Gesunde Ernährung

Beeinflussen soziale Medien ein ungesundes Essverhalten?

Veröffentlicht am:30.12.2025

5 Minuten Lesedauer

Instagram, TikTok und Co. spielen eine große Rolle bei der Verbreitung von Ernährungstrends. Perfekt inszenierte Mahlzeiten oder gezieltes Food-Marketing definieren oft, was als „gesund“ gilt – vor allem bei Jugendlichen. Was man dagegen tun kann.

Eine Frau fotografiert mit dem Smartphone ein Burgergericht.

© iStock / puhimec

Das Essverhalten im digitalen Zeitalter

Wenn Menschen durch ihre Feeds in den sozialen Medien scrollen, ziehen auf dem Bildschirm oft bunte Smoothie-Bowls, perfekt inszenierte Frühstücksteller und „What I eat in a day“-Clips vorbei. Was früher eine private Angelegenheit war, wird nun öffentlich inszeniert: Selfies neben einer Bowl, Videos vom Zubereiten gesunder Snacks oder der neueste Food-Trend machen Mahlzeiten zum Content. Ein kurzes Wischen, ein Like, ein Kommentar: Schnell ist die Mahlzeit bewertet, kommentiert oder geteilt. Oft reicht ein kurzer Blick auf die Feeds der Freunde und Freundinnen oder liebgewonnener Influencer und Influencerinnen, um zu merken: Essen ist mehr als Nahrungsaufnahme – es ist Unterhaltung, Inspiration und soziale Interaktion zugleich. In Sozialen Medien können Nutzende virtuelle Gemeinschaften bilden oder ihnen beitreten. Damit teilen und erhalten sie auch gezielte Inhalte wie Bilder und Videos. Soziale Medien haben schon längst einen festen Platz in der Mitte der Gesellschaft und damit große gesellschaftliche Relevanz. Mindestens einmal pro Woche nutzen etwa die Hälfte der Menschen hierzulande Social Media. Aus der jüngeren Altersgruppe (14- bis 29-Jährige) sind sogar neun von zehn Menschen regelmäßig in sozialen Netzwerken unterwegs. Diese Altersgruppe tauscht besonders häufig Informationen über die Plattformen aus, auch zu Ernährungsinhalten.

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Wie soziale Medien den Zugang zu Ernährungsinformationen verändern

Unser Ernährungsverhalten strukturiert den Alltag, soziale Begegnungen und beeinflusst die Gesundheit. Ungesunde Ernährungsgewohnheiten zählen zu den wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und anderen Krankheiten in den westlichen Ländern. Auch die Umwelt wird durch das Ernährungsverhalten stark beeinflusst. Produktion und Transport von Lebensmitteln verursachen einen erheblichen Teil der weltweiten Treibhausgase, beanspruchen große Flächen und Wasserressourcen. Die Ernährung ist deshalb nicht nur eine persönliche Entscheidung, sondern auch ein Ausdruck ethischer und gesellschaftlicher Werte.

Durch soziale Netzwerke wandelt sich jedoch, wie wir Zugang zu Informationen zum Thema Ernährung erhalten:

  • Die Ernährungsinformationen sind praktisch überall und immer verfügbar – das ist bei festen Sendezeiten im Fernsehen oder bei vorgeplanten Zeitungsartikeln anders.
  • Eine Garantie, dass alle Inhalte verlässlich sind, gibt es im Gegensatz zu Fachpublikationen nicht.
  • Algorithmen und digitale Filtermechanismen verstärken die Sichtbarkeit bestimmter Inhalte, während andere kaum Beachtung finden.
  • Diskussionen auf sozialen Plattformen fördern zwar den Meinungsaustausch und können dazu beitragen, das eigene Essverhalten zu hinterfragen – manche Menschen ecken damit aber an und erleben einen sogenannten Shitstorm.

In sozialen Medien zählen oft Idole und Erfahrungen statt Expertise

Mit sozialen Medien werden Nutzende zu „Prosumern“: Sie konsumieren Inhalte, gestalten sie aber auch aktiv mit. In Blogs, TikToks und YouTube-Videos verliert Expertenwissen an Gewicht, zunehmend zählen persönliche Erfahrungen und Geschichten der Nutzenden. Food-Bloggerinnen und -Blogger posten regelmäßig ihre Mahlzeiten, etwa unter der Angabe: „What I eat in a day“, geben Einkaufstipps, inszenieren die Gerichte sorgfältig und berichten offen über Vorlieben oder Routinen. Innerhalb der Community entwickeln sich dadurch eigene, oft strenge Regeln, meist vegetarisch oder vegan, und kreativ umgesetzt. Vielen Menschen vermittelt dies ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit und Orientierung. Gleichzeitig können solche rigiden Ernährungstrends Nutzende verunsichern oder gesundheitlich belasten. Was ein normales Essverhalten ist, lernen Menschen mit sozialen Medien also nicht unbedingt.

