Gehirn & Nerven
Wie KI das Lernen verändert – und wovor Forschende warnen
Veröffentlicht am:30.12.2025
4 Minuten Lesedauer
KI-Tools sind für Jugendliche und Studierende wichtige Anwendungen. Doch Forschungen ergaben: Je mehr Vertrauen in KI besteht, desto weniger wird kritisch gedacht. Was bedeutet das für Schule, Universität und das eigene Denkvermögen?

© iStock / Viktoriia Hnatiuk
Welche Rolle spielt KI in der Schule?
Ob Schulkinder, Studierende oder Lehrende: Sie alle nutzen Künstliche Intelligenz (KI) zum Lernen und Lehren. Insbesondere ChatGPT ist bei den deutschen Schülern und Schülerinnen beliebt. Im Sommer 2025 wurden für eine Studie 1.200 Kinder und Jugendliche befragt. Das Ergebnis: Für die 12- bis 19-Jährigen ist ChatGPT die wichtigste Anwendung, 84 Prozent von ihnen haben das Tool bereits verwendet – ein Zuwachs von 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen arbeitet mindestens mehrmals pro Woche mit ChatGPT. Deutlich seltener nutzen sie dagegen die KI-Tools Google Gemini, Meta AI oder das KI-Übersetzungstool DeepL.
ChatGPT ist ein sogenanntes Large Language Model (LLM), das anders als frühere Chatbots menschenähnliche Konversationen führen und sich an den Kontext eines Gesprächs erinnern kann. Schüler und Schülerinnen nutzen den KI-Chatbot zum Lernen (74 Prozent), für die Hausaufgaben oder zur allgemeinen Recherche. Mehr als die Hälfte setzt den KI-Bot zudem in der Schule beziehungsweise im Unterricht ein.
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An der Uni: Was sind die Vor- und Nachteile von ChatGPT?
Einer der größten Vorteile beim Lernen mit KI liegt vermutlich in der ständigen Verfügbarkeit und der Möglichkeit, das Lernen zu personalisieren, also auf die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Eine kleine Studie mit 91 Studierenden in Tschechien gibt interessante Einblicke, welche weiteren positiven Effekte sie beim Lernen mit ChatGPT beobachtet haben, aber auch welche Bedenken sie hatten:
Welche Vorteile hat ChatGPT?
Besonders positiv fielen den Studierenden diese Anwendungen von ChatGPT auf:
- Die KI stellt allgemeine Informationen bereit, die im Internet verfügbar sind: Das ist vor allem bei Themen wie Naturwissenschaften, Mathematik oder Informatik hilfreich.
- Zum Schreiben von E-Mails und formellen Texten: Die KI hilft, professionelle Korrespondenz zu verfassen.
- Für kreatives Schreiben: Bei Geschichten und Essays, die mithilfe von ChatGPT erstellt wurden, erkannten die Studierende kaum Unterschiede.
- Zur Fehlersuche in Programmiercodes: IT-Studierende schätzten die schnelle Fehlererkennung.
- Für Übersetzungen: Auch in Minderheitensprachen wie Tschechisch funktioniert ChatGPT überraschend gut.
- Zur Prüfungsvorbereitung: Komplexe Konzepte werden verständlich erklärt.
Was für Nachteile hat ChatGPT?
Trotz der Begeisterung äußerten viele Studierende auch Bedenken gegenüber der Anwendung und dem Lernen mit KI. Denn ChatGPT konnte ihre Fragen nur bis zu einem gewissen Maß beantworten und erklären. Das Lehrpersonal dagegen bezieht mehr Standpunkte ein und liefert wenn nötig unterschiedliche Erklärungen, bis jeder und jede sie verstanden hat. Auch neigte die KI dazu, dasselbe zu wiederholen, obwohl die Studierenden sie aufforderten, andere Formulierungen zu nutzen. Ein weiterer negativer Punkt für die Studierenden war, dass ChatGPT falsche Informationen zusammenstellt oder genutzt werden könnte, um Fehlinformationen gezielt zu verbreiten. Sie befürchteten zudem, Menschen könnten in Zukunft die Fähigkeit verlieren, selbst nach Informationen zu suchen.

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Gerät das eigene Denkvermögen durch KI in Gefahr?
Die Fähigkeit, die Informationen einer KI-Anwendung zu hinterfragen, zu bewerten und kritisch zu prüfen, wird zur Schlüsselqualifikation, wenn man KI nutzt. Das zeigt eine Microsoft-Studie von 2025 mit 319 Berufstätigen, beispielsweise aus Computer- und IT-Berufen, aber auch Lehrkräften sowie Bibliothekaren und Bibliothekarinnen. Alle Teilnehmenden setzen KI-Tools wie ChatGPT oder Copilot mindestens einmal pro Woche bei ihrer Arbeit ein. Durch die Analyse von 936 realen Beispielen aus der Praxis der Teilnehmenden fanden die Forschenden heraus, dass KI die Effizienz zwar verbessern kann, sie aber gleichzeitig die kritische Auseinandersetzung mit der Arbeit hemmt. Das kann zu einer übermäßigen Abhängigkeit vom KI-Tools führen und die Fähigkeit zum unabhängigen Problemlösen verringern. Ein weiteres wichtiges Ergebnis: Je mehr Vertrauen die Nutzer und Nutzerinnen in die Kompetenz der KI haben, desto weniger Aufwand investieren sie in kritisches Denken. Die Autoren und Autorinnen der Studie schlagen daher vor, dass KI-Tools so gestaltet werden, dass sie das kritische Denken unterstützen.
So kann man besser mit KI lernen und lehren
Doch es gibt nicht nur kritische Stimmen aus der Forschung. Einige Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen fanden heraus, wie Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler KI sinnvoll zum Lernen einsetzen:
- Als Konversationspartner: Schüler und Schülerinnen können authentische Dialoge führen und ihre Sprechfertigkeit trainieren.
- Als Schreibassistent: Die KI hilft beim Verfassen von Texten, gibt Feedback und schlägt Verbesserungen vor.
- Als Grammatiktrainer: Komplexe Regeln werden verständlich erklärt und mit Beispielen illustriert.
- Als Übungsgenerator: Lehrkräfte können mithilfe von KI schnell personalisierte Übungsaufgaben erstellen lassen.
Wichtig bleibt jedoch, dass sowohl Lehrkräfte als auch Studierende sowie Schüler und Schülerinnen KI als Unterstützung und nicht als Ersatz für eigenes Lernen und Denken anwenden.
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