BVerfG 27.02.2025 - 1 BvR 2253/23 - Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde eines Online-Sportwettenanbieters gegen die Erhebung der Sportwettensteuer gem § 17 Abs 2 RennwLottG aF
Normen
Artikel 72, Artikel 105, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 134 FGO, § 17 Abs 2 RennwLottG vom 29.06.2012, § 579
Vorinstanz
vorgehend BFH, 10. Oktober 2023, Az: IX K 1/21, Urteil
vorgehend BFH, 17. Mai 2021, Az: IX R 20/18, Urteil
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 18. April 2018, Az: 5 K 1108/15, Urteil
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
I.
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Die Beschwerdeführerin ist eine Kapitalgesellschaft nach maltesischem Recht mit Sitz in Malta. Sie veranstaltet - unter anderem auch in der Bundesrepublik Deutschland - Online-Sportwetten. Im Ausgangsverfahren wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Erhebung der Sportwettensteuer für den Monat Juli 2012 auf der Grundlage von § 17 Abs. 2 RennwLottG in der vom 1. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2021 geltenden Fassung.
II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), weil sie unzulässig ist.
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1. Die Verfassungsbeschwerde legt die Möglichkeit einer Verletzung der gerügten Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte nicht in der gesetzlich geforderten, hinreichend substantiierten Weise dar (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG; vgl. BVerfGE 140, 229 232 Rn. 9> m.w.N.). Die Beschwerdeführerin zeigt weder eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG noch von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG noch von Art. 3 Abs. 1 GG schlüssig auf.
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2. Soweit sie die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 105 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG unter Verweis auf die Möglichkeit einer staatsvertraglichen Koordination der Länder in Frage stellt, setzt sie sich weder differenziert nach inländischen und ausländischen Wettanbietern mit der Möglichkeit eines Steuerwettbewerbs (vgl. dazu BVerfGK 3, 241 247>) und dessen Auswirkungen auf die Wirksamkeit des mit der Sportwettensteuer verfolgten Ziels der Eindämmung der Glücksspielsucht noch mit der Möglichkeit auseinander, dass ein Land im Nachhinein aus dem eine Bundesregelung verhindernden Konsens ausscheren könnte (vgl. BVerfGE 106, 62 150>).
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3. Die Beschwerdeführerin legt ebenfalls nicht ausreichend dar, dass der Bundesfinanzhof willkürlich gegen seine durch Art. 267 Abs. 3 AEUV begründete Vorlagepflicht verstoßen und dadurch das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt habe. Insbesondere setzt sich die Beschwerdeführerin nicht hinreichend damit auseinander, dass der Europäische Gerichtshof bereits im Jahr 2020 in der parallelen Erhebung einer Glücksspielabgabe sowohl in Malta als auch in Italien keine mit der aus Art. 56 AEUV folgenden Dienstleistungsfreiheit nicht zu vereinbarende Doppelbesteuerung gesehen hat (vgl. EuGH, Stanleybet, 26. Februar 2020, C-788/18, Rn. 23; vgl. im Übrigen zur Darlegung des Beruhens der Entscheidung auf einer unterbliebenen Vorlage BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. November 2024 - 2 BvR 684/22 - m.w.N.).
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4. Schließlich hat die Beschwerdeführerin nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargetan, dass die Zurückweisung der von der Beschwerdeführerin erhobenen Nichtigkeitsklage das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) verletze. Dass die - geänderte - Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs unvertretbar ist, wonach eine unterbliebene Vorlage an den Europäischen Gerichtshof keinen Nichtigkeitsgrund gemäß § 134 FGO in Verbindung mit § 579 Nr. 1 ZPO begründe (vgl. im Übrigen auch BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - I ZB 6/12 -, juris, Rn. 15 ff. sowie - nach Ablauf der Frist zur Begründung der Verfassungsbeschwerde - BAG, Urteil vom 21. März 2024 - 6 AZR 45/23 -, juris, Rn. 13 ff.), zeigt sie nicht auf.
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5. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.