Pflegetipps

Digitale Unterstützung für Menschen mit Demenz

Veröffentlicht am:12.11.2025

13 Minuten Lesedauer

Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen können vom digitalen Wandel profitieren. Technische Hilfsmittel helfen, den Alltag so lange wie möglich selbstbestimmt zu organisieren. Ein Überblick über digitale Lösungen und wie sie konkret unterstützen.

Ein alter Mann sitzt auf einem frei im Raum stehenden Sofa. Er hält ein Smartphone in der linken Hand und liest lächelnd darauf. Hinter dem Sofa kniet ein jüngerer Mann, der sich mit den Unterarmen auf der Sofalehne abstützt. Er blickt dem Älteren über die Schulter auf das Display und lächelt.

© iStock / SrdjanPav

Demenz im Zeitalter der Digitalisierung

Bei einer Demenz kommt es zu einem fortschreitenden und unumkehrbaren Rückgang der kognitiven Fähigkeiten wie Gedächtnis, Sprache, Aufmerksamkeit und Konzentration. Zu Beginn der häufigsten Demenzform, der Alzheimer-Demenz, sind meist das Kurzzeitgedächtnis und die Merkfähigkeit betroffen. Im weiteren Verlauf gehen auch längst eingeprägte Kenntnisse aus dem Langzeitgedächtnis verloren. Darüber hinaus kann es zu Veränderungen der Persönlichkeit, des Gefühlslebens und des Sozialverhaltens kommen.

Eine Demenz setzt oft schleichend ein und kann verschiedene Ursachen, Schweregrade und Krankheitsverläufe haben. Nach dem Auftreten erster Symptome leben viele Betroffene noch jahrelang mit der Erkrankung. Die Betroffenen sind aber zunehmend in ihrer Fähigkeit, selbstständig zu leben, eingeschränkt und auf immer mehr Unterstützung angewiesen. Von den rund 1,4 Millionen Menschen mit Demenz in Deutschland leben die meisten in den eigenen vier Wänden und werden dort vorwiegend von Angehörigen betreut und gepflegt.

Digitale Unterstützungssysteme gewinnen an Bedeutung

Insbesondere in den frühen Stadien der Erkrankung lässt sich die Selbstständigkeit und Lebensqualität von Menschen mit Demenz fördern. Betroffene können jetzt noch viel tun, um ihre spätere Lebensqualität positiv zu beeinflussen. Mit der zunehmenden Digitalisierung der Gesellschaft gewinnen auch digitale Technologien an Bedeutung. Digitale Unterstützungssysteme helfen Betroffenen dabei, so lange wie möglich selbstständig und selbstbestimmt zu leben. Gleichzeitig können sie Angehörige entlasten.

Eine frühe Nutzung digitaler Systeme erhöht die Erfolgschancen

Betroffene sollten so früh wie möglich mit digitalen Technologien vertraut gemacht werden, damit sie souverän damit umgehen können und sich damit wohlfühlen – am besten natürlich schon in all den gesunden Jahren davor. In der frühen Phase einer Erkrankung stehen aber noch ausreichend geistige Ressourcen für die neue Technik zur Verfügung. Es ist wichtig, diese oft zu nutzen und rechtzeitig die Fähigkeiten zur Bedienung digitaler Systeme zu erwerben und zu trainieren. Menschen im frühen Stadium einer Demenz können technische Unterstützungssysteme noch in ihren Alltag integrieren. Das erhöht die Chance, dass einige Betroffene diese Systeme auch im weiteren Krankheitsverlauf für die Organisation ihres Tagesablaufs nutzen können.

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Wobei digitale Hilfsmittel Menschen mit Demenz unterstützen können

Die digitalen Unterstützungssysteme lassen sich nach den Bereichen, in denen sie Unterstützung bieten, unterscheiden. Es gibt vier Hauptkategorien:

  • Gesundheit und Pflege
  • Selbstständigkeit und Sicherheit im eigenen Haushalt
  • Selbstständigkeit und Sicherheit bei der Mobilität
  • Teilhabe und Kommunikation

Dabei kann es sich um Lösungen handeln, die entweder Menschen mit Demenz selbst oder ihre Angehörigen beziehungsweise Pflegekräfte unterstützen. Die Bandbreite der Systeme reicht dabei von sehr einfachen Technologien wie Erinnerungshilfen bis zu ausgeklügelter innovativer Technik.

