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Gesundheitsmagazin

Verdauungssystem

Blähbauch: Wie er entsteht und was gegen ihn hilft

Veröffentlicht am:22.12.2023

5 Minuten Lesedauer

Es ist ein gesellschaftliches Tabuthema und führt bei Betroffenen oft zu schmerzhaftem Leiden und großer Scham: Blähungen. Was die Beschwerden verursacht, warum Männer häufiger betroffen sind und wie achtsames Essen gegen einen Blähbauch hilft.

Ein Mann sitzt auf der Couch und hält mit beiden Händen seinen aufgeblähten Bauch.

© iStock / Mladen Zivkovic

Der Mediziner Professor Dr. Frieling arbeitet als Chefarzt der Medizinischen Klinik II der Heliosklinik in Krefeld und ist Beitragsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten.

So entsteht ein Blähbauch nach dem Essen

Blähungen sind unangenehm, sie sind vielen peinlich und doch ganz alltäglich. Sobald wir etwas essen, setzt die Verdauung ein. Dabei bilden sich Gase wie Kohlendioxid, Methan und Wasserstoff, die zu einer Luftansammlung im Darm führen. Dieser Vorgang ist ganz natürlich, erklärt Prof. Dr. Frieling, Beiratsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten und Chefarzt der Medizinischen Klinik II der Heliosklinik in Krefeld: „Jeden Tag produziert der Darm bis zu zwei Liter Gas. Allein durch die Verdauung entstehen bereits eineinhalb Liter Darmgas.“ Der Großteil davon wird vom Darm aufgenommen, resorbiert und durchs Blut in die Lungen transportiert, über die die Gase ausgeatmet werden. Der Rest entweicht während des Stuhlgangs. 10- bis 20-mal Luftablassen am Tag sind beim Mann etwa völlig normal. Erst wenn diese Zahl höher ist, wird tatsächlich von Blähungen (Flatulenz) gesprochen. Der Experte rät davon ab, diese zu unterdrücken. „Das führt nur zu vermehrten Blähungen, Bauchdruck und Schmerzen und kann sogar Krämpfe auslösen.“

Stress und Hektik – die Feinde des Darms

Die ansonsten harmlose Luft im Darm kann zu einer Nervenprobe werden – sowohl für die Betroffenen als auch für den Darm selbst. Denn der Magen-Darm-Trakt ist von Millionen von Nervenzellen umhüllt. In Stress- oder Angstsituationen wird das Stresshormon Cortisol freigesetzt, der Körper in Alarmbereitschaft versetzt und die Energiereserven aus dem Magen und dem Darm abgezogen. Doch gerade Verdauungsprozesse benötigen sehr viel Energie. Ohne sie läuft der Nahrungstransport nicht optimal, was zu einem Blähbauch und Durchfall führen kann.

Daneben gelangt beim Schlucken vermehrt Luft in den Darm. „Das passiert vor allem, wenn zu hastig und unter Stress gegessen wird“, erklärt der Gastroenterologe. „Zwar ist es wissenschaftlich nicht belegt, dass Männer häufiger unter Blähungen leiden als Frauen. Doch meiner Erfahrung nach neigen Männer eher dazu, schnell oder gestresst zu essen und bei der Nahrungszusammensetzung nicht so wählerisch zu sein. Dadurch haben sie vermutlich öfter mit Blähungen zu kämpfen.“

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Wann sind Blähungen nicht mehr normal?

Nicht nur das Essverhalten kann einen Blähbauch verursachen, hinter den Beschwerden kann auch eine Nahrungsmittelintoleranz stecken:

  • Bei einer Laktoseintoleranz mangelt es dem Körper am Enzym Laktase, welches den Milchzucker während der Verdauung spaltet. Ohne diesen Vorgang gelangt er ungespalten in den Dickdarm und verursacht einen Blähbauch und Blähungen.
  • Bei einer Fruktoseintoleranz kann der Dünndarm den Fruchtzucker aus Obst oder Säften nicht oder nur teilweise verwerten. Der Fruchtzucker wandert direkt in den Dickdarm, die Darmbakterien nehmen ihn auf und produzieren Gase.
  • Bekommen Betroffene durch den Verzehr glutenhaltiger Lebensmittel einen Blähbauch, könnte Zöliakie die Ursache sein. Bei dieser Erkrankung entzündet sich die Darmschleimhaut, Nährstoffe können nur noch unzureichend aufgenommen werden.

