorgeuntersuchung für Kinder U7a wird das kontrolliert.

    Welche Therapie gibt es? Ist das Auge fehlsichtig, reicht eine Brille. Meist wird das „gute“ Auge zeitweise mit einem Pflaster abgeklebt. Dann übernimmt das „ausgeschaltete“ Auge und lernt ebenfalls das Sehen. Bei einer frühen Therapie ist die Chance, dass auch das schlechtere Auge sehen lernt, sehr gut. Aber: Die Fehlstellung selbst bessert sich durch das Abkleben nicht. Größere Schielwinkel werden später mit einer Operation korrigiert.

  • Kurzsichtigkeit

    Normalerweise bricht die Linse das einfallende Licht so, dass auf der Netzhaut ein scharfes Bild entsteht. Bei einem kurzsichtigen Auge ist der Augapfel jedoch zu lang, und die Brechkraft der Linse reicht nicht aus. Die Folge: Das scharfe Bild entsteht schon vor der Netzhaut. Der Betroffene sieht nur in der Nähe gut. Was weiter weg ist, wird unscharf. Bei kleinen Kindern fällt es meist nur auf, wenn sie etwa ihr Spielzeug ständig sehr nah an die Augen halten. Oft kneifen sie diese auch zusammen, weil das die Sicht verbessert. Festgestellt wird eine Kurzsichtigkeit schließlich oft bei den Sehtests der U-Untersuchungen, vor der Einschulung oder während der Schulzeit. Kinder bekommen meist schlicht und einfach eine Brille. Bei älteren Jugendlichen sind Kontaktlinsen möglich. Ist der Augapfel im Erwachsenenalter ausgewachsen, kann auch ein Laser-Eingriff an der Linse erfolgen.

  • Weitsichtigkeit

    Sieht man Dinge in der Nähe unscharf, in der Ferne aber gut, liegt eine Weitsichtigkeit vor. Hier ist der Augapfel zu kurz, sodass die gebündelten Lichtstrahlen erst hinter der Netzhaut ein scharfes Bild ergeben. Für Kinder ist das meist kein Problem, sodass sie nur bei starker Weitsichtigkeit eine Brille brauchen. Denn wenn der Augapfel wächst, bessert sich die Sehschärfe. Zudem passt sich die junge, elastische Linse durch eine Verformung an und gleicht die Fehlsicht so meist aus. Etwa ab dem 16. Lebensjahr wird die Linse jedoch bei jedem Menschen zunehmend starrer, was später zur Alterssichtigkeit führt. Daher braucht ein weitsichtiger Erwachsener oft schon mit 30 bis 35 Jahren eine Lesebrille.

Kinder spielen im Wald, um ihre Sehkraft zu verbessern.

© iStock / jacoblund

Experten empfehlen, dass Kinder täglich ein bis zwei Stunden draußen spielen. Zu viel Zeit vor dem Handy oder Computer könnte eine Kurzsichtigkeit verstärken.

Sehen wie ein Uhu? Die U-Untersuchungen

Bei jeder der sogenannten U-Untersuchungen wird gerade im ersten Lebensjahr (U1 bis U6) auch auf die Augen geachtet. Hängt ein Lid herunter, ist die Hornhaut getrübt, oder zittert ein Auge? Schielt das Kind, folgt es Bewegungen mit dem Blick, oder reagiert es auf Gesichter? Bei der U7a (34. bis 36. Monat) gilt der Fokus dann besonders den Augen: Kann das Kind räumlich sehen – mit beiden Augen gleich gut? Auch kurz vor der Einschulung kontrollieren Ärzte das Sehvermögen bei der U9 und der Schuleingangsuntersuchung noch einmal. Werden bei einem dieser Checks Probleme festgestellt, ist eine Kontrolle beim Augenarzt zu empfehlen. 

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Die Corona-Pandemie verstärkt Kurzsichtigkeit

Aber: Die Datenlage ist noch nicht eindeutig. In einer großen Studie des Robert Koch-Instituts wurde der Zusammenhang nicht gefunden – bisher, wie die Autoren betonen. Kürzlich zeigte jedoch eine Studie aus Hongkong, dass dort während der strengen Corona-Lockdowns mehr Sechs- bis Achtjährige kurzsichtig wurden als zuvor. Die Kinder hatten im Schnitt fast sieben Stunden am Tag zu Hause am Computer gelernt und waren mit weniger als 30 Minuten viel seltener draußen.

Was können Eltern also tun, um den Nachwuchs so gut es eben geht vor Kurzsichtigkeit zu bewahren? „Eigentlich nur zwei Dinge“, hält Professor Horst Helbig fest. „Dafür sorgen, dass die Kinder nicht zu lange vor Handys, Spielkonsolen oder Büchern sitzen, und dass sie viel draußen spielen.“ Der Rest liegt wohl in den Genen.

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