Psychologie
Dating-Burnout durch Online-Dating – wenn die Suche nach Liebe nur noch ermüdet
Veröffentlicht am:19.08.2025
5 Minuten Lesedauer
Für viele Menschen ist Online-Dating nicht aufregend, sondern auslaugend. Fachleute sprechen von Dating-Burnout oder Dating-Fatigue. Breadcrumbing und Ghosting verstärken die Unzufriedenheit. Wie kommt es dazu und wie kann man sich schützen?

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Was Online-Dating von „klassischem“ Dating unterscheidet
Die große Liebe oder eine stabile Beziehung mit wenigen Wischbewegungen über das Smartphone finden? Das wünschen sich vermutlich viele derjenigen, die auf Dating-Plattformen unterwegs sind. Und das sind nicht wenige Nutzer und Nutzerinnen. Laut einer repräsentativen Umfrage des Branchenverbandes Bitkom aus dem März 2025 war mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland, die Zugang zum Internet haben, bereits auf einer Online-Dating-Plattform aktiv. Laut Bitkom-Schätzungen aus dem Jahr 2022 sind das in absoluten Zahlen rund 20 Millionen Menschen ab 16 Jahren. Demzufolge ist es nicht übertrieben zu sagen: Online-Dating – ob über Dating-Apps oder Online-Partnervermittlungen – ist längst zum Normalfall geworden, wenn es um die Partnersuche geht. Laut der Bitkom-Umfrage von 2025 wüssten viele Menschen inzwischen gar nicht mehr, wie man in der „echten“ Welt einen Partner oder eine Partnerin finden kann.
Ein Korb ist ganz normal
Wer sich schon einmal im Online-Dating versucht hat, dürfte diese Erfahrung bereits gemacht haben: Nicht jeder Anbahnungsversuch ist von Erfolg gekrönt. Das ist im nicht-digitalen Leben natürlich genauso. Menschen entwickeln Gefühle oder zumindest Interesse für andere Menschen, die sie bei der Arbeit oder in der Freizeit kennengelernt haben. Nicht immer werden diese Gefühle erwidert und Kennenlernversuche mehr oder weniger freundlich abgeblockt. Kurz: Man bekommt einen Korb. Das ist nichts Ungewöhnliches.
Beim Online-Dating häufen sich die Misserfolge
Was das Online-Dating vom klassischen Kennenlernen unterscheidet, ist die schiere Zahl möglicher Zurückweisungen. Egal, welche App oder Online-Partnervermittlung man nutzt: Es gibt immer zahlreiche Partnervorschläge. So viele Menschen lassen sich im realen Leben gar nicht kennenlernen. Das Angebot ist riesig und wenn man viele dieser Vorschläge kontaktiert, ist es wahrscheinlich, dass es auch viele Zurückweisungen gibt. Wer ständig einen Online-Korb bekommt, ist frustriert. Anstatt dann einfach die Finger vom Smartphone zu lassen, probieren es viele User und Userinnen immer wieder. Der Dating-Stress und der Frust wachsen.
Emotionale Erschöpfung durch Online-Dating
Anhaltender Stress und Frust können zu emotionaler Erschöpfung führen. Dies ist unabhängig von der Stressursache. Mit den unterschiedlichen Online-Formaten sind neue mögliche Frustrationsquellen hinzugekommen. Und da das Online-Dating mittlerweile einen großen Stellenwert im Alltag vieler Menschen einnimmt, beschäftigt sich die psychologische Forschung mit den Auswirkungen von Online-Dating auf die psychische Gesundheit.
Forschende haben festgestellt, dass viele Benutzer und Benutzerinnen von Online-Dating aufgrund von Dating-Monotonie und -Misserfolgen emotional erschöpft sind. Mit anderen Worten: Sie fühlen sich ausgelaugt, antriebslos und weniger leistungsfähig. Laut einer Studie aus dem Jahr 2024 sind davon rund 14 Prozent der Nutzer und Nutzerinnen von Dating-Apps und -Plattformen betroffen. Die anfängliche Aufregung über die vielen Online-Möglichkeiten lässt bei vielen Usern und Userinnen mit der Zeit nach. Was zunächst als aufregend empfunden wurde – etwa die ersten Online-Kontaktaufnahmen – verwandelt sich durch ständige Wiederholungen und Misserfolge in eine ermüdende Belastung.
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Was bedeuten Dating-Burnout und Dating-Fatigue?
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen geben den Phänomenen, die sie entdecken und untersuchen, gerne einen aussagekräftigen Namen. Im Kontext der emotionalen Erschöpfung durch Online-Dating lauten die Vorschläge „Dating-Burnout“ und „Dating-Fatigue“. Dabei handelt es sich jedoch weder um eigenständige Krankheitsbilder noch um anerkannte psychische Störungen oder Erkrankungen. Vielmehr werden die medizinisch und psychologisch etablierten Begriffe Burnout und Fatigue auf die Welt des Online-Datings übertragen, um die neuen Erscheinungen benennen zu können.