Diese Erkrankungen unterscheiden sich auf den ersten Blick nicht von einem Reizdarm, der auf einer funktionellen Störung beruht. „Neben Blähungen nimmt bei einem Reizdarm der Bauchumfang zu, im Magen rumort es, und Krämpfe sowie vermehrtes Luftablassen treten auf“, sagt der Experte. „Das heißt nicht, dass tatsächlich mehr Gas im Magen-Darm-Trakt vorhanden ist. Vielmehr reagieren Reizdarm-Betroffene nur stärker auf die normale Gasentwicklung und haben eine niedrigere Empfindungsschwelle.“ Wichtig ist in jedem Fall, die Ursache zu klären. Treten Blähungen plötzlich auf oder dauern sie bereits längere Zeit an, sollte ein Internist aufgesucht werden. „Blut im Stuhl oder Gewichtsverlust sind Alarmsymptome, bei denen eine Untersuchung unbedingt erforderlich ist“, rät der Mediziner. Im schlimmsten Fall kann auch Dickdarmkrebs hinter dem Blähbauch stecken – bei Männern die dritthäufigste Krebserkrankung. Im Alter steigt das Risiko zu erkranken. Deshalb ist eine regelmäßige Vorsorge wichtig.

„Männer neigen dazu, hastig und oftmals unter Stress zu essen.“

Professor Dr. Frieling
Beiratsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten

Schnelle Hilfe gegen einen Blähbauch

Generell können bestimmte Lebensmittel zu mehr oder weniger starken Blähungen und einem Blähbauch führen. Dazu zählen Hülsenfrüchte, aber auch Paprika. Das heißt nicht, dass man diese Nahrungsmittel meiden muss. „Wichtig ist, sein Essverhalten zu überprüfen. Sich Ruhe und Zeit zum Essen zu nehmen, ist unabdingbar“, sagt Prof. Dr. Frieling. Wer konzentriert isst, isst automatisch langsamer und kaut ausgiebiger. Das erleichtert die Verdauung. Der Gastroenterologe empfiehlt, ballaststoffreiche Lebensmittel nicht zusammen mit zuckerhaltigen zu verzehren – auch nicht mit Obst oder Fruchtsäften. Das könne die Neigung zu Blähungen steigern. Kohl, Zwiebeln und Knoblauch führen aufgrund ihres Schwefelgehalts zu geruchsintensiven Gasen. „Eine Ernährungsanpassung mithilfe eines Ernährungsberaters oder einer Ernährungsberaterin kann hilfreich sein.“, sagt Prof. Dr. Frieling. Daneben ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr wichtig. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, 1,5 Liter pro Tag durch Getränke und Nahrung aufzunehmen. Auch tiefe Atemzüge in den Bauch helfen, die Sauerstoffzufuhr in Stresssituationen zu erhöhen. Um den Darm zu entkrampfen, sollten Spaziergänge oder sportliche Aktivitäten den Alltag begleiten. So können unangenehme Blähgefühle reduziert werden, und die Luftansammlung im Darm bleibt das, was sie ist: ein natürlicher Vorgang des Körpers.

Eine junge Frau lehnt an einem Sideboard in ihrer Küche und löffelt entspannt einen Joghurt.

© iStock / AleksandarNakic

Beugt einem Blähbauch vor: viele kleine Mahlzeiten und sich Zeit fürs Essen zu nehmen.

Praktische Tipps bei einem Blähbauch

  • Richtige Ernährung: Um den Darmtrakt zu entkrampfen und Blähungen zu lindern, vor dem Essen Fencheltee mit Kümmel oder Pfefferminze trinken. Fürs Essen gilt: frisch kochen. Denn bei der Zubereitung wird der Darm auf die bevorstehende Verdauung vorbereitet. Statt viel auf einmal zu essen, lieber mehrere kleine Mahlzeiten.
  • Mini-Workout: Spaziergänge und Bauchmassagen (sanfte Kreisbewegungen im Uhrzeigersinn) fördern die Verdauung. Ebenso wirkungsvoll: Radfahren im Liegen. Einfach auf den Rücken legen und die Beine wie beim Radfahren in der Luft bewegen.
  • Flohsamen als natürliche Helfer: Gegen Durchfall und Verstopfung helfen die in Flohsamen enthaltenen Schleim- und Ballaststoffe. Einen Teelöffel Flohsamenpulver mit 100 ml Wasser vermischen und zügig austrinken, bevor das Pulver aufquillt. Eine halbe Stunde vorm Essen oder zwei Stunden danach sind perfekt – und das zwei Mal am Tag.
  • Fructose-Check: Viel Fructose steckt in Äpfeln, Birnen und Trauben. Aber auch in Säften, Limonaden, Softdrinks sowie in Fertigprodukten und Süßungsmitteln wie Agavendicksaft. Diese Lebensmittel und Produkte nur in Maßen essen oder ganz auf sie verzichten.
  • Keine Kaugummis mit Zuckerersatz: Zuckerersatzstoffe in Kaugummis, darunter Sorbitol, Xylitol und Maltit, können Blähungen, Durchfall und Magenkrämpfe auslösen. Der unerwünschte Effekt tritt bereits bei 5 g Sorbitol pro Tag ein – das entspricht vier Kaugummistreifen.

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