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Nachhaltige Ernährung

Tierwohl: Welche Label gibt es und was bedeuten die Siegel?

Veröffentlicht am:15.06.2023

6 Minuten Lesedauer

Wer im Supermarkt aufmerksam die Verpackungen von Fleisch ansieht, entdeckt darauf verschiedene Label. Tierwohl-Siegel sollen auf einen Blick erkennbar machen, ob das Fleisch aus einer artgerechten Haltung stammt. Doch was bedeuten die Label?

Ein junges weißes Huhn mit Federverlust steht mit mehreren Hühner auf engstem Raum.

© iStock / ene

Viele Verbraucher und Verbraucherinnen achten auf Tierschutzlabel

Ob die Kuh regelmäßig auf die Weide durfte, das Huhn über genügend Platz im Stall verfügte oder das Schwein im Stroh wühlen konnte – das alles sehen Verbraucher und Verbraucherinnen dem Fleisch selbst nicht an. Die Verpackung kann aber sehr wohl Hinweise auf eine artgerechte Haltung liefern – sogenannte Tierwohl-Label machen es möglich. Sie treffen bei Konsumenten und Konsumentinnen offenbar den richtigen Nerv, denn laut dem Ernährungsreport 2021 ist es 92 Prozent der Befragten wichtig, welche Haltungsbedingungen das Nutztier hatte. Das zeigt eine repräsentative Befragung, die das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) durchführte. Beim Einkauf achten 55 Prozent der Befragten auf ein Tierwohl-Label, das in Verbindung mit einer besonders tiergerechten Haltung steht. Doch es gibt nicht nur ein Tierwohl-Siegel – viele verschiedene Label lassen das Thema Tierschutz eher unübersichtlich erscheinen. Die verschiedenen Label und die damit in Verbindung stehenden Vorgaben zu kennen, vereinfacht den Einkauf.

  • Was bedeutet artgerechte Haltung?

    Eine artgerechte Haltung bedeutet, dass Nutztiere die Möglichkeit haben, ihren natürlichen Bedürfnissen nachzugehen – Schweine haben dafür beispielsweise Stroh zum Wühlen und Kühe ausreichend Freilauf.

  • Was sind Frischluftställe?

    Frischluftställe sind an einer oder mehreren Seiten offen – die Tiere erhalten so regelmäßig frische Luft.

  • Was bedeutet Freilandhaltung?

    Die Freilandhaltung ermöglicht Nutztieren einen täglichen Zugang zu einem Außengelände, beispielsweise einer Wiese.

Haltungsform: Das von Supermärkten herausgegebene Siegel

Mehrere deutsche Lebensmittelhändler haben das Tierwohl-Label „Haltungsform“ im Jahr 2019 eingeführt. Auf das vierstufige Kennzeichnungssystem stoßen Verbraucher und Verbraucherinnen bei Kaufland, Lidl, Netto, Edeka, Penny, Rewe sowie Aldi Nord und Aldi Süd.

Das bedeuten die verschiedenen Stufen:

  • Haltungsform 1 „Stallhaltung“: Hier gelten die gesetzlichen Mindeststandards. Die Tiere werden im Stall gehalten – ein Schwein hat beispielsweise 0,75 m² Platz zur Verfügung. Die verantwortlichen Betriebe müssen außerdem an einem Qualitätssicherungsprogramm teilnehmen.
  • Haltungsform 2 „StallhaltungPlus“: Diese Haltungsform ist etwas anders gestaltet – hier ist Beschäftigungsmaterial wie Stroh vorgesehen und die Kühe werden nicht angebunden. Die Ställe der Enten sind mit Tageslicht versorgt. Bis auf Pekingenten und Milchkühen steht den Nutztieren etwas mehr Platz zur Verfügung – bei Schweinen sind es beispielsweise 10 Prozent mehr als die in Haltungsform 1 vorgeschriebenen 0,75 Quadratmeter.
  • Haltungsform 3 „Außenklima“: Die Nutztiere kommen bei dieser Haltungsform mit dem Außenklima in Berührung – hier kann beispielsweise eine Stallseite geöffnet sein oder die Tiere können einen überdachten Außenbereich nutzen. Außer bei Enten sieht die Haltungsform auch mehr Platz vor – 40 Prozent mehr Platz haben beispielsweise Schweine. Futter mit Gentechnik ist tabu.
  • Haltungsform 4 „Premium“: Nur bei dieser Haltungsform ist der Auslauf im Freien garantiert – Kühe können hier also auf der Weide grasen. Der Stallbereich stellt deutlich mehr Platz zur Verfügung, das gilt allerdings nicht für Pekingenten. Schweine haben beispielsweise doppelt so viel Platz. Das Futter enthält wie bei Haltungsform 3 keine Gentechnik. Die Haltungsform 4 kann sowohl Biofleisch als auch konventionell hergestelltes Fleisch beinhalten.

