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FOMO: Was kann man gegen die Angst, etwas zu verpassen, tun?

Veröffentlicht am:13.10.2021

6 Minuten Lesedauer

Die „Fear of missing out“ (FOMO) gilt als erste Social-Media-Krankheit. Beim Scrollen durch den Newsfeed von Instagram, Snapchat & Co. kann schnell die Angst entstehen, dass man zu Hause auf dem Sofa das eigentliche Leben verpasst. Warum FOMO zu Stress, Schlafstörungen und depressiven Verstimmungen führen kann, wie Sie erkennen, ob Sie betroffen sind, und was Sie gegen die Angst vor dem Verpassen tun können, lesen Sie hier.

Ein Mann sitzt mit Freunden auf der Couch und checkt sein Smartphone aus Angst, etwas zu verpassen.

© iStock / monkeybusinessimages

Die alte Schulfreundin gießt sich ein Glas Wein ein und postet dabei die Aussicht über die Dächer von Paris, während der Kollege Bilder von einem ausgelassenen Grillfest teilt. Bis Sie durch Ihren Newsfeed gescrollt haben, waren Sie eigentlich noch ziemlich zufrieden mit Ihrem Buch auf dem Sofa. Doch die Erlebnisse der anderen beschwören ein unangenehmes, deprimierendes Gefühl herauf: Kann es sein, dass Sie gerade etwas Aufregendes verpassen?

Was bedeutet FOMO?

Für die Angst, etwas zu verpassen, gibt es einen Namen: „Fear of missing out“ (kurz: FOMO). Im Cambrigde Dictionary wird der Begriff beschrieben als:

„das unbehagliche Gefühl, dass man spannende Events verpassen könnte, an denen andere Leute teilnehmen, oft hervorgerufen durch Beiträge auf Social-Media-Kanälen“.

FOMO bezieht sich einerseits auf die Angst, soziale, real stattfindende Ereignisse zu verpassen, andererseits meint es auch die Sorge, nicht mitzubekommen, was auf Instagram, Snapchat, Facebook & Co. gerade passiert. Ist ein Kommentar verfasst worden, wurde ein Like verteilt oder eine Nachricht auf WhatsApp geschrieben?

Wer eine hohe Affinität zu sozialen Medien hat, wird dieses Gefühl kennen. Meist sind Jugendliche und junge Erwachsene betroffen, die ganz selbstverständlich mit Smartphone und Social Media aufgewachsen sind. Aber auch Erwachsene können unter FOMO leiden. Außerdem sind wohl unsichere, unzufriedene Personen stärker von FOMO betroffen als selbstsichere.

Woher kommt FOMO?

Die „Fear of missing out“ gibt es in einer gewissen Form schon immer, sie hat sich im 21. Jahrhundert aber massiv verbreitet. Die Ursache: die sozialen Medien. Erst seit Instagram, Snapchat & Co. existieren, ist es so einfach geworden, einen Blick in das Leben anderer Menschen zu werfen. Und das permanent. Andauernd berichten Millionen von Menschen, was sie gerade tun. Diese Einsicht in den vermeintlich perfekten Alltag anderer ist dafür verantwortlich, dass sich ein Gefühl des ständigen Verpassens einstellen kann. Betroffene von FOMO empfinden es als Notwendigkeit, dauerhaft über die sozialen Netzwerke in Verbindung und informiert zu bleiben.

Die sozialen Medien erhöhen außerdem die Wahlmöglichkeiten: Obwohl man gerade mit Freunden im Park entspannt, entgeht einem nicht, dass parallel andere Freunde auf einem eintägigen Städtetrip unterwegs sind. Wäre das nicht viel spannender gewesen? Die Angst, etwas zu verpassen, kann also sogar dann auftreten, wenn man aktuell an einem sozialen Ereignis teilnimmt.

Ist FOMO eine psychische Störung?

