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Pflegetipps

So wichtig sind Berührungen in der Pflege

Veröffentlicht am:01.12.2022

5 Minuten Lesedauer

Berührungen, die über das für die Pflege notwendige Maß hinausgehen – ein sanftes Streicheln der Hand oder des Arms – können das Wohlbefinden von pflegebedürftigen Personen fördern, wenn sie von Pflegenden und Gepflegten gleichermaßen gewollt sind.

Die Hand einer Pflegerin ruht auf der Schulter einer pflegebedürftigen Frau im Rollstuhl, die ihre Hand auf die Hand der Pflegerin legt.

© iStock / PeopleImages

Warum tun Berührungen gut?

Für Kinder ist es wichtig, berührt zu werden: um Geborgenheit zu spüren und Vertrauen zu entwickeln. Viele Eltern wissen das oder handeln instinktiv – sie umarmen oder streicheln ihre Kinder entsprechend oft. Wenn Kinder größer werden, möchten viele spätestens ab dem Teenageralter weniger körperliche Nähe zu den Eltern. Generell scheint zu gelten: Je älter Menschen sind, desto weniger werden sie von anderen berührt. Das heißt aber nicht, dass Berührungen mit dem Alter an Bedeutung verlieren.

Eine objektiv messbare therapeutische Wirkung haben Berührungen nicht. Es gibt aber Studien, die nahelegen, dass Berührungen bei älteren Menschen Entspannung und Schmerzlinderung fördern können. Bewusst ausgeführte Berührungen aktivieren Rezeptoren in der Haut, was im Gehirn zur Ausschüttung des Hormons Oxytocin führt, das auch als „Glückshormon“ oder „Kuschelhormon“ bezeichnet wird. Oxytocin reduziert Stress und Angst, und fördert so das menschliche Wohlbefinden.

Körperkontakt und Berührungen in der Pflege sind also wertvoll. Gerade für Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, kann die körperliche Nähe das Vertrauen in die pflegende Person fördern und Wärme und Geborgenheit vermitteln. Das gilt besonders für Pflegebedürftige, die in ihrer Wahrnehmung eingeschränkt sind. Wenn Kommunikation nur auf non-verbaler Ebene möglich ist, sind Berührungen besonders bedeutsam. Für manche demente Menschen zum Beispiel sind sie die einzige Möglichkeit zur Kommunikation mit anderen.

Berührung in der Pflege ist nicht gleich Berührung

Pflegende berühren Menschen häufiger als jede andere Berufsgruppe. Ganz gleich, ob professionelle Pflegekräfte oder Angehörige die Pflege übernehmen: Menschen anzufassen, ist notwendiger Bestandteil der Pflege, etwa bei der Körperpflege oder als Hilfe beim Essen. Dieses notwendige Anfassen nennt man auch funktionale Berührung. Eine weitere Form der Berührung sind erlernbare Techniken wie Massagen oder therapeutische Berührungen. Bei der therapeutischen Berührung soll durch gezieltes Berühren das Nervensystem in Balance gehalten und darüber unter anderem das Immunsystem gestärkt oder Stress reduziert werden.

Eine andere Qualität als funktionale Berührungen oder bestimmte Techniken haben Berührungen mit einer sozialen und emotionalen Komponente. Sie dienen keinem unmittelbaren Pflegeziel und folgen keiner bestimmten Methode oder einem bestimmten Konzept. Emotionale Berührungen können sanfte körperliche Berührungen im Pflegealltag sein, wie eine Hand auf den Arm oder die Schulter zu legen, den Kopf zu streicheln oder ähnliches. Sie vermitteln Herzlichkeit und Empathie und können darüber Beschwerden lindern und das Wohlbefinden steigern.

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Welche Berührungen sind angenehm?

Berührungen wirken sich sowohl auf den Körper als auch die Psyche aus. Manche Fachleute vermuten eine positive Wirkung auf das Schmerzempfinden. Das kann in der Altenpflege besonders hilfreich sein, weil alte und pflegebedürftige Menschen häufig unter chronischen Schmerzen leiden. Welche Berührungen können das konkret sein?

