Muskel-Skelett-System
Was ist eine Trichterbrust und welche Folgen hat sie?
Veröffentlicht am:26.09.2025
13 Minuten Lesedauer
Eine Trichterbrust ist für Betroffene oft sehr belastend. Während die körperliche Leistungsfähigkeit nur wenig oder gar nicht eingeschränkt ist, kann vor allem das Selbstwertgefühl leiden. Doch was ist eine Trichterbrust?

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Trichterbrust: bei Frauen seltener als bei Männern
Eine Trichterbrust (Pectus excavatum) ist eine angeborene Fehlbildung. Durch Veränderungen der Knorpelverbindung zwischen Brustbein und Rippen ist der vordere Brustkorb deformiert. Mehrere Rippen und das Brustbein sind nach innen gedrückt. Dadurch entsteht eine Vertiefung zwischen den rechten und linken Rippen. Ihre Form erinnert an einen Trichter, der auch asymmetrisch sein kann. In dem Fall ist eine Seite stärker eingezogen.
Die genaue Ursache der Trichterbrust ist bisher noch nicht geklärt. Sie tritt in manchen Familien jedoch gehäuft auf und ist bei Frauen seltener als bei Männern. Meist wird sie bereits in den U-Untersuchungen beim Kinderarzt diagnostiziert, sie kann sich durch Wachstumsschübe auch verschlimmern.
Eine Trichterbrust ist nicht lebensgefährlich. Die körperliche Leistungsfähigkeit ist selten beeinflusst – die Psyche dagegen häufig. Viele Betroffene empfinden sie als ästhetischen Makel und wünschen sich eine Korrektur. Während Jungen und Männer eher unter der Einziehung des Brustkorbs leiden, ist es bei Frauen eher eine auffällige Asymmetrie oder Deformierung ihrer Brüste, die zu einem psychischen Leidensdruck führt.
Eine Trichterbrust kann auch im Rahmen anderer Erkrankungen, zum Beispiel bei einem Marfan-Syndrom, auftreten oder auch in Kombination mit anderen Fehlstellungen der Wirbelsäule, wie zum Beispiel Skoliose oder Kyphose.
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Symptome und Auswirkungen einer Trichterbrust
In der Regel bestehen keine körperlichen Einschränkungen, nur selten treten Probleme bei Herz oder Lunge auf. Das Herz kann zum Beispiel durch „Platzmangel“ eingeschränkt werden. In Ruhezeiten spielt das keine Rolle, doch bei körperlicher Aktivität, zum Beispiel beim Sport, kann das Herz sein Schlagvolumen nicht an den Bedarf anpassen. Es kommt zu Atemnot und Herzrasen.
Auch der Lunge kann in dem verkleinerten Brustraum weniger Platz zur Verfügung stehen. Betroffene können deshalb ein geringeres Lungenvolumen haben, meist ist die Lungenreserve aber groß genug.
Eine Trichterbrust ist für Betroffene oft psychisch belastend , sie wirkt sich vor allem auf ihr Selbstwertgefühl aus und schränkt ihre Lebensqualität ein. Eine schwedische Interviewstudie untersuchte vor einigen Jahren zum ersten Mal, welche Erfahrungen Menschen mit einer Trichterbrust in ihrem alltäglichen Leben machen. Zwischen Ende Februar 2020 und Ende April 2021 wurden 17 Männer und zwei Frauen befragt, die kurz davor standen, ihre Trichterbrust operieren zu lassen. Die Studie ist somit sehr klein und nicht repräsentativ. Sie gewährt jedoch Einblicke in die Lebensgeschichten von Betroffenen, auch wenn sich diese nicht verallgemeinern lassen.
Leben mit einer Trichterbrust
Das Ziel der Interviewstudie war, die individuellen Gründe für die Operation besser zu verstehen. In Telefon-Interviews wurden 19 Menschen im Alter von 14 bis 36 Jahren befragt.