Digitale Hilfsmittel ersetzen nicht den menschlichen Kontakt

Digitalisierung sollte nicht darauf ausgerichtet sein, den persönlichen Kontakt zwischen Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen beziehungsweise Pflegenden zu ersetzen. Sie kann jedoch dabei helfen, das Recht der Menschen mit Demenz auf ein Höchstmaß an Selbstbestimmung und den nachvollziehbaren Anspruch der Angehörigen auf mehr Freiräume in Einklang zu bringen.

Sicherheit versus Persönlichkeitsrechte

Angehörige sollten bedenken, dass Überwachungssysteme wie beispielsweise Ortungs-Apps in die Persönlichkeitsrechte von Menschen mit Demenz eingreifen. Aspekte der Sicherheit und der Selbstbestimmung müssen stets gegeneinander abgewogen werden. Vielleicht möchte ein Betroffener oder eine Betroffene auch kein durchorganisiertes Smart Home und stattdessen ein gewisses Risiko in Kauf nehmen. Das muss vor dem Einsatz digitaler Technologien berücksichtigt werden.

Demenz zählt zu den häufigsten Alterserkrankungen. Doc Felix informiert über Symptome, Formen, Risikofaktoren und Möglichkeiten zur Unterstützung.

Geistige Gesundheit fördern: Apps und interaktive Spiele für Demenzkranke

Was das digitale Gedächtnistraining oder „Gehirnjogging“ betrifft, so gibt es frei verfügbare digitale Angebote, kostenpflichtige Apps sowie wissenschaftlich überprüfte Trainingsprogramme. Bei den letztgenannten Programmen unterstützen in der Regel professionelle Therapeutinnen und Therapeuten die Betroffenen.

  • Medizinische Trainingsprogramme: Sie unterstützen Menschen mit leichter bis mittlerer Demenz bei kognitiven Funktionen wie Aufmerksamkeit, Entscheidungs- oder Problemlösungsfähigkeit. Einige Programme können selbständig durchgeführt werden, andere erfordern eine therapeutische Anleitung und Begleitung.
  • Trainings-Apps für Smartphone oder Tablets bieten Gedächtnistraining oder ähnliche Funktionen zur selbständigen Anwendung.
  • Spiele-Apps: Das Gehirn lässt sich auch spielerisch trainieren. Es gibt spezielle Spiele für Demenzkranke, die sie allein oder mit Angehörigen spielen können. Ein Beispiel ist die kostenlose Spiele-App „Auguste“ der Alzheimer Gesellschaft Niedersachsen. Darüber hinaus gibt es spezielle Tablets für Menschen mit Demenz, die Spielfunktionen mit Kommunikationsmöglichkeiten verbinden.
  • Programme für digitale biografische Kompendien, die zum Beispiel Fotos, Urkunden, Dokumente, Filme und Ähnliches zur rückblickenden Lebensschau zusammenführen und als Erinnerungsstütze dienen.
Am Küchentisch sitzt ein alter Mann. In seiner linken Hand hält er ein Tablet. Er blickt auf das Display, lacht und winkt dem Bildschirm mit der rechten Hand zu.

© iStock / Anchiy

Digitale Geräte mit vereinfachten Kommunikationsfunktionen ermöglichen Menschen mit Demenz eine größere soziale Teilhabe.

Pflegeunterstützung durch digitale Assistenzsysteme

Die Angebote im Bereich Pflegeunterstützung richten sich entweder an die Betroffenen selbst oder an die Pflegenden.

  • Elektronische Tablettenspender mit Erinnerungsfunktion erinnern mit Tonsignalen an die pünktliche Einnahme von Medikamenten. Sie öffnen nur das jeweils entsprechende Fach. Einige Systeme informieren zusätzlich Angehörige per App, wenn keine Tabletten entnommen wurden.
  • Intelligente Matratzen sind mit Sensoren ausgestattet, die verschiedene Werte messen und die Pflegenden per App informieren. Beispielsweise darüber, wann jemand das Bett verlässt, über die Feuchtigkeit der Matratze, Vitalwerte wie Atmung und Puls oder ausreichende Bewegung, um Dekubitus zu vermeiden.
  • Apps und Programme für pflegende Angehörige, die ihnen dabei helfen sollen, ihre eigenen Ressourcen zu stärken, beispielsweise durch Entspannungsübungen oder Trainings zur Achtsamkeit. Ein Beispiel ist der „Familiencoach Pflege” der AOK.

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Selbständigkeit und Sicherheit im Haushalt und unterwegs: Erinnerungs-Apps, Smart-Home und Ortungssysteme

Vergesslichkeit und Orientierungslosigkeit bergen Risiken für die Sicherheit im Haushalt und im öffentlichen Raum. Hier bieten unterschiedliche digitale Lösungen Unterstützung, die entweder Menschen mit Demenz selbst oder die Angehörigen informieren.