Die „Fear of missing out“ ist bis zu einem gewissen Grad ein normales, menschliches Gefühl. So kann etwa ein Gruppenchat auf WhatsApp ein Zugehörigkeitsgefühl fördern und damit positive Gefühle auslösen. Auch ein höheres Maß an Social-Media-Nutzung ist nicht per se bedenklich.

Erst wenn eine übermäßige Nutzung tatsächlich auch zu Konsequenzen führt, ist es möglich, dass eine psychische Störung vorliegt. Etwa wenn FOMO-Betroffene berufliche und soziale Probleme entwickeln oder Einschränkungen erfahren. In ihrem Erleben und Verhalten muss eine deutliche Abweichung zu psychisch gesunden Personen vorliegen. Noch ist FOMO aber keine anerkannte psychische Störung.

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Welche Nebenwirkungen kann FOMO haben?

  • Konzentrations- und Produktivitätsprobleme:

    Wer es als notwendig erachtet, ständig in den sozialen Netzwerken aktiv zu sein, um lohnende Erfahrungen nicht zu verpassen, checkt dementsprechend oft sein Smartphone. Das passiert sowohl aus eigenem Antrieb als auch reaktiv auf Benachrichtigungen. Es besteht ein Zwang, auf aufploppende Nachrichten, Likes etc. zu reagieren.

    Die Folge: Die Ablenkung führt zu mangelnder Konzentration und Aufmerksamkeit. Immer wenn eine Unterbrechung stattfindet, müssen Nutzer wieder zurück zu ihrer Tätigkeit finden. Je öfter die Aufmerksamkeit abschweift, desto schwieriger wird es, die Aufgaben in der Schule, Uni oder Arbeit wieder aufzunehmen und sie abzuschließen. Die Produktivität im Alltag kann also stark beeinträchtigt sein.
  • Schlafstörung und Müdigkeit:

    Eine Studie der Waliser Cardiff-Universität belegt, dass einer von fünf Jugendlichen durch die Social-Media-Nutzung ein Schlafdefizit erleidet: Die Betroffenen lassen sich jede Nacht von ihrem Handy wecken. Das hat Folgen für das allgemeine Wohlbefinden. Jugendliche, die nachts ihr Handy nutzen, sind tagsüber bis zu dreimal müder als Heranwachsende, die das nicht tun.
  • Stress, Angst, Selbstzweifel und depressive Verstimmungen:

    Die Angst, etwas zu verpassen, die bei der Social-Media-Nutzung empfunden wird, ist durchaus real. Es handelt sich um eine soziale Angst: Von FOMO Betroffene stehen permanent unter Stress. Sie müssen entscheiden, welche soziale Aktivität „die beste“ ist, und dabei mit der Angst leben, die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Auch hierfür gibt es einen Begriff: „Fear of better options“, die Angst vor besseren Optionen (FOBO).

    Diese Angst ist oft von Selbstzweifeln begleitet: Ist mein Leben langweiliger als das der anderen? Bin ich es wert, dass man mit mir befreundet ist? Auch das Hetzen von einer Aktivität zur nächsten löst Stress aus. Betroffene verlieren die Fähigkeit, das, was sie aktuell tun, zu genießen. Stimmung, Zufriedenheit und Lebensqualität können erheblich leiden.
Ein Mädchen macht Hausaufgaben am Schreibtisch und lässt sich durch ihr Smartphone ablenken.

© iStock / Biserka Stojanovic

Die Ablenkung durch das Smartphone reduziert die Konzentration und Aufmerksamkeit, darum: Legen Sie Ihr Smartphone möglichst weit weg und nicht auf den Schreibtisch, wenn Sie konzentriert arbeiten wollen.

Was sind Anzeichen für FOMO?