Die Macht der Werbung in sozialen Medien auf das Essverhalten

Rund die Hälfte von 1.000 befragten Jugendlichen hat schon einmal ein von einem Influencer oder einer Influencerin beworbenes Produkt gekauft – das ergab eine Erhebung im Rahmen des FAIR-Forschungsprojekts vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI. Tatsächlich sind Jugendliche eine besonders anfällige Zielgruppe. Zum einen, weil sie soziale Medien intensiv konsumieren und zum anderen, weil bei ihnen die Werbekompetenz noch nicht so ausgeprägt ist. Gleichzeitig sprechen Jugendliche durch ihre sozialen Entwicklungsprozesse leichter auf die Werbung an: Für sie sind die Creators oft Vorbilder, die ihnen zeigen, wie man sozialen Anschluss erhält. Studien belegen, dass an Kinder und Jugendliche gerichtete Lebensmittelwerbungen Einflussfaktoren für das Ernährungsverhalten sind – positiv wie auch negativ. Das Problem: Einer Untersuchung zufolge können sich Jugendliche besser an ungesunde Lebensmittel und Getränke aus der Werbung erinnern.

Ein Mann sitzt mit einem lächelnden Jugendlichen und einem Kind am Tisch, auf dem gesunde Lebensmittel stehen.

© iStock / AnnaStills

Gemeinsame Mahlzeiten mit der Familie können gesunde Essengewohnheiten vermitteln und damit den Einfluss von Social Media verringern.

Welchen Einfluss hat Social Media auf Essstörungen?

Soziale Medien können womöglich negative Folgen für das Körperbild und das Essverhalten Jugendlicher haben, auch wenn das noch nicht eindeutig belegt ist. Sie vermitteln aber eine vermeintliche Realität durch perfekt inszenierte Bilder und Videos, die häufig bearbeitet sind. Jugendliche neigen dazu, sich zu vergleichen, auch mit den online gesehenen Körpern. Der Vergleich mit unrealistischen Bildern kann frustrieren. Wer sein Selbstwertgefühl stark über Social Media definiert, etwa durch Likes und Rückmeldungen, ist besonders anfällig, sein Essverhalten anzupassen, um den Beliebtheitsgrad zu steigern oder beizubehalten. Studien zeigen, dass mehr Social-Media-Konten und längere Nutzungszeiten das Risiko für gestörtes Essverhalten erhöhen. Cybermobbing und Kommentare zu Gewicht oder Aussehen verschärfen diese Effekte, führen zu geringem Selbstwert und verstärken Essstörungssymptome. Besonders gefährdet sind junge Frauen, die häufiger an Magersucht, Bulimie oder Binge-Eating leiden. Soziale Medien sind damit nicht nur Unterhaltungsplattformen, sondern wirken direkt auf die Körperwahrnehmung, den Selbstwert und die Essgewohnheiten ein – mit teils gravierenden Folgen für die psychische Gesundheit von Jugendlichen. Das heißt nicht, dass Jugendliche auf soziale Medien verzichten müssen. Allerdings ist es wichtig, dass sie achtsam und kritisch mit ihren Nutzungszeiten und den Inhalten auf Social Media umgehen – das kann ein gesundes Essverhalten fördern.

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Gesundes Ernährungsverhalten fördern – die besten Tipps

Der Einfluss von Social Media auf Jugendliche, speziell auf das Essverhalten, ist umstritten. So können Sie aktiv dafür sorgen, dass einseitige Ernährungstrends und ungesunde Challenges nicht den Alltag Ihres Kindes oder Ihren eigenen bestimmen.

  • Machen Sie sich und Ihrem Kind bewusst, dass es unterschiedliche Körper gibt und viele Bilder im Internet manipuliert sind – das kann das Selbstmitgefühl, den Selbstwert und das positive Körperbild stärken.
  • Hinterfragen Sie die Werbung, die Ihnen oder Ihrem Kind angezeigt wird. Mehr als 70 Prozent der Lebensmittelanzeigen in sozialen Medien sind für Kinder ungeeignet. Meist handelt es sich um Süßwaren, Limonaden oder Fertiggerichte.
  • Werfen Sie vor dem Kauf unbedingt einen Blick auf die Zutatenliste – viel Zucker, viel Salz, ein hoher Verarbeitungsgrad und eine lange Zutatenliste sprechen nicht für das Produkt.
  • Informieren Sie sich zum Thema Ernährung bei Experten und Expertinnen, etwa bei der qualifizierten Ernährungsberatung der AOK.
  • Verhelfen Sie Ihrem Kind zu einem Medientraining. Einige Schulen und Jugendeinrichtungen bieten solche Veranstaltungen bereits an. Die Initiative „Ins Netz gehen“ vom Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit hat sich zum Ziel gesetzt, die Medienkompetenz von Kindern zu fördern.
Fachlich geprüft
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