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Ernährungsplan erstellen mit KI: Was leisten die gängigen KI-Chatbots?
Veröffentlicht am:01.09.2025
9 Minuten Lesedauer
Künstliche Intelligenz erobert die Welt der Ernährung. Intelligente Anwendungen analysieren Ernährungsdaten und erstellen personalisierte Pläne, die unter anderem beim Abnehmen helfen sollen. Doch wie verlässlich sind diese Empfehlungen?

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Künstliche Intelligenz und Ernährung
Schon lange gibt es unzählige Ernährungsempfehlungen in Büchern oder Zeitschriften. Durch das Internet und die sozialen Medien ist die Zahl der Ratschläge noch gestiegen. Das Problem bei solchen Tipps: Es kann sich nur um allgemeine Empfehlungen handeln, da die Ernährungsbedürfnisse von Mensch zu Mensch unterschiedlich sind. Künstliche Intelligenz (KI) soll nun in der Lage sein, eine Personalisierung vorzunehmen und individuelle Ernährungsempfehlungen zu geben. Benutzer und Benutzerinnen geben Parameter wie Alter, Geschlecht, Gewicht und die persönliche Ernährungsweise ein und das KI-System erstellt Ernährungspläne für einen Tag oder die ganze Woche. Das funktioniert schon mit frei zugänglichen KI-Chatbots. Und wer zusätzlich bestimmte Kalorienziele eingibt, soll mit KI-Ernährungsplänen leichter abnehmen. Das klingt vielversprechend.
Rasante Entwicklung von KI
KI-Chatbots werden aufgrund ihrer Benutzerfreundlichkeit und ihrer 24/7-Verfügbarkeit als Tool in allen Lebenslagen immer beliebter. Bemerkenswert ist die Rasanz, mit der neue digitale Produkte auf den Markt gelangen und das Leben von Anwendern und Anwenderinnen beeinflussen. Schon am nächsten Tag kann ein neues Instrument verfügbar sein und einen Hype im Netz auslösen. Der potenzielle Nutzen von KI in sehr unterschiedlichen Lebensbereichen ist groß. Darüber herrscht weitgehend Einigkeit. Doch ein Nutzen kommt selten ohne Risiken.
Die Qualität der Daten ist entscheidend
Für den sicheren Einsatz von KI in medizinischen oder Ernährungsangelegenheiten ist die Frage entscheidend, ob die jeweilige digitale Lösung auf wissenschaftlich abgesicherte Daten und Zusammenhänge zugreift. Generell ist bei KI zu bedenken: Die Zuverlässigkeit einer KI-Anwendung hängt davon ab, womit sie „gelernt” hat. KI hat keine Erkenntnisfähigkeit im menschlichen Sinn, sondern wertet Informationen statistisch aus. Das Programm nutzt allgemein verfügbare Gesundheitsinformationen und die eingegebenen persönlichen Daten, um Wissen zu generieren. Konkret informiert es darüber, wie viele Kalorien und Nährstoffe ein Nutzer oder eine Nutzerin pro Tag benötigt und welche Lebensmittel und Gerichte diese Versorgung sicherstellen. Das ist bei einem gesunden Menschen, der sich durchschnittlich ernährt, viel einfacher als bei Menschen mit besonderen Ernährungsweisen oder mit bestimmten Krankheiten.
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Mit KI einen Ernährungsplan erstellen: Chatbots auf dem Prüfstand
In den letzten Jahren haben enorme Fortschritte im Bereich der KI dazu geführt, dass immer mehr Menschen KI-Instrumente nutzen, um ihre Ernährung zu optimieren. Gleichzeitig diskutieren Ernährungsfachleute über die Genauigkeit und Vertrauenswürdigkeit der von diesen Systemen bereitgestellten Ernährungsempfehlungen.
Forschende tüfteln außerdem an KI-Lösungen, die speziell auf die Ernährung ausgerichtet sind. Für die „normalen“ User und Userinnen ist jedoch viel interessanter, was die alltäglichen und frei zugänglichen KI-Chatbots, die auf unzähligen Smartphones installiert sind, für eine gesunde Ernährung leisten können.
Auch mit dieser Frage hat sich die Forschung auseinandergesetzt. Für eine gemeinsame Studie der Universität Hohenheim und des renommierten Max-Rubner-Instituts aus dem Jahr 2024 haben Forschende frei zugängliche KI-Chatbots benutzt, um für eine fiktive weibliche Person verschiedene Ernährungspläne für die Ernährungsweisen vegan, vegetarisch und omnivor („allesessend“) zu erstellen. Die Anfragen führten zu insgesamt 108 Ernährungs-Tagesplänen. Diese Pläne haben die Forschenden anschließend überprüft, ob sie den allgemeinen Empfehlungen für eine gesunde Ernährung mit den entsprechenden Nährstoffmengen entsprechen.
