Psychologie
Intensivpflege: Warum Pflegekräfte so wichtig sind
Veröffentlicht am:05.11.2025
5 Minuten Lesedauer
Eine Behandlung auf der Intensivstation ist für die meisten Menschen eine Extremsituation. Oft sind es die Pflegefachpersonen, die Betroffenen durch die schwere Zeit helfen. Studien belegen, was gute Pflege für die Genesung leistet.

© iStock / Tempura
Pflege auf der Intensivstation: Begleitung in ungewissen Zeiten
Manchmal kündigt es sich länger an, manchmal kommt es ganz plötzlich: Wir müssen ins Krankenhaus. Für eine Operation, nach einem Unfall oder wegen einer schweren Erkrankung. Für viele Betroffene ist ein Krankenhausaufenthalt eine Ausnahmesituation, verbunden mit Ängsten und Sorgen. Werde ich wieder gesund? Wie werden die Gesundheitsprofis mich in der Klinik behandeln? Auch die Aussicht, von anderen gepflegt werden zu müssen, ist manchen Menschen sehr unangenehm.
Dabei sind es oft gerade die Pflegefachpersonen, die Halt geben angesichts unangenehmer Behandlungen und des Ausblicks auf eine ungewisse Zukunft. Die erklären, was gerade passiert, ein offenes Ohr für Sorgen haben, bettlägerige Patienten und Patientinnen pflegen, mit sicheren Handgriffen Verbände wechseln oder Drainagen ziehen.
Was macht den Beruf der Pflegefachkräfte aus? Wie wirkt sich ihre Arbeit auf die Genesung aus?
Eine besonders wichtige Rolle spielt das Personal in der Intensivpflege oder Kinderintensivpflege, wo sie schwer Erkrankte und Operierte nach größeren Eingriffen betreuen – und ihre Angehörigen meist gleich mit.
Passende Artikel zum Thema
Postoperative Pflege: Zurück ins Leben begleiten
Größere chirurgische Eingriffe bedeuten Stress für den Körper – und auch für die Seele. Viele Patientinnen und Patienten haben Angst vor dem Eingriff und seinen Folgen. Studien zeigen, dass bei besonders intensiver Pflege nach größeren Operationen im Brust- oder Bauchraum weniger Nebenwirkungen und Komplikationen auftreten. Die Patientinnen und Patienten sind zufriedener, haben weniger Schmerzen und können das Krankenhaus schneller verlassen. In einer der Studien zeigten sich bei der intensiveren Pflege außerdem bessere Werte für Blutdruck und Herzfrequenz, weniger Angst und eine höhere Lebensqualität.
Die intensivere Pflege heißt in einer Studie „comfort nursing“, in der anderen „high-quality nursing“. Die Konzepte ähneln sich; beide enthalten unter anderem eine pflegerische Betreuung vor und nach dem operativen Eingriff sowie eine psychologische Begleitung, bei der das Personal den Kranken vieles erklärt und auf Ängste und Depression eingeht.
Die Untersuchungen zeigen, dass rund um einen chirurgischen Eingriff viele Dinge helfen können, mit Schmerz, Angst und körperlichen Einschränkungen umzugehen. Das Pflegepersonal spielt dabei eine wichtige Rolle – sowohl in der körperlichen Pflege als auch in der seelischen Begleitung.
Auf die Pflegequalität kommt es an
„Comfort nursing“ und „high-quality nursing” benötigen gut ausgebildetes Personal in ausreichender Menge. Eine Erhebung in neun europäischen Ländern zeigt, dass gute Pflege die Sterblichkeit auf Intensivstationen senken kann. Eine weitere Studie fand bei guter Personalausstattung ein reduziertes Risiko für Stürze.
Beide Studien bestätigen, wie wichtig aufmerksame und möglichst ganzheitliche Pflege ist – vor allem (aber natürlich nicht nur) auf Intensivstationen.

