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Morbus Addison: eine Erkrankung der Nebennierenrinden

Veröffentlicht am:15.01.2024

6 Minuten Lesedauer

Bei Morbus Addison (auch: Addison-Krankheit) produziert die Nebennierenrinde nicht ausreichend Hormone. Mit der richtigen Therapie sind die Symptome und Folgen der Erkrankung gut kontrollierbar.

Mann mit Morbus Addison bei einer Ärztin im Sprechzimmer.

© iStock / SDI Productions

Was ist Morbus Addison?

Morbus Addison ist eine chronische Erkrankung der Nebennierenrinde. Nach und nach stellen die menschlichen Zellen dort ihre Funktion ein und produzieren nicht mehr ausreichend Hormone. Fachleute sprechen von einer primären Nebenniereninsuffizienz. Jedes Jahr erhalten in Deutschland fünf von einer Million Menschen die Diagnose Morbus Addison. Somit handelt es sich um eine seltene Erkrankung.

Zu den Hormonen, die den Betroffenen infolge der Nebenniereninsuffizienz fehlen, gehören Cortisol, Androgene und Aldosteron. Eine konsequente Behandlung mit der medikamentösen Form des jeweils fehlenden Hormons – unter anderem Kortison – gleichen den Mangel auf Dauer aus.

Morbus Addison kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen, zu schweren Komplikationen führen und unbehandelt lebensbedrohlich sein. Deshalb sind eine rechtzeitige Diagnose und Therapie entscheidend.

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Wo liegen die Nebennieren?

Jeder Mensch besitzt normalerweise zwei Nebennieren. Diese Organe sind circa drei Zentimeter lang und halb so breit. Bildlich gesprochen sitzen sie wie zwei kleine „Mützen“ oben auf den Nieren. Die Nebennieren bestehen aus einem inneren Teil – das sogenannte Nebennierenmark – und einem äußeren – die Nebennierenrinde. Als Hormondrüsen spielen die Nebennieren eine entscheidende Rolle für viele Körperfunktionen. Wie viele Hormone sie produzieren, wird durch einen Regelkreis gesteuert, an dem zwei wichtige Regionen im Gehirn beteiligt sind: der Hypothalamus und die Hypophyse. Der Hypothalamus sitzt im Zwischenhirn und steuert viele Abläufe des vegetativen Nervensystems, etwa den Blutdruck, den Blutzucker und die Körpertemperatur. Gerät das System an einer Stelle aus dem Gleichgewicht, sendet der Hypothalamus mit einem bestimmten Botenstoff entsprechende Signale an die Hypophyse, die als Hirnanhangsdrüse bezeichnet wird. Sie sitzt an der Basis des Gehirns und bildet verschiedene Hormone. Dort wird das jeweils erforderliche Hormon gebildet und anschließend über das Blut an die Nebennierenrinde transportiert.

Welche Hormone produzieren die Nebennieren?

Während das Nebennierenmark Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin herstellt, die sogenannten Katecholamine, ist die Nebennierenrinde für Cortisol, Aldosteron und Androgene zuständig:

  • Cortisol ist bei vielen Stoffwechselvorgängen wie der Zuckerbildung und dem Fett- und Eiweißabbau aktiv, wirkt entzündungshemmend.
  • Aldosteron ist an der Regulation des Salz- und Wasserhaushalts beteiligt.
  • Androgene sind Sexualhormone, aus denen der Körper die Geschlechtshormone Testosteron und Östrogen herstellt.

Fehlen diese Hormone, kann es zu den für Morbus Addison typischen Symptomen kommen.

Was sind typische Symptome von Morbus Addison?

