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Gesundheitsmagazin

Fit im Alter

Schwimmen lernen als Erwachsener – so geht’s

Veröffentlicht am:30.09.2022

6 Minuten Lesedauer

Schwimmen lernen – das geht in jedem Alter. Unabhängig davon, ob Menschen in der Kindheit bereits Erfahrungen gesammelt haben. Wie Nichtschwimmerinnen und Nichtschwimmer die Angst-Hürde überwinden und welche Lerndauer sie einplanen können.

Zwei erwachsene Frauen mit Schwimmhilfe im Wasserbecken lernen Schwimmen.

© iStock / SolStock

Alexander Gallitz, Präsident des Deutschen Schwimmlehrerverbandes

© Laura Reither

Nichtschwimmerinnen und Nichtschwimmer können das Schwimmen in speziellen Kursen erlernen. Alexander Gallitz ist Präsident des Deutschen Schwimmlehrerverbandes. Im Interview erklärt er, wie ein guter Schwimmkurs auf bestehende Ängste eingeht.

Darum ist es wichtig, dass man schwimmen kann – egal in welchem Alter

Wieso sollte man als Erwachsener noch Schwimmen lernen?

Wenn Erwachsene das Schwimmen beherrschen, trägt das entscheidend zu ihrer Sicherheit bei – in Notfallsituationen können sie sich vor dem Ertrinken retten. Auch wenn sich Nichtschwimmer vorsichtig verhalten, geraten sie manchmal in ungeahnte Gefahrensituationen: Sie fallen beispielsweise von einem Boot oder ein Steg bricht unter ihren Füßen ein. Das Thema Sicherheit ist mit dem Schwimmenlernen also eng verknüpft. Trotzdem sind Nichtschwimmer oder Schlechtschwimmer hierzulande nicht selten. Laut einer Umfrage der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) kann sich jeder vierte Erwachsene entweder nicht oder nur schlecht über Wasser halten.

Verbessern Erwachsene ihr Schwimmen, tun sie damit aktiv etwas für ihre Sicherheit und ihren Körper, denn es gibt kaum etwas Gesünderes, als richtig zu schwimmen. Im Wasser unterstützt der natürliche Auftrieb den Körper und entlastet die Gelenke. Führen Erwachsene Übungen im Wasser anstatt an Land durch, belasten sie ihren Bewegungsapparat acht- bis zwölfmal weniger. Deshalb eignet sich Schwimmen besonders für Menschen mit Gelenkproblemen, Übergewicht oder im höheren Alter. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Schwimmen verbindet – Personen, die nicht oder nicht richtig schwimmen können, nehmen vielleicht nicht an Ausflugsfahrten teil oder können bestimmte Hobbys wie Wassergymnastik nicht ausüben.

Wann gelte ich als Nichtschwimmer oder unsicherer Schwimmer?

Im Schwimmbad begegnen mir drei verschiedene Schwimmtypen.

  • Nichtschwimmer: Der Nichtschwimmer beherrscht keine Schwimmtechniken und geht gar nicht erst tief ins Wasser. Er begibt sich in Wasserlagen, in denen er noch sicher stehen kann. Dieser sichere Stand ist aber oft trügerisch. In Baggerseen oder am Strand erscheint der Untergrund zunächst flach, kann aber schnell stark abfallen und Nichtschwimmer in große Gefahr bringen.
  • Unsicherer Schwimmer: Ein unsicherer Schwimmer versucht krampfhaft, seinen Kopf über Wasser zu halten. Häufig sind das ältere Frauen, die ihre Haare trocken behalten möchten. Sie haben nie gelernt, was passiert, wenn ihr Kopf unter Wasser kommt. Gerät ihr Kopf, zum Beispiel bei stärkerem Wellengang im Meer, unter Wasser, reagieren sie oft mit Panik oder verfallen in einen Schockzustand.
  • Sicherer Schwimmer: Ein sicherer Schwimmer kann laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft, der Wasserwacht und dem Deutschen Schwimmlehrerverband 15 Minuten dauerschwimmen. Außerdem kann er zwei Meter tief tauchen und von einem Meter springen – diese Fähigkeiten entsprechen dem Schwimmabzeichen Bronze (Freischwimmer).

