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Gesund im Job

Burnout vorbeugen: Die Kunst des Nein-Sagens im Beruf

Veröffentlicht am:02.06.2022

4 Minuten Lesedauer

Bei der Frage „Kannst du mal eben?“ hat wohl jeder im Job schon „Okay“ geknirscht statt rundheraus abzulehnen. Aber ständiges Ja-Sagen führt zu Stress, manchmal zum Burnout. Nein-sagen fällt vielen schwer. Wie es besser geht, erklärt eine Psychologin.

Ein Mann sagt zu seinem Chef im Job Nein, um auf sich selbst aufzupassen und Burnout vorzubeugen.

© iStock / shapecharge

Dr. Mechthild Echterhoff hat Psychologie mit dem Schwerpunkt Arbeits- und Organisationspsychologie studiert und in Gesundheitswissenschaften promoviert. Sie ist bei der AOK NordWest in Gütersloh für die Betriebliche Gesundheitsförderung zuständig und erklärt, wie wichtig es ist, im Beruf auch mal Nein zu sagen.

In diesen Situationen fällt Nein-sagen schwer

Wer kennt sie nicht: die Kolleginnen oder Kollegen, die ihre Arbeit am liebsten delegieren. Oder die Bekannten, von denen man nur hört, wenn sie etwas wollen. Dr. Echterhoff weiß: „Manche haben den Bogen gut raus. Sie sind überzeugt, dass sie jeden rumkriegen.“

Das sind die beliebten und vielfältigen Maschen der Überredungskünstler im Beruf und Alltag:

  • Überrumpeln: „Ich brauche ganz kurz deine Hilfe!“
    Was sich nach einer kleinen Bitte anhört, entpuppt sich oft als Riesengefallen.
  • Schmeicheln: „Du machst so ein leckeres Pesto. Bringst du das zu meiner Party mit?!“
    Eine einzige manipulative Frage reicht, um das Erscheinen des Gastes inklusive praktischer Buffet-Spende sicherzustellen.
  • Mitleidstour: „Füllst du die Tabelle aus, ich kenne mich mit Excel einfach nicht aus?“
    Die Kollegin oder der Kollege weiß: Fünf Minuten dumm stellen, erspart eine Stunde Arbeit.
  • Schuldgefühle: „Könntest du mir beim Umzug helfen? So wie ich dir damals.“
    Unerwähnt bleibt, dass man sich bereits zum dritten Mal revanchieren darf.
  • Unglücksszenario: „Das müssen wir bis heute Abend schaffen, sonst verliert die Firma den Auftrag.“
    Ob es wirklich so drängt? Egal, das Horrorszenario killt jedes Gegenargument.
  • Druck: „Von guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwarte ich unbezahlte Überstunden.“
    Wenn die Überzeugungskraft nicht ausreicht, schwingt die Chefin oder der Chef eben die Autoritätskeule.
Drei Personen laufen in einem Büro entlang und sprechen über anstehende Aufgaben.

© iStock / LumiNola

Lassen Sie sich nicht zu einem schnellen Ja verleiten und nehmen Sie sich Bedenkzeit, bevor sie eine Zusatzaufgabe annehmen.

Warum ist es so schwer, Nein zu sagen?

„Häufig spielt die Angst vor Ablehnung eine Rolle“, so Psychologin Echterhoff. „Ein weiteres Motiv kann sein, dass man nicht egoistisch wirken möchte.“ Wer von klein auf Hilfsbereitschaft lernt, ist auch als Erwachsener eher für andere da und überschreitet mitunter den Grad zur Selbstaufgabe. Auch die Furcht vor Konflikten, vor Konsequenzen oder davor, etwas zu verpassen, können uns zum unfreiwilligen Ja-Sagen verleiten.

Warum ist es wichtig, Nein zu sagen?

Abgrenzung ist ein gutes Rezept, um nicht in den Burnout zu rutschen. Dr. Echterhoff kennt Verhaltensregeln, die beim selbstbewussten Nein-Sagen und bei der Burnoutprophylaxe helfen.

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In vier Schritten zum Nein: Nein-Sagen lernen im Alltag

  1. Bedenkzeit nehmen: Zunächst rät die Expertin zur Besonnenheit: „Wichtig ist es, sich Zeit zu nehmen, wenn mich jemand um etwas bittet. Bei einem großen Gefallen will man vielleicht eine Nacht drüber schlafen. Aber oft tun es auch fünf Minuten.“ Finden Sie in der Zeit heraus, was Sie wirklich wollen. Das macht es leichter, hinter den eigenen Aussagen zu stehen.
  2. Stellung einnehmen: Wir kommunizieren nicht nur mit Worten, auch über unseren Körper. „Wenn ich mich klein mache und leise Nein flüstere, provoziere ich ja geradezu, dass mein Gegenüber weiter insistiert“, erläutert Dr. Echterhoff. „Besser geht es so: Brust raus, Kopf hoch, eventuell Arme verschränken.“ Schauen Sie Ihrem Gegenüber beim anschließenden Gespräch in die Augen.
  3. Klare Ansagen machen: Widerspruch zwecklos – das muss Ihr Gegenüber sofort erkennen. Sprechen Sie daher mit fester Stimme, unabhängig davon, wie Sie Ihr Nein formulieren. Einer Schmeichlerin oder einem Schmeichler sagt man eher: „Es tut mir leid, aber das kann ich nicht.“ Hat Ihr Gegenüber auf Druck gesetzt, sollte Ihre Reaktion höflich aber bestimmt ausfallen: „Ich kann diese Aufgabe übernehmen. Dann verschiebt sich jedoch die Fertigstellung des aktuellen Projektes nach hinten.“

    Ob Sie das Nein so stehenlassen oder begründen, hängt für Dr. Mechthild Echterhoff ebenfalls von der Situation ab: „Eigentlich ist es nicht nötig, sein Nein zu begründen. Sie sollten auch keine Notlügen erfinden – das führt eventuell zu noch mehr Unwohlsein.“ Eine einsilbige Absage gegenüber der Vorgesetzen oder dem Vorgesetzten kann jedoch als Arbeitsverweigerung ausgelegt werden. Im Job rät die Expertin, Aufgaben nur mit berechtigtem Grund abzulehnen und diesen auch zu nennen.
  4. Gute Kompromisse finden, faule verhindern: Freunde, die Chefin oder den Chef will man nicht vor den Kopf stoßen. Es lohnt sich daher, zum Nein einen Gegenvorschlag anzubieten: „Treffen wir uns doch nächste Woche.“ Aber bitte keine ungewollten Zugeständnisse machen. Nein-Sagen ist Ihr gutes Recht – und hat für die Psychologin einen weiteren Vorteil: „Es ist eine gute Gelegenheit falsche Freunde auszusortieren. Wenn eine Freundschaft nur darauf beruht, dass Sie immer Ja sagen, dann kann diesem Menschen nicht viel an Ihnen liegen und er nutzt Sie wahrscheinlich nur aus.“

Übung macht den Nein-Sager: Überredungskünstlerinnen und Überredungskünstler abblitzen lassen ist Arbeit und braucht Übung, manchmal eine Therapie. Dr. Mechthild Echterhoff empfiehlt auch das Gespräch mit einer guten Freundin oder einem guten Freund über die Krux mit dem Nein-Sagen. AOK-Versicherten steht als weitere Hilfe in akuten Situationen das medizinische Info-Telefon Clarimedis zur Verfügung.

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