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Inkontinenz im Alter sollte kein Tabu-Thema sein

Veröffentlicht am:09.11.2022

5 Minuten Lesedauer

Inkontinenz im Alter betrifft Männer und Frauen. Das Thema ist jedoch bei vielen mit Scham behaftet und die Ursachen können komplex sein. Die gute Nachricht: Therapien und Medizinprodukte können ein Stück Lebensqualität zurückbringen.

Arzt erklärt dem Patienten die Ursachen für Inkontinenz im Alter.

© iStock / Alina555

Was ist Inkontinenz?

Wenn Menschen Probleme haben, Blase oder Darm zu kontrollieren, und unbewusst Urin oder Stuhl verlieren, sprechen Ärztinnen und Ärzte von Inkontinenz. Hier unterscheiden sie zwischen Harninkontinenz – besser bekannt als Blasenschwäche – und Stuhlinkontinenz. Dabei sind ältere Menschen am häufigsten von der Harninkontinenz betroffen. Die Hemmungen Betroffener, darüber zu sprechen, sind manchmal groß. Mitunter scheuen sie sich sogar, medizinische Hilfe zu suchen. Eine mögliche Folge von Harninkontinenz ist, dass sich Menschen aus Ihrem Umfeld zurückziehen. Sie wagen sich nicht mehr aus dem Haus und verzichten auf soziale Kontakte. Dabei gibt es mittlerweile gute Behandlungsmöglichkeiten. Auch Inkontinenzeinlagen und andere Hilfsmittel können das Leben mit den Beschwerden erleichtern.

Wie wird Inkontinenz diagnostiziert?

Wenn Sie merken, dass es Ihnen schwerer fällt, Ihre Blase zu kontrollieren, oder wenn Sie gar nicht spüren, dass Sie zur Toilette müssen, und deshalb Urin verlieren, scheuen Sie sich nicht vor einem Arztgespräch. Nur medizinische Fachleute sind in der Lage, die Ursachen einer Inkontinenz festzustellen – und passende Behandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Eine gynäkologische beziehungsweise urologische Untersuchung, Blasenspiegelung, urodynamische Messung oder ein Ultraschall können bei der Diagnosefindung helfen. Aufschlussreich kann ein Miktionstagebuch sein: Hierin werden über einen Zeitraum von mehreren Tagen die Trinkmenge, die Häufigkeit der Toilettengänge, die Harnmengen und eventuelle Inkontinenzepisoden notiert.

Je nach Form kann eine Harninkontinenz verschiedene Ursachen haben. Diese gilt es herauszufinden und gezielt zu behandeln. Erste Anlaufstelle ist Ihre Hausärztin oder Ihr Hausarzt. Bei Bedarf werden Sie an die Urologie, die Gynäkologie oder die Neurologie überwiesen. Sie können sich auch an ein spezialisiertes Kontinenz-Zentrum wenden.

Frau, die an Inkontinenz im Alter leidet, macht Beckenbodentraining mit einem Gymnastikball.

© iStock / SilviaJansen

Bei Frauen ist häufig ein geschwächter Beckenboden die Ursache für Inkontinenz im Alter, in diesem Fall kann die Blasenschwächen mit Beckenbodentraining therapiert werden.

Welche Ursachen gibt es für Harninkontinenz im Alter?

Wie viele Menschen genau mit einer Harninkontinenz zu kämpfen haben, ist nicht bekannt. Es existieren unterschiedliche Zahlen, da von einer nicht unerheblichen Dunkelziffer ausgegangen wird. Fest steht aber, dass Inkontinenz im Alter häufiger auftritt als in jungen Jahren. Der unwillkürliche Harnverlust hängt von der geistigen und körperlichen Verfassung eines Menschen ab. Bei älteren Frauen liegt häufig eine Beckenbodenschwäche vor. Frühere Geburten, Übergewicht oder eine erbliche Veranlagung können diese begünstigen. Auch ein Östrogenmangel während und nach den Wechseljahren kann zu einer Schwäche des Beckenbodens führen. Es gibt aber noch zahlreiche andere Gründe für Inkontinenz im Alter: darunter Erkrankungen wie Diabetes, Parkinson oder Demenz. Auch Harnwegsinfekte oder Unterleibsoperationen führen mitunter zu Inkontinenz. Bei Männern ist häufig eine vergrößerte Prostata die Ursache.

Nicht nur alte Menschen sind betroffen

Tatsächlich ist Blasenschwäche auch für junge Menschen ein Thema.

Zum Beispiel wenn beim Lachen, beim Husten oder unter körperliche Belastung der Verschluss der Blase aussetzt. Etwa die Hälfe der schwangeren Frauen hat mit dieser Art der Harninkontinenz zu kämpfen. In der Regel bessert sich der Zustand nach der Geburt. Allerdings bleibt bei sechs Prozent der Fälle die Inkontinenz weiterhin bestehen.

Welche Formen der Harninkontinenz können auftreten?