Wenn dieses Verhalten auf Sie zutrifft, deutet das auf eine „Fear of missing out“ hin:

  • Sie checken häufig Ihre Social-Media-Feeds und Nachrichten, um auf dem neuesten Stand zu sein.
  • Sie können sich nur schwer auf andere Tätigkeiten konzentrieren, da Sie durch Ihr Smartphone abgelenkt sind.
  • Sie überlegen während Freizeitaktivitäten stets, was Sie dazu posten oder welches Bild Sie teilen können, anstatt den Moment zu genießen.
  • Sie werden nervös und unruhig, wenn Sie Ihr Handy nicht auf Nachrichten überprüfen können.
  • Sie legen Ihr Handy so gut wie nie beiseite: Sie checken beispielsweise auch nachts Ihre Social-Media-Kanäle und Nachrichten oder dann, wenn Sie gemeinsam mit Ihrem Partner im Restaurant essen.
  • Obwohl Sie sich dafür entschieden haben, zu Hause zu bleiben, fühlen Sie sich niedergeschlagen, wenn Ihre Freunde etwas ohne Sie unternehmen.

Was hilft gegen FOMO?

Der erste Schritt zur Besserung ist die Selbsterkenntnis, dass die sozialen Medien neben positiven Gefühlen auch negative Gefühle heraufbeschwören können. Raus aus der FOMO-Falle geht es also vor allem durch konsequente Offlinezeiten.

  • Legen Sie Offlinetermine fest

    Legen Sie Zeiträume fest, in denen Sie Ihr Smartphone nicht benutzen. Stellen Sie es in den Flugmodus oder bringen Sie es im Lautlosmodus in einer Schublade unter. Unternehmen Sie beispielsweise jeden Mittag einen Spaziergang ohne Handy oder legen Sie fest, dass Sie das Abendessen ohne Ihren ständigen Begleiter genießen. Im Idealfall verbannen Sie das Handy vollständig aus Ihrem Schlafraum und gewöhnen es sich an, es ab 21 Uhr oder 22 Uhr auszuschalten.

  • Schützen Sie sich gegen Ablenkungen

    Erhalten Sie Pop-up-Benachrichtigungen von Apps auf Ihrem Handy? Dann sollten Sie diese unbedingt ausstellen. Oder wie wäre es, wenn Sie Instagram in einem Untermenü verstecken, um nicht ständig darauf zu stoßen? Viele Ablenkungen lassen sich präventiv vermeiden. Es gibt sogar Apps, die bei einer gesunden Handynutzung unterstützen. Die App „Menthal“, die von Wissenschaftlern der Universität Bonn entwickelt wurde, gibt etwa Feedback zu Handyinteraktionen und Tipps zur Selbstkontrolle.

  • Lernen Sie die Freude am Verpassen neu lieben

    Gegen die Angst, etwas zu verpassen, hilft auch das Bewusstsein, wie schön es eigentlich ist, offline in Ruhe abschalten zu können. Wann haben Sie sich zuletzt ein Bad gegönnt (ohne Smartphone in der Nähe), einen Filmeabend ohne Newsfeed verbracht oder sich Zeit für eine Meditation genommen?

    Für diesen Gegentrend zu FOMO gibt es sogar einen Namen: Die „Joy of missing out“ (JOMO). „JOMO“ soll daran erinnern, dass es auch eine Freude am Verpassen gibt. Ob gemütlich zu Hause oder zu zweit im Restaurant – sich sogar darüber freuen, dass man gerade ohne Handy unterwegs ist oder nicht auf einer Party sein muss, geht auch. Probieren Sie es aus!

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Wenn FOMO bei Ihrem Kind bereits zu stark ausgeprägt ist und Sie Hilfe benötigen, können Sie sich auf der Website des Elternratgebers SCHAU HIN! informieren. Auf der Website des Fachverbands Medienabhängigkeit e.V. lässt sich außerdem testen, ob das eigene Medienverhalten gesund ist.

Ob nun Ihr Kind oder Sie selbst von FOMO betroffen sind, Sie können sich jederzeit an Ihren Hausarzt wenden. Er kann helfen, einen geeigneten Psychologen zu finden.

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