Pflegeformen
Berufe in der Pflege: Was machen psychiatrische Pflegekräfte?
Veröffentlicht am:23.12.2025
5 Minuten Lesedauer
Menschen mit psychischen Erkrankungen brauchen meist keinen Verband oder Hilfe beim Waschen, sondern jemanden, der ihnen professionell zuhört und sie im Alltag unterstützt – so wie die Pflegefachfrauen und -fachmänner in der Psychiatrie.

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Spezialisierte Pflegekräfte für psychisch Erkrankte
Für kranke Kinder gibt es Kinderkrankenpflegefachpersonen, ehemals Kinderkrankenschwestern und -pfleger genannt, im Operationssaal besonders ausgebildetes OP-Personal, aber wer ist spezialisiert auf Pflege in der Psychiatrie?
Klassische Pflegeaufgaben wie Waschen, Fiebermessen oder Hilfe bei der Nahrungsaufnahme fallen in der Psychiatrie eher selten an. Dafür haben psychisch Kranke meist einen großen Bedarf an seelischer Zuwendung, Alltagsstrukturierung und Krisenintervention. Das erfordert viel Verständnis und Einfühlungsvermögen.
Tatsächlich gibt es das Berufsbild „psychiatrische Pflegefachperson“ – also Krankenpflegepersonal mit einer speziellen Fort- oder Weiterbildung. Die Ausbildung ist zwar nicht Voraussetzung, um als Pflegefachperson mit psychisch Kranken zu arbeiten, hilft aber, den besonderen Anforderungen in der Psychiatrie gewachsen zu sein.
Die spezialisierten Fachkräfte können Aufgaben übernehmen, die weit über die pflegerische Versorgung auf einer Allgemeinstation oder in der somatischen ambulanten Pflege hinausgehen.
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Arbeiten in der Psychiatrie
Mögliche Aufgaben einer psychiatrischen Pflegefachperson sind:
- Beurteilung und Diagnostik: Die spezialisierten Pflegefachpersonen beurteilen den Zustand der Patientinnen und Patienten. Sie sind darin ausgebildet, Symptome zu erkennen und diagnostische Instrumente wie spezielle Fragebögen zu verwenden. In Zusammenarbeit mit anderen Fachkräften/Professionen erstellen sie dann individuelle Pflegepläne.
- Medikamentenmanagement: Verordnet werden dürfen Medikamente in der Psychiatrie nur von ärztlichem Personal. Die Psychiatrie-Pflegefachpersonen verabreichen aber Medikamente, klären über Wirkungen und Nebenwirkungen auf und helfen dabei, die Behandlungspläne einzuhalten.
- Therapeutische Interventionen: Teil einer stationären psychiatrischen Behandlung sind Einzel- und Gruppensitzungen, etwa für Verhaltenstherapie oder Achtsamkeit. Diese werden manchmal vom Pflegepersonal geleitet.
- Krisenintervention: Eine besonders wichtige Rolle haben die Fachkräfte bei akuten psychischen Krisen. Sie sind oft die Ersten, die Symptome einer Krise erkennen – und dann schwierige Situationen deeskalieren, die Betroffenen stabilisieren und gegebenenfalls weitere Maßnahmen einleiten.
- Aufklärung von Patientinnen und Patienten: Woran erkenne ich Symptome psychischer Erkrankungen? Wie kann ich einen Rückfall vermeiden? Psychiatrie-Pflegefachpersonen geben Wissen über die Erkrankungen an die Betroffenen weiter und geben ihnen Tipps, wie sie im Alltag zurechtkommen.
- Interessenvertretung und Unterstützung: Oft ist es für Gesunde nicht leicht zu verstehen, warum psychisch Kranke sich anders verhalten. Psychiatrische Pflegefachpersonen vermitteln zwischen Betroffenen, ihren Angehörigen und Pflegeteams und helfen so dabei, dass die Bedürfnisse psychiatrischer Patientinnen und Patienten besser verstanden und berücksichtigt werden.
Von Akutpsychiatrie bis Pflegeeinrichtung
Psychiatrische Pflegepflegefachpersonen betreuen Menschen mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Psychosen oder Suchterkrankungen.
Die vielfältigen Tätigkeiten, die zum Berufsbild gehören, können sowohl auf psychiatrischen Stationen in Krankenhäusern, Notaufnahmen oder Wohn- und Pflegeeinrichtungen anfallen als auch in der ambulanten Pflege. Je nach Situation erfüllen die Pflegekräfte nicht all diese Aufgaben an allen Einsatzorten; was wo im Vordergrund steht, hängt vom Bedarf und der Organisation der jeweiligen Versorgungseinrichtungen ab.
Im Klinikalltag übernehmen die Pflegefachpersonen oft auch psychotherapeutische Funktionen wie Gespräche und Leitungen von Sitzungen. Dabei arbeiten sie sehr selbstständig, aber immer in Absprache mit dem Team.
In der ambulanten Betreuung hingegen sind sie meist mehr auf sich gestellt – und tragen damit große Verantwortung für eine besonders vulnerable Patientengruppe.
Psychiatrie? Psychologie? Psychotherapie?