Je nach Geschlecht, Lebenssituation und gesundheitlichem Zustand kann es zu unterschiedlichen Arten von Inkontinenz kommen. Das sind die häufigsten Formen der Harninkontinenz:

  • Belastungsinkontinenz: Beim Niesen, Lachen oder Husten verlässt Urin unkontrolliert die Blase. Sie ist bei Frauen die häufigste Form der (Harn-)Inkontinenz.
  • Dranginkontinenz: Betroffene spüren übermäßig starken Harndrang, meist ganz plötzlich. Beim Wasserlassen können Unterbauchschmerzen auftreten.
  • Mischinkontinenz: eine Kombination aus Belastungs- und Dranginkontinenz.
  • Überlaufinkontinenz: Durch einen gestörten Abfluss kommt es zu einer übervollen Blase, die dann buchstäblich überläuft. Dies geschieht, ohne dass die Betroffenen Harndrang spüren.
  • Reflexinkontinenz: Die Blase entleert sich spontan und völlig unbemerkt. Das kann zum Beispiel bei einer Querschnittslähmung auftreten.

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Lässt sich Harninkontinenz im Alter behandeln?

Die Therapie einer Blasenschwäche ist individuell unterschiedlich. Sie muss der Ursache, Ausprägung und dem Leidensdruck des Betroffenen entsprechen. Nach der Klärung der Ursache wird der Arzt oder die Ärztin Ihnen geeignete Behandlungsmethoden empfehlen. Der Behandlung richtet sich nach der vorliegende Inkontinenzform:

  • Belastungsinkontinenz: Für diese Form von Inkontinenz ist bisher noch keine medikamentöse Therapie gut etabliert. Meist hilft ein Beckenbodentraining – gegebenenfalls in Kombination mit einer Elektrostimulation. Übergewichtigen Menschen wird geraten abzunehmen. Das kann sich positiv auf den Harndrang auswirken und den unwillkürlichen Abgang von Urin vermindern. Bei Frauen in der Menopause kann die lokale Anwendung von Hormonen helfen. Manchmal ist eine Operation erforderlich. Je nach Ursache wird dann zum Beispiel die Harnröhre mithilfe eines Kunststoffbands stabilisiert.
  • Dranginkontinenz: Wird die Inkontinenz durch einen Fremdkörper oder eine Blasenentzündung ausgelöst, wird diese Ursache behandelt. Ist eine sogenannte überaktive Blase verantwortlich, kann eine medikamentöse Therapie mit Anticholinergika helfen. Dieses beruhigt die Blasenmuskulatur und erhöht das Blasenvolumen. Bei Frauen in der Menopause hilft wie bei der Belastungsinkontinenz möglicherweise die lokale Anwendung von Hormonen. Wenn das keine Besserung bringt, können Injektionen mit Botulinumtoxin in den Blasenmuskel erfolgen.
  • Mischinkontinenz: Die Behandlung ist eine Kombination aus der Belastungs- und Dranginkontinenz-Therapie
  • Überlaufinkontinenz: Hier steht zunächst die Ableitung des Harns über einen Katheter im Vordergrund. In weiterer Folge kann eine Operation erforderlich sein.
  • Reflexinkontinenz: Diese Form wird meist durch Schädigungen oder Fehlbildungen von Verbindungen im Rückenmark verursacht. Diese Schädigung lässt sich meist nicht mehr beheben. Hier kommen meist Hilfsmittel wie ein Katheter zum Einsatz.

Auf Flüssigkeitszufuhr achten

Patienten und Patientinnen mit Inkontinenz reagieren oft mit einer Verminderung der Trinkmenge.

Hiervon ist abzuraten. Das kann nicht nur zu Kreislaufbeschwerden führen, sondern auch die Blase reizen und die Inkontinenzbeschwerden verschlimmern. Eine angemessene Flüssigkeitszufuhr reduziert, neben einer ballaststoffreichen Ernährung, die Neigung zu Verstopfungen, was sich auch positiv auf die Inkontinenz auswirken kann.

Welche Hilfsmittel gibt es bei Harninkontinenz?

Es gibt zahlreiche Medizinprodukte für Betroffene. Was sich am besten eignet, hängt vom Schweregrad und Krankheitsbild ab – und vom Geschlecht, denn es gibt anatomisch angepasste Medizinprodukte für Männer und Frauen. Dabei spielt auch eine Rolle, wie aktiv der oder die Betroffene ist – ob eine Person sich selbst versorgt, das Haus verlässt oder bettlägerig ist.

  • Aufsaugende Produkte: Es gibt verschiedene Hilfsmittel, von unterschiedlich dünnen Einlagen über Windeln bis hin zu Inkontinenzunterhosen.
  • Ableitende Systeme (Katheter): Katheter sorgen dafür, dass sich die Blase vollständig entleeren kann. Es kann ein Dauerkatheter gelegt werden, der regelmäßig gewechselt werden muss, oder es kann eine sogenannte Selbstkatheterisierung angelernt werden. Hierbei erlernen die Betroffenen selber ein Katheter einzuführen.
  • Anatomisch angepasste Hilfsmittel: Inkontinenztampons oder Ringpessare erhöhen den Druck auf die Harnröhre.

Penisklemmen, -bänder oder Harnröhrenstöpsel sollten niemals verwendet werden. Sie können zu dauerhaften Schäden an der Harnröhre führen und Harnwegsinfektionen begünstigen.


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