Initiative Tierwohl: mehrere Interessengemeinschaften an einem Tisch

Die Fleischwirtschaft, die Landwirtschaft und der Handel – sie alle setzen sich seit 2015 für das Siegel „Initiative Tierwohl“ ein. Sie greift Landwirtschaftsbetrieben finanziell unter die Arme, wenn sie Maßnahmen zum Tierwohl umsetzen – diese müssen allerdings über die gesetzlichen Standards für Puten, Hähnchen und Mastschweine hinausgehen. Laut der Initiative Tierwohl nehmen bereits 12.300 landwirtschaftliche Betriebe teil. Zu den Voraussetzungen einer erfolgreichen Teilnahme gehört, dass die Nutztiere mindestens 10 Prozent mehr Platz im Stall und Beschäftigungsmaterial zur Verfügung bekommen. Auch ein Überwachungsprogramm zur Verabreichung von Antibiotika ist vorgesehen – das dient dazu, überflüssige Antibiotikagaben zu verhindern.

Bei Schweinen gibt es zusätzliche Kriterien wie das Anbieten von Raufutter. Das rohfaserreiche Futtermittel wie Heu oder Stroh soll die Tiergesundheit unterstützen. Bei Schweinen müssen die Betriebe für ein Mindestmaß an Tageslicht in den Ställen sorgen. Das Fleisch, dass den Vorgaben der Initiative Tierwohl entspricht, wird im Supermarkt in die Haltungsform 2 eingestuft – die Ansprüche für Biofleisch werden hier nicht erfüllt. Die Initiative Tierwohl stand wiederholt in der Kritik. Ein Vorwurf ist: Die scheinbaren Optimierungen würden nicht weit genug gehen und keinesfalls den Bedürfnissen der Tiere entsprechen. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass importiertes Fleisch grundsätzlich nicht mit dem Label versehen wird und verarbeitete Fleischerzeugnisse meistens ebenfalls nicht unter das Label fallen.

Neuland: kein Bio, aber artgerechte Haltung

Bei Neuland handelt es sich um einen Verein. Seit 1988 setzt dieser sich für eine tiergerechte Nutztierhaltung ein und vermarktet das Fleisch „bäuerlich“. Träger des Vereins sind der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und der Deutsche Tierschutzbund. Landwirtschaftsbetriebe, die Neuland-Vorgaben umsetzen, produzieren zwar kein Biofleisch, allerdings steht hier eine artgerechte Tierhaltung besonders im Fokus.

Die Richtlinien sehen unter anderem Folgendes vor:

  • Auslauf im Freien
  • Tageslicht im Stall
  • Begrenzte Zahl an Nutztieren
  • Strohlagerung im Stall
  • Gentechnikfreies Futter
  • Verzicht auf Antibiotika oder andere Leistungsförderer

Das Tierschutzlabel: Der Deutsche Tierschutzbund vergibt Sterne

Verbraucher und Verbraucherinnen können sich seit 2013 auch an dem Tierschutzlabel, herausgegeben vom Deutschen Tierschutzbund orientieren. Mittlerweile gibt es das Siegel für Schweine-, Geflügel- und Rindfleisch. Auch Eier und Milch können mit dem Tierschutzlabel versehen sein. Eingeteilt werden die Produkte in die Einstiegs- und Premiumstufe, sie erfüllen beide mehr als die gesetzlichen Mindeststandards.

Beispielhafte Kriterien für die Einstiegsstufe, erkennbar an einem Stern:

  • Spezielle Liegebereiche im Stall für Schweine
  • Etwa 45 Prozent zusätzlicher Platz (als gesetzlich vorgeschrieben)
  • Beschäftigungsmöglichkeiten für die Nutztiere
  • Keine Entfernung der Schweineschwänze
  • Kühe dürfen nicht angebunden werden

Beispielhafte Kriterien für die Premiumstufe, erkennbar an zwei Sternen:

  • Etwa doppelt so viel Platz als gesetzlich vorgeschrieben für Mastschweine
  • Auslauf ins Freie
  • Angebot an Beschäftigungsmaterial wie Stroh oder Picksteinen (für Hühner)
  • Strenge Regeln für den Transport von Nutztieren (max. 4 Stunden Transportweg)
  • Entfernung der Schweineschwänze verboten
  • Bei Hühnern nur langsam wachsende Zuchtlinien

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Unterschiedliche Bio- und Tierwohl-Siegel, eingeteilt nach hohem, mittlerem und niedrigem Niveau.

© Quelle: Verbraucherzentrale | Hintergrund: iStock / AdventurePicture

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Insgesamt ist die Einstufung in fünf Haltungsformen vorgesehen:

  1. Haltungsform Stall
  2. Haltungsform Stall + Platz
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