Berührungen werden besonders über Rezeptoren an den Haarwurzeln wahrgenommen und vor allem dann als angenehm und beruhigend empfunden, wenn mit der Haarwuchsrichtung über die Haut gestrichen wird. Daneben gibt es Rezeptoren in der Haut, die die Geschwindigkeit von Streichbewegungen registrieren oder die Intensität des Druckes. Je mehr von diesen sogenannten Mechanorezeptoren durch Berührung angesprochen werden, desto intensiver ist unsere Wahrnehmung dieser Berührung. Am wirksamsten sind Berührungen, die mit der ganzen Handfläche langsam und mit gleichmäßigem Druck ausgeführt werden.

Auch Hilfsmittel wie Massagehandschuhe oder Ähnliches sind sinnvoll. Dabei gilt: Eine mit solchem Hilfsmaterial ausgeführte Berührung fördert wegen des intensiveren Hautgefühls die Körperwahrnehmung. Direkter Hautkontakt hingegen stärkt die Beziehung zwischen Pflegenden und Gepflegten.

Bei pflegebedürftigen Menschen mit eingeschränkter Sinneswahrnehmung können Berührungen auch als Signal dienen: dafür, dass eine pflegerische Umsorgung beginnt oder endet, oder dafür, dass sich eine Ansprache direkt an sie richtet. Das ist idealerweise immer die gleiche Berührung – beispielsweise ein deutlich spürbares Auflegen der Hand auf die Schulter.

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Nähe und Distanz in der Pflege

Abgesehen vom therapeutischen Potenzial können Berührungen die Beziehung zwischen den Pflegenden und den Gepflegten verbessern. Dann wirkt sich die einfühlsame Aufmerksamkeit, die durch Berührung zum Ausdruck kommt, auch auf die Pflegekräfte oder pflegende Angehörige positiv aus.

Eine Pflegerin spricht mit einem pflegebedürftigen alten Mann. Dabei berührt sie ihn mit beiden Händen an seinen Schultern.

© iStock / Fred Froese

Auch beiläufige Berührungen in der Pflege können das Wohlbefinden fördern.

Grenzen auf Seiten der Gepflegten

Trotz der positiven Effekte gibt es Grenzen. Berührungen setzen die beidseitige Bereitschaft voraus, Intimität zuzulassen. Wenn ein pflegebedürftiger Mensch nicht über das notwendige Maß hinaus berührt werden möchte, muss das respektiert werden. Und natürlich gibt es Tabuzonen in der Pflege, die von emotionalen Berührungen ausgenommen sind. Wie groß diese Tabuzonen im Einzelfall sind, hängt wiederum vom Individuum ab: Einverständnis und Austausch sind daher Voraussetzungen für Berührung in der Pflege.

Grenzen auf Seiten der Pflegenden

Leider bleiben emotionale Berührungen in professionellen Pflegeeinrichtungen schon allein wegen Zeitmangels und hoher Arbeitsbelastung oft auf der Strecke. Und auch den Pflegekräften muss zugestanden werden, dass nicht jeder oder jede die körperliche Nähe zu den Pflegebedürftigen sucht. Eine bewusste Form der körperlichen Abgrenzung ist das Tragen von Einmalhandschuhen. Das wirkt sich auf die Berührungsqualität aus, weil Einmalhandschuhe die Wahrnehmung der Berührung beeinflussen. Sie schaffen eine Distanz zwischen den Berührten und den Pflegenden und vermindern so die positiven Wirkmöglichkeiten der Berührung. Wichtig ist, dass sich alle Beteiligten in einer Situation wohlfühlen. Nur so ist achtsame Pflege möglich.

Unterstützung finden

Die AOK steht Pflegenden und Gepflegten in allen Lebenslagen mit verschiedenen Angeboten zur Seite.

Hilfe zur Selbsthilfe – kostenlos für alle Interessierten: Der AOK Familiencoach Pflege ist ein Online-Selbsthilfe-Programm, das Sie unterstützt, den psychisch belastenden Pflegealltag besser zu bewältigen und sich vor Überlastung zu schützen. 

Die AOK-Pflegeberater und -beraterinnen stehen Ihnen zur Seite, um die Pflege bestmöglich zu gestalten und zu organisieren. Betroffene und ihre Familien sind mit der AOK auch in schwierigen Zeiten nicht allein.


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