Fatigue und Burnout lassen sich wie folgt definieren:
- Fatigue: Betroffene fühlen sich erschöpft, müde und energielos. Dieses Gefühl äußert sich sowohl körperlich als auch geistig und geht mit einer verminderten Leistungsfähigkeit sowie einer verringerten Reaktion auf Reize einher. Fatigue kann zahlreiche Ursachen haben, körperliche und psychische.
- Burnout: Ein Burnout ist die Folge von chronischem Stress (am Arbeitsplatz), der nicht erfolgreich bewältigt wurde. Wie bei der Fatigue fühlen sich Betroffene erschöpft, müde und energielos. Sie sind weniger leistungsfähig. Zusätzlich nehmen sie ihre (Arbeits-) Umwelt distanziert und negativ wahr und neigen zu Zynismus.
Entsprechend diesen Definitionen von Fatigue und Burnout ist ein Dating-Burnout beziehungsweise eine Dating-Fatigue ein Zustand emotionaler Erschöpfung, Energielosigkeit und verminderter Leistungsfähigkeit, der mit anhaltendem Stress- und Frustrationserlebnissen bei der Online-Partnersuche zusammenhängt. Die zunehmende Entmutigung kann sich auch in einer negativen und oftmals zynischen Haltung gegenüber Kontaktpersonen in Dating-Apps äußern. Häufig entwickelt sich dann ein Kreislauf, denn eine latent negative Grundhaltung fördert die Erfolgsaussichten beim Dating nicht gerade und weiterer Frust steht an.
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Breadcrumbing, Ghosting und weitere Risikofaktoren für den Dating-Burnout
Die besondere Online-Umgebung und die charakteristischen Abläufe beim Online-Dating begünstigen emotionale Erschöpfung. Die wichtigsten Faktoren sind die Einförmigkeit der Abläufe beim Online-Dating sowie Ghosting und Breadcrumbing. All das gibt es beim Kennenlernen und Flirten in der realen Welt nicht; beim Online-Dating sind diese Phänomene jedoch weit verbreitet. Wer sich jetzt denkt: „Ich weiß nicht einmal, was ‚Ghosting‘ oder ‚Breadcrumbing‘ bedeutet“, dem sei versichert: Man kann auch ohne Kenntnis dieser Begriffe darunter leiden. Im Folgenden werden sie erläutert.
Eintönigkeit Ghosting Breadcrumbing
Tipps für achtsames Online-Dating
Niemand ist beim Online-Dating davor gefeit, auf ein Gegenüber zu treffen, das es nicht ernst meint oder irgendwann Kommunikationsformen an den Tag legt, die andere als verletzend empfinden. Insofern gibt es keinen absoluten Schutz vor Ghosting oder Breadcrumbing, wenn man einmal in die Welt der Dating-Plattformen eingetaucht ist. Was Sie jedoch selbst zu einem gelungeneren Online-Dating beitragen können, ist: Ihre eigenen Wünsche kennen, sie Ihrem Online-Gegenüber klar benennen und sich gegebenenfalls zurückziehen, wenn das Online-Dating ins Leere zu laufen droht oder toxisch zu werden beginnt.
- Wenn Sie an einem Match echtes Interesse haben, sollten Sie versuchen, das Kennenlernen aus der virtuellen Welt möglichst schnell in die reale Welt zu überführen: also die Person persönlich treffen (am besten nicht zuhause, sondern im öffentlichen, neutralen Raum). So vermeiden Sie ein langes Hinhalten. Außerdem erkennen beide Seiten schneller, ob sich weitere Investitionen in Gefühle und Zeit lohnen.
- Präsentieren Sie sich authentisch, bewahren Sie aber intime Details für sich.
- Beginnen Sie die Beziehungsfindung mit einfühlsamer Neugier – also mit der Einstellung, etwas über die andere Person erfahren zu wollen. Lassen Sie wiederum Ihr Gegenüber an bedeutsamen, heiteren oder auch verletzlichen Geschichten aus Ihrem Leben teilhaben.
- Setzen Sie sich Grenzen, die Sie in der ersten Phase des Kennenlernens nicht überschreiten möchten, und achten Sie darauf, ob Ihr Match diese respektiert.
- Legen Sie nach erfolglosen Dates Erholungspausen ein. Gönnen Sie sich Zeit, um sich auf sich selbst und Ihre eigenen Bedürfnisse zu besinnen und das Leben allein wieder schätzen zu lernen.
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