Ausgewogene KI-Ernährungspläne mit Schwächen
Eines kann man vorwegnehmen: Die Vorschläge der KI-Chatbots sind vermutlich gesünder als das, was viele Menschen im Durchschnitt tatsächlich zu sich nehmen. Insgesamt erfüllten die von der KI erstellten Mahlzeitenpläne die meisten Nährstoffanforderungen und boten abwechslungsreiche und ausgewogene Mahlzeiten. Allerdings enthielten die Mahlzeiten häufig zu viel Eiweiß und zu wenig Energie, Kohlenhydrate und Vitamin D. Bei den veganen Ernährungsplänen fiel ein Mangel an Vitamin B12 auf, das vor allem in tierischen Produkten in gut verwertbarer Form enthalten ist. Deshalb sind für Veganer und Veganerinnen Vitamin-B12-Präparate zu empfehlen, was von den Chatbots aber nur gelegentlich getan wurde. Außerdem beruhen viele Anwendungen nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern sollen bestimmte Produkte bewerben. Um Gesundheit geht es in diesem Fall also nicht. Weitere Schwachpunkte sind die unzureichende Datensicherheit und der mangelnde Datenschutz.
Eine professionelle Ernährungsberatung können KI-Chatbots nicht ersetzen
Daraus folgt: Wenn es komplexer wird, stoßen frei verfügbare KI-Systeme an ihre Grenzen – wie etwa bei der veganen Ernährungsweise, die bestimmte Lebensmittel ausschließt. KI-Chatbots stehen vor erheblichen Herausforderungen, die sich aus den unterschiedlichen Bedürfnissen der individuellen Menschen ergeben. Bei Ernährungsempfehlungen ist Sicherheit jedoch der entscheidende Faktor, da unausgewogene oder ungesunde Ernährung zu Mangelernährung führen kann. Um sichere KI-basierte Ernährungsempfehlungssysteme zu entwickeln, muss ausreichend Expertenwissen in die Systeme integriert und kontinuierlich aktualisiert werden. Dafür gibt es bei frei zugänglichen KI-Chatbots keine Garantie.
Abnehmen mit KI: neue Chancen für effektive Gewichtskontrolle?
Und wie sieht es mit der Fähigkeit von KI-Chatbots aus, Menschen beim Abnehmen zu unterstützen? Auch diese Frage wurde bereits wissenschaftlich untersucht. Die entsprechende Studie (2025) kommt zu dem Ergebnis, dass KI-gesteuerte Chatbots bei der Erstellung von ausgewogenen und abwechslungsreichen Mahlzeitenplänen zur Gewichtsreduktion einerseits sehr effektiv sind. Sie können Diätpläne erstellen, die auf spezifische Abnahmeziele zugeschnitten sind. Andererseits gibt es jedoch auch konkrete Schwachpunkte, die die Qualität der mit KI erstellten Diätpläne zum Abnehmen mindern. Insbesondere hatten die KI-gesteuerten Chatbots Schwierigkeiten bei der optimalen Makronährstoff- und Fettsäureverteilung.
Das Fazit lautet daher: KI-Chatbots sind zwar vielversprechend, es gibt jedoch noch klare Defizite bei der optimalen Nährstoffzufuhr – Defizite, die bei einer professionellen menschlichen Ernährungsberatung nicht gegeben sind. KI-generierte Diätpläne sind daher ohne menschliche Unterstützung riskant. KI-Tools sollten das Fachwissen von Diät- und Ernährungsberatern und -beraterinnen daher nicht ersetzen, sondern ergänzen.

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Individuelle Vor-Ort-Termine, Gruppenkurse, Telefonberatung oder Onlineangebote: Die Ernährungsfachleute der AOK sind gern persönlich für Sie da.
KI zur Ernährungsberatung: Ohne menschliche Expertise geht es (noch?) nicht
Die Weiterentwicklung der KI ist schnelllebig. Informationen zum Thema KI werden rasch von der nächsten Innovation überholt. Derzeit sollte sich aber niemand auf die Zuverlässigkeit frei zugänglicher KI-Chatbots in Ernährungsfragen verlassen. Die Ernährung spielt eine zu große Rolle für die Gesundheit, um sie tendenziell unzuverlässigen KI-Tools anzuvertrauen. Das gilt für alle Menschen, auch ohne spezielle Ernährungsanforderungen oder Vorerkrankungen.
Beim Einsatz von KI in Ernährungsfragen ist außerdem besondere Vorsicht geboten
- bei veganer oder anderweitig eingeschränkter Ernährungsweise,
- bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten,
- bei Allergien,
- bei Magen-Darm-Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes und Krankheiten im Allgemeinen.
Trotz der Fortschritte im Bereich der KI sind das Fachwissen und das fundierte Urteilsvermögen von Ernährungsberatern und -beraterinnen nach wie vor unverzichtbar. KI-Tools eignen sich zwar hervorragend zur Automatisierung von Aufgaben wie Kalorienberechnungen und der Planung von abwechslungsreichen Mahlzeiten. Sie versagen jedoch oft in Fällen, in denen ein tiefes Verständnis von Zusammenhängen erforderlich ist, beispielsweise bei individuellen Ernährungseinschränkungen oder Krankengeschichten.
KI kann die Arbeit von Ernährungsberatern und -beraterinnen ergänzen, indem sie Routineaufgaben vereinfacht. Personalisierte und wissenschaftlich fundierte Ernährungsempfehlungen kann sie jedoch nur bedingt entwickeln. Für Menschen, die sich mithilfe von KI gesünder ernähren möchten, bedeutet das: KI-Chatbots sind eine unterhaltsame Möglichkeit, um Inspiration für abwechslungsreiche Mahlzeiten zu finden. Die Unterstützung durch zertifizierte Ernährungsfachleute ist durch KI aber kaum zu ersetzen.
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