Gibt es eine Altersgrenze für das Schwimmenlernen?

Nein. Menschen können in jedem Alter schwimmen lernen. Die frühe Förderung der Bewegungsabläufe, am besten bereits in der Kindheit, ist aber sinnvoll. Übrigens können auch Menschen mit einem Herzproblem im Wasser aktiv sein, allerdings sollten sie entsprechend vorsichtig an das Schwimmen herangeführt werden. Schließlich kann bei unerfahrenen Schwimmern der Blutdruck ansteigen, wenn die Schwimmtechnik noch nicht richtig sitzt. Eine Asthmaerkrankung oder Gelenkbeschwerden stehen der Wasserfreude ebenfalls nicht im Weg. Ich rate betroffenen Menschen dazu, zuvor mit ihrem Arzt abzuklären, inwieweit sie sich beim Schwimmen verausgaben dürfen. Leistungsschwimmen ist für Asthmatiker beispielsweise eher ungeeignet.

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Als Erwachsener schwimmen lernen – was fällt Menschen besonders schwer?

Jeder Erwachsene bringt zum Schwimmunterricht sein ganz eigenes Päckchen mit – manche haben Ängste, andere empfinden Scham. Der große Vorteil ist, dass Erwachsene besonders gut auf der kognitiven Ebene ansprechbar sind. Schwimmlehrer können sich mit ihnen unterhalten, bevor sie ins Wasser steigen, und so mehr über ihre Ängste erfahren. Ich arbeite viel mit Imagination: „Stell dir vor, das Wasser kann dich tragen“ – eine solche Verbildlichung hilft vielen ängstlichen Erwachsenen. Die Überwindung ist letztendlich das, was Menschen beim Schwimmenlernen besonders schwerfällt. Anders als viele denken, haben Erwachsene einen Riesenspaß, wenn sie sich intensiv mit dem Element Wasser beschäftigen. In Gruppen beobachte ich immer wieder, dass sie sich gegenseitig motivieren und Schabernack treiben.

So lernt man im Alter schwimmen

Gibt es besondere Techniken für Erwachsene?

Besondere Techniken gibt es für Erwachsene nicht. Durch ein bewährtes Vorgehen führen Schwimmlehrer Erwachsene langsam an das für sie ungewohnte Element heran und begleiten sie, bis sie die Schwimmtechniken verinnerlichen.

  1. Wassergewöhnung: Zunächst lernen Erwachsene, sich an den Druck des Wassers zu gewöhnen, wenn es auf den Kopf, die Augen und die Ohren trifft. Das klappt besonders gut unter der Schwimmbaddusche oder direkt im Schwimmbecken – dabei halten Schwimmschüler, natürlich im Beisein des Schwimmlehrers, den Kopf unter das Wasser, am besten mit offenen Augen.
  2. Seesternübung: Durch ein physikalisches Gesetz gehen wir im Wasser nicht unter, wenn wir die Seesternhaltung einnehmen, also uns aufs Wasser legen und die Arme sowie Beine ausbreiten. Wenn Menschen spüren, dass das Wasser sie trägt, ist das ein großer Schritt in die richtige Richtung. Danach drehen sich die Schwimmschüler im Wasser um und nehmen die Position des „schlafenden Seesterns“ ein. Hier besteht die Schwierigkeit darin, den Kopf oben zu behalten.
  3. Schwimmtechniken: Im Anschluss an die Wassergewöhnung und die Seesternübung lernen Erwachsene die Schwimmtechniken, also die Bewegungen der Arme und Beine. Der Verband der Schwimmlehrer startet nicht mehr mit Brustschwimmen-Lernen für Erwachsene, denn das ist die komplexeste Schwimmtechnik. Stattdessen fangen wir mit Rückenschwimmen an, denn dabei ist die Rückenmuskulatur und die Nackenmuskulatur entspannt. Beherrschen das die Erwachsenen, drehen sie sich unter Anleitung um und üben das Brustschwimmen.

