Psychologie

Anorexia athletica: Wenn zu viel Training krank macht

Veröffentlicht am:07.11.2025

3 Minuten Lesedauer

Wer viel Sport treibt, lebt gesund – heißt es. Doch manche Menschen treibt die Disziplin so weit, dass sie eine Art Essstörung entwickeln. Was dahinter steckt und wie Betroffene den Kreislauf aus Training und Gewichtskontrolle durchbrechen können.

Junge, dünne Frau beim Klettern an der Boulderwand aus der Vogelperspektive.

© iStock / Drazen_

Was ist eine Sport-Anorexie?

Unter Anorexia athletica versteht man ein gestörtes Essverhalten, das in engem Zusammenhang mit intensivem Sporttreiben steht. Betroffene reduzieren ihr Körpergewicht stark, um im Training oder Wettkampf einen Vorteil zu haben, und passen dafür ihr Essverhalten dem Training an. Meist normalisiert das Essverhalten sich langfristig wieder, wenn der Sport nicht mehr im Fokus steht. Deswegen wird Anorexia athletica formal auch nicht als Krankheit eingeordnet – allerdings gilt sie als Vorstufe zur Magersucht. Im Unterschied zur Magersucht steht hier nicht ein Schönheitsideal im Mittelpunkt, sondern der Wunsch nach vermeintlicher körperlicher Optimierung für den Sport.

Anorexia athletica tritt bei unterschiedlichen Sportarten auf, besonders häufig aber dort, wo ein geringes Körpergewicht als Vorteil gilt. Dazu gehören beispielsweise Ausdauersportarten wie Laufen, aber auch Turnen, Eiskunstlauf, Skispringen oder Sportarten mit Gewichtsklassen wie Judo. Betroffen sind vor allem weibliche Menschen – oft schon im Kindesalter. Entscheidend ist nicht nur die Sportart, sondern auch der persönliche Umgang mit Leistung, Körperbild sowie die zwanghafte körperliche Betätigung.

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An welchen Symptomen erkenne ich Anorexia athletica?

Typische Anzeichen für Anorexia athletica sind ein stark reduziertes Körpergewicht, strenge Diätregeln und ein übermäßiges Trainingspensum. Viele Betroffene ordnen ihr Essverhalten vollständig dem Sport unter. Dabei steht weniger die Angst vor einer Gewichtszunahme im Vordergrund, sondern mehr der Wunsch nach höherer Leistungsfähigkeit. Dennoch haben Magersucht und Anorexia athletica ähnliche gesundheitlichen Folgen: ein verzerrtes Körperbild, die sogenannte Körperschemastörung, Mangelernährung, eine erhöhte Infekt- und Verletzungsgefahr sowie Störungen im Hormonhaushalt.

Denn die Anorexia athletica wirkt sich nicht nur auf das Gewicht aus, sondern kann den gesamten Körper belasten. Durch das unterkalorische Essen, Erbrechen und die Einnahme von Abführ- und Entwässerungsmitteln wird dem Organismus langfristig zu wenig Energie zugeführt. Die Folgen: Ein Mangel an Eisen, Kalzium, Vitamin B6 und D, Müdigkeit, Leistungsschwäche und ein hormonelles Ungleichgewicht. Je nachdem wie stark die hormonelle Dysbalance ist, verzögert sie bei jungen Menschen die Entwicklung und das Wachstum oder stört den weiblichen Zyklus. Bei mehr als 50 Prozent der schlanken Sportlerinnen kommt es dann vor, dass die Periode ganz ausbleibt, die sogenannte Amenorrhoe athletica.

Auch die Knochengesundheit leidet unter dem ungesunden Essverhalten: Ein Mangel an Geschlechtshormonen sowie an Nährstoffen wie Kalzium begünstigt Osteoporose und erhöht das Risiko für Knochenbrüche, sogenannte Stressfrakturen, beispielsweise am Wadenbein. Auf Dauer kann die Anorexia athletica zu schwerwiegenden gesundheitlichen Schäden führen, von denen manche für immer bestehen bleiben.

Zwei Frauen geben sich in einem Trainingsraum mit Yoga-Matten unter dem Arm ein High Five.

© iStock / Dimensions

Liegt der Fokus beim Sport wieder auf Spaß und nicht auf Erfolg und Leistung, normalisieren sich das ungesunde Essverhalten (Anorexia athletica) und exzessive Sporttreiben in der Regel auch wieder.

Was sind die Ursachen für Anorexia athletica?

Eine Befragung der Deutschen Sporthochschule zeigte, dass viele Betroffene nach längeren Diätphasen in eine Essstörung geraten sind. Manche schildern, dass sie sich an Vorbildern aus den Medien orientierten oder sich durch erste sportliche Erfolge im niedrigen Gewicht bestärkt fühlten. Auch das Umfeld kann eine Rolle spielen: Abfällige Bemerkungen von Trainerinnen oder Trainern erhöhen den Druck und können eine Anorexia athletica auslösen. Hinzu kommen Verletzungen oder Krankheiten, die Trainingspausen erzwingen und den Umgang mit Essen zusätzlich verändern.

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Anorexia athletica: Welche Behandlung hilft Betroffenen?

Wer unter Anorexia athletica leidet, braucht meist professionelle Unterstützung. Erste Anlaufstellen können Hausärztinnen und Hausärzte sein, die eine weitere Behandlung einleiten. Auch Fachärzte und -ärztinnen für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen helfen weiter. Wichtig ist, dass Betroffene lernen, den hohen Trainingsdruck zu reduzieren und wieder ein gesundes Verhältnis zu Sport und Ernährung entwickeln. Therapeutische Angebote kombinieren dabei oft psychologische Gespräche mit Ernährungsberatung und medizinischer Betreuung. Je früher eine Anorexia athletica erkannt wird, desto besser sind die Chancen, Rückfälle zu vermeiden und dauerhaft gesund zu bleiben.

Fachlich geprüft
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