Die meisten von ihnen fühlen sich mit ihren Problemen allein, weil sie glauben, dass niemand sie verstehen könne. Eine Mehrheit gab an, die Brust aus Scham zu verstecken und sich körperlich eingeschränkt zu fühlen. Viele hatten Strategien entwickelt, um die Trichterbrust zu verbergen. Sie wählten Kleidung, die diese verdeckt oder sie zogen sich nach dem Sport als Erste oder Letzte um, um nicht gesehen zu werden. Die Tricherbrust betrachteten sie auch als Hindernis für intime Beziehungen und sie war auch der Grund, sich aus dem sozialen Leben zurückzuziehen. Viele hatten aber das Gefühl, Unterstützung zu bekommen, wenn sie Familie und enge Freunde darum baten. Für einige war es auch kein Problem, anders auszusehen. Alle hatten die Hoffnung, dass ihr Leben nach der Operation leichter wird.
Trichterbrust bei Kindern
Die Trichterbrust ist die häufigste angeborene Deformation der Brustwand. Bei 1.000 Lebendgeburten sind zwischen einem und acht Neugeborenen davon betroffen. Jungen vier bis fünf Mal häufiger als Mädchen.
Wie wird eine Trichterbrust behandelt?
Um eine Trichterbrust zu behandeln, kommen verschiedene Therapien infrage: Krankengymnastik, eine Saugglockenbehandlung und eine Operation. Welche Therapie sinnvoll und notwendig ist, hängt davon ab, wie alt der Patient oder die Patientin ist, wie stark die Trichterbrust ausgeprägt ist und wie stark der Patient beziehungsweise die Patientin eingeschränkt ist. Auch Kombinationen der Therapieoptionen sind möglich.
- Krankengymnastik: Es gibt spezielle Übungen, die die Brust- und Rückenmuskulatur stärken und so den Brustkorb erweitern und eine bessere Körperhaltung fördern. Wichtig ist, sie konsequent durchzuführen.
- Saugglocke: Auf die Trichterbrust wird eine Saugglocke aus orthopädischem Silikon aufgesetzt und mithilfe eines Saugballs ein Unterdruck erzeugt, um den Brustkorb anzuheben. Die Saugglocke korrigiert die Fehlstellung langsam und sie muss täglich angewendet werden, meist zwischen einer Stunde und drei Stunden.
- Operation: Sie wird gewählt, wenn eine schnelle Korrektur erwünscht beziehungsweise notwendig ist oder wenn eine andere Therapie nicht erfolgreich war.
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Trichterbrust: minimal-invasives Operationsverfahren
Die minimal-invasive Therapie (Nuss-Verfahren) wird meist bei Menschen zwischen 16 und 20 Jahren durchgeführt. Mithilfe einer Brustkorbspiegelung wird ein Metallbügel unter den Trichterboden des Brustbeins geschoben und seitlich an den Rippen fixiert. Der Bügel hebt das Brustbein an und hält es in Normalstellung. Es besteht die Gefahr, dass es zu einer Herz- oder Lungenperforation kommt. Nach der Operation müssen meistens längere Zeit Schmerzmittel eingenommen werden. Drei Jahre nach der Operation wird der Bügel entfernt.
Operation bei Trichterbrust: Ravitch-Verfahren
Bei der offenen chirurgischen Trichterbrustkorrektur (modifiziertes Ravitch-Verfahren) wird der Brustkorb freigelegt. Dieses Verfahren kommt bei Patienten und Patientinnen mit stark asymmetrischen Brustkorbdeformitäten zum Einsatz, wenn das Einbringen eines Bügels unter dem Brustbein nicht ausreichend erscheint. Der Chirurg oder die Chirurgin durchtrennt den Knorpel neben dem Brustbein, der die Deformität verursacht, richtet ihn auf und fixiert ihn mit Nähten. Zur Stabilisierung werden Metallimplantate benutzt. So gelangt das Brustbein in Normalstellung. Nach einem Jahr kann das Metall entfernt werden.
Neue Behandlungsmöglichkeiten
In der Brustchirurgie werden neue Verfahren entwickelt und erprobt. Dazu gehört unter anderem, Implantate mit der 3D-Technologie herzustellen und einzusetzen. Sie sollen präziser sein als manuell hergestellte. Ein anderes Konzept ist der totale Umbau der Brustwand. Dabei wird die gesamte vordere Brustwand, einschließlich der oberen Brust, der Asymmetrien und der deformierten Rippenausbrüche umgewandelt. Es laufen derzeit noch Studien, die diese Verfahren prüfen, insbesondere auch zu Vor- und Nachteilen gegenüber konventionellen Techniken.
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