„Wenn Menschen spüren, dass das Wasser sie trägt, ist das ein großer Schritt in die richtige Richtung.“

Alexander Gallitz, Präsident des Deutschen Schwimmlehrerverbandes

Alexander Gallitz
Präsident des Deutschen Schwimmlehrerverbandes

© Laura Reither

Zwei junge Erwachsene lernen Schwimmen mit Hilfe der Seesternübung.

© iStock / Mehmet Hilmi Barcin

Mit Hilfe der Seesternübung kann das Schwimmen lernen erleichtert werden. Nichtschwimmern wird dabei die Angst genommen, im Wasser unterzugehen.

Können sich Erwachsene selbst schwimmen beibringen?

Ich denke schon. Mittlerweile gibt es unzählige Videos im Internet. Wenn jemand wirklich motiviert ist, kann er sich die Übungen zur Wassergewöhnung damit selbst aneignen. Im Schwimmbad kann sich der Lernende dann eine Schwimmnudel greifen und im Nichtschwimmerbecken die Schwimmtechniken erarbeiten. Dort, wo Nichtschwimmer stehen können, brauchen sie, wenn sie wassergewöhnt sind, keine Begleitung durch einen Bademeister. Fühlen sich die Menschen ausreichend sicher und beherrschen die Schwimmtechniken, können sie sich ins Schwimmerbecken trauen. Am besten bitten sie einen Bademeister darum, die nächsten Minuten ein Auge auf sie zu werfen.

Wie lange dauert das Schwimmenlernen für Erwachsene?

Der Lernprozess bei Erwachsenen dauert deutlich länger als bei Kindern. Dafür sind Ängste beziehungsweise Unsicherheiten verantwortlich. Ein Fünfjähriger baut in seinem bisherigen Leben deutlich weniger Vorbehalte als ein erwachsener Mensch auf. „Um Gottes willen, was mir alles passieren könnte“ – das sind die Hirnblockaden, die Schwimmlehrer häufig erst auflösen müssen. Außerdem bringt nicht jeder Schwimmschüler die gleichen motorischen Fähigkeiten mit. Deshalb ist der Schwimmlernprozess immer etwas sehr Individuelles. Um eine Grundsicherheit zu erlangen, brauchen Erwachsene ungefähr zehn Unterrichtsstunden. Bauen sie ihre Fähigkeiten aus, können sie die Schwimmabzeichen Bronze, Silber und Gold machen.

„Um eine Grundsicherheit zu erlangen, brauchen Erwachsene ungefähr zehn Unterrichtsstunden.“

Alexander Gallitz, Präsident des Deutschen Schwimmlehrerverbandes

Alexander Gallitz
Präsident des Deutschen Schwimmlehrerverbandes

© Laura Reither

Was zeichnet einen guten Schwimmkurs für Erwachsene aus?

Ein Schwimmkurs für Erwachsene findet in der Regel in der Öffentlichkeit statt – entweder in Form eines Privatunterrichts oder in einer Gruppe. Um an einem Erfolg versprechenden Schwimmkurs teilzunehmen, können sich angehende Schwimmschüler an Qualitätsmerkmalen orientieren.

Dazu zählen:

  • kleine Gruppen, also maximal sechs Schwimmschüler
  • angenehme Wassertemperatur, mindestens 30 Grad
  • ein empathischer Schwimmlehrer

Empathie ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig, denn als Schwimmlehrer spreche ich den Lernenden Mut zu, baue eine Verbindung und Vertrauen auf. Ich persönlich halte nichts davon, wenn Schwimmlehrer vom Beckenrand aus die Techniken vermitteln. Die persönliche Nähe schafft den besten Zugang zum Schwimmschüler.

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