Beispiele für digitale Lösungen im Haushalt

  • Erinnerungs-Apps, die an Mahlzeiten oder wichtige Ereignisse erinnern. Diese Aufgabe können auch intelligente Uhren, smarte Spiegel mit Displayfunktion oder Tischgeräte mit Sprachausgabe übernehmen.
  • Schlüssel- und Gegenständefinder mit Bluetooth- oder Funktechnologie, die über Apps oder Fernbedienungen funktionieren
  • Durchgangsmelder mit Sprachfunktion, die beispielsweise daran erinnern, den Schlüssel einzustecken
  • Digitale Sicherungssysteme für Elektrogeräte mit Abschaltautomatik
  • Durchflussbegrenzer an Wasserhähnen oder Wasserstandssensoren in Becken oder Wannen, um Wasserschäden zu vermeiden
  • Beleuchtungssysteme mit Bewegungsmeldern
  • Orientierungslichter zum Auffinden bestimmter Räume
  • Hausnotrufsysteme über Armbänder oder Clips
  • elektronische Sturzmelder
  • Universalschlösser, die sich auch öffnen lassen, wenn der Schlüssel von innen steckt
  • Türalarmsysteme, um das Verlassen der Wohnung zu melden

Mehr Selbstständigkeit im öffentlichen Raum

Digitale Ortungssysteme erleichtern es Menschen Demenz, sich selbstständig im öffentlichen Raum zu bewegen. Im Falle eines Sich-Verlaufens können sie von Angehörigen schnell aufgefunden werden. Dazu müssen entsprechende Sendegeräte am Körper getragen werden, zum Beispiel wie eine Armbanduhr oder am Gürtel. Sie senden GPS-Daten an Empfangsgeräte. Das können Smartphones, Tablets oder PCs sein. Bei einigen Anwendungen besteht die Möglichkeit, einen bestimmten Bewegungsradius zu definieren. Verlässt ein Betroffener diesen Raum, werden die Angehörigen über eine App benachrichtigt. Manche Systeme lassen sich auch mit Alarmfunktionen kombinieren, die eine Notrufzentrale informieren.

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Digitale Unterstützung für mehr soziale Teilhabe und bessere Kommunikation

Mit anderen Menschen im Austausch zu stehen und den Kontakt nicht zu verlieren, ist eine Grundvoraussetzung für soziale Teilhabe und psychisches Wohlergehen. Menschen mit Demenz können von den gängigen Kommunikationsmitteln wie Smartphones und Tablets überfordert sein. Abhilfe schaffen hier Assistenzsysteme mit speziell gestalteter Hardware, zum Beispiel demenzgerechte Mobiltelefone, Smartphones oder Tablets.

Solche Geräte beschränken sich auf die wichtigsten Funktionen und haben grundsätzlich größere Tasten oder klar gestaltete Icons auf der Benutzeroberfläche. Es gibt beispielsweise Telefonmodelle, bei denen die Kurzwahltasten mit Fotos der entsprechenden Personen versehen werden können. Viele Geräte lassen sich so einstellen, dass durch einen einzelnen Tastendruck immer die Nummer der Hauptbezugsperson gewählt wird. Es sind außerdem Tablets für Menschen mit Demenz erhältlich. Es gibt auch einen Ein-Knopf-Computer, der Videotelefonie ermöglicht und es Angehörigen erlaubt, Nachrichten, Bilder oder Videos an Menschen mit Demenz zu senden.

Mit Pflegeberatung zu den richtigen digitalen Hilfsmitteln

Die Diagnose einer Demenz bedeutet einen tiefgreifenden Einschnitt im Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Es stellen sich viele Fragen, auch im Hinblick auf digitale Unterstützungssysteme. Was ist für mich beziehungsweise für meine Angehörigen geeignet? Wer unterstützt uns bei den Kosten?

etroffene und Angehörige finden Antworten auf diese und alle weiteren Fragen zum Thema Pflege in einer professionellen Pflegeberatung. AOK-Versicherte können sich an die spezialisierten Experten und Expertinnen der AOK wenden. Diese unterstützen Sie dabei, die Pflege bestmöglich zu gestalten und zu organisieren. Unsere Fachleute beraten Sie auch in allen Fragen zu den heute verfügbaren technischen Möglichkeiten.

Hier finden sie mehr Informationen zur AOK-Pflegeberatung.

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