Gehirn & Nerven
Wichtig wie nie zuvor: lebenslanges Lernen – dafür ist man nie zu alt!
Veröffentlicht am:11.07.2022
5 Minuten Lesedauer
Ältere Menschen schrecken oft davor zurück, neue Projekte zu wagen, andere Hobbys auszuprobieren oder sich neue Fähigkeiten anzueignen. Dafür gibt es jedoch keinen Grund: Zum Lernen ist man nie zu alt.

© iStock / Ljupco
Warum ist lebenslanges Lernen unverzichtbar?
„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“ Dieses Sprichwort dürfte so manchem noch von früher in den Ohren klingen – gelernt, ist gelernt. Heute weiß man aber: Wir lernen unser Leben lang. Ob körperlich, emotional oder kognitiv: Das Leben mit all seinen Facetten bewirkt bei jedem Menschen schon ganz automatisch fortlaufende Entwicklungen. Außerdem kann der Mensch seine Fähigkeiten immer weiter verbessern, und zwar unabhängig vom Alter und Thema. Wer diese Chance für sich nutzt, lebt auch im Alter selbstbestimmter sowie aktiver und findet sich leichter in der sich immer schneller wandelnden Gesellschaft zurecht.
Was ganz natürlich ist: Bei den meisten Menschen nimmt die Zahl der Gehirnzellen sowie die Signalübertragung zwischen den Gehirnzellen im Laufe des Lebens ab – und der Körper lässt nach: Ab dem 35. Lebensjahr geht die körperliche Leistungsfähigkeit jährlich um circa ein Prozent zurück. Eine US-Studie, bei der die Leistungen von professionellen Schachspielern untersucht wurden, zeigte, dass die kognitive Leistungsfähigkeit etwa um das 35. Lebensjahr ein Maximum erreicht. Dem Abfallen der Leistungsfähigkeit mit dem Älterwerden können wir jedoch entgegenwirken, denn: Das Gehirn bildet in jedem Alter neue Nervenzellen und Verknüpfungen – und kompensiert dadurch eventuelle Verluste. Auch ältere Menschen schaffen es durchaus, sich neue Kompetenzen anzueignen – sei es im Hinblick auf soziale Kontakte, auf das Erlernen von neuen Tätigkeiten oder körperlichen und geistigen Fähigkeiten.
Lebenslanges Lernen einfach erklärt
Lebenslanges Lernen bezeichnet jede Art von Lernen, unabhängig davon, ob in formalem oder nicht formalem Rahmen, in allen Lebensphasen und in jedem Alter. Im deutschsprachigen Raum wird auch der gleichbedeutende Begriff „lebensbegleitendes Lernen“ verwendet, allerdings deutlich seltener.
Warum ist lebenslanges Lernen so wichtig?
Eine Ausbildung am Beginn des Arbeitslebens reicht nur noch selten aus, um dauerhaft den Anforderungen des jeweiligen Berufes gerecht zu werden. Die Art, wie wir arbeiten, hat sich verändert und damit auch die Anforderungen an die einzelne Arbeitnehmerin und den einzelnen Arbeitnehmer: Unternehmen stehen unter dem Druck, mit der Zeit zu gehen, indem beispielsweise bestimmte Arbeitsschritte an die digitale Welt angepasst werden. Dadurch veraltet allgemeines Wissen schneller. Doch auch abseits des Berufslebens hat sich einiges verändert. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt inzwischen um einiges höher als noch vor wenigen Jahrzehnten. Hinzu kommt, dass die Menschen immer länger bei guter Gesundheit bleiben. Da ist es naheliegend, dass Ältere ihr Potenzial im höheren Alter ausnutzen möchten, anstatt sich nach Renteneinstieg beinah ein Viertel ihres ganzen Lebens nur noch „auszuruhen“. Selbstständige Weiterbildung hilft dabei, auch dieses Viertel selbst zu gestalten und weiterhin ein aktiver Teil des sozialen Lebens zu sein.
Passend zum Thema
Folgende Vorteile bringt das lebenslange Lernen mit sich:
- soziale Kontakte und gesellschaftliche Integration
- Verbesserung der Merkfähigkeit
- Weiterentwicklung der Persönlichkeit
- positive Auswirkungen auf die Gesundheit
- Unterstützung bei der Bewältigung von körperlichen und geistigen Veränderungen
- Erhaltung der Selbstständigkeit
- Senkung des Demenzrisikos
- Stärkung des Wohlbefindens
- besseres Verständnis der sich wandelnden Gesellschaft
- Kompensieren des Abbaus körperlicher und mentaler Fähigkeiten
Je vielfältiger die Stimulationen sind, desto positiver sind auch die Auswirkungen. Wer also etwas Neues lernt und zusätzlich noch Sport macht, profitiert davon mehr als jemand, der lediglich Kreuzworträtsel löst.

© iStock / Highwaystarz-Photography
Welche Beispiele gibt es für lebenslanges Lernen im Alter?