© iStock / Tempura
Intensivpflege und Hoffnung
Für viele Intensivpatientinnen und -patienten ist Hoffnung ein großes Thema. Ein Forschungsteam hat zehn von ihnen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus dazu interviewt. Mehrere erzählen, das Pflegepersonal habe ihnen geholfen, in einer schwierigen Situation wieder Hoffnung zu schöpfen. Als hilfreich beschrieben viele Gespräche auf Augenhöhe mit Pflegepersonen, die ihre negativen Gefühle auffingen, Verbesserungsmöglichkeiten diskutierten und selbst an der Hoffnung festhielten. Eine achtsame Pflege kann helfen, im Hier und Jetzt zu bleiben.
Auch Angehörigen fällt es häufig schwer, angesichts der Sorge um einen geliebten Menschen hoffnungsfroh zu bleiben. Sie erleben oft emotionalen Stress und dieser drückt sich dann manchmal in Misstrauen und Ärger gegenüber dem medizinischen Personal aus. In Befragungen zu ihren Bedürfnissen gaben Angehörige vor allem diese Themen an:
- Zusicherung: ehrliche Antworten auf ihre Fragen, Vertrauen und Sicherheit spüren, dass sich das medizinische Team gut um den kranken Menschen kümmert
- Information: wissen, wie die Patientin oder der Patient behandelt wird und warum bestimmte Dinge getan werden
- Nähe zum Patienten oder zur Patientin: oft beim kranken Menschen sein und informiert werden, wenn sich der Zustand ändert
Werden diese Bedürfnisse vom Pflegepersonal aufgefangen, hilft das den Angehörigen, mit der schwierigen Situation umzugehen.
Anforderungen an die Pflege
Arbeiten in der Pflege kann sehr erfüllend sein, aber auch extrem fordernd. Eine Studie der Hans Böckler Stiftung hat Menschen in verschiedenen sozialen Berufen nach Anforderungen an sogenannte Schlüsselqualifikationen gefragt. Krankenpflegerinnen und -pfleger gaben an:
Wie häufig kommt es vor, dass Sie …
- … auf Probleme reagieren und diese lösen müssen? 87,3 Prozent
- … eigenständig schwierige Entscheidungen treffen müssen? 57,4 Prozent
- … Verantwortung für andere Personen übernehmen müssen? 83,0 Prozent
Pflege: Tätigkeit mit hohem Anspruch
Wie sollen Pflegefachpersonen das alles erfüllen? Neben einer guten Ausbildung und ausreichenden Personalschlüsseln ist Erfahrung ein wichtiger Faktor. Dazu gehört manchmal auch die Erfahrung, selbst im Krankenhaus behandelt zu werden. In Forschungsinterviews erzählen neun Pflegepersonen, die so einen Rollenwechsel erlebt haben, von dieser Erfahrung. Mehrere berichten, die Erfahrung habe ihren Blick auf die Pflege verändert. Ihnen sei bei dem stationären Aufenthalt zum Beispiel noch deutlicher geworden, wie wichtig Information und Empathie sind.
Insgesamt sind Motivation und Mitgefühl bei Pflegenden generell sehr hoch. Im Booklet „Systemrelevant! Fachkräfte in der Pflege“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend beschreibt eine Pflegefachperson die eigene Rolle so: „Für die Patientinnen und Patienten sind wir Leuchttürme: Wir geben ihnen Sicherheit und bieten Orientierung für den Alltag.“ Gleich nach Fachlichkeit nannten die befragten Fachkräfte Respekt und Würde als wichtigstes Leitmotiv ihres Berufs.
Passende Angebote der AOK
Pflegeberatung
Muss ein Mensch nach dem Krankenhausaufenthalt zu Hause weiter gepflegt werden, kann die AOK-Pflegeberatung helfen, die Pflege zu organisieren – vom individuellen Versorgungsplan bis zum Ausfüllen von Anträgen.
Die Inhalte unseres Magazins werden von Fachexpertinnen und Fachexperten überprüft und sind auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft.