Da die Nebennierenrinde verschiedene Hormone bildet, sind die Symptome bei Morbus Addison vielfältig. Fast alle Menschen mit einer Nebenniereninsuffizienz zeigen:

  • Müdigkeit und Schwäche
  • Gewichtsverlust
  • Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen
  • niedrigen Blutdruck

Diese Symptome gehen vor allem auf den Cortisol-Mangel zurück, der ebenso bei einer sekundären Nebenniereninsuffizienz auftritt. Bei einer sekundären Nebenniereninsuffizienz liegt die Ursache außerhalb der Nebenniere. Während Betroffene mit sekundärer Nebenniereninsuffizienz blass und fahl aussehen, kommt es bei Morbus Addison zu dunkleren Hautveränderungen, die auch Bronzehaut genannt wird: Die Haut färbt sich braun, manchmal mit einem weißfleckigen Muster. Oft fallen zum Beispiel dunkle Brustwarzen, Knöchel und Nagelbetten auf. Ursache ist der erhöhte Spiegel an ACTH als Folge des Cortisol-Mangels. ACTH regt unter anderem die Pigmentbildung der Melanozyten an, was wegen des erhöhten Spiegels vermehrt passiert – und bestimmte Hautstellen werden dunkler. Fachleute sprechen von einer Hyperpigmentierung.

Manche Menschen mit Morbus-Addison entwickeln einen ausgeprägten Appetit auf Salziges, da durch fehlendes Aldosteron der Wasser-Salz-Haushalt in Schieflage gerät. Bei Frauen kann infolge fehlender Sexualhormone die Schambehaarung ausfallen und die Monatsblutung ausbleiben, bei Männern kommt es zu Potenzproblemen. Die Symptome fallen erst auf, wenn 80-bis 90 Prozent der Nebennierenrinde zerstört sind. Morbus Addison kann sich zudem auf die Psyche auswirken: Manche Betroffene fühlen sich antriebslos, reizbar, verwirrt und neigen verstärkt zu Depressionen.

Frau mit Morbus Addison am Tropf bekommt eine ACTH-Infusion.

© iStock / FG Trade

Ein ACTH-Stimulationstest kann eine primäre von einer sekundären Nebennierenschwäche abgrenzen.

Was sind die Ursachen für Morbus Addison?

Bei Morbus Addison handelt es sich um eine primäre Nebennierenrindenschwäche. Das bedeutet: Die Ursache der Erkrankung liegt direkt in der Nebennierenrinde. Meist besteht eine Störung des Immunsystems – es greift die gesunden Zellen der Nebennierenrinde an und zerstört sie nach und nach. Damit zählt Morbus Addison zu den Autoimmunerkrankungen. Die Betroffenen können weitere fehlgeleitete Immunreaktionen entwickeln, etwa gegen Zellen der Bauchspeicheldrüse (Diabetes Typ I) oder der Schilddrüse (Hashimoto-Thyreoiditis).

Nebennierenschwäche nicht nur autoimmun bedingt

Seltener hinterlassen andere Erkrankungen bleibende Schäden an den Zellen der Nebennierenrinde, etwa:

  • schwere Erkrankungen, wie die Tuberkulose, Infektionen mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) oder dem Zytomegalie-Virus (CMV)
  • Metastasen: Tumoren und deren Absiedelungen
  • seltene Erkrankungen wie Amyloidosen, Adrenoleukodystrophie oder Hämochromatose
  • Blutungen und Verletzungen die Nebennieren

Sekundäre Nebenniereninsuffizienz: Hypophyse als Ursache

Manchmal ist die Nebennierenrinde als Struktur intakt, arbeitet jedoch nicht richtig. Dann erhält sie nicht die richtigen Signale: Es fehlt das Hormon ACTH, das die Nebennierenrinde anregt, Hormone zu produzieren. ACTH kommt aus der Hypophyse, der Hirnanhangdrüse, die einem zentralen Hirnbereich – dem Hypothalamus – nachgeschaltet ist. Bildet die Hypophyse zu wenig ACTH, sprechen Fachleute von einer sekundären Nebenniereninsuffizienz. Liegt das Problem im Hypothalamus, ist das eine tertiäre Nebenniereninsuffizienz. Die Ursachen sind vielfältig: Tumoren, Entzündungen, Verletzungen oder Bestrahlungen.

