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Arztbriefe im Netz übersetzen: Wie sinnvoll digitale Angebote sind

Veröffentlicht am:31.10.2025

4 Minuten Lesedauer

Ein Arztbrief ist oft voller Fachbegriffe. Digitale Übersetzungsangebote versprechen schnelle Hilfe. Doch wie zuverlässig sind sie – und welche Möglichkeiten gibt es?

Eine Frau mittleren Alters sitzt mit einem Laptop auf dem Schoß auf einem Sofa und hält mehrere Zettel in den Händen.

© iStock / Inside Creative House

Woher bekomme ich als Laie eine Übersetzung von meinem MRT-Befund?

Wer einen Befund oder Arztbrief erhält, stößt schnell auf unverständliche Fachsprache. Dann wünschen sich viele Patientinnen und Patienten eine klare Übersetzung. Einige Online-Plattformen haben sich genau darauf spezialisiert. Ein Beispiel ist die Internetseite „Was hab’ ich?“. Bei washabich.de arbeiten Studierende der Medizin, die mindestens im achten Semester sind, sowie Ärztinnen und Ärzte, die medizinische Dokumente in leicht verständliche Sprache übertragen. Dafür laden Patientinnen und Patienten anonym den Arztbrief, einen Labor- oder Untersuchungs-Befund, beispielsweise von einer MRT- oder Röntgenuntersuchung, ICD-Codes oder einzelne Fachbegriffe auf der Webseite hoch. Die Medizinstudierenden sowie Ärztinnen oder Ärzte übersetzen dann den Arztbrief oder die anderen Dokumente manuell. Weil jeder Befund individuell bearbeitet wird, dauert es meist mehrere Tage, bis die fertige Übersetzung vorliegt. Wer die Plattform nutzt, muss also etwas Geduld mitbringen.

Das Angebot unterscheidet sich deutlich von automatisierten Systemen, da bei „Was hab’ ich?“ eine an den einzelnen Fall angepasste Erklärung entsteht und keine vorgefertigten Übersetzungen genutzt werden. Das Ziel ist es, Betroffene zu unterstützen und ihnen mehr Sicherheit zu geben. Der Service ist kostenlos. Wichtig zu wissen: Betroffene erhalten keine Diagnosen, Zweitmeinungen oder Behandlungsempfehlungen. Dafür müssen Sie sich an eine Arztpraxis wenden

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Wer kann mir einen medizinischen Fachbegriff erklären?

Neben individuellen Übersetzungen gibt es auch automatisierte Lösungen. Der „Befunddolmetscher“ setzt auf ein computerbasiertes System, das medizinische Begriffe erkennt und die passende Übersetzung direkt anbietet. Nutzerinnen und Nutzer kopieren dafür Begriffe oder Textbausteine in ein Feld auf der Webseite und erhalten automatisiert eine Erklärung. Diese Erklärungen wurden von Ärztinnen und Ärzten erstellt. Das bedeutet: Sie sind fachlich richtig, aber standardisiert und beziehen sich nur auf die eingegebenen Wörter oder Sätze, nicht auf einen gesamten Befund. Das spart Zeit, ersetzt jedoch keine persönliche Betreuung. Die Funktionsweise eignet sich vor allem für einzelne Fachwörter oder kurze Textstellen. Komplexe Befunde oder Zusammenhänge lassen sich auf diese Weise nicht vollständig erfassen. Aktuell nutzen, laut Angaben von befunddolmetscher.de, über 400.000 Menschen jeden Monat das Angebot.

Wie groß ist das Vertrauen in einen Chatbot?