Menschen mit seelischen Problemen werden oft von verschiedenen Gesundheitsprofis begleitet. Manchmal ist es schwer, bei den unterschiedlichen Berufen den Überblick zu behalten. Neben psychiatrischen Pflegekräften und Sozialarbeitenden gibt es in diesem Bereich drei Berufsbilder, die oft verwechselt werden, aber doch unterschiedlich sind:
- Psychologinnen und Psychologen haben Psychologie studiert, sich also intensiv mit menschlichem Erleben und Verhalten beschäftigt. Sie können nicht nur mit Kranken arbeiten, sondern zum Beispiel auch im Arbeitsschutz, an Schulen oder in Personalabteilungen. Manche entscheiden sich für die Psychotherapie und absolvieren dafür nach dem Studium noch eine Ausbildung, etwa in Verhaltenstherapie oder Tiefenpsychologie.
- Psychiaterinnen und Psychiater sind Ärztinnen oder Ärzte mit einer Facharztausbildung in Psychiatrie und Psychotherapie. Sie arbeiten mit psychisch Kranken und können zusätzlich zur psychotherapeutischen Betreuung auch körperliche Untersuchungen durchführen und Medikamente verordnen.
- Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten behandeln psychisch Erkrankte durch Gespräche und/oder Übungen. Es gibt Psychologische Psychotherapeut(innen) (Psychologinnen oder Psychologen mit Ausbildung in Psychotherapie) oder Ärztliche Psychotherapeut(innen) (Psychiaterinnen und Psychiater).
Welche Aufgaben hat die ambulante psychiatrische Pflege?
Bis vor etwa 20 Jahren wurden Menschen mit psychischen Erkrankungen fast ausschließlich in Krankenhäusern und von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten versorgt. Eine ambulante Pflege gab es nur für körperliche Einschränkungen.
Seit 2004 gibt es auch psychiatrische Pflegedienste in der ambulanten Versorgung – und mittlerweile sind sie ein wichtiger Baustein der psychiatrischen Begleitung. Die ambulante psychiatrische Pflege unterstützt Menschen mit seelischen Erkrankungen, die sich nicht komplett selbst versorgen können oder wollen, aber nicht akut gefährdet sind (sodass ein Klinikaufenthalt notwendig wäre).
Die Pflegefachpersonen besuchen die Betroffenen in ihrem Zuhause und helfen ihnen, einen strukturierten Tagesablauf zu erhalten, soziale Kontakte zu pflegen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Sie verabreichen Medikamente, führen Gespräche und erkennen Krisen. Sie vermitteln zwischen Betroffenen und Angehörigen, medizinischen Teams und Kliniken.

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Das bewirkt die Arbeit der Pflegeprofis
Die verantwortungsvolle Arbeit der psychiatrischen Pflegeprofis hat große Auswirkungen auf die Qualität der Versorgung psychisch Erkrankter – und auf deren Lebensqualität. Studien belegen, dass die spezialisierte Pflege die psychiatrische Versorgung verbessert:
- Zugang zur Versorgung: Vor allem unterversorgte Bevölkerungsgruppen werden besser erreicht, etwa in ländlichen Gemeinden oder marginalisierten Gruppen.
- Behandlungsbeteiligung: Die oft vertrauensvolle therapeutische Beziehung zu den Patientinnen und Patienten führt dazu, dass diese sich in die Behandlung einbezogen fühlen und Therapiemaßnahmen konsequenter durchführen.
- Prävention von Rückfällen: Durch die kontinuierliche Unterstützung wird oft eine langfristige Stabilisierung möglich; Rückfälle und erneute Krankenhausaufenthalte werden seltener.
- Ganzheitlicher Pflegeansatz: Psychiatrische Pflege verfolgt einen ganzheitlichen Pflegeansatz, der neben Krankheitssymptomen auch soziale, ökologische und spirituelle Dimensionen des Wohlbefindens berücksichtigt. Das fördert die Resilienz der Erkrankten.
Wie wird man Pflegefachperson in der Psychiatrie?
Alle Personen mit einer abgeschlossenen Pflegeausbildung können eine Fort- oder Weiterbildung zur psychiatrischen Pflegefachperson absolvieren. Wichtig für die Psychiatriepflege sind außerdem persönliche Eigenschaften wie Einfühlungsvermögen, mentale Stärke und eine gewisse Gelassenheit in Krisensituationen. Die Fort- oder Weiterbildung dauert in der Regel zwei Jahre und wird berufsbegleitend angeboten.
Im theoretischen Teil gibt es verschiedene Module, etwa zum Aufbau einer therapeutischen Beziehung oder zur Kommunikation. Die Teilnehmenden können zum Teil eigene Schwerpunkte setzen. In einem Praxiseinsatz sammeln die angehenden Fachkräfte erste praktische Erfahrungen. Eine mündliche und eine praktische Prüfung schließen die Bildungsmaßnahme ab.
Das Fachpersonal leistet einen wichtigen Beitrag zur psychiatrischen Versorgung – und damit für die Lebensqualität von Menschen, die es allein oft schwer haben, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden.
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