Ob Sport, Sprache, Technik, Musikinstrument oder Wissenschaft – es gibt zahlreiche Einrichtungen, in denen Kurse für verschiedene Altersgruppen angeboten werden. An Schulen, Universitäten oder Bildungsstätten für Erwachsene ist organisiertes Lernen mit geschulten Lehrern oder Pädagogen möglich, die auf individuelle Bedürfnisse eingehen können. Manche Vereine bieten für ehrenamtliche Mitarbeiter verschiedene Schulungen an und auch der soziale Austausch bei organisierten Treffen der Stadt oder Gemeinde fördert Kompetenzen. Wer lieber eine neue Sportart ausprobieren oder körperlich aktiver werden möchte, kann sich an Sportvereine oder Volkshochschulen wenden. Hier gibt es meist eine Auswahl an Kursen, die auf ältere Menschen zugeschnitten sind.
An vielen Hochschulen gibt es Studienangebote für ältere Erwachsene in unterschiedlichen Modellen. Die Schwerpunkte dieser Programme sind in der Regel abhängig von der jeweiligen Fakultät beziehungsweise des jeweiligen Fachbereichs. Meist werden hierbei Lehrveranstaltungen aus dem Grundstudium durch zusätzliche Spezialveranstaltungen und Beratungsmöglichkeiten ergänzt, die auf die Interessen und Situationen der Älteren zugeschnitten sind. In manchen Städten, wie unter anderem in Frankfurt, Heidelberg, Dresden oder Kiel, gibt es auch Vereine, die hochschulexterne Seminare organisieren.
Passende Artikel zum Thema
Wie funktioniert lebenslanges Lernen im Alter?
Im Gegensatz zu Kindern lernen ältere Menschen langsamer. Ihnen fällt es oft schwerer, sich bestimmte Dinge zu merken. Das lässt sich auch im Alltag beobachten, beispielsweise beim Erlernen neuer Sprachen oder einer einfachen Partie Memory. Andererseits haben Erwachsene den Vorteil, dass ihre rhetorischen Fähigkeiten in der Regel besser ausgeprägt sind und sie außerdem auf ihre Erfahrungen zurückgreifen können. Diese Erfahrungen und damit gesammeltes Wissen können dabei helfen, neue Aufgaben und Herausforderungen zu meistern und eventuelle Defizite auszugleichen.
Wie leicht oder schwer dem Einzelnen das Lernen neuer Fähigkeiten fällt, ist individuell unterschiedlich und abhängig von verschiedenen Faktoren. Dazu zählen unter anderem:
- die emotionale Stärke
- die Art und Weise, mit Krisen oder herausfordernden Lebensereignissen umzugehen
- soziale Ressourcen und Netzwerke
- Fähigkeiten zur Bewältigung von Stress
- sexuelle Aktivität
- (berufliche) Zufriedenheit
Gewohnheit ist keine Voraussetzung
Menschen, die Lernen gewohnt sind, weil sie es beispielsweise in ihrem gesamten Berufsleben tun mussten oder sich selbst stets gefordert haben, fällt es in der Regel etwas leichter, neue Kompetenzen zu erwerben und Inhalte aufzunehmen. Das bedeutet jedoch nicht, dass nicht auch jeder andere zu jedem Zeitpunkt etwas Neues erlernen kann – ganz egal, ob es sich dabei um ein Instrument oder eine Fremdsprache handelt.
Wie kann man lebenslanges Lernen fördern und sich motivieren, etwas Neues zu lernen?
Wenn es darum geht, ein neues Hobby oder eine neue Fähigkeit zu erlernen, ist vor allem eine Sache von großer Bedeutung: die innere Einstellung. Wer dazu bereit ist, seine persönlichen Grenzen zu überwinden, Ratschläge von anderen anzunehmen und Durchhaltevermögen zu zeigen, wird in der Regel auch mit Lernerfolg belohnt. Wichtig ist, dass die neue Herausforderung den persönlichen Interessen und Bedürfnissen entspricht – nur so macht das Lernen Spaß und führt nicht zu Frustration. Auch ein unterstützendes Umfeld sowie genügend Zeit sind förderlich für die Motivation ebenso wie eine gute Erreichbarkeit des Angebotsortes. Lange Fahrtwege, ungünstige Kurszeiten oder eine körperlich anstrengende Anfahrt können schnell zu Verdrossenheit führen.
Erwachsenenbildung: So finden Sie die passenden Angebote und Beratung
Wer bereits eine Vorstellung hat, in welche Richtung es gehen soll, wendet sich am besten an Beratungsstellen, Musik- oder Volkshochschulen der eigenen Stadt.
Folgende Stellen können bei der Orientierung helfen:
- Mithilfe des Deutschen Bildungsservers können deutschlandweite Angebote ausfindig gemacht werden, eingeteilt nach Bundesländern und Interessengebieten.
- Der VHS-Kursfinder des Deutschen Volkshochschul-Verbands ermöglicht es, bundesweite Volkshochschul-Weiterbildungsangebote zu finden – online und offline.
- Das Bundesinstitut für Berufsbildung unterstützt bei der beruflichen Weiterbildung.
- Die Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium e.V. bietet online eine Weiterbildungs-Datenbank an.
- Fernstudium Direkt bietet eigens auf Seniorinnen und Senioren zugeschnittene Weiterbildungsmöglichkeiten an.