Die digitalen Hilfen werden zwar genutzt, stoßen aber auch auf Skepsis. Eine Untersuchung der Universität Würzburg zeigte, dass das Vertrauen in die medizinische Kompetenz von künstlichen Intelligenzen geringer war als bei medizinischem Fachpersonal. Laut den Autorinnen und Autoren der Studie glich der Versuchsaufbau einer digitalen Gesundheitsplattform, auf der sich Nutzerinnen und Nutzer Informationen zu medizinischen Fragestellungen einholen konnten. Die Untersuchung mit mehr als 2.000 Probandinnen und Probanden macht deutlich: Gehen die Betroffenen davon aus, dass ein Chatbot hinter der Seite steckt, beurteilen sie medizinische Antworten als weniger zuverlässig und empathisch. Das war auch der Fall, wenn die Studienteilnehmenden annehmen konnten, dass eine Ärztin oder ein Arzt an der Rückmeldung beteiligt war und lediglich durch KI unterstützt wurde.

Hier finden Sie Hilfe, wenn Sie Fragen zum Arztbrief haben

Die Übersetzung von einem Befund oder Arztbrief kann den ersten Zugang zu medizinischen Informationen erleichtern, ersetzt aber keine persönliche Rücksprache. Wer nach einer Erklärung noch Fragen hat, sollte sich an die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt wenden. Auch die Verbraucherzentrale oder Krankenkassen können unterstützen.

Arztbrief übersetzen lassen: Worauf sollte ich bei digitalen Angeboten achten?

Digitale Übersetzungen von Arztbriefen können hilfreich sein, bringen aber auch Unsicherheiten mit sich. Eine Analyse des Bundesgesundheitsministeriums zu Gesundheits-Apps, darunter auch für Diagnostik und Therapie, hebt hervor, dass Intransparenz ein Risiko darstellen kann. Patientinnen und Patienten wissen oft nicht genau, wie die Systeme arbeiten, nach welchen Kriterien Erklärungen entstehen oder wer die sensiblen Daten verarbeitet und speichert.

Bevor Sie eine Gesundheits-App überhaupt nutzen, sollten Sie erkennen können, wer dahintersteht, welche Funktionen sie bietet und wo ihre Grenzen liegen. Wichtig ist zudem, dass die Anwendung aktuell gepflegt wird. Vertrauen Sie nur Gesundheits-Apps, die nachweislich von Fachleuten nach dem Stand von Medizin und Technik entwickelt wurde. Besonders entscheidend ist zudem eine vollständige Datenschutzerklärung.

Eine Ärztin sitzt an einem Schreibtisch im Behandlungszimmer und überreicht einer Patientin ein Dokument.

© iStock / dolgachov

Wer nach einer Übersetzung des Arztbriefes noch Fragen hat, sollte sich an seine behandelnde Ärztin oder seinen behandelnden Arzt wenden.

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Kann KI helfen, einen Arztbrief zu übersetzen?

Manche Patientinnen und Patienten greifen inzwischen auf KI-Systeme wie ChatGPT zurück, um Arztbriefe oder medizinische Dokumente besser zu verstehen. Solche Systeme basieren häufig auf sogenannten großen Sprachmodellen (LLM-KI), die Texte erfassen und sinngemäß wiedergeben können. In einer aktuellen Studie prüften Forschende, wie zuverlässig das Modell GPT-4o von OpenAI medizinische Anweisungen für Patientinnen und Patienten übersetzen kann. Dieses Modell ist eine Variante, die auch in der aktuellen Version von ChatGPT verwendet wird. Dabei verglichen die Forschenden die Ergebnisse mit professionellen Übersetzungen von Menschen. Nach standardisierten Bewertungsverfahren erreichten die KI in vielen Fällen eine ähnliche Qualität: Die Übersetzungen waren inhaltlich schlüssig und gaben die medizinischen Informationen meist korrekt wieder.

Allerdings traten in einzelnen Fällen Fehler und Ungenauigkeiten auf – vor allem bei komplexen Fachbegriffen oder kulturell geprägten Formulierungen. Die Autorinnen und Autoren betonen, dass die Übersetzungen daher nicht ohne Kontrolle durch Fachpersonal verwendet werden sollten. Insgesamt zeigt die Studie, dass große Sprachmodelle grundsätzlich in der Lage sind, medizinische Texte verständlich zu übersetzen, ihre Ergebnisse aber weiter überprüft und verbessert werden müssen.

Fachlich geprüft
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