Wie wird Morbus Addison diagnostiziert?

Bei Verdacht auf Morbus Addison erfragen Arzt oder Ärztin zunächst die Symptome und mögliche Vorerkrankungen und Therapien. Puls, Blutdruck und die Hautfarbe geben weitere Hinweise. Mithilfe von Blutuntersuchungen lassen sich unter anderem Blutzucker, Blutsalze und die Höhe der Hormone (Elektrolyte) messen. Mithilfe spezieller Bluttests kann der Regelkreis der Hormonproduktion von Cortisol, ATCH und Aldosteron überprüft werden. Bei Verdacht auf eine Nebennierenunterfunktion erhalten Sie normalerweise eine Überweisung zu einer Fachpraxis oder -klinik für Endokrinologie.

Ein ACTH-Stimulationstest kann eine primäre von einer sekundären Nebennierenschwäche abgrenzen: Beim Test erhält der Patient eine Spritze oder Infusion mit dem Hormon ACTH, im Anschluss wird geprüft, ob der Cortisolspiegel steigt. Das wäre ein Hinweis auf eine sekundäre Nebennierenschwäche. Bleibt er niedrig ist das ein Hinweis auf Morbus Addison. Auch bildgebende Verfahren wie eine Ultraschall-Untersuchung oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) können hilfreich sein, um den Zustand der Nebennierenrinde sichtbar zu machen und einen Tumor auszuschließen.

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Welche Therapie hilft bei Morbus Addison?

Morbus Addison lässt sich nur selten ursächlich behandeln und heilen; die Symptome und Folgen sind aber mit der richtigen Therapie gut kontrollierbar. Die Betroffenen nehmen lebenslang jeden Tag Hormone in Form von Tabletten ein. Am wichtigsten ist Kortison – meist Hydrokortison – als Ersatz für Cortisol. Die jeweilige Dosis ist individuell und wird stetig angepasst.

Ein Mangel an Aldosteron lässt sich mit dem Wirkstoff Fludrocortison ausgleichen. Das ist normalerweise nur bei Morbus Addison notwendig, nicht bei einer sekundären Nebenniereninsuffzienz.

Therapieanpassung bei Stress und Infekten

In bestimmten Situationen benötigt der Körper deutlich mehr Cortisol, etwa bei körperlichem oder psychischem Stress und bei akuten Infektionskrankheiten. In einem gesunden Körper läuft die Nebennierenrinde vorübergehend auf Hochtouren. Menschen mit Morbus Addison müssen ihre Medikation in Absprache mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin anpassen.

Bei Infektionskrankheiten mit moderatem Fieber unter 39 °C erhöht sich in der Regel die benötigte Dosis, bei höherem Fieber steigt sie noch weiter. In Extremfällen kann sich der Bedarf verzehnfachen. Bei Magen-Darm-Erkrankungen kann es notwendig sein, die Hormone in Form einer Spritze zu verabreichen. Halten Sie im Zweifelsfall enge ärztliche Rücksprache!

Addison-Krise: Ein medizinischer Notfall!

Ist der Hormonmangel nicht oder unzureichend behandelt oder die Diagnose noch nicht gestellt, kann sich als Komplikation eine sogenannte Addison-Krise entwickeln. Dazu kommt es meist in anhaltenden Stresssituationen, nach Operationen oder einer schweren körperlichen Belastung. Die Cortisol- und Aldosteron-Werte sinken rapide ab. Typische Symptome sind:

  • plötzlicher Blutdruckabfall
  • Schock mit Kreislaufversagen
  • Durchfall
  • Erbrechen
  • Bewusstseinsverlust

Eine Addison-Krise ist eine lebensgefährliche Notfallsituation, bei der eine sofortige Behandlung wichtig ist! Daher tragen Morbus-Addison-Betroffene einen Notfallausweis und ein Hydrocortison-Notfall-Set bei sich.

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